Header image Beate Ziehres

Kultur-Radtour:
Entdeckt die Highlights der Romanik im Landkreis Helmstedt

Es ist ein sonniger Herbsttag, als ich das Fahrrad aus dem Schuppen hole, um den Spuren historischer Baumeister zu folgen. Mein Reiseführer ist ein in diesem Jahr erschienenes Tourbuch für den Naturpark Elm-Lappwald: „Die 20 schönsten Radtouren“ von Thomas Kempernolte. Ich entscheide mich für die Tour Nummer 5 – die Romanik-Route.

Kaum sitze ich auf dem Sattel, ist es schon Zeit für den ersten Besichtigungsstopp. Zwei romanische Highlights nennt das Tourbuch in Helmstedt: die beiden Klosteranlagen St. Ludgeri und St. Marienberg. Ich stoppe am ehemaligen Benediktinerkloster St. Ludgeri, einem der ältesten Kloster Niederdeutschlands. Die Doppelkapelle St. Peter und Paul stammt archäologischen Untersuchungen zufolge teilweise aus der Gründungszeit des Klosters im 9. Jahrhundert. Das unauffällige Gebäude befindet sich im Passhof der Klosteranlage, den man durch eine Pforte erreicht, die sich links des Hauptportals der Pfarrkirche St. Ludgeri versteckt. Ebenfalls lohnend ist eine Stippvisite in der romanischen Felicitas-Krypta unter dem Hauptschiff der Kirche. Der Zugang zur Krypta befindet sich ebenfalls im Innenhof.

 

Mariental – Beispiel früher Zisterzienser-Baukunst

Wieder auf dem Fahrrad verlasse ich Helmstedt in Richtung Brunnental. Quer durch den Lappwald geht es auf befestigten Forstwegen vorbei an einem alten Landwehrturm und der 1. Walbecker Warte. Mein nächstes Ziel liegt in Mariental-Dorf und ist wieder eine ehemalige Klosterkirche. Der Ende des 12. Jahrhunderts vollendete Kirchenbau gilt als Beispiel früher Zisterzienser-Baukunst in Deutschland. Beim Anblick des prächtigen Kirchenschiffs muss ich unwillkürlich an vergangene Weihnachten denken, als ich hier – eingemummelt in eine dicke Decke – bei Kerzenschein mittelalterlichen Gesängen lauschte. Ein wahrhaft unvergessliches Erlebnis – obwohl die Oktobersonne mich noch wärmt, fröstele ich bei der Erinnerung.

Nun nehme ich den Radweg entlang der B 244 in Richtung Helmstedt bis zur Autobahnauffahrt Helmstedt-West. An einem Parkplatz biege ich in den Lappwald ab. Der geschotterte Weg folgt noch ein Stück der Autobahn, bevor es schließlich ruhiger wird. Bergauf und -ab geht es im munteren Wechsel nach Barmke. Die Route führt nun entlang der K 55 nach Süpplingenburg. Hier mache ich einen kleinen Abstecher über einen Feldweg, um in Ruhe die Laubfärbung bewundern zu können.

Pause am Stammsitz Kaiser Lothars III.

In Süpplingenburg wandelt man, wie der Name schon vermuten lässt, auf den Spuren Lothars von Süpplingenburg. An jenem Platz, an dem heute die Kirche St. Johannis steht, befand sich früher sein Stammsitz, eine im 10. Jahrhundert errichtete Wasserburg. Als Kaiser Lothar III. ließ er den Kaiserdom in Königslutter erbauen. Auch die Kirche St. Johannis geht auf Lothar zurück. Er gründete um 1130 in Süpplingenburg ein Kanonikerstift. Teile der Pfeilerbasilika könnten um die Gründungszeit des Stifts entstanden sein. Davon gehen zumindest Spezialisten aus.

Mit Erschrecken stelle ich in Süpplingenburg fest, dass die Sonne schon tief steht. Ich trete in die Pedale und folge der K 12 nach Groß Steinum. Hier mache ich einen Abstecher zum – Nomen est Omen – Großsteingrab an der Bockshornklippe. 1960 rekonstruierte man die aus der Jungsteinzeit stammende Grabkammer etwa 200 Meter von ihrem Fundort entfernt. Mithilfe von Hebebäumen, Seilen, Baumstammrollen und einem Ochsengespann bewegten Dorfbewohner die bis zu zehn Tonnen schweren Braunkohle-Quarzite zum heutigen Standort. Mit diesem Experiment bewiesen sie, dass es möglich war, die mächtigen Steinblöcke mit einfachen Mitteln zu transportieren.

Mein Drahtesel trägt mich nun westwärts nach Königslutter. Ein Schwarm Wildgänse begleitet mich schreiend hoch in der Luft, während ich mich Rottorf nähere. Nicht nur sie erinnern mich daran, dass es Herbst ist. Inzwischen ist nämlich ein frischer Ostwind aufgekommen und ich habe kalte Ohren. Doch der eigentliche Höhepunkt der Tour liegt noch vor mir: der Kaiserdom. Er gilt als eines der wichtigsten Kulturdenkmäler der Romanik. Im Jahr 1135 legten Kaiser Lothar III. und seine Gemahlin Richenza, die Großeltern von Heinrich dem Löwen, den Grundstein für ihre Grabeskirche. Noch heute ist die Kirche von atemberaubender Schönheit. Auch der Kreuzgang und das Refektorium sind einen Besuch wert.

 

Geschafft! 35 Kilometer und 330 Höhenmeter

Draußen unter den mächtigen Linden dämmert es inzwischen und ich trete die Heimreise mit der Bahn an. Hinter mir liegen 35 Kilometer mit dem Fahrrad und unglaubliche 330 Höhenmeter in Form von Anstiegen.