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Stadionfunk – Eintracht-Braunschweig-Kolumne: kein Sieg, keine Stimmung

Am Sonntag war der SV Sandhausen zu Gast im Stadion von Eintracht Braunschweig. Unser Regionär Malte Schumacher berichtet:

 

Bratwurst-Gespräche am Vorabend des Spiel

Am Samstag (9. September) habe ich meine Zeit auf dem Magni-Fest verbracht, Standaufbau und -betreuung für meinen Verein „Löwe für Löwe“. Der Tag fühlte sich sehr herbstlich an. Am Abend aber war’s ja noch sehr schön und mild. Wir haben die Gelegenheit genutzt, bei Bier und Bratwurst die aktuelle Lage der Eintracht Braunschweig zu diskutieren. Mittelfeldplatz, ein Sieg erst – nach der erfolgreichen Vorsaison machen sich überall gemischte Gefühle breit. Dann kommen wir zur Transfer-Politik, zuerst die Abgänge: Wenn man Rafal Gikiewicz dazuzählt, sind zuletzt vier Spieler verkauft worden, die laut transfermarkt.de 8 Millionen Euro Transfererlöse erzielt haben.

Dann die Zugänge: Wenn man „Manni“ Abdullahi dazuzählt, sind sieben Spieler gekommen, die etwas über eine Million Euro Ablöse gekostet haben. Die Vereinsführung hatte in Person von Marc Arnold und Ollie Voigt vor der laufenden Saison in der Braunschwewiger Zeitung gesagt, dass alle Transfererlöse in den Kader reinvestiert werden. Wie passt das nun zusammen? Wir sind ratlos. Die über 6 Millionen Euro können also nur dafür verwendet worden sein, die Spieler-Gehälter zu erhöhen.

Auch zu Torstens „Wutrede“ nach dem letzten Heimpiel gegen Aue ist noch nicht alles gesagt – viele verstehen seine Motivation dafür noch immer nicht. Vor dem Spiel in Kaiserslautern hat er sich dann selber im Sky-Interview damit gerechtfertigt, dass die Spieler doch alle wie eigene Kinder für ihn seien, vor die er sich eben manchmal stellen müsste. Stopp: Domi Kumbela ist mittlerweile 33, Torsten gerade mal elf Jahre älter – da passt was nicht.

 

Julius Biada am FanRat-Stand

Als ich mich am Sonntag bei Sonnenschein und angenehmen Temperaturen auf’s Rad schwinge, gehen mir die gestrigen Gespräche noch durch den Kopf. Einen Tipp abgeben für das Spiel wollte keiner meiner Mitspieler so richtig, die Standardantwort war: „Ein Heimsieg muss her!“ Am FanRat-Stand bespreche ich mit Micha und Mex das „Vereins-Know-how“-Seminar, das wir für den 7. Oktober planen. Mitglieder von FanRat und Blau-gelber Hilfe wollen mit mir und einem Kollegen zu aktuellen Gemeinnützigkeits- und Non-Profit-Fragen arbeiten – das wird gut!

Malte Schumacher

Während wir plaudern, kommt Thilo vorbei, Fan-Urgestein und Einpeitscher auf dem Zaun vor Block 7/8. Er macht anscheinend einen Rundgang mit Julius Biada, der sich ja leider etwas schwerer verletzt hat. Julius interessiert sich für die Arbeit der Blau-gelben Hilfe, und er steckt auch einen Mitgliedsantrag des FanRat e. V. ein – cool! Danach geht er rüber ins Fanhaus, wo heute auch wieder der Spieltags-Brunch stattfinden darf – da gab’s wohl zwischendurch mal steuerrechtliche Fragestellungen zu lösen.

 

Sandausen – was ist das?

Unten vor Block 6 treffe ich Markus mit seinen Söhnen Konstantin und Alexander. Konsti ist großer Biada-Fan und macht große Augen, als ich ihm das Bild vom FanRat-Stand zeige. Oben im Block ist die Stimmung auch eher etwas gemischt, was die Erwartungen angeht. Ich prognostiziere ein 3:0, aber eher, um mir Mut zu machen. Micha nimmt seinen Sohn Jan auf die Schultern, dieser wägt erst ab auf meine Frage, wie es ausgeht, sagt dann aber klar: „3:1 für uns.“

Malte Schumacher

Dann beschäftigen wir uns mit dem SV Sandhausen – war da nicht mal einer hingewechselt von uns? Ja, Kevin Kratz, der spielt aber längst in den USA bei Atlanta United. Und wie groß ist der Ort Sandhausen? Sandhausen ist eine Gemeinde südlich von Heidelberg und hat 15.000 Einwohner – ist also etwas größer als die Gemeinde Wendeburg zwischen Braunschweig und Peine. Handgezählte 23 Gäste-Fans belagern Block 19 – drei davon aber stehen extra weit weg von den anderen zum Rest der Nordkurve hin orientiert. Wir sind uns sicher: Das verdeutlicht den tiefen Riss innerhalb der Sandhausener Fan-Szene, und Mex fordert, dass da orangene Ordner hingehören, um die verfeindeten Fans zu trennen, nicht dass es dort heute noch eskaliert. Diese Häme müssen sich die aufrechten 23 wahrscheinlich überall anhören.

