Ein Schal, ein Schreibblock und ein Glas Bier liegen auf einer Theke. Malte Schumacher

Stadionfunk Eintracht Braunschweig:
Glück gehört auch dazu ...

Am Samstag, 22. Januar, war der Hallesche FC zu Gast im Eintracht-Stadion. Ein Spiel, zwei Perspektiven. Unsere Regionäre Malte Schumacher und Kay Rohn waren bei diesigem Wetter dabei und berichten.

Malte Schumacher

Lospech

Gerade mal 500 Zuschauer sind heute zugelassen, die Pandemie nervt. Wann hatten wir das zuletzt? Ich weiß es nicht mehr, es kommt mir vor wie neulich  – täglich grüßt das Murmeltier, irgendwie ändert sich gefühlt gar nichts… Natürlich habe ich bei der Ticket-Verlosung mitgemacht – am Donnerstag um 11.07 Uhr aber kam die E-Mail von Eintracht: „Hallo Malte, hiermit möchten wir Dir mitteilen, dass Du im Rahmen der Verlosung für unser Heimspiel der 3. Liga gegen den Halleschen FC am Samstag, den 22. Januar 2022, leider nicht zu den Gewinnern zählst.“ Mist – war aber klar: Pech kenne ich. Was nun?

Ein Fernseher in einer Kneipe. Malte Schumacher
Glückliche Ticket-Gewinner auf der Tribüne des Stadions.

Mein Platz heute ist in der „Wahren Liebe“…

Ich habe noch ein paar Ticket-Abfragen gemacht in meine Netzwerke – viele meiner Buddies aber haben auf ihr Verlosungs-Recht freiwillig verzichtet. Das Spiel läuft sowohl bei MagentaSport als auch im Free-TV auf NDR und MDR, da bleiben wohl einige ob der explodierenden Infektions-Zahlen lieber daheim. Nö, das ist mir heute zu dröge, ich habe mir gestern einen Einzel-Platz an der Theke in der „Wahren Liebe“ reserviert. Auch in unserem Fanclub ist Corona-Zurückhaltung angesagt, ich aber mache mich gegen 12.00 Uhr auf den Weg.
 

Blau-gelbe Spuren

Ich gehe durch das Magni-Viertel und suche blau-gelbe Spuren, um mich in Heimspiel-Stimmung zu bringen. Fans sind natürlich nicht unterwegs, aber Fan-Sticker, Aufkleber und Plakate begenen mir reichlich. Als ich bei Fichtelmann auf dem Wochenmarkt eine Bratwurst esse, deutet eine junge Frau auf meine blau-gelbe Mütze und sagt: „Oh, ein glücklicher Ticket-Gewinner auf dem Weg ins Stadion“ – „Schön wär’s“ antworte ich. In der Straßenbahn ist’s dann schon sehr merkwürdig, ich würde am liebsten Fangesänge schmettern, um für die adäquate Spieltags-Atmosphäre zu sorgen…

Aufkleber eines Fußballvereins auf der Rückseite eines Straßenschildes. Malte Schumacher
Im Magniviertel hat die blau-gelbe Fan-Kultur ihre Spuren hinterlassen.
Der Eingang einer Kneipe. Malte Schumacher
Das Magniviertel in Braunschweig: an vielen Ecken hat die Eintracht einen festen Platz.
Ein Aufkleber auf einer Schaufensterscheibe. Malte Schumacher
Ein Eintracht-Aufkleber am Schaufenster der Galeria.
Aufkleber des Fußballvereins Eintracht Braunschweig auf einer Tür in einer Kneipe. Malte Schumacher
In der „Wahren Liebe” gibt es blau-gelbe Spuren ohne Ende.
Aufkleber eines Fußballvereins auf der Rückseite eines Straßenschildes. Malte Schumacher
Der Eingang einer Kneipe. Malte Schumacher
Ein Aufkleber auf einer Schaufensterscheibe. Malte Schumacher
Aufkleber des Fußballvereins Eintracht Braunschweig auf einer Tür in einer Kneipe. Malte Schumacher

