Header image Nina Witte

Zero Waste – erreichbar für alle

Jedes Jahr landen 30 Millionen Tonnen Plastikmüll in den Weltmeeren, in Deutschland werden stündlich mehr als 320.000 Coffee-to-go-Becher verbraucht und Mikroplastik –beispielsweise aus Kosmetika – ist mittlerweile auch im menschlichen Organismus zu finden. Unser täglicher Müll ist die wohl offensichtlichste Art der Umweltverschmutzung. 2018 hat das EU-Parlament mit dem Verbot von Strohhalmen und Einweggeschirr aus Plastik einen wichtigen Schritt unternommen, um die Plastikverschmutzung in den allgemeinen Fokus zu rücken. Online und offline engagieren sich immer mehr Menschen für eine saubere Umwelt. Unter ihnen auch Louisa Dellert. Die gebürtige Hornburgerin hat der Plastikflut den Kampf angesagt.

Zero-Waste Online

Seit 2017 betreibt Louisa Dellert einen Zero-Waste-Online-Shop. Über ihre Webseite verkauft sie umweltbewusste Produkte, die dabei helfen, auf Müll zu verzichten und den eigenen Lebensstil nachhaltiger zu gestalten. Strohhalme aus Bambus, Glas oder Edelstahl, Stoffnetze für Obst und Gemüse oder festes Shampoo und Deo: Produkte, die Plastik im Alltag überflüssig machen. „Natürlich kann ein Online-Shop nie zu hundert Prozent nachhaltig sein“, greift die 29-jährige Unternehmerin einer allgemeinen Kritik vor, „aber es sind sinnvolle Produkte, die ich in die Welt schicke.“

Bewusster Konsum

Vor allem aber möchte sie den Zero-Waste-Lifestyle für jeden erreichbar machen. Nicht nur Bewohner größerer Städte, in denen es Unverpacktläden gibt, haben dadurch Zugang zu den Produkten, sondern auch diejenigen, die in kleineren Gemeinden wohnen. Denn: So oder so ist der Online-Handel aus der heutigen Zeit nicht mehr wegzudenken. Doch auch beim Versand achtet Louisa auf die Ökobilanz.

Sie nutzt gebrauchte Versandkartons, die Privatpersonen und Unternehmen bei ihr abgeben können, alte Zeitungen dienen als Füllmaterial. Die Stromversorgung von Lager und Büro betreibt sie über eine Photovoltaikanlage. Außerdem bezieht sie die Artikel, die sie anbietet, überwiegend aus Deutschland und bittet ihre Kunden, sich Gedanken zu machen, welche Produkte sie wirklich brauchen. Damit regt sie einen bewussteren Konsum an. Auf dem Naturalou-Blog gibt sie außerdem Tipps rund um Nachhaltigkeitsthemen, Minimalismus und bewusste Ernährung.

 

Von Fitness zu Zero-Waste

„Ein Online-Shop war schon immer etwas, das ich machen wollte. Ich wusste nur nicht genau, mit was für Produkten.“ Zuvor war Louisas Haupteinnahmequelle Instagram. Dort begann ihre Karriere mit Unzufriedenheit. Die heutige Unternehmerin war 2013 nämlich vor allem eins: unzufrieden mit ihrem Äußeren. Sie meldet sich bei Instagram an, um ihren Kampf gegen die Kilos öffentlich zu machen und sich so selbst zu motivieren. Eine Absicht, mit dem Onlinedienst Geld zu verdienen, steckt damals nicht dahinter.

Doch ihr Fitnessthema stößt auf großes Interesse. Immer mehr Menschen folgen ihrem Weg zum Traumgewicht. „Ich war glaube ich einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort“, resümiert Louisa, „in Deutschland gab es zu dem Zeitpunkt noch nicht so viele Menschen, die öffentlich ihr Fitnessleben geteilt haben“. Sie baut sich eine Community auf, jedes neue Bild bekommt mehr Likes. So pusht sich Louisa immer weiter, bis an ihre Grenze.

