Company header banner image

Erinnerungsorte

Quelle:
Nördliches Harzvorland Tourismusverband e.V.

Bewertung

Kondition

Technik

Erlebnis

Landschaft

Tourendetails

Schwierigkeitsgrad

unbekannt

Länge

17,8 km

Dauer

4,4 h

Aufstieg

75 m

Abstieg

41 m

Höchster Punkt

113 m

Beste Jahreszeit

Jan

Feb

Mär

Apr

Mai

Jun

Jul

Aug

Sep

Okt

Nov

Dez

Wegbeschreibung

Station 1: Im Innenhof des damaligen Strafgefängnisses Wolfenbüttel entstand im Herbst 1937 eine Hinrichtungsstätte, in der Todesurteile der deutschen zivilen und militärischen Gerichtsbarkeit vollstreckt und vom 12. Oktober 1937 bis zum 15. März 1945 mehr als 700 Zivilisten und Soldaten geköpft oder gehängt wurden. Nach der Befreiung im April 1945 ließen die britischen Militärbehörden zwischen Juni 1945 und Juli 1947 noch 67 Todesurteile vollstrecken.    Die Hinrichtungsstätte konnte erhalten und im April 1990 im Auftrag des Niedersächsischen Justizministeriums in eine Gedenk- und Dokumentationsstätte für die Opfer der NS-Justiz umgewandelt werden. Die Arbeitsschwerpunkte liegen in Forschungen zur Geschichte der NS-Justiz und insbesondere der Erforschung der Schicksale hingerichteter und anderer Opfer der NS-Justiz, wozu vor allem die Beschaffung von historischen Dokumenten für die  Angehörigen zur Aufklärung der Schicksale gehört. Weiterhin werden mit einem breiten Programmangebot von Führungen und Seminaren Besuchergruppen - besonders Schulklassen - betreut.    Die Dauerausstellung der Gedenkstätte dokumentiert unter dem Titel "Justiz im Nationalsozialismus - Verbrechen im Namen des deutschen Volkes" die Entwicklung der deutschen Justiz in den Jahren 1933 bis1945. Sie nennt die Namen von Tätern und Opfern, präsentiert Biographien des aktiven Mitwirkens an staatlichen Verbrechen ebenso wie Schicksale von Frauen und Männern als Objekte staatlicher Gewalt.  Ab März 2016 bis 2018 wird die Gedenkstätte grundlegend umgestaltet und erweitert. Mit einem Blog wird regelmäßig über die Fortschritte der [Neugestaltung der Gedenkstätte berichtet] (http://blog.neugestalten-gwf.de/).  Informationen zur Dauerausstellung und zu anderen interessanten Themen finden Sie in unserem [städtischen Veranstaltungskalender] (http://www.wolfenbuettel.de/veranstaltungskalender).

 

Station 2: Das Landesarchiv des Herzogtums Braunschweig-Lüneburg-Wolfenbüttel entstand im ausgehenden Mittelalter am Sitz der Residenz.    Staatsarchive gibt es schon seit Jahrhunderten. Sie sind sozusagen das Gedächtnis des Staates und betreuen das aus der staatlichen Verwaltung, aus Klöstern, Ämtern, zentralen kirchlichen, adligen und weltlichen Verwaltungssitzen seit Beginn des Mittelalters im Verwaltungshandeln erwachsene Schriftgut.    Das Archiv, in Niedersachsen eines von sieben für die alten Territorien stehende Staatsarchivs, ist durch die reiche Geschichte mit herausragender Substanz versehen und bewahrt circa 26.000 Urkunden, 22.000 Karten und 13.500 Meter Akten sowie Sammlungen, digitalisiertes Schriftgut, Fotos, Siegelstempel und Amtsbücher aus der braunschweigischen staatlichen Verwaltung auf. Das sind Quellen zur Geschichte des alten Braunschweiger Landes als Teil des bis 1918 bestehenden Herzogtums Braunschweig-Lüneburg, des Freistaates Braunschweig bis 1946 und nicht zuletzt des heutigen Regierungsbezirkes Braunschweig mit seinen seit 1978 neu hinzugekommenen Kreisen.    Etwa 1.000 verschiedene Personen pro Jahr forschen im Staatsarchiv an zusammen circa 2.800 sogenannten Benutzertagen. Die Themenbreite erstreckt sich von der Wissenschaft über Orts- und Heimatgeschichte bis zur Familienurkunde. Anfragen zur Zwangsarbeit sind ebenso darunter wie Untersuchungen zur prachtvollen Theophanu-Urkunde von 972 oder Anfragen von Amerikaauswanderern.

 

