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300 Jahre Tradition: Edle Liköre und Brände aus der Brennerei Sülfelder

Pflaume und Zimt. Das ist eine Kombination, die mir gefällt – ob als Eis, Schokolade, Tee oder Marmelade. Hermann Lübbecke-Grünhagen macht mir gleich zwei Angebote: den edlen Pflaumenlikör „Dröge Plum“ mit 34 Prozent Alkohol, sehr weich und sehr fruchtig im Geschmack, und die 25-prozentige „Hasenpfote“, ein rötlich-brauner Likör aus Zimt und Cayennepfeffer. Lübbecke-Grünhagen ist Chef der Brennerei Sülfelder, eine der wenigen verbliebenen Destillerien in unserer Region.

Überraschungserfolg mit Zimt und Pfeffer

„Der Zimtlikör war für mich ein Überraschungserfolg, er ist inzwischen nicht – wie andere Zimtprodukte – nur zur Weihnachtszeit ein Verkaufsrenner, sondern das ganze Jahr über“, erzählt mir der 71-Jährige bei einem Besuch seines  Betriebes. Er ist Landwirt und gelernter Brenner. Sein Geschäft baut Lübbecke-Grünhagen auf einer 300-jährigen Familientradition auf. Die Brennerei gibt es seit 1706, der Bauernhof im heutigen Wolfsburger Stadtteil Sülfeld wurde sogar schon 1630 gegründet.

Lübbecke-Grünhagen brennt seit mehr als vier Jahrzehnten und ist derzeit gut im Geschäft. Er baut seinen Betrieb weiter aus und beschäftigt inzwischen fünf Mitarbeiter. Mit seiner reichen Erfahrung und seinem Gespür für Markttrends entwickelt er immer wieder neue kreative Produkte.

Mir fallen die pfiffigen und einprägsamen Namen seiner Produkte auf: Da gibt es neben der Hasenpfote etwa den Maikater (Waldmeisterlikör), den Donnerminzki (Minzlikör) oder die Glühbirne (Birnenlikör). Natürlich darf in Wolfsburg auch ein Golfstrom (Aquavit) oder die Wolfsglut (Wodka mit Orange) nicht fehlen. „Im Finden von Namen sind wir wirklich gut“, sagt er schmunzelnd.

Ab Herbst wird Whisky gebrannt

Das Brennen von Spirituosen mithilfe der Destillation ist grundsätzlich eine sehr alte Technik, erklärt mir Lübbecke-Grünhagen. Beim klassischen Getreidebrand wird das Getreide gemahlen, mit Wasser vermischt, dann Malz und Hefe zugesetzt. Diese Maische gärt mehrere Tage und kommt dann in einen Kessel, die sogenannte Brennblase. Die Maische wird erhitzt, der Alkohol steigt als Dampf nach oben. In einem Behälter, dem Brennhelm, wird er gesammelt und dann abgekühlt. Dabei kondensiert er zu flüssigem Alkohol. Die wichtigsten Aromen bleiben bei diesem Verfahren erhalten.

Lübbecke-Grünhagen betreibt bisher nur eine kleine Destille, er selbst produziert keinen Alkohol aus Maische. Er kauft vielmehr hochwertigen Alkohol ein, in den Früchte oder Kräuter möglichst aus der Region eingelegt werden. Die sogenannte Mazeration ist die klassische Herstellung von Likören. Solche Essenzen brennt Lübbecke-Grünhagen in seiner Destillationsanlage zu Geist, Obstler, Likör oder auch Gin. Gin basiert auf dem Ausgangsstoff Wacholder.

Derzeit baut Lübbecke-Grünhagen in einem Nebengebäude seines Hofes eine größere Destille auf. In dieser wird er ab Herbst dieses Jahres auch Maische und damit Alkohol selbst produzieren. Lübbecke-Grünhagen: „Dann will ich auch einen guten Whisky Single Malt brennen.“

 

Pflaumenlikör aus besonderer Mischung

Im Angebot der Sülfelder Brennerei gibt es rund 40 verschiedene Produkte, die meisten davon aus eigener Produktion. Das Geschmacksspektrum reicht vom klassischen klaren Korn über traditionelle Obstler aus Himbeere oder Kirsche bis zu Likören aus Johannisbeere, Waldmeister oder Kräutern.

Neben diesen gängigen Spirituosen gibt es die besondere Produktlinie „Manufaktur“. „Das sind hochwertige Liköre, die mit aufwendiger Technik in begrenzten Mengen hergestellt werden“, erläutert Lübbecke-Grünhagen. Sie sind deshalb auch teurer. Dazu gehört auch mein Pflaumenlikör. Trockenpflaumen werden vier Wochen in Alkohol eingelegt. Danach wird ein Teil als Alkoholsaft ausgepresst, ein anderer Teil zu Pflaumengeist gebrannt. Beides wird dann zu einem Likör zusammengemischt. Mein Test ergibt: Das Ergebnis ist höchst vollmundig und seinen Preis durchaus wert.

 

Viel Geschmack ist gefragt

Und wie beurteilt der erfahrene Brenner Lübbecke-Grünhagen die Entwicklung auf dem Spirituosenmarkt? „Es wird weniger getrunken, dafür aber bessere Produkte“, lautet seine Analyse. Die Kunden seien bereit, mehr Geld für hochwertige Spirituosen auszugeben: „Es muss möglichst etwas Verrücktes, Individuelles und Besonderes sein.“ Und die Leute wollten wieder „mehr Geschmack“ beim Trinken verspüren.

Das sei eine Chance für kleinere Brennereien, die schneller neue Kreationen herausbringen könnten. Derzeit seien Liköre mit Ingwer im Trend, erzählt Lübbecke-Grünhagen. Er hat gerade einen Walnusslikör produziert und bereitet einen grünen Waldmeisterlikör mit nur noch 15 Prozent Alkoholgehalt vor.

 

Ein Gin fürs Ritz-Carlton

Eine Renaissance erlebe der Gin. Lübbecke-Grünhagen hat hier einen Achtungserfolg erzielt: „Eine vom Nobel-Hotel Ritz-Carlton gewünschte Gin-Edition wurde von uns umgesetzt. Der Verkauf und Ausschank erfolgt auf eigene Rechnung.“ Der ‚Wolfsburger Ritz-Gin‘ sei inzwischen sehr beliebt und die Nachfrage steige ständig.

Ansonsten verkauft Lübbecke-Grünhagen seine Produkte vor allem in der Region Wolfsburg-Braunschweig. Er hat einen eigenen Hofladen und beliefert wichtige Supermarktketten. Außerdem veranstaltet er in seiner alten, gemütlich eingerichteten Destille regelmäßig für kleine Gruppen „Schaubrennen“ mit anschließender Trinkprobe. In der neuen Destillerie soll das alles größer und großzügiger gestaltet werden.