Header image Marvin Reepschläger

Teil 2: Kuriose und ungewöhnliche Museen im Landkreis Wolfenbüttel

In Wolfenbüttel und Umgebung gibt es allerorts kuriose und ungewöhnliche Museen zu entdecken. Was liegt da näher, als eine museale Aufbereitung? Das letzte Mal habe ich euch das Kaffeekannenmuseum und das Kuba-Museum vorgestellt. Heute stelle ich euch das Bürger Museum und den Asse-Bummler vor.

Ein Besuch im Bürger Museum

Heute besuche ich das Bürger Museum in Wolfenbüttel. Es ist noch ganz neu, die Eröffnung war erst am 11. Mai 2017. Hier sind Stadt- und Bürgergeschichte Wolfenbüttels der letzten 500 Jahre zu finden – und das gern auch unter Beteiligung der Bürger selbst.

In dem hellen Ausstellungsraum empfangen mich gleich zu meiner Linken Basketbälle, die an der Wand schweben! Eine schöne Einleitung, wurde doch hier in der ehemaligen „Jahnturnhalle“ (so auch der Name dieses Ausstellungsabschnitts) früher Basketball gespielt.  In der „Abteilung“ zu „Aufbruch und Neubeginn“, die wie alle Themen der Ausstellung mit großen unter der Decke hängenden Lettern angekündigt wird, sehe ich eine alte Bekannte stehen: die Musiktruhe „Komet“ aus der Kuba-Fabrik! Darüber schwebt ein zeitgenössisches Radio und kleine Schilder informieren den Besucher über die interessanten Fakten zu den Ausstellungsstücken.

Das Auge isst mit

Gleich daneben läuft mir das Wasser im Munde zusammen. Hier sind Torten mit außergewöhnlichem Dekor ausgestellt – leider nur zum Angucken, essen kann man sie nicht. Von der Plattform in der Mitte des Museums aus sehe ich von oben erst die Besonderheiten der Tortengestaltung. Der „Ovale Mandelberg“ wurde zum Markenzeichen und Logo Bernhard Lambrechts, dem Konditorenmeister, der für einen neuen Stil in der Gestaltung von Konditoreierzeugnissen stand und bereits 1928 eine eigene Konditorenschule in Wolfenbüttel gründete.

Der vom Bauhaus geprägte Stil und der sehr gute Ruf der Schule zog viele Meisterschüler an, so lange, bis sie am 1. Dezember 2004 geschlossen wurde. Leider, muss ich sagen, wenn ich mir die Ergebnisse so ansehe.

Leihgaben aus dem Leben

Im „Bürgerlichen Leben“ sind geschichtsträchtige Leihgaben aus dem städtischen Leben ausgestellt. Eine zweisitzige Schulbank aus dem 19. Jahrhundert vermittelt einen sehr guten Eindruck davon, dass auch schon die früheren Schülergenerationen ihre Tische mit Sprüchen „verzierten“. Konzept dieses besonderen Museums ist übrigens, dass die Wolfenbütteler selbst die Geschichte ihrer Stadt hier miterzählen dürfen. Insbesondere die Leihgaben von Privatpersonen machen die Ausstellung so authentisch. Vieles davon ist im „Bürgerarchiv“ zu finden und soll überdies kontinuierlich erweitert werden.

Geschichte und Brandaktuelles werden auf beklemmende Weise sichtbar, nämlich wenn das „Fluchtgepäck“ aus drei Generationen gezeigt wird. Der Rucksack von Brigitte aus Posen, die im 2. Weltkrieg fliehen musste, der Scout-Ranzen von Shqipe aus dem Kosovo oder der Adidas-Rucksack von Khaled, der aus Syrien floh, machen Flüchtlingsgeschichten persönlich und greifbar. Auch das gehört zum bürgerlichen Leben dazu!

Abwechslungsreiche Ausstellung

Unter „Schiene und Maschine“ werden Fortbewegung und Industrialisierung in Wolfenbüttel dokumentiert. Die historische Dosenverschlussmaschine der Firma Lanico arbeitet noch ganz vorzüglich: Ich kaufe im Museum ein paar Kekse und schließe sie mit der antiken Verpackungsmaschine sicher in der Dose ein – so kommen sie knusprig und frisch mit zu mir nach Hause.

Als Stadt, die in ihrem Kern vom Wasser umgeben ist, wie auch das Modell rechts neben dem Eingang zeigt, darf demnach auch das Thema „Wasserwege“ nicht fehlen. Ein rotes Kanu schwebt als Hingucker unter der Decke. Ein antikes „Wasserleitungsrohr“ aus Holz, das aus der Zeit zwischen dem 17. und 18. Jahrhundert stammt, weckt zudem mein Interesse. Das Holzrohr nennt sich Pipe und sein zylinderförmiger Hohlkörper wurde damals mit einem glühenden Eisen hineingebrannt. So gingen Wasserleitungen also früher; kein Vergleich zu unseren heutigen Röhren aus Metall.