Station 3: Wolfenbüttel beherbergt das zentrale Archiv der evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig: das Landeskirchliche Archiv Wolfenbüttel. Sein Zweck ist die Bewahrung des landeskirchlichen Kulturguts im südöstlichen Niedersachsen.    Das Archiv ist mit seiner erst fünfzig Jahre alten Tradition bedeutend jünger, als die Landeskirche selbst. Die Reformation hatte die evangelischen Kirchen in die Abhängigkeit der Landesherrn gebracht und so stand der Wolfenbütteler Herzog als Bischof dem Kirchenwesen vor. Innerhalb der herzoglichen Verwaltung bestand also keine Notwendigkeit zur Einrichtung eines eigenständigen, kirchlichen Archivwesens.    Noch heute besitzt deshalb das Niedersächsische Staatsarchiv in Wolfenbüttel ein reichhaltiges kirchliches Quellenmaterial. Nach der Trennung von Kirche und Staat gelang der Landeskirche 1923 die mit dem Braunschweigischen Staat vertraglich geregelte Überweisung der Akten des Landeskonsistoriums, Vorläufer des heutigen Landeskirchenamtes, in die eigene Verwaltung. 1952 wurde in Braunschweig ein eigenständiges Archiv der Landeskirche eingerichtet, das aus Platzgründen im Jahr 2000 nach Wolfenbüttel in ein neues Archivzweckgebäude mit 4.700 Regalmetern Fläche verlegt wurde.    Das "Gedächtnis der Landeskirche" präsentiert Unterlagen, die bis in das 12. Jahrhundert zurückreichen, in erster Linie Akten ab 1521. Aber auch Urkunden, Kirchenbücher, Nachlässe, Karten, Baupläne, Plakate, Flugblätter, Fotografien, Filme, Videos, Tonbänder und neuerdings digitale Unterlagen bereichern das Archiv. Darunter befinden sich zum Beispiel Fragmente mit Gedichten von Walter von der Vogelweide (13. Jahrhundert), Seelmeß- und Besitzurkunden (14. Jahrhundert), Akten zum Verhältnis von Kirche und Staat im Nationalsozialismus und in der DDR. Die Unterlagen stehen nach Maßgabe der landeskirchlichen Archivgesetze jedermann, insbesondere für wissenschaftliche, der kirchengeschichtlichen, der orts- und heimatgeschichtlichen sowie der familiengeschichtlichen Forschung zur Verfügung.

 

Station 4: Das von dem Berliner Bildhauer Georg Renatus Meyer-Steglitz entworfene Denkmal erfüllt mehrere Funktionen [vgl. Kunst im öffentlichen Raum, Herzog August Denkmal]. Es erinnert an Herzog August den Jüngeren (1579-1666), der erst 1643, acht Jahre nach seinem Regierungsantritt, in Wolfenbüttel einziehen konnte.  Nach der während des Dreißigjährigen Krieges beendeten, schwedischen Belagerung von Wolfenbüttel begann unter seiner Regentschaft eine lange Friedenszeit. Der Wiederaufbau der Stadt, die Entwicklung der Bibliothek und vielfältige Reformen prägten seine Regierungszeit. Allerdings ist das Monument kein klassisches Herrscherdenkmal mit einem auf dem Pferd thronenden Regenten. Dies hat auch mit seiner Funktion als Stimmungsträger zu tun: Das Denkmal ist vom "Verschönerungsverein zu Wolfenbüttel", dem zahlreiche Honoratioren der Stadt, wie der Apotheker Franz Gerhard angehörten, gestiftet worden. Der Vereinsvorsitzende Julius Zwißler, ein am  Stadtmarkt lebender Verlagsbuchhändler, wollte nicht nur an den Herzog erinnern, sondern zugleich mit der ursprünglichen Brunnenlage und dem gärtnerischen Schmuck einen Beitrag zur Zierde der Stadt leisten. Das Motiv des Wassers wurde als Zeichen für die Politik des Herzogs interpretiert. *"Die lebendige Stärke des Quells"* erinnere den Herzog *"daran, daß auch dieser all die Schrecknisse des Krieges durchgemacht und doch wieder muthig und frisch sein Wasser springen läßt, und der Quell wird dem herzog zum Symbol!"* [1].     Das unter Denkmalschutz stehende Monument ist zugleich ein Zeitzeugnis für die sich seit 1870 rasant entwickelnde Inflation an Kaiser-, Bismarck-, Kriegs- und Herrscherdenkmälern, die im Kontext des Patriotismus zu sehen ist. Die allgemein gute Auftragslage für Plastiken führte zur oftmals fabrikmäßigen Herstellung wie in der 1853 gegründeten "Württembergische Metallwarenfabrik" (WMF) in Geislingen an der Steige. Hier nutzte Meyer-Steglitz die Möglichkeiten der kostengünstigen Galvanotechnik für die Produktion seiner von der Idee her sehr eigenständigen, Wolfenbütteler Figurengruppe. Vom Gipsmodell des Bildhauers wurde bei WMF eine Hohlform angefertigt, auf deren Innenseite der galvanische Kupferniederschlag erfolgte. Auch wenn dieses Verfahren prinzipiell eine Vervielfältigung erlaubt, ist das "Herzog August Denkmal" ein Unikat. Die von WMF zugesicherte Gediegenheit des Materials überzeugte letztlich die Auftraggeber.    Brunnen und Grünanlagen sind im Laufe der Zeit mehrfach verändert worden. Die jetzige Gestaltung erfolgte im Zuge der Restaurierung der Figurengruppe im Jahr 1989. Heute steht die Ehrung des Regenten eindeutig im Vordergrund. Folgerichtig ist nicht mehr von einem Brunnen, sondern von einem Denkmal zu sprechen.    *Text von Elisabeth Vorderwülbecke*    *zu [1]: Neuste Nachrichten - Unparteiisches Organ für Residenz und Herzogtum Braunschweig, 16.3.1902*

 

