Am Samstag war der 1. FC Nürnberg zu Gast im Eintracht-Stadion. Ein Spiel wie ein Festzelt: Ausgelassen-feierliche Stimmung, Würstl und Kraut und am Ende jemand, der sich wehtut. Malte Schumacher und Kay Rohn berichten - und ein Gast aus Finnland kommentiert im Video.
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Stadionfunk Eintracht Braunschweig
Kulinarik-Highlights und kritische Verletzungen
Malte Schumacher
Punkrock und Lebensmittel-Spenden
Am Frühstückstisch beschleicht mich das Gefühl, dass es heute, am Matchday, stark ums Essen gehen wird. Freund Bonny, Schlagzeuger bei der grandiosen Braunschweiger Punk-Band „Helsinki Blockheads“, hat mir gerade die Ankündigung zu seiner sozialen Initiative geschickt: „Spendet haltbare Lebensmittel für die Braunschweiger Tafel“. Ab dem 8. Oktober (Heimspiel gegen Paderborn) können Eintracht-Fans ab 10.00 Uhr direkt am Stadion aktiv die gerade in der aktuellen Krisen-Zeit wichtige Arbeit der „Braunschweiger Tafel“ unterstützen – großartig, dass Ihr das macht, Bonny!
Würstl und Kraut
Und dann muss ich aber auch schon los: Ich bin gegen 11.15 Uhr mit der „Braunschweiger Theke“ verabredet – einem Eintracht-Fanclub, der sich vor den Heimspielen einer kulinarischen Spezialität des Gegners widmet. Heute stehen Nürnberger Würstl mit Sauerkraut und Kartoffelstampf auf dem Programm. Meine Portion wartet auch schon auf mich, als ankomme: Sie haben sich eine tragbare Tischplatte gebaut, die exakt auf einen Stromkasten beim „Lindi“ auf dem Bohlweg passt – natürlich mit „Einsteck-Stutzen“ an den Rändern für Wolters-Flaschen. Sebastian 1, der Küchenchef, kredenzt mir gutgelaunt einen Teller Nürnberger – und es ist super lecker!
Beim Essen plaudern wir über die Situation der Eintracht genau vor einem Jahr: 1 Punkt, drei erzielte Tore, Tabellen-Letzter nach sechs Spielen – und dann wurde am 7. Spieltag Nürnberg mit 4:2 weggeballert… Aktuell haben wir 4 Punkte, drei erzielte Tore, sind Vorletzter – und heute, am 7. Spieltag, kommt wieder der 1. FC Nürnberg. Sollte sich die Geschichte wiederholen? Erneut ein Doppelpack von Kaufmann? Wichtig wäre es… Sebastian 2, der Fanclub-Chef, gibt mir ein kurzes Interview dazu.
Die Braunschweiger Theke
Pommes und Wurst
Auch am Stadion geht’s erstmal kulinarisch weiter: Drei Fans stärken sich vor der „Hall of Fans“ mit Pommes und Wurst. Vor dem FanRat-Info-Wagen treffe ich auf Micha, der mit seinen drei Gesprächspartnerinnen gerade einen Restaurant-Besuch verabredet. Übernimm‘ Dich nicht, denke ich. Und wie geht’s aus heute? „1:1“, sagt Micha, und auch die Mädels wackeln eher zweifelnd mit dem Kopf. Hmm, das ist mir zu wenig – wir müssen siegen heute, die Mannschaft und wir Fans brauchen ein Erfolgs-Erlebnis.
Ein 1:10 vor hundert Jahren
Im Aufgang zu Block 6 werden blau-gelbe Plastik-Fahnen verteilt sowie die Gebrauchsanleitung für die heutige Ultrá-Choreografie. Anlass: 100 Jahre Eintracht-Stadion, Eröffnungs-Freundschaftsspiel am 17. Juni 1923, Gegner: der 1. FC Nürnberg, Zuschauer: 15.000 – Ergebnis: 1:10. Soweit die nackten Fakten – das Stadion war zu jenem Zeitpunkt noch eine Baustelle, schreiben Bläsig/Gizler/Grüne in ihrer „Eintracht-Chronik“: „Von der überdachten Sitzplatztribüne war wenig mehr als das Fundament zu sehen…“. Und der FCN war damals eine Top-Adresse in Deutschland – heute treffen sich hier zwei Zweitligisten auf Augenhöhe.
Im Block wird’s romantisch
Oben im Block begrüßt mich das jüngste Glück aus dem Fanclub-Umfeld: Jana und Arndt sind schon da und halten sich gerne aneinander fest. Micha dagegen widmet sich strahlend dem Thema „Essen“: eine Rutsche Pommes geht immer. Hat schon jemand eine Aufstellung? Ja, und Achtung: Die Abwehr ist völlig neu zusammengestellt. Auch dies eine Parallele zum Nürnberg-Spiel vor einem Jahr, in dem de Medina und Benkovic erstmals für uns aufliefen. Heute bilden Wiebe, Griesbeck, Ivanov und Donkor eine Viererkette, Behrendt und Kurucay sitzen auf der Bank. Okay, der Trainer geht also weg von der Dreier-/Fünferkette, und er wird sich was dabei denken.
