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Der Macher vom Maltermeister Turm:
11 Genie-Streiche von Heiko Rataj

Heiko Rataj sorgt immer wieder bundesweit für Schlagzeilen: Mal durch den Umbau des berühmten Segelschiffs aus der Beck’s Werbung oder wenn er Iglus aus Alaska in den Harz holt. Als Nächstes will er auf der Staumauer der Okertalsperre ein Hotel bauen. Der Mann ist zudem Ballonfahrer, Anteilseigner einer Goldmine und Schauspieler – kurz, einer, dem die Ideen offenbar nie ausgehen.

Die Schauspielkarriere ist das jüngste „Projekt“ von Heiko Rataj: Er spielt in einigen Folgen der kanadischen TV-Doku-Serie „Yukon Gold“ mit und mimt dort einen Abenteurer der Neuzeit, der mit moderner Technik auf Goldsuche geht. Kein Zufall, denn Rataj ist hin und wieder in Kanada, weil er dort an einer Goldmine beteiligt ist. „Ich habe mitgemacht, weil ich etwas Neues machen wollte und weil es mir einfach Spaß gemacht hat“, erzählt er.

 

Ein Hotel auf der Staumauer

Der Filmjob ist nur eine Facette im abwechslungsreichen Leben des Unternehmers aus Goslar. Rataj versteht sich als Projektentwickler, der mit viel Kreativität und noch mehr Spaß Geschäftsideen findet und umsetzt. Dabei riskiert er immer wieder auch Neues und kommt so mitunter bundesweit in die Schlagzeilen. Beispielsweise hat er vor zwei Jahren das 110 Jahre alte Segelschulschiff „Alexander von Humboldt“ gekauft, das die Reederei ausgemustert hatte. Das Schiff wurde komplett saniert und umgebaut und liegt heute als Hotel- und Gastronomieschiff im Bremer Hafen. Berühmt wurde es durch die Werbung der Brauerei Beck’s: Es ist der Dreimaster mit den grünen Segeln, der – unterlegt mit dem Joe-Cocker-Song „Sail away“ – über das Meer glitt.

Mindestens ebenso spektakulär ist sein Plan, auf der Staumauer der Okertalsperre ein Hotel zu bauen. „Ein erster Anlauf scheiterte vor fünf Jahren an den Harzwasserwerken“, erzählt Rataj. Doch nun gebe es eine neue Chance. „Derzeit finden durch Vermittlung der Landesregierung neue Gespräche statt, um einen Kompromiss zu finden“, so der Unternehmer. Die Baupläne sind fertig. Gutachten liegen vor. Rataj plant ein dreigeschossiges Gebäude mit 100 Betten, das sich auf der Staumauer entlang erstrecken soll. „Das wäre ein spektakuläres Projekt für den Harz. Etwas Vergleichbares gibt es nirgends auf der Welt“, stellt er fest.

 

Blick auf  Goslar und das Harzvorland

Wie viele Projekte hat der 51-Jährige schon realisiert? Rataj überlegt kurz und schätzt dann: knapp 30. Darunter sind einige Hotel- und Gastronomieprojekte im Harz. Rataj gehört zu den Machern, die den Harz im vergangenen Jahrzehnt touristisch deutlich vorangebracht haben. Seit 18 Jahren lebt er in Goslar. Vorher war er im Hotelfach viel in der Welt unterwegs, arbeitete unter anderem in Australien und in der Schweiz. Bei seinen ersten Projekten im Harz war er Pächter von Gasthäusern auf dem Wurmberg und am Matthias-Schmidt-Berg in St. Andreasberg. Rataj: „Ich wollte aber Eigentümer von Häusern sein, weil ich so mehr gestalten kann.“

2004 kaufte er das Traditionsgasthaus Maltermeister Turm in Goslar, das 419 Meter hoch über dem Bergwerk Rammelsberg und der Stadt liegt. Das Haus wurde renoviert und erweitert, es wurde beispielsweise eine große Sonnenterasse gebaut, auf der man einen wunderschönen Blick auf die Altstadt und auf das Harzvorland hat. Die Gebäude stehen neben dem 1548 gebauten Turm, in dem einst der Maltermeister lebte, der für die Holzversorgung des Bergwerks Rammelsberg verantwortlich war. In der Turmwohnung hat Rataj einige Zeit als Junggeselle gelebt. Heute ist der Maltermeister Turm ein beliebtes Ausflugslokal, im Sommer immer voll besetzt.

