Header image

Stadionfunk:
Licht und Schatten

Malte Schumacher

Konstant inkonstant…

Der online-Kicker hatte am 26. Februar sehr treffend in nur zwei Worten zusammengefasst, was die Eintracht im Moment auszeichnet, und was den Eintracht-Fan im Moment wahnsinnig macht: „Konstant inkonstant“ lautete die Schlagzeile … Sie besiegen Union Berlin (die aber auch sehr schwach waren) daheim mit 1:0, um dann eine Woche später gegen den Tabellen-Vorletzten Greuther Fürth unglaublich sang- und klanglos 2:1 zu verlieren. Und diese fehlende Konstanz ist keine gefühlte, sondern eine miterlebte, mithin sehr belastbare Statistik: Mal zwei Siege hintereinander wären prima – hatten wir noch nicht in dieser Saison …

 

Schatten 1

Belastbar ist diese Situation im Wortsinne: Ich sitze am Sonntag in der Küche und weiß nicht recht, ob ich Lust habe auf meine Eintracht. Das Sechs-Punkte-Spiel in Fürth haben sie gnadenlos vergeigt – und heute geht es gefühlt ja wieder um mehr als nur drei Punkte, denn alle hinter uns stehenden Teams haben Freitag oder Samstag gepunktet – außer den spielfreien Bochumern. Und mit Regensburg kommt das stärkste Team der Rückrunde … Mir wird schlecht. Ich mag mir nicht vorstellen, was um 15.20 Uhr los ist, wenn wir wieder so einen Quark wie zuletzt gegen Lautern serviert bekommen. Dann stünden wir richtig dicht am Abgrund …

 

Kalt oder warm?

Und was will das Wetter eigentlich heute von mir? Eiskalte Putinpeitsche von Osten oder laues Frühlingslüftchen von Westen? Fahrrad oder Strapazenbahn? Polarstiefel oder Sneakers? Am Nachmittag spätestens soll es milder werden, also wähle ich leichte Stiefel, dicke Jacke und das Fahrrad … Alleine auf meinem Drahtesel komme ich dazu, meine Gedanken schon einmal zu sortieren – besser als in der manchmal arg gestopften Straßenbahn. So denke ich darüber nach, dass Torsten während der Woche mal wieder vehement dementiert hat, dass er mit Union Berlin bereits sehr fortgeschritten verhandeln würde …

 

Schatten 2

Gestern, bei der Feier des 50. Geburtstages meines Bruders Arne in den „Fümmelsee-Terrassen“, hatte ich mit seinen alten Freunden Hanne und Frank noch ausgiebig darüber diskutiert: Wie geht es wohl im Sommer weiter bei der Eintracht? Bleibt Torsten? Bleibt der Manager Marc? Auch hier gilt: Konstant inkonstant – belastbare Erkenntnisse hat keiner von uns. Allen aber ist klar: Wenn wir gegen Regensburg verlieren, wird es in jeder Hinsicht eng – vielleicht auch für handelnde Personen …

Licht 1: Typisierung

Bäh, ich muss diese trüben Gedanken aus dem Kopf bekommen. Das klappt ganz gut am Südkurveneingang, wo mir mal wieder bewusst wird, dass Fußball eben auch viel mehr sein kann als nur Sieg oder Niederlage in einem Spiel. Anfang der Woche hatte Cattiva schon angekündigt, dass am 18. März, beim Heimspiel gegen den MSV Duisburg, eine Typisierungs-Aktion laufen wird, um noch mehr Menschen dazu zu bringen, sich bei der DKMS (Deutsche Knochenmarkspenderdatei gemeinnützige GmbH) als potenzielle Stammzellenspender registrieren zu lassen. Ich habe das vor Jahren schon gemacht, ist ganz einfach. In diesem Fall ist es der siebenjährige Tristan, der zum zweiten Mal in seinem jungen Leben an Leukämie erkrankt ist und dringend einen Spender braucht, und hier will und wird die Eintracht-Familie helfen – beeindruckend …

 

Licht 2: Eintracht-Allee

Auch am FanRat-Wagen liegen die Typisierungs-Flyer aus, während Mike von der Blau-gelben Hilfe gerade den Mitgliedsantrag einer jungen Dame entgegen nimmt. Zwischen FanRat-Wagen und FanHaus wiederum versammelt sich eine Gruppe Eintracht-Nachwuchs-Kicker – vielleicht jubeln wir einem der Jungs mal in zehn Jahren zu? Mit Micha und Oliver vom FanRat-Vorstand bespreche ich ein weiteres schönes Thema, das aus der Fan-Szene heraus gerade angeschoben wird: Die Benennung des Abschnitts zwischen der Rheingoldstraße und dem Eingang zur Südkurve. Wir bleiben hängen bei dem Vorschlag „Eintracht-Allee“. Phonetisch schön doppeldeutig wegen des Gleichklangs von „Allee“ und „allez“.

