Header image Franz Hanfstaengl, 1856

Auf den Spuren des Schladener Architekten Leo von Klenze

Er rast als ICE durch deutsche Lande. Zahlreiche Straßen der Republik sind nach ihm benannt und Schulen tragen seinen Namen: Leo von Klenze. Er ist ein Sohn unserer Region, geboren in Schladen im Landkreis Wolfenbüttel. Aber wer war dieser Leo von Klenze überhaupt?

Ich habe spaßeshalber zehn Menschen unterschiedlichster Berufe und Bildung, darunter eine Geschichtslehrerin befragt, ob ihnen der Name Leo, besser gesagt Franz Karl Leopold von Klenze etwas sagt. Nur eine Architektin konnte mit dem Namen etwas anfangen. „Das war doch der Architekt, der Münchens Innenstadt mitgeprägt hat.“ Ja, genau. Leo von Klenze gilt neben Karl Friedrich Schinkel als einer der bedeutendsten Architekten des Klassizismus in Deutschland.

Auf Spurensuche in Schladen

Da ein solch berühmter Baumeister aus unserer Region stammt, mache ich mich an einem der letzten schönen Herbsttage also nach Schladen auf, um mich auf die Spuren von Leo von Klenze zu begeben. Ich will Orte fotografieren, die an ihn erinnern. Ich fahre in seinen Geburtsort Buklah, einem Teil von Schladen, finde aber zunächst keinen Verweis auf Klenze. Doch in der Leo-von-Klenze-Straße direkt in Schladen, einer unscheinbaren aufgeräumten Straße mit Einfamilienhäusern entdecke ich einen kleinen Hinweis am Straßenschild: „Leo von Klenze, geboren am 28.02.1784 in Schladen, Königl. Bayrischer Baumeister“. Etwas enttäuscht fahre ich in Schladen herum und entdecke das Bürgermeisteramt. Dort springt mir noch ein Straßenschild mit „Leo-von-Klenze-Straße“ ins Auge. Da ich nun schon mal hier bin, erhoffe ich mir Auskunft im „Bürgerservicebüro“, vielleicht können die mir ja helfen. „Ja, das Schild ist noch vom Jubiläum 2009 übrig geblieben“, erklärt mir eine freundliche Dame, „aber mehr kann Ihnen sicher unser Bürgermeister sagen.“ Im nächsten Amtszimmer frage ich weiter nach Spuren zu Leo von Klenze und ich treffe –den Bürgermeister der Gemeinde Schladen-Werla, Andreas Memmert, in seinem Büro an.

Klenze – ein Kind unserer Region

Aber der Reihe nach: Leo Klenze wurde als Sohn eines wohlhabenden Schladener Amtsmanns im Forsthaus von Buklah als drittes von sieben Kindern geboren. Die Familie lebte noch sieben Jahre in Schladen, um dann nur einige Kilometer weiter, nämlich auf das Gut Heißum bei Liebenburg zu ziehen. Als Vierzehnjähriger besuchte Leo das Braunschweiger Collegium Carolinum, das übrigens der Vorläufer der TU Braunschweig war. Und hier verlässt Leo Klenze auch unseren Dunstkreis.


Klenze zieht in die Welt hinaus

Seine Eltern schicken ihn nach Berlin, wo er Jura studieren soll. Allerdings tummelt er sich in Architektenkreisen und schlägt lieber diese berufliche Richtung ein – er studiert an der Berliner Bauakademie und ist begeistert von der antiken griechischen Architektur. Seine Ausbildung, die er gern durch Reisen nach Italien unterbricht, schließt er als „Conducteur“ ab, was einer Art Bauleiter oder Aufseher von Bauarbeitern entsprach. Nach Stationen in Paris und wieder Italien gelangt er nach Kassel, wo er 1808 Hofarchitekt bei König Jérôme Bonaparte, dem jüngsten Bruder Napoleons, wird. Im gleichen Jahr entwirft er sein erstes Bauwerk: das Ballhaus im Bergpark Wilhelmshöhe. Dort lernte er auch seine spätere Frau Felicitas, eine Sängerin kennen. Die beiden führen aufgrund politisch unruhiger Verhältnisse ein sehr unstetes Leben. Über Paris und Wien gelangt das Paar nach München. Dort hinterließ Klenze deutlichere Spuren.