Mike hat mal was gewonnen

Auf der Rheingoldstraße ist nichts los, gar nichts. Gespenstisch. Ich will davon gerade ein Foto machen, da taucht eine blau-gelbe Gestalt am Horizont auf. Und so lerne ich Mike kennen, sonst in Block 9, heute glücklicher Ticket-Gewinner. „Ich habe noch nie irgendwo irgendwas gewonnen, aber heute…!“ – stolz zeigt er mir sein Ticket. Okay, manchmal also trifft das Glück auch die Richtigen… Und Mike ist sicher: „3:0 für uns heute!“. Auf dem Weg zum Haupteingang stehen zwei Biertrinker an einem Stromkasten, beide heißen Sebastian. Der rechte Sebastian ist ähnlich euphorisch wie Mike: „3:1“, der linke Sebastian eher besonnen: „Das wird ein schmutziges 1:0…“

Die Aufstellung

Check-In bei der „Wahren Liebe“, ein junger Mann mit Tablet macht das. „Hallo Herr Schumacher – ich kenne Sie ja eigentlich nur von der Fundraising-Vorlesung“ – schau‘ an, einer meiner Ostfalia-Studierenden, wir haben vorige Woche Klausur geschrieben. Vorsichthalber frage ich ihn, ob er diese bestanden hat – „Klar, 1,7“ – okay, dann bin ich ihm hier wohl willkommen. Zack, ab an die Theke, Aufstellung checken. Hinten links Schlüter für Kiwi, und rechts wie erwartet der Neue, Jan-Hendrik Marx, gekommen aus Ingolstadt. Für Lauberbach (nicht im Kader) stürmt Ihorst, dahinter Henning, Otto und Multhaup, Consbruch sitzt auf der Bank.

Clemens kommt auch noch dazu

Ich denke nach über unsere Corona-Infizierten, über unsere Vorbereitung auf diesen Rückrunden-Start nach fünf Wochen Pause – und natürlich darüber, was das alles bedeutet für die Mannschaft. Der Hallenser Trainer hat im Vorfeld gesagt, dass die Eintracht wegen des Spiel-Ausfalls letzte Woche ja noch gar nicht wüsste, wo sie steht. Hmmm, wir hatten zwei Test-Spiele, ich sehe das anders und erwarte eine starke und sichere Eintracht. In diesem Moment bekomme ich Besuch: Clemens will nachher noch in den Übungsraum (er spielt Gitarre bei „Kommando P.“), die halbe Band steht mit uns im Block 6, und die „Wahre Liebe“ liegt auf seinem Weg.

„Ihorst ballert gleich mal schön auf’s Tor nach einer Konter-Situation, der Torwart klärt zur Ecke. Denkste, der Schiri gibt Abstoß. Klappspaten.”

Malte Schumacher

Torlose erste Hälfte

Kann losgehen, die Sicht von der Theke auf einen der vielen Monitore ist super. Ihorst ballert gleich mal schön auf’s Tor nach einer Konter-Situation, der Torwart klärt zur Ecke. Denkste, der Schiri gibt Abstoß. Klappspaten. Schlüter schießt nach 10 Minuten einfach mal aus 22 Metern – wieder der Torwart. Sieht doch gut aus. Halle presst aber auch nicht so hoch und aggressiv wie Lautern zuletzt vor Weihnachten. Das Spiel verflacht dann, Eintracht agiert sehr fahrig. Ihorst hat kurz vor der Pause nochmal eine gute Aktion, dann ist Halbzeit-Pause.

Das Stadion von Eintracht Braunschweig in Braunschweig. Malte Schumacher
Vor dem Stadion ist kaum etwas los.

Halle wird stärker...

Mein Fazit: Otto etwas blass, Henning ungewohnt mit fehlender Präzision, insgesamt fehlen mir bei uns Pass-Sicherheit, Kontrolle und echte Torchancen. Clemens wendet ein, dass von Halle auf unser Tor überhaupt gar nichts kam – stimmt auch wieder, Angst ist wohl nicht nötig. Ich wünsche mir jetzt Consbruch für Otto – Schiele aber belässt es bei der Startelf. Diese agiert nun noch unkonzentrierter und fehlerhafter als vor der Pause, und Halle bekommt Oberwasser. Im Block würde jetzt der Erste unken: „Nun betteln sie wieder um ein Gegentor ...“


... aber wir machen das Tor

Nach einer Stunde bringt Schiele dann Koby und Pena Zauner für Multhaup und Henning, die beide schon wesentlich bessere Spiele gemacht haben. Kurz danach verletzt sich Halles Verteidiger Nietfeld und muss runter, Halle aber spielt erstmal zu zehnt weiter. Dann Ballgewinn Nikolaou, Pass auf Koby – und der legt den Ball in Lauf von Ihorst. Schöner strammer Schuss rechts unten, der Torwart ist zwar noch dran – aber das ist das 1:0 für uns! Clemens hatte mit gerade die frisch gepressete Scheibe von „Kommando P.“ in die Hand drücken wollen – nun erstmal jubeln, abklatschen und durchatmen…

Ein Mann zeigt einen erhobenen Daumen. Malte Schumacher
Clemens von „Kommando P.” ist auch dabei – als die Eintracht trifft.