Station 5: Das Denkmal ist den *"Kriegs- und Siegesthaten von 1870/71"* [2], insbesondere den 52 Gefallenen des deutsch-französischen Krieges aus dem Kreis Wolfenbüttel gewidmet. Die Initiative hatte der örtliche Kriegsverein 1872 ergriffen, finanziert wurde es vor allem durch Spenden. Ursprünglich sollte es nach Plänen des Wolfenbütteler Bildhauers Adolf Breymann errichtet werden, doch entschied sich Ende 1879 das Denkmalkomitee für den Entwurf des Kreisbaumeisters Müller. An der Basis des vom "Eisernen Kreut" bekrönten Obelisken sind in Zinklettern die vier für den deutschen Sieg wichtigen Schlachtorte Le Mans, Vendôme, Orléans und Metz benannt. Formal wie inhaltlich fügt sich das Wolfenbütteler Denkmal in die lange Reihe der Siegerdenkmäler des späten 19. Jahrhunderts in Deutschland ein, die die Niederlage des damaligen "Erbfeindes" Frankreich und die Gründung des Deutschen Reiches feierten. Bis 1918 dienten sie am 2. September eines Jahres, dem Tag der Kapitulation Napoleons III. in Sedan, auch als Ort der Sedansfeiern. Strittig war wiederholt die Eigentumsfrage zwischen Stadt und Kreis, insbesondere angesichts der kontinuierlich anfallenden Instandhaltungskosten.Die Inschriftentafel DER KREIS SEINEN 1870/71 GEFALLENEN SÖHNEN, die klar den Auftraggeber ausweist ist durch die Tafel mit den Jahreszahlen 1870/71 ausgetauscht worden. Eine Sandsteintafel ersetzt seit 1923 die ursprüngliche, aber zerbrochene Kunststeinplatte. Im Rahmen der Umgestaltung des Schlossplatzes erhielt das Denkmal den heutigen Standort vor dem Zeughaus. Dabei wurden die auf dem Sockelgebälk sitzenden Kugeln sowie ein mit Blattreliefs und liegenden Eckvoluten verzierter Stufenblock unterhalb des Obelisken entfernt. Heute hat sich die Wahrnehmung des unter Denkmalschutz stehenden Monuments gewandelt: Sie ist eingebettet in die Erfahrungen der deutsch-französischen Aussöhnung und Freundschaft sowie der europäischen Einigung nach dem Zweiten Weltkrieg.    *Text von Elisabeth Vorderwülbecke*    *zu [2]: Einladung zur Enthüllung des Denkmals, in: NLA WO, 127 Neu, Nr. 4686 - Errichtung eines Kriegerdenkmales für 1870/71 aus dem Kreis Wolfenbüttel Gefallenen*

 

Station 6: An das dunkelste Kapitel der deutschen Vertreibung und Ermordung der jüdischen Bevölkerung zur Zeit des Nationalsozialismus, erinnert in Wolfenbüttel unter anderem die Synagogen-Gedenktafel in der Lessingstraße 12. Allgemein wurde das Schicksal der jüdischen Opfer in Deutschland, wie auch in Wolfenbüttel, erst spät in Form expliziter Gedenkstätten visualisiert. Hingegen wurde schon kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, vor allem auf Friedhöfen, verschiedenen Opfergruppen wie sowjetischen Kriegsgefangenen, Zwangsarbeitern, Gefallenen und politisch Verfolgten eine Vielzahl von Denkmälern gewidmet.Der Gedenkstein am Lessingplatz wurde fünfzig Jahre nach der Reichsprogromnacht von der Stadt Wolfenbüttel errichtet. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 hatte die SS die 1893 von Constantin Uhde erbaute Synagoge in der Lessingstraße angezündet. Als die nahegelegene Feuerwehr eintraf, war sie bis auf die Umfassungsmauern zerstört. Zentraler Bestandteil der Inschrift sind Worte der am 8. Mai 1985 im Bundestag anlässlich des 40. Jahrestages der Befreiung von Nationalsozialismus gehaltenen Rede des früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker: WER ABER VOR DER VERGANGENHEIT DIE AUGEN VERSCHLIESST, WIRD BLIND FÜR DIE GEGENWART. In diesem Sinne hatten Lehrer und Schüler des Gymnasiums im Schloss die Initiative zur Errichtung des Gedenksteins ergriffen. 1988 äußerte Gábor Lengyel, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinschaft in Braunschweig, die Hoffnung, durch das Gedenken an die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft *"Kraft in unserem täglichen Ringen gegen Grausamkeit und Vorurteil, gegen Tyrannei und Verfolgung"* [3] zu gewinnen.  Der Findling wurde unmittelbar nach der Einweihung zweimal geschändet und die Inschrift vom Steinmetzbetrieb Kraft zum Schutz vor weiteren Zerstörungen tiefer gesetzt. Dies verdeutlicht die Relevanz und Aktualität von Erinnerung und Mahnung.    *Text von Elisabeth Vorderwülbecke*    *zu [3]: Wolfenbütteler Zeitung, 10.11.1988*

 

