Header image

Das „Grüne Band“ verbindet!

Sonntag. Ausflugswetter. Also nichts wie raus! Das Naturschutzgebiet „Lappwald“, ein bewaldeter Höhenzug nahe der Stadt Helmstedt, ist mein Ziel. Der Rundwanderweg führt mich an die ehemalige innerdeutsche Grenze, die einst eine massive Grenzbefestigungsanlage war. Damals hermetisch abgeriegelt, wurde dieser Bereich zum „Todesstreifen“ – bitterer Ernst und keine „Star Wars“-Fiktion! Heute erstreckt sich entlang der ehemaligen Grenze ein lebendiger Naturraum, das „Grüne Band“. Es ist der größte Biotopverbund Deutschlands und mit seinen Naturschutzgebieten beheimatet er viele bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Neugierig geworden, möchte ich mehr über das „Grüne Band“ erfahren und stoße bei meinen Recherchen auf die „Fantastischen Vier.“

LEADER, ILE, EU und LAG – die Fantastischen Vier

Im Landkreis Helmstedt wurde das „Grüne Band“ 2014 als LEADER-Region ausgewählt. LEADER ist eine englischsprachige Abkürzung vom französischen: Liaison entre actions de développement de l’économie rurale. Es wird allgemein übersetzt mit: Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung des ländlichen Raums. Dieser methodische Ansatz der Regionalentwicklung kann genutzt werden, um Projekte zu finanzieren – zum Beispiel Rad- und Wanderwege am „Grünen Band“. Initiiert hat diesen Förderprozess die EU. Aber es gibt noch mehr Förderungswürdiges, wie den Prozess für integrierte ländliche Entwicklung, kurz ILE. Mehrere Gemeinden bilden eine ILE-Region, um ebenfalls Vorteile für sich zu nutzen. In unserer Region hat sich die Elm-Schunter-Region mit sechs Gemeinden zu einer ILE-Region zusammengefunden. ILE und LEADER sind eng vernetzt, denn sie haben das gleiche Ziel: den ländlichen Raum zu stärken.

Damit dies gelingt, stehen die Fördertöpfe der EU für jene Regionen zur Nutzung bereit. Um diese Fördermaßnahmen zu erhalten, muss der Antragsteller bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Stopp mal! Das klingt bürokratisch. Nicht ganz vorurteilsfrei stelle ich mir vor, dass man alleine bei der Beantragung von EU-Fördergeldern endet wie Asterix und Obelix in dem Film „Asterix erobert Rom“. Die beiden Filmhelden versuchen in Rom, den Passierschein A38 zu bekommen und verfallen dabei fast dem Wahnsinn. Damit niemand bei der Planung und Umsetzung von EU-Förderprojekten dem Wahnsinn verfällt, gibt es zum Glück den Manager einer lokalen Aktionsgruppe, kurz LAG. Für unsere Region ist das die „Amtshof Eicklingen Planungsgesellschaft“ im Landkreis Celle. Aber nicht jedes Unternehmen kann LAG-Manager werden. Die Planungsgesellschaft musste an einem Auswahlverfahren teilnehmen und im Wettbewerb mit anderen Unternehmen bestehen.

 

Bürokratie, nein danke!

Michael Schmidt und Ole Bartels gehören dem Team der Planungsgesellschaft an und betreuen die LEADER- und ILE-Region. Zu diesem Thema will ich von ihnen mehr erfahren und besuche den Amtshof. „Wir helfen den Projektträgern bei der Fördermittelrecherche und der Umsetzung ihrer Projekte“, so der Regionalmanager und Diplom-Sozialwissenschaftler Ole Bartels. „Wenn kommunale Einrichtungen, Bürgerinitiativen, Unternehmen, Existenzgründer, Landwirte oder normale Bürger mit ihren Ideen Fördergelder nutzen wollen, müssen bestimmte Kriterien erfüllt sein“, erklärt er weiter. Der Antragsteller muss zum Beispiel in der LEADER-Region eins von drei Handlungsfeldern bedienen; entweder die Steigerung der Lebensqualität oder den Ausbau des Freizeit- und Tourismusbereichs. In diesen beiden Handlungsfeldern werden die Förderungen von den Regionen bereits gut genutzt. Handlungsfeld Nummer drei, die Verbesserung der Energie- und Ressourceneffizienz, ist noch ausbaufähig. „Hier wünschen wir uns mehr Projekte“, sagt Bartels.

