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Stadionfunk
Eintracht-Kolumne: Heimsieg im U-Boot

Am Samstag (5. August) war der FC Heidenheim zu Gast im Eintracht-Stadion. Ein Spiel, zwei Perspektiven. Unsere Regionäre Kay Rohn und Malte Schumacher berichten:

Malte Schumacher:

Heidenheim als Gegner im ersten Heimspiel der Saison, einen Tag vor meinem 51. Geburtstag. Zur Tippi-Toppi-Bundesliga-Anstoßzeit 15.30 Uhr. Heidenheim, über die im „11Freunde“ mal ein sehr spannender Artikel zu lesen war. Heidenheim, wo mein Lieblingsspieler Norman Theuerkauf weiter sein Unwesen treiben darf. Und nicht zuletzt ist Eintracht gegen Heidenheim laut Kicker das „Treffen der treuesten Trainer in der 2. Liga“ – Heidenheims Frank Schmidt hat in sechs Wochen 10-jähriges Dienstjubiläum, Torsten feiert übrigens seines bei uns am 12. Mai 2018.

 

Eintracht auf Sky erleben

Wäre also schön gewesen, dabei zu sein. Aber als die DFL Anfang Juli den Spielplan veröffentlichte, hatten wir uns schon für einen Wochenendausflug anlässlich meines Geburtstages am Sonntag entschieden. Wir hatten also darauf gepokert, dass die DFL den besten Dritten der Zweitliga-Geschichte zu Hause in seine nächste Spielzeit starten lässt – dann wäre rund um meinen Geburstag am 2. Spieltag ein Auswärtsspiel gewesen. Wir werden am Spieltag in einem Hotel in der Hansestadt Havelberg sein, ca. 120 Kilometer nördlich von Magedeburg. Wir machen uns also bereit für das erste Eintracht-Sky-Erlebnis der Saison 2017/18.

Malte Schumacher

Auf der Suche nach der Sky-Bar: Freitag

Kurz nach unserer Ankunft am Freitag steht fest, dass unser Hotel nicht über Sky verfügt. Ich schaue also auf die Webseite, die mir zwei Sky-Anbieter in Havelberg anzeigt, die „Schiffers Kneipe“ und das „Hotel am Hafen“. Langsam wird mir bewusst, dass das Bundesland Brandenburg schon ein wenig Fußball-Diaspora ist: Kein Erst-, Zweit- oder Drittligist innerhalb der Landesgrenzen, das kann sonst nur noch das Saarland, sagt das Kicker-Sonderheft 2017/18. Immerhin vier brandenburgische Regionalligisten gibts – das Saarland hat nur drei. Egal, auf geht’s, den Freitagabend nutzen wir dazu, die Suchergebnisse abzuklappern.

 

Zweite Liga interessiert keinen!

In dem Hotel ist am Samstag „eine Gesellschaft gebucht“ – nein, keine Chance, da ist der Fernsehraum belegt. Gut, also weiter zu „Schiffers Kneipe“. Sieht gut aus, das Sky-Schild draußen weckt Hoffnungen, drinnen 10 Mann am Skatkloppen und der Wirt fleißig am Zapfen. Auf meine Frage allerdings, ob wir hier am Samstag um halb vier Fußball gucken können, schaut er mich verständnislos an und fragt: „Wat, Fußball? Is denn schon wieder Bundesliga?“ Nein, Zweite Liga – erkläre ich geduldig (Fußball-Diaspora …). Nö, Zweite Liga interessiert hier keinen, sagt er. Die Bude ist am Samstagabend immer voll, und da muss er sich am Nachmittag in Ruhe drauf vorbereiten.

 

Immer noch nichts gefunden

Die Hansestadt Havelberg scheidet damit aus für unser Eintracht-Sky-Erlebnis am Samstag … Die Webseite sagt, dass in Bad Wilsnack, 16 Kilometer nordwestlich von uns, die nächstgelegenen zwei oder drei Sky-Kneipen sein sollten. Gut, wir haben für morgen Leihfahrräder gebucht und Bad Wilsnack liegt mitten im „Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe-Brandenburg“ – das wollen wir sowieso entdecken. Also heute abend noch ein Einkehrschwung am Havelufer und dann morgen weitersuchen. Zum frischen Zander gibt es als Bier-Hausmarke Krombacher – das zählt nun gar nicht zu meinen Favoriten.

 

Auf der Suche nach der Sky-Bar: Samstag

Nach dem Frühstück radeln wir los, ich natürlich im blau-gelben Trikot – ist ja Matchday. An der Havel entlang bis nach Abbendorf – traumhafte Landschaft. Nun ist dieser Sommer zwar verregnet, so auch heute, aber bei 20 Grad ist uns das egal. In Bad Wilsnack steuern wir gegen 13.00 Uhr gleich die erste Tankstelle an – Erfrischungsgetränke nehmen und die Sky-Infos verifizieren. Die Kassiererin guckt auf meine Fußballfrage wie ein Auto, zum Glück aber weiß eine Kundin zu berichten, dass wir es im Döner-Grill im Zentrum versuchen sollen und im „Hotel Ambiente“. Im Hotel schütteln sie die Köpfe – nein, Sky hatten wir noch nie.