Sagenhafte Jubiläums-Choreographie
Bevor es losgeht, sind wir alle hier im Block Teil der sagenhaften Jubiläums-Choreographie. Ich sehe außer meinen Nebenleuten erstmal nur noch blau-gelbe Fähnchen. Ab und zu erhasche ich einen Blick auf die Riesen-Plakate uns gegenüber, auf denen die bauliche Stadion-Entwicklung nachgezeichnet wird, und die auch anderen Eintracht-Sportarten huldigen, so dem Damen-Hockey. Sieht bestimmt beeindruckend aus, gerade auch im TV.
Sehr hoch pressende Nürnberger
Zunächst aber müssen wir damit klarkommen, dass Nürnberg extrem früh den Ball-führenden Spieler attackiert. Und unsere Jungs, insbesondere die neuformierte Defensive, hat gewaltige Probleme damit. Hoffmann muss einmal richtig stark halten und feiert sich dafür lautstark. Deutlich zu sehen ist, wie sehr Pherai uns fehlt, der in solchen Phasen ganz alleine Lösungen gefunden hat, die dem Gegner manchmal sogar weh getan haben. Ungefähr 10, 15 Minuten geht das so, dann kommen wir auch ins Spiel. Und Tony Ujah hat auch gleich eine gute Chance nach Kaufmann-Flanke.
Tony steht in der Luft
Wie aus dem Nichts macht Tony nach einer halben Stunde das 1:0 – nach Flanke von Donkor wuchtet er das Ding, hoch in der Luft stehend, rechts oben in den Nürnberger Kasten. Bierdusche und Erleichterung bei uns im Block. Jetzt gut stehen, alles sauber wegverteidigen – und dann mit einem Konter das 2:0, das wär’s. Und dann aber Krauße, ausgerechnet mein Lieblings-Spieler Krauße: erst ein großartiger Ballgewinn in der eigenen Hälfte – und dann der gnadenlos-fiese Fehlpass in den Lauf eines Nürnbergers, der schickt Okunuki auf die Reise, 1:1. Scheiße. Geht aber noch schlimmer: links vom 16er-Eck schießt ein Nürnberger quer auf’s lange Tor-Eck, und Ivanov lässt zu, dass Goller in den Ball reinrutscht, 1:2. Innerhalb von nicht mal drei Minuten ist unsere schöne Führung im Eimer.
Halbzeit, Bier-Gespräche. Was nun? Und warum ist das passiert? Neue Abwehr-Formation: Ja, ein Grund. Hohe Fehlerquote, schlechte Pass-Sicherheit: Ja, leider auch das. Eine Halbzeit haben wir aber noch – vor einem Jahr lagen wir auch 1:2 hinten. Kaufmann geht raus, für ihn kommt Amyn. Kaufmann hatte früh gelb gesehen und erschien mir sowohl übermotiviert als auch wirkungslos.
Tony kann alles
Nach 20 Minuten dann ein hoher und langer Ball von Krüger auf Tony Ujah – auf wen sonst? –, und der steigt hoch, nimmt die Flanke am Gegner mit der Brust an, lässt den Ball runtertropfen und ballert ihn aus 11 Metern links unten ins Nürnberger Tor. Tony, Du bist der Hammer! Bierdusche, Ekstase, Ausgleich in der 65. Minute. Nürnberg bleibt gefährlich, aber sie bugsieren das Ding in der 70. Minute nur an den Pfosten.
Kurz vor Schluss hat Tony nach einer Ecke, die durch den 5er rutscht, sogar die Chance zu seinem dritten Tor – knapp verpasst. Danach dann halten alle den Atem an: Nürnbergs Keeper rettet gegen Tony – und der bleibt nach dem heftigen Zusammenprall lange liegen…
Tony ist kaputt
Inga neben mir ist ja vom medizinischen Fach – was hat er wohl? Schlüsselbein, mutmaße ich – Nein, sagt Inga, eher was mit dem Schultergelenk. Ach Du heiliger Bimbam, Tony geht schief und schmerzverzerrt raus. Schlusspfiff, 2:2, ein kleiner Punkt kommt auf unser Konto. Wir feiern die Mannschaft – aber ich denke nur an Tony, und wie schwerwiegend sein längerer Ausfall sein würde…
Auf dem Weg raus aus dem Stadion werfe ich meine Bierbecher natürlich noch in die Sammel-Box der Eintracht Braunschweig Stiftung – denn heute geht die gesamte Becher-Sammel-Spende der Stiftung an den Weggefährten e.V.. Die Weggefährten bieten Hilfe und Unterstützung für krebskranke Kinder und ihre Familien – ganz wichtige Arbeit, gerne weiter spenden! Meine Gedanken sind bei Tony, und so laufe ich fast vorbei an Roman und seinem Sohn – sorry, ich muss heim, für Tony beten.