Königlicher Architekturberater

In München lernte Klenze seinen späteren Förderer König Ludwig I. kennen, durch dessen Gunst er schnell zum Hofbauintendanten aufstieg. 1830 ernannte ihn der König zum ersten Leiter der neu gegründeten Obersten Baubehörde, der das gesamte staatliche Bauwesen in Bayern unterstand. Das Jahr 1833 war für Klenze ein wichtiges Jahr, denn er wurde in den Adelsstand erhoben. Von nun an zierte ein „von“ seinen Namen. Ludwig I. sah in ihm den Erschaffer eines neuen München, das geschichtliche Größe zum Beispiel durch monumentale repräsentative Bauwerke vermitteln sollte. Die Beziehung der beiden zueinander war nicht immer konfliktlos, aber Klenze wusste den König zu nehmen.

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München verdankt Klenze viel

Plätze und Gebäude, wie der Königsplatz, die Glyptothek, die Pinakothek, der Monopteros im Englischen Garten und die Ludwigstraße prägen bis heute das Stadtbild Münchens. Auch in der Pfalz war Leo von Klenze tätig. Er hatte nach dem Tod eines Architekten von Ludwig I. die Bauleitung der Villa Ludwigshöhe übernommen. Die genannten Bauwerke zählen genauso wie die Walhalla bei Donaustauf, die Befreiungshalle bei Kelheim und die Neue Eremitage in St. Petersburg zu den großen architektonischen Leistungen der Epoche. Zudem vereinte Leo in sich viele Berufe. Er wirkte nicht nur als Baumeister, sondern auch als Diplomat, Maler, Bauforscher, Ingenieur, Theoretiker, Kunstphilosoph und Innenausstatter sowie als Organisator des bayerischen Bauwesens.


Kein Plagiant, sondern Weiterentwickler

Man sollte annehmen, dass ein solch renommierter Architekt Lobeshymnen ohne Ende einstrich. Mitnichten. Leo von Klenze war nicht sonderlich beliebt, was sicherlich darin begründet lag, dass er ein skrupelloser Karrierist war und die Nähe zu Ludwig I ausnutzte. Durch des Königs Sympathie, seinen Ehrgeiz und das Beharren auf seiner eigenen Architekturtheorie, schuf er vieles, was die Stadt teuer zu stehen kam. Er blieb sein Leben lang einem Ziel treu: Er wollte die griechische Architektur nicht nur kopieren, sondern weiterentwickeln. Dessen ungeachtet haftete ihm Zeit seines Lebens der Vorwurf an, ein Plagiant zu sein. Trotz aller Kritik gilt Leo von Klenze, neben Schinkel, als der überragende Architekt seiner Zeit. Er starb 1864 in München.

Ein besonderes Erbe

Zurück nach Schladen: Bürgermeister Andreas Memmert hat eine hohe Meinung von Leo von Klenze: „Der gebürtige Schladener hat nicht nur in München deutliche architektonische Spuren hinterlassen, sondern auch europaweit. Er hat sich aus eigener Kraft hochgearbeitet und auch mit Ecken und Kanten immer wieder Menschen beeindruckt und überzeugt. Und ist bis heute unvergessen. Das beeindruckt.“ Bevor ich gehe, zeigt mir Memmert das Gästebuch der Abschlussveranstaltung des Jubiläumsjahres 2009 sowie den Eintrag des 200. Todestages von Kenzes. Der Bürgermeister ist besonders stolz darauf, dass ein Urahn von Leo von Klenze bei der Jubiläumsveranstaltung anwesend war. Dieser heißt ebenfalls Leo von Klenze, da sein Vater ein Verehrer des großen Architekten ist.