Durch die Nutzung von EU Fördergeldern ist schon viel in den Regionen geschehen. Zum Beispiel der „Sandbach“ im Ort Gardessen. Das Fließgewässer „Sandbach“ führt nun durch die historische Dorfanlage und der ursprüngliche Charakter des Ortes ist wiederhergestellt. Die Lebensqualität und Attraktivität der ganzen Region wurde durch die Erneuerung gesteigert. In Umsetzung ist auch die Neubepflanzung der vierreihigen Lindenallee am Rittergut Lucklum. Das seltene gartenhistorische Kunstwerk wurde für Spaziergänger zu gefährlich, da der morsche Baumbestand in sich zusammenfiel. Doch nun können sich auch folgende Generationen über den nachhaltigen Erhalt der Lindenallee freuen.

 

Wer nicht wagt, der nicht gewinnt

Michael Schmidt nickt zustimmend. Er ist der Geschäftsführer und Gründer der „Amtshof Eicklingen Planungsgesellschaft“. „Ursprünglich waren wir ein reines Planungsbüro“, erklärt Schmidt. Angefangen hat das Unternehmen mit Dorferneuerungen und Gebäudesanierungen, wie zum Beispiel dem Amtshof. Das denkmalgeschützte Gebäude strahlt eine einladende Atmosphäre aus. In den Innenräumen fühle ich mich wie in einer Zeitkapsel. Wandfresken von 1750 und 1830 sind bewahrt worden und geben den Räumen etwas Einzigartiges.

„Wir kannten uns durch die umgesetzten Dorferneuerungen schon sehr gut mit den vielfältigen Antragsverfahren aus. So war es nur noch ein kleiner Schritt, auch LEADER- und ILE-Projekte zu realisieren.“, sagt Schmidt lächelnd. Damals musste sich das Team selbst in das Regionalmanagement einarbeiten. Heute ist Regionalmanagement ein Studiengang. „Unsere Mitarbeiter haben sehr spezifische Fähigkeiten. Die Planungsgesellschaft muss vielfältige Aufgaben erfüllen und eine umfassende Beratung und Betreuung anbieten“, so Schmidt.

Ein Projekt dazu sind die drei Mini-Hotels auf dem Campingplatz Mariental bei Helmstedt, welches die Planungsgesellschaft betreute. Aber noch mehr spannende Ideen warten auf ihre Umsetzung. Ein länderübergreifender Rad- und Wanderweg am „Grünen Band“, zwischen dem Heeseberg in Niedersachsen und dem Huy in Sachsen-Anhalt ist in Abstimmung. Beide Gemeinden haben wenig Geld. Doch mit EU Fördermitteln könnte dieses Projekt Wirklichkeit werden. Der Freizeit- und Tourismusbereich soll im ehemaligen Grenzstreifen noch stärker gefördert werden. „Dies kann  insbesondere auch durch Kooperationsprojekte mit den anderen sieben LEADER-Regionen am „Grünen Band“ in Niedersachsen erreicht werden“, bekräftigt Schmidt abschließend. „Letztendlich ist wichtig, dass die ganze Region profitiert.“

Sonntag. Ausflugswetter. Also nichts wie raus! Ich werde zukünftig noch viele Naturräume wie das „Grüne Band im Landkreis Helmstedt“ erkunden. Doch nun werde ich diese Regionen wohl aus einem anderen Blickwinkel betrachten…