Station 7: Anlässlich des 100. Geburtstages von Herzog Wilhelm (1806-1884) richtete die Stadt ein großes Fest aus. In den Schulen fanden Gedächtnisfeiern zu Ehren des geschätzten letzten Welfen aus dem "Löwenstamm" statt und die Vaterländische Vereinigung weihte das schmiedeeiserne Gitter um die "Herzog-Linde" ein. Die starke Symbolkraft dieses Baumes verweist unter anderem auf Geborgenheit, Frieden und Heimat, Begriffe, die vielfach mit der Regentschaft des Herzogs in Verbindung gebracht wurden.Die Braunschweiger Nachfolge Wilhelms, der keine offiziellen Erben hatte, trat 1885 der preußische Prinz Albrecht und nicht ein Welfe aus Hannover an. Die Entscheidung war nach langwierigen Verhandlungen gefallen und Ausdruck der starken Einflussnahme Preußens, das sich im Konflikt mit Hannover durchsetzte. Gegen die im Braunschweiger Land nicht unumstrittene Thronnachfolge wandte sich auch die 1895 in Wolfenbüttel gegründete "Vaterländische Vereinigung Brunonia". Laut Statuten hatte sie zum Ziel *"die Liebe zum engeren Vaterlande in allen Kreisen der Bevölkerung zu fördern und für die Selbstständigkeit des Herzogthums unter dem verfassungsmäßigen, angestammten Herrscherhaus" [4] einzutreten. Als welfische Vereinigung plädierte sie für einen Wechsel auf dem Braunschweiger Thron und damit für Herzog Ernst August (II.) von Hannover (1845-1923). Von daher verbot das Braunschweiger Staatsministerium 1897 Beamten und Militärs die Mitgliedschaft in den als staatsgefährdend eingestuften vaterländischen Vereinigungen.  1913 wurde das Welfenproblem mit der Heirat von Ernst August (III.) von Hannover (1887-1953) und der Kaisertochter Victoria Luise aus dem Haus der Hohenzollern Teil der Geschichte. An dies erinnert das politische Statement der unter Schutz gestellten, fast vergessenen "Herzog-Linde" nach wie vor.    *Text von Elisabeth Vorderwülbecke*    *zu [4]: Statuten der Vaterländischen Vereinigung Brunonia, 1895 in: NLA WO, 127 Neu, Nr. 2358 - Gründung und Ausbreitung der Vaterländischen Vereinigung Brunonia in Wolfenbüttel*

 

Station 8: Anfang September 2009 machte ein großer, kreativ gestalteter Anti-Atom-Treck auf dem Weg von Gorleben nach Berlin Station auf dem Wolfenbütteler Schlossplatz. "Mal richtig abschalten" war das Motto des Trecks, der am 5. September die deutsche Hauptstadt erreichte. Drei Wochen vor der Bundestagswahl demonstrierten dort vierhundert Traktoren und circa 50000 Teilnehmer für das Ende der Atompolitik. Die Organisatoren, die "Bäuerliche Notgemeinschaft Lüchow-Dannenberg e.V.", hatten insbesondere Brennpunkte der Atompolitik wie Schacht Konrad, Asse II und Morsleben als Orte für Kundgebungen angefahren.  In Wolfenbüttel übergaben die Atomkraftgegner einem Vertreter der Stadt auf dem Schlossplatz den gerade aufgestellten "Stein des Anstoßes". Die Inschrift des aus Lüchow-Dannenberg stammenden Findlings STRAHLEND GIFTIG EWIG ist eingemeißelt in das Atomsymbol. Antiatomare Stolpersteine wurden erstmals 1979 in Hannover, 2009 aber auch an der Industriestraße bei Schacht Konrad und in Berlin als "Gastgeschenk" hinterlegt. In Wolfenbüttel weist der etwas versteckt liegende Proteststein nicht nur allgemein auf die Gefahren der Atompolitik, sondern wie das gelbe "Asse-A" der Bürgerinitiative >AufpASSEn< konkret auf das marode Bergwerk Asse, das älteste Atommülllager der Bundesrepublik, hin. Der "Stein des Anstoßes" ist wie die "Herzog-Linde" ein politisches Statement, wenn auch anderer Couleur. Der Stein ist ein "Denk mal!".    *Texte von Elisabeth Vorderwülbecke*

 

Station 9: WIR MAHNEN DIE WELT GEBT UNSERE KRIEGSGEFANGENEN FREI    Dieser Aufruf in goldenen Lettern sandte ein klares Signal an die Politik, sich für die Freilassung der Kriegsgefangenen einzusetzen. Der Wolfenbütteler Verband der Heimkehrer ging 1953 noch von 34 lebenden *"Söhnen der Stadt"* [5] in Kriegsgefangenschaft aus.  Im Rahmen einer großen Feier mit, laut Zeitungsberichten, Tausenden von Teilnehmern, wurde der Gedenkstein der Stadt übergeben. Ein rechteckiges Podest und ein kleiner Vorplatz verstärkten ursprünglich die Bedeutung des Steins. Der Findling hatte für die unmittelbar Betroffenen eine wichtige Erinnerungs- und Mahnfunktion, die im Rahmen von genau inszenierten Kriegsgefangenen-Wochen öffentlichen Charakter erhielt. 1954 war er beispielsweise Kristallisationspunkt eines Schweigefackelmarsches. Halbmastbeflaggung, in den Fenstern der Anmarschstraßen leuchtende, grüne "Heimkehrer-Kerzen", Kirchengeläut und Fahnenmasten am Mahnstein verliehen der Veranstaltung einen machtvollen Charakter.    Die 1951 gegründete Wolfenbütteler Gruppe war dem >Verband der Heimkehrer, Kriegsgefangenen und Vermisstenangehörigen Deutschlands e.V. (VdH)< angeschlossen. Der bis 2006 bestehende VdH gehörte zu den Opferverbänden, die wie die Vertriebenenverbände in der frühen Bundesrepublik einen starken, politischen Einfluss hatten. Er setze sich für die Freilassung, Wiedereingliederung und Entschädigung der deutschen Kriegsgefangenen ein und formulierte für seine Mitglieder sinnstiftende Deutungsangebote. Dies geschah unter anderem durch 1.800 Mahnmale, gewidmet den Folgen des Krieges. Fritz Rabe, Mitglied des VdH-Bundesvorstandes, hob bei der Einweihung des Wolfenbütteler Steins hervor, dass sich Kriegsgefangene angesichts ihrer Erfahrungen nicht als *"Funktionäre im alten Sinne, sondern als Mahner zu einer neuen Ordnung, die Europa heiße"* [6], verstehen würden.    *Texte von Elisabeth Vorderwülbecke*    *zu [5]: Wolfenbütteler Zeitung, 15.6.1953  zu [6]: Kriegsgefangenen-Gedenkwoche 1954 in: NLA WO, 34 N 4, Fb. 9 Nr. 4428_Gedenkfeiern Darin: Feier des 1. Mai 1933-1946; Gedenken an Wolfenbütteler Opfer des Nationalsozialismus 1954-1966; Kriegsgefangenengedenktage 1954*

