An einem Bilderbuch-Frühsommersonntag parke ich mein Motorrad auf dem großen Parkplatz im Herzen des Elms. Wer auch nur einmal im größten Buchenwald Norddeutschlands unterwegs war, kennt diesen Ort – den Tetzelstein und seine Waldgaststätte. Und die hat sich enorm verändert.
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Die Waldgaststätte Tetzelstein im Elm
Traditionsreicher Treffpunkt in neuem Glanz
Seit Generationen pilgern Spaziergänger, Wanderer, Radfahrer, Automobilisten und Motorradfahrer an den Wochenenden in Scharen zur Waldgaststätte. Sie strecken die Nase in die Sonne und genießen bei Vogelgezwitscher Kaffee, Kuchen oder einen Mittagssnack.
Bei meiner Ankunft – es ist noch Vormittag – sitzen erst vereinzelte Gäste an den Tischen. Ich finde Dr. Isabell Pott, die neue Betreiberin der Waldgaststätte Tetzelstein, im Biergarten beim Tischeabwischen. An diesen lauschigen Ort unter alten Kastanien kann ich mich überhaupt nicht erinnern. Und richtig: Isabell und ihr Team haben den Biergarten nach traditionellem süddeutschen Vorbild neu ins Leben gerufen.
Den alten Geist in die Gegenwart retten
Auch durch das Gasthaus selbst weht ein neuer Wind. Ich bin total entzückt von frischen Wandanstrichen in teils kräftigen Farben, stilvollen Gardinen, die Isabell in Frankreich gekauft hat, und schönen Böden. Die engagierte Gastronomin und ihr Team haben ganze Arbeit geleistet, um eine moderne und gemütliche Atmosphäre zu schaffen.
Viel Liebe zum Detail spiegelt sich auch in der Dekoration wider. Diese nimmt Bezug auf die idyllische Umgebung der Waldgaststätte und die Zeit, die den Tetzelstein geprägt hat. „Ich denke, es ist uns gelungen, den alten Geist in die Gegenwart zu retten“, sagt Isabell. Sie mag alte Häuser, den Wald und ist beeindruckt von der mehr als 100-jährigen Geschichte des Ausflugslokals.
Mitten im Lockdown fing alles an
Der plötzliche Tod des ehemaligen Wirts im September 2019 war eine Zäsur für das Gasthaus im Elm. Und für Isabell Pott war es eine Chance. Im Herbst 2020, mitten im Corona-Lockdown, startete sie mit einer Suppenküche auf dem Parkplatz des Tetzelsteins. Doch sie hatte größere Pläne.
Im Dezember 2022 war es dann soweit. Die neue gebaute Küche ging in Betrieb und die Crew begrüßte die ersten Gäste in den frisch renovierten Gasträumen. Besonders der moderne Mitteltrakt mit einer riesigen Eis-Theke und dem Tresen fallen auf.
Das i-Tüpfelchen dieses Bereichs ist ein Kristallkronleuchter, der insbesondere die Erzeugnisse des hauseigenen Eislabors ins rechte Licht taucht. „Eislabor?“, wundere ich mich. Isabell schmunzelt. „Tatsächlich werden neue Eissorten in unserem Eislabor kreiert. Und hier wird auch das Eis handwerklich hergestellt. Unsere Eismanufaktur ist eines der Steckenpferde der Küche und der Eismacher“, erklärt sie.
Überraschungen aus dem Eislabor
So kommt es, dass beispielsweise am Muttertag Rosen-Eis serviert wurde und am Vatertag Bier-Eis aus Schwarzbier. Schokoladenliebhaber dürfen sich auf Schokoladeneis mit einem Kakaoanteil von 72 Prozent freuen!
Im Eislabor legt man wie auch in der Küche Wert auf regionale Zutaten. Die Himbeeren kommen aus Evessen am Südhang des Elms, Milch und Quark aus Kißleberfeld, einem Weiler am Ostrand des Höhenzugs.
Fast entschuldigend erklärt Isabell, dass sich mit Eis, das frei von künstlichen Zusatzstoffen ist, keine Berge auf den Eisschalen anhäufen lassen. Ich finde allerdings, dass das Eis in der Theke sehr appetitlich aussieht, auch ohne die dekorativen Eis-Berge, die in den vergangenen Jahren über die Alpen zu uns gekommen sind.