Malte Schumacher

Letzte Hoffnung: das U-Boot

Am Döner-Grill hängt draußen das Sky-Schild und weckt wieder Hoffnungen – drinnen aber ist nicht einmal ein Fernseher zu entdecken. Ich verliere langsam die Nerven, auf unserer Liste steht nun nur noch „Kalles kleine Kneipe“. In einer Ecke des Döner-Ladens sitzen zwei jüngere Männer, denen ich Fußballinteresse zutraue. Sie beschreiben mir den Weg zum „U-Boot“, da könnte ich Glück haben. Als ich „U-Boot“ bei GoogleMaps eingeben will, um die Route dorthin zu sichern, fangen sie an zu lachen: „Nee, U-Boot ist nur so’n Spitzname, das heißt Kalles irgendwas“ – „Kalles kleine Kneipe“! Andrea ruft da sofort an, und ja, Kalles Frau sagt, wir können ab 15.00 Uhr gern vorbeikommen.

 

Kaffee und Eintracht im „U-Boot“

Um 15.15 Uhr betreten wir das „U-Boot“ – das wohl so heißt, da „Kalles kleine Kneipe“ im Souterrain eines Zweifamilienenhauses liegt. Kalles Frau empfängt uns herzlich und räumt uns den besten Tisch frei. Darauf liegen Bayern-Bierdeckel – Fußball-Diaspora. Die wenigen anderen Gäste, teilweise in Bayern-T-Shirts, gehen alsbald ihrer Wege und rasch haben wir das „U-Boot“ und Kalles Frau für uns.

 

3-4-3-System

Riesen-Bildschirm, super Bildqualität, nun ist alles gut. Torstens Aufstellung überrascht nicht wirklich: Khelifi hat gegen Düsseldorf zu wenig Durchschlagskraft gezeigt, für ihn kommt Onel von Beginn an, der gegen Florenz im Test zwei Buden gemacht hat. Und Molls Gelb-Rote aus dem Düsseldorf-Spiel gibt Neuzugang Samson die Chance, sich zu zeigen. Domi fällt ja vielleicht sogar länger aus, logisch, dass Nyman für ihn spielt vorne. Das 3-4-3-System scheint gesetzt in dieser Saison …

Überhaupt, das Düsseldorf-Spiel sah gut aus. Wenn man so schnell 0:1 hinten liegt, muss man am Ende mit einem 2:2 zufrieden sein, auch wenn wir bis zur 80. Minute geführt haben. Und auch heute läuft der Ball vom Anpfiff weg gut, insgesamt wirkt die Mannschaft ball- und passsicherer als in der gesamten letzten Saison. Nyman merkt man an, dass er noch nicht ganz auf 100 Prozent ist, das verstehe ich nicht so ganz.

 

Der leere Neuner

Block 9 ist leer, wir erklären Kalles Frau, warum. Dann entdecke ich die Abordnung „unserer Ultras“ im Gästeblock. Über WhatsApp lese ich, dass es in Block 8 voller ist als sonst und dass sich in unserem Block 6 vorne auch ein paar eigentliche Block-9er tummeln. Die DFB-Strafe also wird umgangen, gleichwohl ist die Stimmung eine andere als sonst – da fehlt was. Auch deshalb, da einige Fans wegen Urlaub, Einschulung oder anderer „Neben-Verpflichtungen“ auch noch nicht wieder am Start sind. Am Sonntag, bei unserem Fanclub-Sommerfest in Bevenrode, hatten noch eine ganze Reihe anderer Mitglieder ähnliche Geschichten auf Lager.

Kay Rohn

Krombacher, immer wieder Krombacher

Als Chicken dann nach einer halben Stunde das verdiente 1:0 macht, frage ich vorsichtig, was sie denn für Pils im Ausschank oder in der Flasche haben – „Krombacher“, sagt Kalles Frau, „Gilde lief gar nicht, aber Krombacher mögen die Leute“ – na gut, dann nehme ich mal eins auf Chicken. Der kann das gebrauchen, denn die Honks von der DFL werten seine Bude als Eigentor des Heidenheimers Wittek – Schwachsinn, sind wir uns einig. Unsere Mannschaft steht gut. Heidenheim aber bleibt gefährlich und wenn wir nun nicht bald das zweite Tor machen, kann das noch eine enge Kiste werden.

In der Halbzeit fragen wir Kalles Frau nach den hiesigen Fußball-Vorlieben aus – Bayern, vielleicht der HSV, sagt sie. Berlin? „Nee, das ist zu weit weg …“ Schräg. Hier bei uns in Südostniedersachsen hatten wir zuletzt in der Saison 2013/14 drei Bundesligisten auf engstem Raum.

 

Bole machts mal wieder

Torsten wechselt ungewohnt früh bereits vor der 60. Minute gleich doppelt: Hochscheidt und Hernandez gehen raus, Neuzugang Becker und Khelifi kommen. Eintracht wird stärker, Breitkreuz hat eine dicke Kopfballmöglichkeit. Nyman ist dann ganz platt und Manni kommt in der 75. Minute. Kurz darauf führt eine sehr schöne Stafette zum entscheidenden 2:0 durch Bole – das war’s! Vier Punkte, in der Tabelle gut oben dabei in dieser starken Zweiten Liga.

