Drei „Jungs“ in Gelb, Pink und Orange, eine überdimensionierte Geburtstagstorte, wildes Durcheinander. Als Mutter fühlt Bloggerin Beate Ziehres sich an einen jährlich wiederkehrenden Alptraum erinnert, als sie den dunklen Zuschauerraum im JUNGES! Staatstheater im Lokpark Braunschweig betritt.
JUNGES! Staatstheater im Lokpark Braunschweig
Spaß und eine gute Zeit für Alle
Ich bin in der historischen Anheizhalle des Lokparks Braunschweig. Hier laufen die Proben des JUNGEN! Staatstheaters für das Stück „Häppi Bürste“ – die farblich perfekt abgestimmten Bürsten-Kopfbedeckungen der Darsteller geben einen wichtigen Hinweis auf den Titel des Stücks. Analog zu dieser Abwandlung von Happy Birthday dürfen sich die Zuschauer über weitere kindliche Wortkreationen – von Barbie-Kuhsoße bis Statakrophe – freuen. Und überhaupt ist im Theater alles viel lustiger als im wahren Leben, stelle ich fest.
Nach der Probe hat der Leiter des JUNGEN! Staatstheaters und Regisseur des Stücks „Häppi Bürste“ Jörg Wesemüller noch Zeit für ein kurzes Gespräch. Wir lassen laute Musik, Dunkelheit und zuckende Stroboskop-Blitze hinter uns. Draußen am Bahnsteig der Miniaturbahn scheint die Sonne und Vögel singen ihre Lieder.
Fünf Fragen an Jörg Wesemüller vom JUNGEN! Staatstheater
Herr Wesemüller, wie kommt das JUNGE! Staatstheater Braunschweig in den Lokpark?
Wir sind übergangsweise hier. Eigentlich hatte das JUNGE! Staatstheater eine eigene Bühne im Haus 3. Das Haus im Magniviertel wurde uns aber gekündigt. Nun sind wir hier, bis wir ein neues Theater gebaut bekommen haben. Baubeginn ist nächstes Jahr. Der Plan ist, dass es Ende 2024 eröffnet werden kann.
Der Lokpark ist ja eine außergewöhnliche Location. Wie ist es, hier zu arbeiten?
Ich persönlich finde, es ist ein verzauberter Ort. Der Lokpark ist wie ein verwunschener Freizeitpark. Man erwartet einen solchen Ort gar nicht in Braunschweig. Wenn man durch diese Tür kommt, denkt man doch automatisch „Aha, wo bin ich denn hier gelandet?“ Das macht natürlich das Ambiente mit den historischen Loks und den Gebäuden, die unter Denkmalschutz stehen. Uns macht die Location großen Spaß! Alle finden es toll, hier zu arbeiten.
Was ist am JUNGEN! Staatstheater denn jung?
In erster Linie das Publikum! Unsere Zuschauer sind zwischen 0 und 99 Jahren jung. Als Vier-Sparten-Theater produzieren wir junges Schauspiel, junges Musiktheater, junges Tanztheater und junge Konzerte. Wir haben tatsächlich auch Babykonzerte.
Wie süß! Sicherlich hat jedes Stück seine eigene Zielgruppe?
Klar. Eine Kindheit hat ja ganz viele verschiedene Entwicklungsphasen. An denen orientieren wir auch unsere Produktionen. Babykonzerte sind anders als Kinderkonzerte, die wiederum anders sind als Jugendkonzerte.
An welche Altersgruppe wendet sich „Häppi Bürste“?
Wir stellen fest, dass „Häppi Bürste“ schon für 4 bis 5 Jährige funktioniert, es spricht aber auch noch 11-Jährige an. Tatsächlich wendet sich das Stück an eine relativ große Altersgruppe und ich denke, es ist wie das Familienstück zur Weihnachtszeit ein Familienstück zur Sommerzeit. Alle haben ihren Spaß daran. Und es ist sehr musikalisch. Wir wollten einfach eine Produktion haben, die nach dieser Pandemie Kindern und Familien eine gute Zeit beschert.
„Häppi Bürste“ hatte vor einigen Tagen in unmittelbarer Nachbarschaft dreier historischer Eisenbahnwaggons Premiere. Die musikalische Schauspielproduktion ist vorerst bis Mitte Juni zu sehen und dann wieder im Herbst. Doch auch im Sommer 2023 soll das Stück rund um den Kindergeburtstag wieder gespielt werden.
Eine noch musikalischere Premiere steht den Fans des JUNGEN! Staatstheaters übrigens für Montag, 30. Mai, ins Haus – im Großen Haus übrigens. Im Jugendkonzert „Ring: Pop Up Album“ trifft „Der Herr der Ringe“ auf den Herrn des Rings, nämlich dem der Nibelungen. Das groß besetzte Staatsorchester spielt Musik von Richard Wagner und Howard Shore.
Hier zeigt sich eine Besonderheit des JUNGEN! Staatstheaters, auf die Jörg Wesemüller im Gespräch ebenfalls hinweist: Die Stücke des JUNGEN! werden immer von professionellen Ensembles umgesetzt. In „Häppi Bürste“ machen Mitglieder des Schauspielensemble des Staatstheaters die Bühne unsicher, für die JUNGEN! Konzerte greifen die Musiker des Staatsorchesters zu den Instrumenten. So kann es sich auch zutragen, dass Schauspieler am Vormittag Grundschulklassen belustigen und am Abend des gleichen Tages ein erwachsenes Publikum nachdenklich stimmen.
Mit Theater nichts am Hut? Das JUNGE! hilft
Anhand unterschiedlicher Formate bringen drei professionelle Vermittlerinnen jungen Menschen die Kunstgattungen, die das JUNGE! Staatstheater bedient, näher. Workshops zu aktuellen Inszenierung und Konzerten, Probenbesuche oder das Angebot, als Premierenklasse den Entstehungsprozess einer Inszenierung unmittelbar mitzuerleben, machen Lust auf Theater. Vielleicht kommt das Theater in die Schule oder die Schule in die Oper – Möglichkeiten der Zusammenarbeit gibt es viele.
Junge Tänzerinnen und Tänzer aus Afrika und dem Nahen Osten zu Gast in Braunschweig
Erstmals kooperiert das JUNGE! Staatstheater in diesem Jahr mit dem Festival Theaterformen. So feiert am 1. Juli das Stück „SAWTIK – Deine Stimme“ im Kleinen Haus Premiere. Junge Tänzerinnen und Tänzer aus Marokko, Mali und Palästina begeben sich auf eine Zeitreise von frühesten Kindheitserinnerungen bis zu ihren Zukunftsträumen. Weitere Informationen zur Choreografie von Taoufiq Izeddiou, die sich speziell an junges Publikum wendet, zur Idee von SAWTIK und detaillierte Terminvorschau finden sich hier.
Tickets für das JUNGE! Staatstheater online kaufen
Ich habe bei meinem Probenbesuch im Lokpark jedenfalls richtig Lust bekommen, wieder einmal ins Theater zu gehen. Ob es ein Konzert, Schauspiel, Musiktheater oder Tanz wird, verrate ich an dieser Stelle nicht. Aber meine Entscheidung ist gefallen, das Ticket gebucht – natürlich online.