Was macht der Nikolaou da?

Bitter für Halle, mit einem Mann weniger das Gegentor zu kriegen – aber wir dürfen auch mal Glück haben. In der 75. Minute ist dann um uns herum der Bär los: Ein total verunglückter Rückpass oder besser ein haarsträubender Fehlpass von Nikolaou im eigenen Strafraum landet erst bei Gegenspieler Wosz, dann bei Gegenspieler Huth – und der ballert ihn aus acht Metern rein. So eine konfuse Scheiße! Dann aber wird drei Minuten lang auf dem Feld diskutiert, wir sehen bei „MagentaSport“ fünf Zeitlupen – und schließlich sagt der Schri: „Kein Tor, Abseits!“. Alle lachen erleichtert, und es werden rudimentäre Abseits-Regel-Kenntnisse ausgetauscht.
 

Kleine Abseits-Kunde

Ich google derweil die Abseits-Regel – auf goal.com finde ich ziemlich schnell die Lösung: „Entscheidend ist die Intention: Möchte der Verteidiger den Ball dorthin spielen oder nicht? Ist eine Absicht erkennbar, so ist auch kein Abseits, passiert die Aktion zufällig, so ist es in der Tat Abseits“, so heißt es da. Sieht seriös aus, klingt gut – das nehme ich. Und wegen der fünf Zeitlupen wissen wir: Nikolaou trifft erst zufällig seinen Mitspieler Marx, und der Ball kommt dann von dessen Hüfte zufällig zu dem deutlich im Abseits stehenden Wosz und schließlich zum Schützen. Assistent und Schiri liegen völlig richtig: Abseits wegen Monster-Zufall.

„Assistent und Schiri liegen völlig richtig: Abseits wegen Monster-Zufall.”

Malte Schumacher

Wieder durchatmen

Halleluhja, darauf erstmal eine Pilsette. Otto und Ihorst gehen raus, Girth und Müller kommen. Halle ist jetzt wütend – keiner von denen kann die Abseits-Entscheidung verstehen. Die hauen nochmal alles rein, wir schwimmen. Zweimal forden hier alle Elfmeter für uns, und die Aktion in der 90. Minute von Sternberg gegen Müller muss auch definitiv einer sein. Der Schiri aber ist wahrscheinlich von seinem Abseits-Mut immer noch so geflasht, dass ihm hier die Puste fehlt für den Pfiff. Bei einer Ecke ganz zum Schluss kommt der Hallenser Torwart mit in unseren Strafraum, wir klären und kontern – das muss das erlösende 2:0 sein. Denkste! Pena Zauner läuft ziemlich einfältig ins Abseits. Dann Schlusspfiff, pure Erleichterung bei uns. Und ich denke an einen der beiden Sebastians vorhin und seine prophetischen Worte: „Das wird ein schmutziges 1:0…“

Eine Panoramaaufnahme des Stadions der Eintracht Braunschweig. Kay Rohn
An diesem Samstag war das Panorama ein trister Blick ins schöne Rund.

Kay Rohn

Coronablues

Auf der Haupttribüne 500 Zuschauer, ausverkauft. Im Stadionrund gegenüber der Haupttribüne, sehr präsent, in gelber Sitzschalentypografie der überdimensionale Schriftzug „Braunschweig“, keine Zuschauer. In Magdeburg, einen Tag später, schauen knapp 14.000 zu. Verzerrt wird der Wettbewerb, aber es gehört schon irgendwie dazu. Spiele fallen aus, Spieler erkranken an Corona, keine Zuschauer, wenige Zuschauer und dieser entseelte immer noch ungewohnte Klang, wenn ein Fuß gegen den Ball tritt, die neue Normalität oder Coronablues.

Darf´s ein bisschen mehr sein?