Im Bürger Museum gibt es wirklich viel zu sehen, von Alltagsgegenständen wie Porzellan und Kleidung über die historische Stadtwerdung Wolfenbüttels bis hin zu den letzten Aktivitäten des Gebäudes vor Umbau zum Museum – und das mit einem frischen, interaktiven Ausstellungskonzept.

Ein Museum in Bewegung – der Asse-Bummler

Historisches muss nicht immer im Museum präsentiert werden, stelle ich fest: Es kann auch das Museum selbst sein. Denn das geschichtsträchtige Schienenfahrzeug, für das ich mich interessiere – der „Asse-Bummler“ – ist ein Zug, der von der 1925 gebauten Dampflok „Braunschweig“ gezogen wird. Er fährt mehrmals im Jahr auf der bereits 1838 eröffneten Strecke der ersten Deutschen Staatseisenbahn, von Braunschweig nach Wolfenbüttel. Geschichte hautnah also!

Der Verein Braunschweiger Verkehrsfreunde e. V. (VBV) hat seit seiner Gründung 1949 das Ziel, historische Züge betriebsfähig zu erhalten. Am Vereinsstandort, dem Lokpark Braunschweig, ist so eine ungewöhnliche Fahrzeugsammlung entstanden, dessen Highlight demzufolge der Museumsdampfzug „Asse-Bummler“ ist.

Der Name verbindet Ziel und Fahrerlebnis miteinander, denn Bummeln ist hier wörtlich zu nehmen: Gerade mal 40 km/h ist die Höchstgeschwindigkeit, die die alte Eisenbahn erreicht, wenn sie sich vom Braunschweiger Hauptbahnhof bis zum ersten Zwischenhalt in Wolfenbüttel und von dort weiter auf der Strecke Wolfenbüttel-Schöppenstedt über Linden nach Wendessen auf der alten Trasse bis Wittmar bewegt.

Carsten Hoelscher

Die Holz-Klasse

Wie es sich für eine Nostalgiefahrt gehört, stammen neben der alten Lok natürlich auch die Waggons aus vergangenen Zeiten. Sie wurden zwischen 1878 und 1930 gebaut und damals in der dritten Klasse eingesetzt. Kein Wunder, dass sie als „Holz-Klasse“ bezeichnet wurde, denn die gesamte Inneneinrichtung von den Sitzbänken über die Gepäckablage bis zur Wandverkleidung ist hölzern. Auch die Fahrkartenkontrolle wird klassisch mit einer Lochzange vorgenommen, die die kleinen festen Pappkärtchen entwertet.

Ein kurzer Stopp in Wendessen ist nötig, weil die Weiche manuell gestellt werden muss, damit der Bummelzug weiter auf der Grubenbahnstrecke Remlingen/Asse fahren kann. Diese Teilstrecke gehört zur ehemaligen Braunschweig-Schöninger Eisenbahn und wird im Personenverkehr tatsächlich nur noch von unserem Museumszug genutzt.

 

Von Braunschweig nach Wolfenbüttel und zurück

Danach geht es steil bergauf: Die alte Dampflok kämpft sich an Groß Denkte vorbei in Richtung Remlingen hinauf. Schnaufend und dampfend erreicht sie das Ziel, den kleinen Haltepunkt Wittmar. An einigen Tagen pendelt der Zug in der Mittagspause auch schon mal nach Wendessen und wieder zurück – aber eigentlich ist in Wittmar das Ende der Strecke erreicht.

Von hier aus gibt es einige interessante Ziele zu entdecken. Fahrräder werden ab nächstem Jahr wieder kostenlos im Packwagen transportiert – er ist gerade in der Revision; dann bietet es sich an, eine Fahrradtour zurück nach Wolfenbüttel (bzw. Braunschweig) oder einfach nur eine Rundfahrt an der Asse entlang zu machen. Auch der Bismarckturm, der ca. einen Kilometer vom Haltepunkt Wittmar entfernt ist, lohnt eine Besteigung. Wer mag, kehrt in der Assewirtschaft ein oder besichtigt die Ruine der Asseburg, bevor die Heimfahrt mit dem Museumszug angetreten wird.

Carsten Hoelscher

Weitere Museen

Der Landkreis Wolfenbüttel hat noch mehr ungewöhnliche Museen zu bieten, die ich auf meiner Museumstour gern besichtigt hätte. Leider hat das Till Eulenspiegel Museum in Schöppenstedt, dass sich thematisch ganz auf diesen mittelalterlichen Spaßvogel konzentriert, noch nicht wieder eröffnet. Geplant ist der Neustart nach Umbau jedoch noch in diesem Jahr.

Auch das Sandmuseum in Cramme und das Gärtnermuseum in Wolfenbüttel konnte ich noch nicht besuchen. Beide Museen werden mit viel Engangement von privaten Vereinen betrieben, die daher keine durchgängigen Öffnungszeiten bieten können. So veranstaltet das Gärtnermuseum regelmäßig einen Tag der offenen Tür und das Sandmuseum kann nach vorheriger Terminvereinbarung ab Ende August wieder besichtigt werden.