Wir bedanken uns bei Kalles Frau für das wunderbare erste Eintracht-Sky-Erlebnis der Saison 2017/18 und steigen wieder auf unsere Fahrräder. 20 Kilometer sind es bis nach Havelberg zurück – mit dem Heimsieg im Gepäck.

Kay Rohn:

 

Ken Reichel’s Torfabrik

Auf meine Frage, ob er diese Saison Torschützenkönig werden will, winkt Ken Reichel lachend ab: „Natürlich sind auch andere dran, Tore zu schießen. Aber wenn die Chance sich bietet, halte ich drauf und bisher hat es ja ganz gut geklappt“. Ken ist als Gast  im Presseraum bei dem Projekt „Fußballfans im Training“. In Kooperation mit der Deutschen Krebshilfe, Eintracht Braunschweig Stiftung und Eintracht Braunschweig geht es um Ernährung und Bewegung. Teilnehmer sind XXL Fans der Eintracht, deren BMI (Body-Mass-Index) zu hoch ist und die das gerne unter Anleitung verändern wollen.

Und sie sind Fans durch und durch. Jeden Donnerstag ist das erste Ziel die Gästekabine: Umziehen, anschließend Theorie im Presseraum, neue Wochenziele. Neues über Ernährung und dann geht es in den Innenraum oder auf die Trainingsplätze. Nach eineinhalb Stunden zufriedene Gesichter bei Teilnehmern und Trainerteam. Ken staunt über die Ergebnisse in den bisher gelaufenen Kursen. Die ersten 18 Teilnehmer verloren gemeinsam über 120 Kilo und über 200 Zentimeter Bauchumfang, die zweite Gruppe speckte 134 Kilos ab und reduzierte den Bauchumfang um insgesamt 80 Zentimeter. Aber in den Gesprächen geht’s immer um das nächste Spiel.

 

Auftakt in die Saison

Gesehen hatte ich das Spiel im Prinzenpark gegen Freie Turner. Besonders aufgefallen sind mir dort Louis Samson, Steve Breitkreuz und Hendrick Zuck. Gegen den 1. FC Köln imponierte mir am meisten die Art und Weise wie gespielt wurde. Die Eintracht zeigte Initiative und gestaltete aktiv das Geschehen. Ein Paar Abstimmungsprobleme in der Verteidigung aber auch der Wille nach einem Rückstand wieder ins Spiel zurückzukommen.

Das Spiel hat mich beeindruckt und beim Auftakt in Düsseldorf waren genau diese zwei Aspekte, initiativ zu sein und auch beim Rückstand wiederzukommen, unter Ligabedingungen zu sehen. Ein Punkt für das Konto, aber weitere Punkte, die auf die Moral des Teams einzahlen. Der Kader ist für mich überraschend. Ich hatte mit weiteren Investitionen in Spieler gerechnet. Ich höre immer wieder, es geht vielen so. Die vielen Verletzungen im ersten Spiel machen es vielleicht auch notwendig eventuell noch einmal nachzulegen. Aber die durchgängig, mindestens doppelte Belegung aller Positionen, ergänzt sich schon in den ersten zwei Spielen zu einem sehr geschlossenen Team.

Zweite Liga Erste Liebe

In Hannover sagt ein Präsident, ich hasse die zweite Liga. In Heidenheim spricht man von Liebe. Die Heidenheimer sind der perfekte Gegner für das erste Heimspiel in der neuen Saison. Ähnlich wie das Team von Torsten ist Frank Schmidt ein Systemfuchs. Hier passt der Begriff Rasenschach, viele Spielzüge sind eingeübt und laufen standardmäßig ab.

Der rechte Verteidiger spielt nach vorne auf die rechte Seite, läuft nach innen, erhält den Ball in den Lauf gespielt und versucht einen Pass in den Strafraum. Bis zum Strafraum spielen sie flüssig und schnell aber in der Spitze bleiben sie harmlos. Die Eintracht agiert wieder sehr engagiert und die Neuen passen hundertprozentig in die Mannschaft. Mir gefällt die Mannschaft und mir gefällt die Art, wie gespielt wird. System Lieberknecht setzt sich durch.

 

Geklaut

Er hat wieder abgezogen! In seiner unnachahmlichen Art schießt Ken Reichel „TORFABRIK“ mit seinem linken Fuß das erste Tor. Die Statistik „klaut“ ihm das Tor und es wird als Eigentor geführt, das interessiert aber keinen Fan. Reichel als nun offizieller Kapitän geht voran, genau wie wir einen Kapitän sehen wollen. Und die XXL-Fans erinnern sich an das Gespräch mit Ken Reichel im Presseraum. Und dann ist da ja noch Bole 90 Minuten gekämpft und geackert und in der 80. Minute stellt er klar, wer hier als Sieger vom Platz geht. 2:0.