Bis zum 31. Januar ist das Transferfenster noch geöffnet. Unser Kader ist etwas größer geworden und keiner der Spieler hat den Verein gewechselt. Ich bin froh, dass ein Spieler wie Kobi noch hierbleibt. Wir werden ihn und den ganzen Kader bestimmt brauchen. Unter Antwerpen haben wir schon einmal in der Coronazeit erlebt, dass wir einen breiten Kader sehr gut nutzen können. Fallen noch mehr Spiele aus, werden wir noch einen sehr engen Spielplan haben. Die Verstärkung des Winters ist allerdings Jan-Hendrik Marx, aus Ingolstadt gekommener Rechtsverteidiger. Macht hinten dicht und ist permanent auf der rechten Außenbahn unterwegs.

Das Spiel

Die erste Halbzeit geht klar an uns, das liegt aber auch daran, dass die Hallenser sehr harmlos sind. Henning bemüht sich, an seine Form von vor der Erkrankung, anzuschließen. Das gelingt ihm noch nicht. Ich hätte ihn, um ihn langsam wieder aufzubauen, schon in der Halbzeit gegen Kobi ausgetauscht. Ein Tor entscheidet dieses Spiel. Ihorst wird von Kobylanski mit einem zauberhaften Pass versorgt und kann mit einem scharfen Schuss den Torhüter aus Halle überlisten. Etwas Glück hat er dabei, der gegnerische Torwart ist mit einer Hand noch leicht am Ball. Da ein Tor der Hallenser nicht gegeben wurde, den Grund dafür verstand ich zunächst nicht, fühlte es sich ein wenig wie ein „dreckiger Sieg“. Im Nachhinein geht der Sieg völlig in Ordnung, das nicht gegebene Tor für Halle war abseits und in zwei Situationen nach Fouls im Strafraum hätten wir jeweils einen Elfmeter bekommen müssen.

Fußballspieler diskutieren mit dem Schiedsrichter. Kay Rohn
Nach Spielende gab es noch hitzige Diskussionen der Hallenser um das nicht gegebene Tor.

Weiterdenken?

An welcher Stelle ist die berühmte Luft nach oben in der Mannschaft. Wir sind individuell sehr gut aufgestellt. Der Kader hat, wie ich finde, eine sehr gute individuelle Qualität bis auf die Bank. Die Mentalität ist großartig. Zweikampfverhalten stimmt. Eine gelbe Karte gegen uns, fünf auf Seiten der Mannschaft aus Halle. Der „ruhende Ball“ ist mir aufgefallen. Da passiert wenig Kreatives. Ich erinnere mich an circa fünf Freistöße von der linken Seite aus etwa dreißig bis vierzig Meter Entfernung bis zum Tor. Wenig Bewegung in der Mannschaft, keine überraschenden Aktionen. Weder Stürmer noch Innenverteidiger, die sich durchsetzen können. Bei Eckbällen genauso, keine überraschenden Aufgaben für den Gegner. Auch bei den „Eins-zu-Eins”-Situationen wünsche ich mir mehr Mut der Spieler. Die Qualität haben sie und wir könnten damit noch mehr Löcher in das jeweilige Abwehrsystem der gegnerischen Mannschaft reißen. Eben Luft nach oben.

In eigener Sache: Die „Idee:Eintracht”

Im März ist Präsidiumswahl. Zwei Bewerberteams sind angetreten den Verein in die Zukunft zu führen. Zumindest in den nächsten zwei Jahren. Eine Situation, die unser Verein noch nicht erlebt hat. Für mich ist das ein Ausdruck gelebter Demokratie. Ich kann alle Vereinsmitglieder nur auffordern an der Wahl im März teilzunehmen. Ich selbst stehe im „Team Roter Löwe“ als bisheriger Vizepräsident Abteilungen wieder zur Verfügung. Gemeinsam haben wir eine Idee: Eintracht, die es gilt, umzusetzen. Dazu gehört die Etablierung unserer Profimannschaft mittel- und langfristig in den zwei ersten Ligen. In meinem Verantwortungsbereich geht es unter anderem um Mitgliederwachstum, Qualität und wirtschaftliche Unabhängigkeit des e. V. Und ganz wichtig: Keiner ist größer als das Team. Keiner ist größer als der Verein.

Ein Mann und eine Frau sitzen in einem Fußballstadion. Kay Rohn
Nicole Kumpis und Benny Kessel aus dem Bewerberteam „Team Roter Löwe.”