Alles ist möglich

Im Block gibt’s zunächst einiges zu flüstern: Renne hat ein Date getroffen, unten vor dem Aufgang, gibt aber keine Details preis. Markus wiederum hat am Mittwoch geheiratet und immer noch Kopfschmerzen – wahrscheinlich lässt er deshalb einen 1970er Jahre-Ergebnis-Tipp vom Stapel: 3:1 für uns. Ungewöhnlich früh stolpern heute sogar Clemens, Hermann und Jörg an uns vorbei, zu ihrem Block-Areal – wohl weil Bremser Matze fehlt, sind sie heute mal überpünktlich und wir haben Zeit zum Quatschen. Wobei die Einschätzung überall die gleiche ist: Brandgefährliche Situation heute, und ob der Stärke des Gegners und unseres unterirdischen Auftritts in Fürth ist alles möglich: Sieg, Unentschieden, Niederlage …

 

Matchplan

Das ist wohl eine Vierkette, sind wir im Fanclub uns sicher: Sauer und Reichel außen und die beiden nordischen Riesen in der Innenverteidigung. Davor Bole und Hochscheidt, der außer Torwart in seinen fünf Jahren bei Eintracht mit Licht und Schatten alle Positionen gespielt hat, um nun als klassischer 10er zu agieren. Drei Stürmer, das war klar, Hofmann zunächst auf der Bank. Okay, müssen wir so hinnehmen … Sauer hatte mich zuletzt nicht überzeugt, aber bitte schön. Zuck ist nicht mal im Kader – Torstens Wege sind unergründlich … Die Platzwahl verlieren wir, also startet die Eintracht auf die Südkurve – schade, das hätten wir lieber in Halbzeit Zwei gehabt. Spielt aber Clemens’ Matchplan in die Karten: In der ersten Halbzeit treffen, dann in der zweiten Halbzeit mit unserer Unterstützung das Ergebnis halten.

 

Christel-TV

Oh je, beide Teams gehen heute sofort kämperisch und sogar verbissen an die Sache ran. Der Schiri pfeift viel, wobei auch ein Haufen Unsinn dabei ist, sind wir uns einig. So hat Hochscheidt mit einem Regensburger eine Begegung auf der Tartanbahn, die heftig aussieht – da aber bleibt der Schiri entspannt. Das Spiel wogt mit vielen Unterbrechungen so vor sich hin, sehr oft beschränkt auf den Mittelfeld-Bereich des Spielfeldes, in dem sich dann fast alle Feldspieler aufhalten. Mex fällt auf, dass Kurvenmutti Christel heute von einem Kamera-Team begleitet wird, und mal vor Block 8, mal direkt hinterm Tor direkt in die Kamera spricht. Wir witzeln über den neuen Sender „Christel-TV“ … Oder ist sie nun bei Sky auf der Payroll?

 

Licht 3: Manni

Manni flitzt seinen Gegenspielern gern und oft weg und setzt dabei seinen Superhelden-Körper superschlau ein. Die Regensburger Stürmer sind nicht wirklich zu sehen – macht nichts. Totte Nyman hat in der 25. Minute direkt vor unseren Augen eine dicke Chance – der Regensburger Torwart aber macht ein guten Job. Zehn Minuten später klingelt’s: Manni legt quer in den Fünfer und Totte ballert das Ding in Mittelstürmer-Manier in die Maschen. Yes! Allerdings ist weniger Ekstase zu spüren bei uns, als zunächst einmal Erleichterung. Kurz vor der Pause in Führung zu gehen gibt allen ein wenig Sicherheit … Domi allerdings scheint sich bei der Tor-Entstehung verletzt zu haben, Hofmann beginnt schon das Warmmachen.

 

Bole on fire

In der Halbzeitpause holen wir Bier und sind uns einig: Bole ist schon wieder ganz der Alte und stopft auf dem ganzen Platz Löcher, beackert die Gegner, gewinnt Bälle – erst ist total „on fire“ und in dieser Hinsicht haben wir keine echte Alternative im Kader. Ich find’s ja fast zum Schmunzeln: Die „alten Herren“ Domi und Bole machen sich unverzichtbar … Tatsächlich aber kommt in der zweiten Halbzeit Hofmann für Domi – alte Herren haben eben auch alte Körper… Folgt nun eine Vorstellung aus der Eintracht-Rubrik „Konstant inkonstant“? Nein, Bole und die Blau-Gelben geben Gas, und die roten Regensburger schwimmen – nur leider machen wir die zweite Bude nicht.