 

Station 10: ZUR ERINNERUNG AN DIE JÜDISCHEN WOLFENBÜTTELER; DIE IN DER ZEIT DES NATIONALSOZIALISMUS IN DER STADT GELEBT HABEN; HIER GESTORBEN SIND; DIE FLÜCHTETEN; DIE SELBSTMORD BEGINGEN; DIE IN KONZENZTRATIONSLAGERN ERMORDET WURDEN ODER UMGEKOMMEN SIND.  Auf dem 2,60 Meter großen, das "Jüdische Denkmal" umfassenden Davidstern sind neben der Inschrift auch die Namen der verfolgten jüdischen Mitbürger eingraviert. Die in unterschiedliche Richtungen ragenden, mit Steinen gefüllten Stelen visualisieren die Zwangsarbeit in Stahlwerken und sind als Symbol für den Abtransport vieler Juden in Eisenbahnwaggons zu lesen. Das Denkmal erinnert auch daran, dass das jüdische Leben während des Nationalsozialismus mit unglaublicher Radikalität und Brutalität ausgelöscht wurde. Nach 1945 kehrten wenige jüdische Bürger nach Wolfenbüttel zurück und wohnten auch meist nur für relativ kurze Zeit in der Stadt. Die Initiative für das Denkmal ging von der Projektgruppe >Jüdische Traditionen in Wolfenbüttel< aus. Der Entwurf, ursprünglich für den Seeligerpark vorgesehen, wurde von Jugendlichen der Kunstschule >Rundum Kunst< unter Leitung von Astrid Schecker-Loch erarbeitet. Das Denkmal wurde schließlich am frequentierten Harztorwall in der Nähe des Bahnhofs errichtet, wo früher zahlreiche jüdische Einwohner gelebt haben. In Anwesenheit ehemaliger jüdischer Wolfenbütteler beziehungsweise deren Angehöriger wurde das durch Spenden von Bürgern und von ortsansässigen Unternehmen mitfinanzierte Denkmal feierlich eingeweiht.  Das Mahnmal verweist auf die einzelnen Schicksale und erhält dadurch eine besondere Nachhaltigkeit. Die konkreten Namen widersetzen sich der Erfahrung der Deportierten in den Konzentrationslagern: Ihre Namen waren durch tätowierte oder aufgenähte Häftlingsnummern ausgetauscht worden, um den Inhaftieren die Individualität und Würde zu rauben.    *Text von Elisabeth Vorderwülbecke*

 

Station 11: Seit 2011 erinnern in Wolfenbüttel sogenannte "Stolpersteine" an das Schicksal insbesondere jüdischer Mitbürger in der Zeit des Nationalsozialismus. 78 Steine wurden bis heute verlegt, davon 74 für ehemalige jüdische Bewohner Wolfenbüttels.  Nichtjüdischen, ermordeten Opfern sind drei Steine gewidmet, ein weiterer einem US-amerikanischen Soldaten jüdischen Glaubens, der den Absturz eines amerikanischen Flugzeugs über Wolfenbüttel zunächst überlebte, aber dann ermordet wurde. Die Steine sind in den Bürgersteig am letzten, selbst gewählten Wohnort eingelassen. In der Bahnhofstraße 3/4 dienen vier Steine dem Gedenken an Pauline Cohn und ihren Sohn Max sowie an das Ehepaar Max und Regine Pohly.  In Zusammenarbeit mit der örtlichen Stolperstein-Initiative erforschen einige Schülergruppen um Dr. Kristlieb Adloff und Jürgen Kumlehn Biographien von NS-Opfern in Wolfenbüttel. Ziel ist es an alle jüdischen Mitbürger, die hier seit 1933 bis zu ihrer Deportation oder ihrer Flucht gelebt haben, aber auch *"an nichtjüdische Opfer, Andersdenkende, Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene unter anderem, die hier in der Stadt ermordet wurden sind"* [7], zu erinnern. Etwa einhundert Steine sollen noch folgen. Finanziert werden die 10x10x10 cm großen, mit Messing beschlagenen Steine durch Spenden. Die Kosten belaufen sich pro Stein auf 120 Euro.  Entwickelt hat das Projekt "Stolpersteine", das das größte, dezentrale Mahnmal für Opfer des Nationalsozialismus ist, der Kölner Künstler Gunter Demnig. Von 1995 bis März 2015 sind in circa 1.300 Orten über 50.000 Steine in Europa verlegt worden. Meist tragen Sie in Großbuchstaben die Überschrift HIER WOHNTE, den Namen (ggf. auch Geburtsname), das Geburtsjahr, das Ereignis wie Flucht oder Deportation sowie Angaben zum weiteren Schicksal. Steine von Ehepaaren sollen nebeneinander, von Familien übereinander verlegt werden.  Die "Stolpersteine" sind ein *"Denkmal von >unten<"* [8]. Sie geben den Opfern, von denen viele kein Grab haben, einen Ort des Gedenkens.    *Text von Elisabeth Vorderwülbecke*    *[7]: http://www.ns-spurensuche.de/files/stolpersteine_website.pdf  [8]: Gunter Demnig und sein Projekt. Dokumentationszentrum der Stadt Köln. Köln 2007. S. 38*  Weitere Informationen unter: http://www.stolpersteine-wolfenbuettel.de/start