Lokaler Genuss: Räbker Forellen und Currybratwurst aus Rennau
Werfen wir nun einen Blick auf das Speisenangebot der Waldgaststätte. Unter den Klassikern sind Schnitzel, Spinatknödel und Currybratwurst, die aus dem kleinen Rennau bei Helmstedt kommt. Außerdem steht immer eine Auswahl an Suppen und fantasievollen Salatkreationen auf der „Karte“, die sich an der jeweiligen Saison orientiert.
Feinschmecker wissen auch die gebeizten oder geräucherten Räbker Forellen aus dem dortigen Mühlenteich zu schätzen. Sie kommen als Filet auf den Tisch und sind sowohl im Brötchen als auch in Salat oder Suppe ein Genuss. Besonders beliebt sind laut Isabell die Spinatknödel, die in verschiedenen Variationen angeboten werden. Ob mit Bärlauch, Waldpilzen oder klassisch mit Parmesan und Butter - hier findet jeder Gast seine persönliche Variation.
Erfrischung aus dem Wald: Der Elm-Dudler
Als erfrischendes Getränk empfiehlt Isabell den Elm-Dudler, der aus einem selbstgemachten Kräutersirup hergestellt und mit Wasser aufgegossen wird. Eine einzigartige Erfrischung, die neu im Ausflugslokal Tetzelstein kreiert wurde.
Eine klassische Speisekarte gibt es indes am Tetzelstein nicht. Stattdessen findet ihr die aktuellen Gerichte auf Tafeln im Aushang und auf einem Aufsteller. Warum? „Weil eine dauerhaft konstante Speisekarte die Gastronomen zu Convenience und Lagerhaltung oder schwankender Qualität der Zutaten zwingt – das ist am Tetzelstein nicht gewollt“, erklärt Isabell. Hier setzt man auf frische Qualität, auch um den Preis, dass jede Woche neu kreativ auf die Verfügbarkeiten reagiert werden muss.
Ein Schießkino im Jagdzimmer
Die Renovierung ist noch nicht ganz abgeschlossen. So duftet es beispielsweise im Jagdzimmer noch frisch gestrichen. Isabell trägt sich mit dem Gedanken, hier ein Schießkino zu etablieren. Und der mit schönen Stuckelementen verzierte Saal soll noch gemütlicher werden.
Doch das sind Schönheitskorrekturen. Auf dem Dach arbeitet bereits eine Photovoltaikanlage, die Lüftungstechnik wurde komplett erneuert und eine Wärmepumpe sorgt im Winter für kuschelige Atmosphäre. Auch hier spiegelt sich die Verbundenheit mit der Region wider, denn bei der Sanierung legte die Betreiberin Wert darauf, lokale Handwerksbetriebe zu beauftragen.
Ältestes Kiosk Niedersachsens steht am Tetzelstein
Als ich später im Biergarten sitze, entdecke ich das kleine Holzhäuschen, von dem Isabell gesprochen hat. Es soll der älteste Kiosk Niedersachsens sein. Bei besonderem Gästeandrang wird der historische Kiosk als Getränkeausschank genutzt.
Während ich köstliches Schokoladensorbet vernasche, gesellt sich ein raubeiniger Typ zu mir. Der Mann ist Mitglied des Bulldog Clubs Drömling und auf der Heimreise vom Vatertagsausflug. Der Lärm, den er und seine drei Freunde beim Einparken veranstaltet haben, war nicht zu überhören. So ist das eben in der Waldgaststätte Tetzelstein – hier trifft man die unterschiedlichsten Menschen an. Isabell Pott und ihrem Team ist es gelungen, genau diesen Geist am Leben zu erhalten. Der Tetzelstein ist ein Ort geblieben, an dem sich alle gleichermaßen willkommen und wohl fühlen können – gelebte Vielfalt, ohne dass dafür ein Diversity-Etikett benötigt wird.
Über die Waldgaststätte Tetzelstein
Lage: An der höchsten Stelle der L 290 zwischen Königslutter und Schöppenstedt
Öffnungszeiten:
Donnerstag: 12:00 - 17:00 Uhr
Freitag: 12:00 - 21:00 Uhr
Samstag, Sonntag, Feiertag: 11:30 - 17:00 Uhr
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