Jussi hat das Schluss-Wort
Die Schluss-Analyse überlasse ich heute meinem Gast Jussi-Pekka Rode, der bei „2hundert10“ die „Blau-Gelbe Datenwelt“ betreibt. Ein großer blau-gelber Dank dafür geht hoch nach Finnland an Jussi! Und schließt Tony in Eure Gebete ein!
Kay Rohn:
Zwei Goldjungs
Lutz begleitet mich heute ins Stadion. Wir haben am Samstagvormittag, also kurz vor dem Spiel, beide unser Sportabzeichen in Gold erworben! Die Urkunden wurden uns im Prinzenpark beim Polizeisportverein überreicht. Wir belohnen uns anschließend mit dem Besuch des Heimspiels.
Lutz freute sich auf den Perspektivwechsel, er ist sonst auf der Gegengerade zu finden. Mit Leberkäs und Feierbier zum Sportabzeichen finden wir uns dann minutenlang unter dem großen Banner, der zur Choreo gehört, wieder. Und so bekommen wir auch die ersten Minuten gar nicht live zu sehen…
Die Jahrhundert-Choreographie
Die ersten Minuten der Partie gehörten der Choreografie zu einem Jahrhundert Eintracht-Stadion. Vor 100 Jahren, am 17. Juni 1923 wurde das Eintracht-Stadion mit einem Spiel zwischen Eintracht Braunschweig und dem 1. FC Nürnberg eröffnet. Die Fans überraschten mit einer in dieser Dimension noch nicht da gewesenen Installation im Eintracht-Stadion. Ein Mega-Ereignis. Vielen Dank!
Robert Ivanov, der andere Benkovic
Ivanov ist der zentrale Spieler bei der Eintracht. Gefühlt läuft der Spielaufbau in erster Linie über ihn. Er verfolgt seine Gegenspieler bis zur Mittellinie und hat dann natürlich auch immer wieder die Wege zurück in die Vierer-Kette. Ivanov geht immer wieder bis nach ganz vorn, scheinbar taucht er überall auf. Dazu dirigiert er das Team lautstark.
Für uns ist er ein sehr wichtiger Spieler. Ich hoffe, dass er die weitere Saison verletzungsfrei durchspielen kann. Bei den Gegentoren zwischen der 38. und 40. Minute konnte man sehen, dass unsere Mannschaft in der Abwehr schon wieder neu zusammengestellt war. Wir brauchen da eine eingespielte Abwehrreihe mit einem Chef wie Ivanov.
Ujah Torfabrik
Nach der Halbzeit ist Anthony Ujah zweimal die Hauptperson. Einmal nach Flanke von Krüger, im Stil eines klassischen Neuners, sichert er den Ball und verwandelt mit einem sehenswerten Schuss in die lange Ecke. Bewegung top, Torinstinkt top, Schusstechnik top!! 2:2. Die zweite Szene ist in der Nachspielzeit, er prallt mit dem gegnerischen Torwart zusammen und bleibt verletzt liegen, muss ausgewechselt werden. Heute am Montag kommt die Nachricht, dass er sich eine Schultereckgelenkssprengung zugezogen hat. Gute Besserung Anthony!! Er ist sicher einer der wertvollsten Spieler in der Mannschaft.
KI und Kader
In allen Lebensbereichen treffen wir aktuell auf KI. In seinem Podcast „Maik mit AI“ stellt Maik Nöcker (MML Podcast) Auswertungen zur Kadergüte der Zweitligamannschaften. Grundlage dafür ist die Online-Plattform Plaier, die den Bereich Spielerscouting - nach eigenen Angaben - revolutionieren wollen.
Danach liegen auf den ersten drei Plätzen der HSV, der FC. St. Pauli und Schalke 04. Eintracht Braunschweig wird hier als Siebter genannt! Schalke und unsere Eintracht bestätigen diese Plätze zwar noch nicht, aber das kann ja noch kommen. Diese Plattform hatte im letzten Jahr immerhin vorab berechnet, dass Bayern und Dortmund am Ende der Saison punktgleich die Tabelle anführen würden.
Wo ist die Perspektivmannschaft?
Nach dem Abgang von Benkovic, Pherai und Lauberbach sind wir wieder, wie fast jede Saison, auf der Suche nach einer Achse, einem „Rückgrat“ für unsere Mannschaft. Ich vermisse, dass strategisch eine Mannschaft aufgebaut wird, die längerfristig in den zentralen Positionen gleichbleibt und sich als Team weiterentwickeln kann. Ich vermisse auch die perspektivische Planung.
Es geht mir zu sehr jede Saison darum, irgendwie die Klasse zu halten. Aber vielleicht überraschen jetzt ein Krüger oder ein Kaan Caliskaner auf der Neuner-Position und die Formation für die Zukunft heißt dann vielleicht Ivanov – Amy – Krüger. Ich bin gespannt. KI hat ja gesagt, dass unser Kader gut genug für die ersten zehn Plätze in der Liga ist.