 

Licht 4: Hochscheidt

Mittlerweile scheint die Sonne, und es wird milder – wir trinken noch ein Bier und es fühlt sich fast an, als würde es endlich Frühling werden … Dass hier noch was schief läuft, glaubt schon keiner mehr – der Gegner wirkt nicht wirklich stark. Und nach einer Stunde zeigt Hochscheidt dann mal wieder sein helles Licht: Ballerorberung und ab die Post, Kopfball Hofmann noch abgewehrt, Nachschuss Hochscheidt Vollspann in die Maschen: 2:0. Jetzt Ekstase, jetzt springen und singen, jetzt Eintracht-Frühling! Selbst den total hohlen Elfemeter-Pfiff und das folgende Gegentor fünf Minuten vor Schluss überstehen wir heute schadlos. Schlusspfiff, 2:1 gewonnen, die Sonne scheint.

 

Nuss-Sahne-Marzipan

Die Mannschaft wird gefeiert vor Block 9, und Torsten macht mal wieder die Runde, um uns zuzuwinken und sich für den Support bei den Fans zu bedanken. Diese klatschen und winken ihm zurück – manche aber fragen sich dabei, ob er sich auf diese Art und Weise noch in dieser Spielzeit endgültig von uns verabschieden wird. Das würde dann tränenreich auf allen Seiten … Mit Clemens, Hermann und Jörg trinke ich hinter Block 8 ein After-Match-Heimsieg-Bier. Die drei wollen gleich noch in den Proberaum, mit ihrer Band „Kommando Papenteich“ (Arbeitstitel) Musik machen. Unterwegs aber will Jörg angesichts des Heimsieges noch einen Stopp beim Konditor einlegen: Ihm ist sehr nach Nuss-Sahne-Marzipan-Torte … Mahlzeit!

 

Kay-Uwe Rohn

Denk-Bar

In Hamburg direkt am S-Bahnhof Stellingen gibt es die die Party Location „unabsteigbar“ der HSV-Fans. In der Guntherstraße in Braunschweig unweit des Stadions feiert an jedem Spieltag eine große Gruppe von Fans und trifft sich zum Vorglühen mit Wolters und zum Spekulieren. Man diskutiert lebhaft, wie das Spiel wohl ausgehen wird, fragt sich: wer wird aufgestellt, bleibt der Trainer, geht der Trainer, Abstieg oder Nichtabstieg – eben was die Fanszene bewegt. Denkbar, oder passend zur Location Denk-Bar, ist eigentlich alles. Heute gegen Jahn Regensburg ist nach aktuellem Stand alles drin. Von 3:1 bis 0:3 kann ich mir alles vorstellen. Mit dem Fahrrad biege ich direkt vor der Denk-Bar in die Rheingoldstraße ein. Es ist noch nicht viel los, eine Stunde vor Spielbeginn. Meine Gedanken auf dem Weg kreisen um die Frage: Wie wird die Mannschaft mit dem Druck fertig? Fußballspielen ist eins, das Nachdenken darüber ein anderes. Und vor allem, wie ist die Körpersprache der Mannschaft?

Blutleerer Auftritt in Fürth

Ich treffe Wolfgang und wir gehen gemeinsam in den Businessbereich. Vom blutleeren Auftritt der Mannschaft in Fürth ist die Rede. Gleichzeitig beteuern alle den Glauben an die Substanz der Mannschaft. Die Mannschaft ist gefragt, heißt es. Aber wie ist das Gesicht der Mannschaft. Ganz persönlich habe ich die einzelnen Spieler so erlebt:

 

Jasim Fejzic

Ein Rückhalt für die Mannschaft mit sehr gutem Stellungsspiel und sehr guten Reaktionen auf der Linie.

 

Frederik Tingager

Ich liebe das Wort „unprätentiös“. Und dieses Adjektiv beschreibt am besten die Leistung von Frederik Tingager. Er spielt sehr mannschaftsdienlich, stellt sich nicht in den Vordergrund und ist absolut verlässlich.

 

Gustav Valsvik

Übernimmt immer mehr die Rolle eines Abwehrchefs und damit immer mehr Verantwortung. In der Spieleröffnung fehlt mir bei ihm noch einiges. Er spielt wenig von hinten heraus, er wählt sehr oft den langen hohen Pass in die Angriffsreihen. Vielleicht ist das besprochene Taktik, vielleicht aber fehlende Erfahrung im Spielaufbau. Er ist einer unser „Türme in der Schlacht“, mittlerweile haben wir eine ungekannte Lufthoheit bei Freistößen und Eckbällen. Nur muss in Zukunft diese Überlegenheit häufiger zu Toren führen.