 

Station 12: Das von der >Kameradschaftlichen Vereinigung ehemaliger Wolfenbütteler Flakartilleristen< initiierte Monument in den Wallanlagen hinter der alten Garnisonsbrücke dient dem Gedenken ihrer im Zweiten Weltkrieg gefallenen Soldaten. Dabei wurde auf die Auflistung einzelner Namen verzichtet. Die Flak-Artilleristen waren in Wolfenbüttel in den zwei, 1935 und 1936 errichteten, Kasernen an der Lindener Straße und >Am Exer< stationiert. Feierlich eingeweiht wurde das Denkmal im Zuge des dritten Treffens der 1951 gegründeten Vereinigung. Das Treffen sollte der Aufklärung von Schicksalen Vermisster und der Pflege der *"alten, bewährenden Kameradschaft"* [9] dienen. Für Wolfenbüttel ist die Zahl der im Zweiten Weltkrieg Gefallenen nicht genauer bekannt, für das Kreisgebiet gelten 4.300 Soldaten als verstorben oder vermisst.    Es gibt nicht viele, speziell deutschen Kriegsgefallenen des Zweite Weltkriegs gewidmete öffentliche Denkmäler, da die deutsche Nation *"nicht nur staatlich geteilt, sondern auch mit einem gebrochenen Verhältnis zu sich selbst aus dem Zweiten Weltkrieg"* [10]hervorging. Oft wurden aber in den Nachkriegsjahren Kriegerdenkmäler für 1914-1918 mittels einer Inschriftentafel um das Gedenken an die Gefallenen der Jahre 1939-1945 erweitert. In Wolfenbüttel erinnert das in den 1920er-Jahren auf dem Hauptfriedhof errichtete Ehrenmal seit 1960 verallgemeinernd an die Opfer beider Weltkriege. Das 1952 wieder eingeweihte, heute an der Schweigerstraße stehende "Germania-Ehrenmal" gedenkt hingegen der "gefallenen Helden".  Der weihevolle, schlichte Kubus mit seiner goldenen Widmung am Stadtgraben ist ein Denkmal, das von der Inschrift eine Heroisierung der Opferstilisierung vermeidet und sich mit der Tradition des Grabmals verbindet. Es verzichtet auf eine retrospektive Sinnstiftung des Soldatentodes, ist aber auch nicht per se im Sinne eines Mahnmals, eines Appels gegen den Krieg, aufgefasst.    *Text von Elisabeth Vorderwülbecke*    *zu [9]: NLA WO, 34 N 4, Fb. 9 Nr. 4428  zu [10]:

 

