Am 16. Mai 2018 wurde zum 32. Mal der Friedrich-Gerstäcker-Preis für Jugendliteratur vergeben. Das sagt euch nichts? Dabei ist er etwas ganz Besonderes! Dieser Preis existiert seit 1947 und ist damit der älteste Jugendbuchpreis der Bundesrepublik Deutschland.
Literarisches Braunschweig –
der Friedrich-Gerstäcker-Preis für Jugendliteratur
Für Toleranz und Weltoffenheit
Er wird alle zwei Jahre an deutschsprachige Autor*innen vergeben, die mit ihren Romanen Weltoffenheit und Toleranz fördern und dazu anregen, sich mit anderen Kulturen und Wertvorstellungen auseinanderzusetzen. Angelehnt ist der Preis an den Weltreisenden Friedrich Gerstäcker, dessen Wege immer wieder die Stadt Braunschweig kreuzten. Ab 1837 bereiste er weite Teile der Welt und weckte mit Büchern wie Die Flußpiraten des Mississippi das Interesse deutschsprachiger Leser*innen für andere Kontinente. In einer Welt, die immer noch von Vorurteilen und Diskriminierung gekennzeichnet ist, leistet dieser Preis einen sehr wichtigen Beitrag und umso trauriger ist es, dass ihm in der Öffentlichkeit immer weniger Aufmerksamkeit geschenkt wird.
Dazwischen: Ich
Auch dieses Jahr war es wieder eine Freude, bei der Preisverleihung dabei zu sein. Ausgezeichnet wurde die österreichische Autorin Julya Rabinowich für ihren Roman Dazwischen: Ich. Die Geschichte handelt von dem 15-jährigen Mädchen Madina, das mit seiner Familie vor Krieg und Verfolgung geflohen ist. In einem neuen Land angekommen, steht sie zwischen ihrer Familie und einer anderen Welt, die sich ihr vor allem dadurch eröffnet, dass sie eine gute Freundin findet, die sich ihrer annimmt. „Wo ich herkomme? Das ist egal. Es könnte überall sein. Es gibt viele Menschen, die in vielen Ländern das erleben, was ich erlebt habe. Ich komme von überall. Ich komme von Nirgendwo. Hinter den sieben Bergen. Und noch viel weiter. Dort, wo Ali Babas Räuber nicht hätten leben wollen. Jetzt nicht mehr. Zu gefährlich.“
Mit diesen Worten beginnt das Buch und zieht nicht nur Jugendliche, sondern auch Erwachsene in seinen Bann. Frau Rabinowich verrät mir, dass sie sich dem Thema Flucht und Migration schon in anderen Romanen angenommen hat, die jedoch vorrangig für Erwachsene geschrieben sind. Dieses Mal wollte sie bewusst ein Antikriegsbuch für Jugendliche schreiben und zeigen, dass es nicht selbstverständlich ist, in einer friedlichen Welt aufzuwachsen. Dazwischen: Ich ist Julya Rabinowichs erstes Jugendbuch und sie hat genau den richtigen Ton getroffen. Ich kann also nur allen ans Herz legen, mal einen Blick hinein zu werfen.
Was den Preis im Innersten zusammenhält
Die Preisträger*innen – wie auch dieses Jahr Julya Rabinowich – werden von einer hoch besetzten Jury ausgewählt. Sie besteht aus Germanist*innen, ehemaligen Dozierenden, Vertretungen aus dem Buchhandel und der Stadtbibliothek und last but not least zwei Mitgliedern der Jugendjury. Die Jugendjury ist das Herz des Preises. Sie trifft eine Vorauswahl und liest innerhalb von zwei Jahren bis zu 100 Bücher. Das ist umso bemerkenswerter, wenn man weiß, dass die Jury in letzter Zeit nur noch aus circa fünf Mitgliedern besteht. Doch sie freut sich natürlich immer über neue Gesichter und wenn Interessierte diesen Text hier lesen, bedarf es nicht mehr als einem schnellen Anruf in der Stadtbibliothek und man wird herzlich aufgenommen.
Ein literarischer Schatz
Der Friedrich-Gerstäcker-Preis ist etwas ganz Besonderes. Er verbindet Erwachsene und Jugendliche, Länder und Kulturen und setzt ein Zeichen für Weltoffenheit und Toleranz. Und bis zur nächsten Preisverleihung in zwei Jahren bleibt noch genug Zeit, sich mit den vergangenen Preisträger*innen auseinanderzusetzen und eine literarische Weltreise anzutreten. Denn glaubt mir, es lohnt sich!