 

Weckruf Herz-OP

Die erreichte Louisa, als sie beim Sport umkippte. „Es war einfach zu viel. Ich habe nur noch 46 Kilo gewogen“, erinnert sie sich zurück. Von ihrem Arzt erhält sie eine Diagnose, die ihr Leben grundlegend veränderte: Ein Loch in der Herzklappe, die Ärzte raten zur Operation. Danach denkt Louisa um, ändert ihre Sicht aufs Leben. Automatisch verändert sich damit auch ihre Selbst-darstellung auf Instagram. Sie setzt sich mit sich selbst auseinander, bloggt zum Thema Selbstliebe. Unter „Fit-Trio“ postet sie Workouts und Ernährungstipps mit dem Fokus darauf, gesünder und glücklicher durchs Leben zu gehen. 2014 ruft sie den dazugehörigen YouTube-Kanal ins Leben. Auch dieser etabliert sich schnell und ihre Follower schätzen vor allem die Authentizität, mit der Louisa neue Wege beschreitet.

 

Selbstständig mit Instagram und Co.

Ein Jahr später entscheidet sie sich gemeinsam mit ihrem Freund und Geschäftspartner Jan Körber, sich mit „Fit-Trio“ selbstständig zu machen. Sie posten regelmäßig Workouts auf ihrem Blog, gesunde Rezepte und Tipps zu einem sportlichen Lifestyle – das Thema Selbstliebe immer im Mittelpunkt. Ein weiteres Jahr vergeht, mittlerweile hat der YouTube-Kanal mehr als 10.000 Follower. Der Blog „Fit-Trio“ soll die Basis für ihren späteren Erfolg bilden. „Doch ich wollte schon immer nicht nur mit Instagram mein Geld verdienen“, beschreibt Louisa ihren Werdegang. Neben ihren Aktivitäten in den sozialen Netzwerken, bringt sie ihren eigenen Fitness-Guide raus, organisiert Veranstaltungen – unter anderem ein eigenes Fitnessfestival.

 

Umdenken im Urlaub

2017 kommt dann die Wende hin zum müllfreien Lebensstil. „Ich war mit Jan im Urlaub auf Malta“, erinnert sich Louisa zurück, „und wollte diese typischen Unterwasser-Blogger-Fotos machen.“ Aber in jedes Bild schleicht sich ein ungewolltes Accessoire: Plastikmüll. „Erst habe ich mich darüber aufgeregt, dass ich kein Bild finde, wo kein Müll drauf ist, aber dann habe ich mal meinen Gedanken hinterfragt.“ Bis zu diesem Zeitpunkt hat sie das Thema Umwelt nie richtig interessiert.

Nach dem Urlaub beginnt sie, sich mit dem „grünen Lifestyle“ auseinanderzusetzen, recherchiert zu nachhaltiger Mode, umweltfreundlicher Ernährung und nimmt ihre Community mit auf eine weitere Reise: ins plastikfreie Leben. Auch hier macht sich ihre Authentizität bezahlt, einige Follower, denen ihr Wandel nicht gefällt, springen ab, doch die Mehrheit bleibt und etliche kommen hinzu. Louisa strebt auch hier keine Instagram-Perfektion an. Sie zeigt ihren Followern gelegentlich auch die unschönen Seiten des Lebens, die trotz allem dazu gehören – eine Seltenheit bei dem sozialen Netzwerk. 2018 bringt sie sogar ein eigenes Buch heraus, indem sie ihren Lesern den Weg zum müllfreien Lebensstil mit praktischen Tipps nahe bringt.

In der Heimat präsent

Mit ihrem Ladengeschäft zum Naturalou-Onlineshop in Braunschweig rundet die Unternehmerin ihre Online-Aktivitäten mit einer Offline-Präsenz ab. Hier können ihre Kunden und Follower nicht nur Zero-Waste-Produkte erwerben, Louisa nutzt die Räumlichkeiten auch für andere Events wie einen Flohmarkt oder Clean Ups. Gemeinsam mit ihren Followern geht sie dann durch die nähere Umgebung oder in Parks und sammelt Müll auf, gibt Tipps zur Müllvermeidung und zum nachhaltigen Lebensstil.

Das macht sie sogar während des Joggens: Plogging nennt sich diese Form des Müllsammelns, mit der Louisa Dellert nicht nur die Parks in Braunschweig, sondern auch ihren Heimatort sauber halten möchte. Nach einer zweijährigen Großstadtzeit in Hamburg hat es sie zurück nach Hornburg gezogen: „Wir haben ja vorher in Braunschweig gewohnt, aber wollten einfach nochmal etwas Neues ausprobieren. Aber nach zwei Jahren haben wir unsere Familie und unsere Freunde so sehr vermisst, dass wir wieder nach Hornburg gezogen sind.“

Jan Kappelmann