Station 13: Der Artillerie-Brunnen ist den 1.324 im Ersten Weltkrieg gefallenen Soldaten der Niedersächsischen Feldartillerie Regimenter Nummer 46,19,100 und 94 gewidmet. Das stolze 46er-Regiment war bis 1918 in der Lindener Straße in Wolfenbüttel stationiert.  Die Durchführung der architektonisch gelungenen, unter Denkmalschutz stehenden Gesamtanlage leitete der Braunschweiger Architekturprofessor Hermann Pfeifer. Entwurf und Modelle stammen aus der Hand des Braunschweiger Professors Jacob Hoffmann, die Fertigung lag bei der Braunschweiger Firma Zerries. Als Standort des Ehrenmals wurde der Kaiserplatz (heute Holzmarkt) vor der Trinitatiskirche ausgewählt.  Die gesamte Anlage sollte durch die Verbindung von Ehrenmal mit Brunnen der Stadt zur Zierde gereichen. Das sechs Meter große Brunnenbecken wird aus vier Löwenmäulern der Mittelsäule gespeist. Der auf der Säule ruhende quadratische Aufbau ist mit vier vergoldeten Inschriften verziert. Er verjüngt sich helmartig und wird vom Zeichen der Artillerie, der flammenden Kanonenkugel, bekrönt. Das umlaufende Beckenrelief zeigt fahrende Batterien der Feldartillerie. Reduktion, Verzicht auf Details und Stilisierung prägen das Flachrelief.  Die markige, aber für die Zeit typische Begrüßungsrede des ersten Feldzugskommandeurs der 46er bei der Einweihung des Denkmals zeigt, dass die Niederlage im Ersten Weltkrieg nicht akzeptiert und auf die Wiederherstellung des Status quo ante bellum abgezielt wurde: *"Deutschland ist mit ehrlichen Waffen nicht besiegt: das kann uns mit Stolz erfüllen, darin liegt unser Hoffnung und Gewißheit, daß es wieder aufsteht. Noch ist der Weltkrieg nicht zu Ende; das Spiel geht weiter."* [11]  Im Anschluss an die Brunnen-Einweihung wurden, vom Braunschweiger Gewerbeschuldirektor Rudolf Curdt entworfene Tafeln mit den Namen der Gefallenen in der damaligen Garnisonskirche geweiht. Vom Geist der Zeit zeugten vier kriegsververherrlichende Sprüche von Ferdinand von Freiligrath (1810-1876). So hieß es dort:  IHR HIELTET TREUE BIS ZUM TOD, WENN WIR AUCH JETZT IM STAUBE GEH'N; DER GESIT, DER EURE BRUST DURCHLOBT, LÄßT DEUTSCHLAND WIEDER AUFERSTEHEN. [12]    Am Volkstrauertag 1968 protestierte eine Gruppe junger Erwachsener, darunter ein Theologiestudent aus Groß Dahlum, während des Gottesdienstes gegen diese Tafeln. Der Kirchenvorstand ließ die Sprüche anschließend mit Blenden verdecken.  Aufgrund des Ausbaus der Bundesstraße wurde der Brunnen in die Wallanlagen umgesetzt und *"vierzig Jahre nachdem wir in Wolfenbüttel zu den Fahnen eilten"* [13] am 1. August 1954 feierlich wider eingeweiht.    *Text von Elisabeth Vorderwülbecke*    *zu [11]: Mitteilungen der Vereinigungen der Feldzugsoffiziere des Niedersächsischen Feldartillerie-Regiments Nr. 46, 2. Jg. 15.12.1922, Nr. 4, in: NLA WO, 34 N 4, Fb. 9 Nr. 4626 - Errichtung eines Ehrendenkmals der Garnison Wolfenbüttel und Einweihung des Wolfenbütteler Artilleriedenkmals, S. 26  zu [12]: NLA WO, 34 N 4, Fb. 9 Nr. 4428  zu [13]: NLA WO, 34 N 4, Fb. 9 Nr. 4626*

 

Station 14: Von Flucht und Vertreibung aus den deutschen Ostgebieten während und nach dem Zweiten Weltkrieg waren vierzehn Millionen Menschen betroffen. An diese Situation erinnern in Deutschland über 1.400 Denkmäler. 1948 waren etwa 30 Prozent der gut 46.000 Einwohner der Stadt Wolfenbüttel Vertriebene und Flüchtlinge. Im Landkreis lag ihr Anteil für eine kurze Zeit sogar bei 44,5 Prozent.  Das speziell den VERSTORBENEN, GEFALLENEN UND OPFERN DER VERTREIBUNG AUS DEM KREIS LANDESHUT gewidmete Denkmal wurde auf Initiative des Landkreises Wolfenbüttel errichtet. Eine junge Frau hält ähnlich dem Motiv der alten 50-Pfennig-Münze, Spaten und einen jungen Eichenbaum in den Händen. Als Ausdruck der Patenschaft sind in den Sockel die Kreiswappen von Landeshut und Wolfenbüttel eingelassen. Die Kranzniederlegung am Ehrenmal war fester Bestandteil der ursprünglich mehrtägig angelegten Landeshuter Heimattreffen in Wolfenbüttel, die durch Gottesdienste, Vorträge, Ansprachen, Pflege des Brauchtums und Fahnenzeremonie geprägt waren. Lange Zeit kamen mehrere tausend, heute etwa vierzig Teilnehmer.  Das "Landeshuter Ehrenmal" verweist, wie das 1950 errichtete "Vertriebenen-Mahnmal" am Rosenwall, auch auf den zunächst großen, politischen Einfluss der Heimatvertriebenen in Wolfenbüttel sowie allgemein in der frühen Bundesrepublik. Die sich wandelnde Ost- und Deutschlandpolitik blieb aber nicht ohne Auswirkung auf die Vertriebenenverbände, denen immer wieder Geschichtsrevisionismus und die nicht ausreichende Berücksichtigung der apokalyptischen Vorgeschichte und des Verhältnisses von Ursache und Wirkung vorgeworfen wurde und wird. Bis heute verzeichnen die Verbände schwindende Mitgliederzahlen und die Abnahme politischer Bedeutung. Als historischer Zeugnisse erinnern Vertriebenendenkmäler jedoch nach wie vor an das Schicksal vieler Menschen und an ein für den Wiederaufbau Deutschlands wie für Wolfenbüttel wichtiges historisches Kapitel.    *Text von Elisabeth Vorderwülbecke*

 