 

Berghütte und Integrationszentrum

Als Nächstes übernahm Rataj die Gastronomie auf dem Bocksberg in Hahnenklee. Er modernisierte mit hohen Investititonen die Berghütte, die – weil der Bocksberg inzwischen im Winter wie im Sommer ein touristischer Renner ist – gut besucht wird. Vor zwei Jahren kaufte Rataj von der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Braunschweig das Haus Hessenkopf oberhalb von Goslar und öffnete es auch für andere Besuchergruppen. „Das Hotel und Tagungszentrum läuft sehr gut, wir sind zu 85 Prozent ausgelastet“, zieht Rataj eine erste Bilanz. Eine Attraktion auf dem Hessenkopf-Gelände sind ein Heu-Hotel in einer alten Scheune und ein Fass-Hotel. Auf der grünen Wiese stehen 17 einfach ausgestattete große Weinfässer, in der jeweils zwei Personen übernachten können.

Eine ungewöhnliche Entwicklung nahm die Harz-Lodge in Goslar, die Rataj vor drei Jahren als Hotel mit interessantem Design und niedrigen Preisen startete. Im Frühjahr dieses Jahres wurde es in Zusammenarbeit mit dem Landkreis Goslar zu einem Integrationszentrum für Flüchtlinge umgewandelt. Derzeit wohnen hier 200 Flüchtlinge, die zugleich Sprach- und Integrationskurse besuchen. Und Rataj wäre nicht Rataj, wenn er nicht auch hier etwas Besonderes realisieren würde: Aus Alaska hat er fünf große Eskimo-Iglus aus Kunststoff importiert, in denen nun die Kurse stattfinden.

Ein Segelschulschiff als Bremer Wahrzeichen

Auch außerhalb des Harzes gibt es Rataj-Projekte. Die „Alexander von Humboldt“ soll Ende Oktober an die „Schlachte“ in Bremen umsiedeln: Das ist die Uferpromenade an der Weser, direkt unter der Altstadt. Die Stadt hat dort eigens einen neuen Anleger gebaut. „Das könnte ein weiteres Wahrzeichen von Bremen werden“, erwartet Rataj. In Bremerhaven lässt Rataj derzeit ehemalige Landungsboote der Bundeswehr zu Fahrzeugen umbauen, die als Busse zu Wasser und zu Lande auf Stadtrundfahrten gehen sollen. Ein ähnliches Projekt läuft mit einem „Schwimmbus“ in Hamburg und hat für ein großes Medieninteresse gesorgt.

Wie kommt er auf solche Ideen? Rataj: „Man muss mit offenen Augen durch die Welt gehen, Entwicklungen erkennen und den Mut haben, Neues zu wagen.“ Grundsätzlich gehe er nur Projekte an, die ihn persönlich interessierten und die ihm Spaß machten.

 

Drei Zirkuszelte und ein Ballonfahrer

Darunter fällt auch der bundesweite Verleih von drei Zirkuszelten, in denen Rataj zeitweise auch selbst Konzerte veranstaltet hat. Privat ist er noch mit Freunden in einer Band aktiv, die Partymusik und Schlager spielt. Außerdem ist er ambitionierter Ballonfahrer, überquert immer wieder die Alpen. Einmal im Jahr macht Rataj auf seinem eigenen großen alten Segelboot ab Lübeck einen mehrtägigen Törn mit auffällig gewordenen Jugendlichen – sein Beitrag zu deren Resozialisierung.

Und wie bringt er all diese Aktivitäten zeitlich zusammen, ohne dass das Familienleben zu kurz kommt? „Man muss sich gut organisieren und man muss nicht alles selbst machen, sondern gute Leute einbeziehen, denen man vertraut“, erklärt er. Viele Projekte realisiert Rataj mit Partnern, die er nicht nur an der Geschäftsführung, sondern auch am jeweiligen Unternehmen  beteiligt.

Und welche Projektideen hat er noch auf Lager? „Derzeit mache ich eine schöpferische Pause“, sagt er lächelnd, fügt aber gleich hinzu: „Die kann schnell zu Ende sein“. Man glaubt es ihm.