 

Block 9 bleibt stumm

Vor Block 9 hängt wieder nur die eine Ultras-Fahne – keine Banner, keine Fahnen. Die Ultra-Szene zofft sich mit der Vereinsführung über einige strittige Punkte im Umgang miteinander. Am 30. August gab es abends in Block 9 eine gut besuchte, lange Info-Veranstaltung von den Ultras dazu. Für den 28. September laden nun Eintracht und der FanRat e. V. in Kooperation ebenfalls ein zu einer Fan-Versammlung – da brodelt was.

Die Aufstellung mit Totte Nyman im Sturm, Manni, Khelifi und Hernandez dahinter und Bole und Samson als Doppel-Sechs überrascht niemanden wirklich. Die Ersatzbank aber liest sich gut: Domi, Dacaj und der Neue, Yildirim – da kann Torsten im Verlauf des Spiels schön „nachlegen“ in der Offensive. Block 9 zeigt zu Spielbeginn immerhin mal wieder eine Choreografie: Eine Anti-Korruptions-Spitze gegen den DFB wird verbildlicht und hochgehalten, dazu wedelt der ganze Block ausgiebig mit Geldscheinen.

Micha fragt: „Wie, Eintracht ist korrupt?“ – Nein, der DFB, siehe WM 2006. Ansonsten aber bleibt der Neuner auch heute stumm. Anpfiff, los geht’s – gleich ein/zwei Chancen vor der Nordkurve für uns, durch ChicKen und einmal kommt Manni nur knapp zu spät. Bei Manni müssen mal langsam ein paar Knoten platzen.

 

Probleme beim Spielaufbau

Bis zur 20. Minute spielen wir ganz gut und setzen Sandhausen unter Druck. Die wiederum wirken nicht wirklich gefährlich. Danach aber wird’s langweilig und eher mittelmäßig und auch Fejzic muss sein großes Können zeigen. Valsvik und Baffo haben Probleme mit der Spieleröffnung, gerade lange Bälle landen gerne irgendwo, aber nicht beim Mitspieler. Super offensichtlich wird, warum wir mit Özkan Yildirim tatsächlich noch sowas wie einen echten Zehner verpflichtet haben kurz vor Ende der Transfer-Phase – im Mittelfeld ist ein Loch, da fehlt was.

Was auch fehlt, ist die Stimmung, der Alarm von den Rängen. Wenn der Neuner schweigt, hat der Rest große Schwierigkeiten, das zu kompensieren. Es ist teilweise gespenstisch ruhig zwischendurch, bis aus dem Achter oder auch unserem Sechser mal wieder ein Gesang angestimmt wird.

 

Bole und das Tor des Monats

Halbzeit, Biertrinken. Inga hatte von Micha eine Riesen-Bestellung Bier entgegengenommen – nun ist was über. Das hilft bei diesem Spiel. Zweite Halbzeit – los Jungs, jetzt muss was passieren! Bole hat mich verstanden und knallt in der 48. Minute den Ball aus über 20 Metern links oben in den Winkel – Tor des Monats! Khelifi hat gleich noch eine Chance – das wär’s gewesen.

Nach einer Stunde kommt Domi für Manni – los Domi, mach noch zwei Buden, dann passt mein Tipp doch! Und auch Yildirm kommt und zeigt sehr gute Aktionen: Der kann was am Ball, der kann was mit dem Ball – der könnte ein echter Zehner werden. Erinnert mich übrigens wegen seiner Körpergröße und seiner O-Beine an Pierre Littbarski. Aber ein Tor springt nicht heraus, leider.

Malte Schumacher

Kalte Dusche

Im Gegenteil, Sandhausen verpasst uns noch die kalte Dusche: Vorne machen wir das Ding nicht rein und hinten macht irgendein Gegner aus dem Gewühl heraus das 1:1 in der 85. Minute. Kopfschütteln um uns herum, Flüche. Hinter uns schreit einer laut: „Lieberknecht raus!“ – Angie aber gibt ihm doppelt so laut contra: „Halt die Fresse!“ Nee, Trainer-raus-Rufe, das war einmal, in dunklen Eintracht-Zeiten. Und dennoch: Die Mannschaft spielt nur mittelmäßig, das Stadion ist unnatürlich ruhig – im Moment passt mal wieder gar nichts bei meinem Verein.

Woran das spielerisch liegt, diskutieren wir via WhatsApp noch bis in den Abend hinein, denn natürlich bewegt sie uns, die Eintracht. Nach dem Schlusspfiff aber verschwinden wir erstmal schnell, ab ins Kennel-Bad, da gibt’s heute einen Slow-Food-Markt mit lecker Wildbratwürstchen – die helfen beim Vergessen und Verarbeiten.