 

Mirko Boland

Diese Leistung habe ich Bole noch nicht wieder zugetraut. In der Vergangenheit brauchte er immer ein paar Spiele um wieder richtig in die Mannschaft zu kommen und um seine Leistung abzurufen. Bole war punktgenau zum Anpfiff bei 120 Prozent. Sensationell sein körperlicher Einsatz, seine Laufleistung stimmte, gefühlt war er wie einst an jeder Stelle des Platzes zu finden. Er motivierte das Publikum wie ein Kapitän, er ging voran wie einer, der wusste, um was es heute geht. Und immer hatte er den Blick für den freien Raum. Tolle Leistung Bole!

 

Jan Hochscheidt

Ich mag ihn, wie er ist. Allrounder, physisch und technisch stark und immer bereit, Verantwortung zu übernehmen. Gute und grottenschlechte Aktionen gehören zu seinem Spiel. Das Tor sehr mutig geschossen, wie er selbst sagt – entweder ist der Ball unhaltbar oder er schießt über die Tribüne hinaus.

 

Domi Kumbela

In seiner letzten Verletzungspause habe ich Dome gesprochen. Er besuchte unseren Kurs „Fußballfans im Training“ und war sehr zuversichtlich, dass er der Mannschaft in der Rückrunde noch helfen wird. Er hat sich wieder in den Kader trainiert und glänzt mit vielen Eigenschaften. Er ist sehr beweglich, lange Bälle kann er sehr gut per Kopf weiterleiten und auf dem Platz ist er Antreiber und Motivator. Da nimmt er eine ähnliche Stelle ein wie Bole. Ich wünsche ihm noch ein paar Tore, denn dann kann er noch einmal zu Höchstform auflaufen. Das können wir gebrauchen.

 

Christoffer Nyman

Hat gearbeitet, war oft glücklos und konnte den Ball nicht weiterspielen. Schießt das 1:0 und ist zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle.

 

Georg Teigl

Er ist am meisten gelaufen und hat als „Ergänzungsspieler“, nicht als kreativer Kopf zwischen Abwehr und Angriff, ein gutes Spiel gemacht.

 

Ken Reichel

Man erwartet einfach, dass er eine solide Partie spielt, seine Seite im Griff hat und auf der linken Seite für Druck sorgt. Letzeres hielt sich in Grenzen. Was mir bei ihm fehlt, ist ein sichtbares Zeichen nach dem Motto: „Ich bin euer Kapitän, ich führe euch.“ Bole hat das in Teilen auf dem Platz übernommen, gegenseitiges Anfeuern, Motivieren der Zuschauer …

 

Suleiman Abdullahi

Ich lege mich fest: er ist der beste Spieler im gesamten Kader. Natürlich ist er im entscheidenden Moment vor dem Tor noch nicht kaltblütig genug. Er sieht manchmal den besser stehenden Mitspieler nicht. Aber dafür gebe ich ihm gerne alle Zeit der Welt. Physis, Schnelligkeit, Technik, Durchsetzungsvermögen – ein Supertalent.

 

Maximilian Sauer

Mich hat der Einsatz von Maximilian Sauer gefreut. Die rechte Seite gehörte ihm zwar nicht ausschließlich, aber er hat sich für die Mannschaft auch zukünftig angeboten.

 

Philipp Hofmann

Seine Leistung hat mich gefreut. Bisher war ich noch nicht davon überzeugt gewesen, dass er eine Verstärkung sein kann. Doch er war sofort nach seiner Einwechselung präsent, war Anspielperson, verteilte die Bälle gut und machte das Spiel schnell. Außerdem war er am 2:0 durch Jan Hochscheidt beteiligt. Gute Partie.

 

Louis Samson

„Wo ist Behle?“ mag die Überschrift zu einem Bericht über Louis Samson heißen. In der Hinserie zeitweilig Stammspieler und dann nicht mehr gesehen. Gestern stand er immerhin im Kader.

Meine ganz persönlichen Anmerkungen zu den Leistungen der Spieler zeigt in der Summe, es gibt noch sehr viel Potenzial in der Mannschaft, das noch nicht aktiviert ist. Fast UnDenk-Bar, wenn dieses Potenzial komplett abgerufen werden könnte.

Mir ist aufgefallen: Gesamtlaufleistung 25. Spieltag; Eintracht Braunschweig 109,60 Kilometer, VfL Bochum 121,86 Kilometer.