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Vorfahrt für Frauen –
Ausbildung zur Busfahrerin bei Bischof Reisen

Der Betriebshof von Bischof Reisen in Wesendorf im Landkreis Gifhorn: Hier herrscht reger Betrieb, wenn die Linienbusse das Gelände verlassen, um ihre täglichen Routen im Nahverkehr abzufahren. Am Steuer der Busse sitzen auffallend viele Frauen, die ihre nicht gerade kleinen Gefährte sicher und routiniert vom Hof fahren.

Strahlende Gesichter

Frauen als Busfahrer sind in der Region heute keine Ausnahme mehr – einer der Gründe dafür ist eine Idee der engagierten Unternehmerin Edith Bischof aus Gifhorn: Ihr war aufgefallen, dass sich sehr viele Damen auf Stellenanzeigen meldeten, in denen Bischof Reisen nach Reinigungskräften für ihre Omnibusflotte suchte. Waren allerdings Busfahrer – und auch Busfahrerinnen – gefragt, ging die Resonanz gegen Null. Also hat die zupackende Unternehmerin kurzerhand die Tore des Betriebshofes schließen lassen und die als potentielle Reinigungskräfte angetretenen Damen zu einer Runde mit dem Bus über den Hof eingeladen.

„Die erste Reaktion war blankes Entsetzen, doch als die Frauen das Lenkrad in der Hand hatten und die erste Kurve meisterten, da strahlten die Gesichter“, erinnert sich Edith Bischof und schmunzelt. Sie machte sich daran, aus dieser Episode das Projekt „Vorfahrt für Frauen“ zu entwickeln. Durch großen persönlichen Einsatz und eine Kooperation mit VW Coaching und dem Bildungswerk Verkehrsgewerbe Niedersachsen (BVN) konnte in Gifhorn schließlich mit der Ausbildung von Frauen zu Busfahrerinnen begonnen werden.

 

Ein erfolgreiches Projekt

„Wir haben mit 25 oder dreißig Damen, alle über 44, arbeitslos und alleinerziehend, angefangen. Alle haben die elfmonatige, anspruchsvolle Ausbildung abgeschlossen und eine voll versicherungspflichtige Stelle bekommen“, sagt Bischof. Bis heute sind einige hundert Busfahrerinnen ausgebildet worden und auch in anderen Bundesländern wird nach diesem Muster verfahren. Inzwischen hat die BVN in Hannover die Federführung übernommen und auch Männer können mittlerweile unter bestimmten Voraussetzungen an der von der Arbeitsagentur geförderten Ausbildung teilnehmen.

Auch heute arbeitet Edith Bischof noch täglich für das Projekt „Vorfahrt“, wie es heute heißt. Gesellschaftliches Engagement, speziell für benachteiligte Frauen, war ihr schon immer ein großes Anliegen. Das zeigt sich auch am Beispiel von Susanne Sellwig, die vor rund vier Jahren als Busfahrerin bei Bischof Reisen angefangen hat. „Ich war noch in der Probezeit als ich schwer erkrankte. Das war ein richtiger Schock für mich und außerdem habe ich befürchtet, dass es nichts wird mit einer dauerhaften Anstellung“, erzählt die 50-Jährige. „Aber Frau Bischof hat mir Mut gemacht und mich während der ganzen schweren Zeit nach Kräften unterstützt. Als ich alles überstanden hatte, konnte ich wieder anfangen und seit drei Jahren fahre ich hier einen Gelenkbus im Linienverkehr.“

Positive Perspektiven

Rund 150.000 Kilometer hat die Busfahrerin mit Leib und Seele in dieser Zeit mit dem 2,50 Meter breiten und über 20 Meter langen Gefährt zurückgelegt. Ohne Probleme und größere Schäden: „Zuerst rumpelt man hin und wieder über einen Bordstein, aber man gewöhnt sich schnell an die Ausmaße. Und dann ist das alles reine Routine“, meint Sellwig. Sie fährt gerne Bus, freut sich über kleine Schwätzchen mit den Fahrgästen und schätzt das gute Betriebsklima in ihrer Firma. Dass ihre Chefin ihr sehr geholfen hat, rechnet sie ihr hoch an, sagt sie. Und Edith Bischof wiederum hat es nicht bereut, dieser willensstarken Frau den Rücken gestärkt zu haben.

Neben der Tätigkeit im eigenen Unternehmen, das sie gemeinsam mit ihrem Sohn leitet, ist sie seit vielen Jahren im Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen, im Bildungswerk Verkehrsgewerbe Niedersachsen, in der Industrie- und Handelskammer und im Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer aktiv. Am 1. Februar 2017 hat ihr der Bundespräsident für ihr großes Engagement die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen.

Eine Auszeichnung, mit der sie nicht gerechnet und die sie sicher gefreut hat. Noch mehr freut sie sich allerdings über die Frauen und Männer, die mit Hilfe des Vorfahrt-Projektes wieder eine positive Perspektive in ihrem Leben bekommen haben.