Station 15: DEM ANDENKEN AN EVA KÖNIG, DIE AUF DIESEM FRIEDHOF IHRE LETZE RUHE FAND. GEBOREN ZU HEIDELBERG AM 22. MÄRZ 1736, WAR SIE IN ZWETER EHE VERHEIRATETMIT GOTTHOLD EPHRAIM LESSING, DER IHR DAS GLÜCKLICHSTE JAHR SEINES LEBENS VERDANKTE. SIE STARB ZU WOLFENBÜTTEL AM 10. JANUAR 1778. DIESEN STEIN ERRICHTETEN IM JAHRE 1929 AN IHREM GEBURTSTAGE IHRE NACHKOMMEN AUS ERSTER EHE MIT ENGELBERT KÖNIG: DIE FAMILIE HENNEBERG    Im September 1928 hatte der städtische >Ausschuß zur Vorbereitung der Lessingwoche<, die anlässlich des 200. Geburtstages von Lessing im Januar 1929 stattfand, Familie Henneberg um die Stiftung eines Gedenksteins für Eva König gebeten. Lessing selbst war in Wolfenbüttel bereits 1796 ein heute im Vestibül der Herzog August Bibliothek stehendes Denkmal errichtet worden.    Der von Eva Königs Nachkommen favorisierte Granitfindling hatte beim Komitee keine Zustimmung gefunden. Ein Findling müsse *"seine Veredelung erst dadurch erfahren (...), dass der Mensch ihm eine Gestalt nach seinem Willen gäbe. Lediglich einen Findling aufzustellen, sei eine Armutserklärung des menschlichen Geistes."* [14]. Da Eva Königs, respektive Eva Lessings genaues Grab auf dem Bürgerfriedhof nahe der Trinitatiskirche, dem ehemaligen Garnisonsfriedhof, unbekannt ist, fiel die Wahl schließlich auf eine rechteckige Steinform mit Inschrift, formal korrespondierend zu den anderen Grabsteinen.  Nach kontroversen Diskussionen setzte der Ausschuss Form und Inhalt der Inschrift durch. Der Gedenkstein wurde Eva König gewidmet, das sie als Eva Lessing weniger bekannt sei. Auch die von der Familie zunächst als *"derartige umständliche"* [15] kritisierte, vom Direktor der Braunschweiger Kunstgewerbeschule Prof. Rudolf Bosselt entworfene, Inschrift wurde realisiert.    Das der Stadt übergebene Monument erinnert an eine große, souveräne und lebenstüchtige Frau des 18. Jahrhunderts. Es erinnert aber auch an die Zerstörung von Lessings nur fünfzehn Monate dauerndem Eheglück. Eva König und Gotthold Ephraim Lessing hatten am 8. Oktober 1776 in Hamburg, nach fünfjähriger Verlobungszeit, die sich in den bewegenden "Briefen aus der Brautzeit" spiegelt, geheiratet. Mit den drei Kindern Evas bezogen sie eine Wohnung im Meißnerhaus. Die dort zu Lessings Geburtstag im Januar 1929 enthüllte "Lessing Gedenktafel", typographisch wieder der König-Gedenkstein gestaltet, verweist auf diese Zeit. Seit Dezember 1777 bewohnte das Paar das heutige Lessinghaus. Dort starb Eva Lessing kurze Zeit nach dem Tod des Sohnes Traugott am Kindbettfieber. Seinem Braunschweiger Freund Eschenburg schrieb Lessing: *"Wenn ich noch mit der Einen Hälfte meiner übrigen Tage das Glück erkaufen könnte, die andere Hälfte in Gesellschaft dieser Frau zu verleben; wie gern wollte ich es tuen."* [16]    *Text von Elisabeth Vorderwülbecke*    *zu [14]: Schreiben des Syndikus Dr. Pini an Professor Henneberg vom 6.12.1928, in: NLA WO, 34 N 5, Nr. 146 - Lessing-Gedächtniswoche - Eva-König-Gedenkstein  zu [15]: Schreiben von Professor Henneberg an Syndikus Dr. Pini vom 17.12.1928, in: NLA WO, 34 N 5, Nr. 146  zu[16]: Zitiert nach Paul Raabe: Eva König. Hamburg 2005, S131*

 

Station 16: In der ehemaligen Residenzstadt Wolfenbüttel hinterließ nicht nur das "starke Geschlecht" wie die Welfenherzöge, Literaten und Komponisten – Gotthold Ephraim Lessing, Michael Praetorius, Gottfried Wilhelm Leibniz Wilhelm Busch und Casanova – seine Spuren. Hier lebten und wirkten auch historisch "starke Frauen" wie Friederike von Riedesel, Sophie Prinzessin von Polen, Anna Amalia Prinzessin zu Braunschweig-Lüneburg und Herzogin von Sachsen-Weimar, Anna Vorwerk und Henriette Breymann.Im Oktober 2013 wurde durch die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Wolfenbüttel der Antrag zur Eröffnung eines FrauenORTEs an den Landesfrauenrat Niedersachsen e.V. gestellt. In der Vorbereitung hat sich schnell herauskristallisiert, welche Frau für diese Würdigung in Frage kommen soll. Die Entscheidung fiel auf Henriette Breymann, eine deutsche Pädagogin, Gründerin von Bildungs- und Erziehungsinstitutionen, Förderin der Fröbelpädagogik und der Frauenbildung. Sie soll die Ehre erhalten, durch die Schaffung eines FrauenORTEs wieder ins Gespräch zu kommen – nach wie vor sind die Themen, die Henriette vor 150 Jahren bearbeitet hat, aktuell.Vor dem Wolfenbütteler Residenzschloss finden Sie eine Erinnerungstafel, die Ihnen weitere Informationen zum Leben und Wirken der Henriette Breymann liefert.*FrauenORTE Niedersachsen ist eine Initiative des Landesfrauenrates Niedersachsen e.V. mit dem Ziel, Leben und Wirken historischer Frauenpersönlichkeiten einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen. Die Initiative will auch dazu beitragen, dass Frauengeschichte und -kultur einen festen Platz im Spektrum kulturtouristischer Angebote erhält. - Bisher finden in Niedersachsen über 20 FrauenORTE Beachtung (aus den Kriterien für die Anmeldung Initiative FrauenORTE des Landesfrauenrates Niedersachsen e.V.).*