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Der Zeugwart der schönen Augen

Er ist wohl der bekannteste Optiker in der Region und einer der Top-Optiker Deutschlands. Die Rede ist von Ehme de Riese, der durch sein farbenfrohes Äußeres überall auffällt. Aber auch durch sein Fußballengagement zeigt er, dass er anders als die Gleichen ist, wie er selbst sagt. Als Jugendlicher kickte er noch beim SV Nordsteimke, ehe er ins Münsterland zog, um dort eine Ausbildung zum Optiker zu absolvieren. Er spielte als Sechser im defensiven Mittelfeld und schaffte es bis in die Bezirksoberliga (heute Landesliga). Mit 29 Jahren hörte er aus beruflichen Gründen zwar auf, aber seine Begeisterung für das runde Leder ist geblieben. Seitdem er – nach einem sehr erfolgreichen Zwischenstopp in Stuttgart – 2002 wieder nach Wolfsburg zurückkehrte, ist er regelmäßig bei den Männern in der Volkswagen Arena zu Gast. In der Saison 2008/2009 stieg er dann als Sponsor bei den VfL Wolfsburg Frauen ein, die sich damals auf den Weg zu einer europäischen Spitzenmannschaft begaben.

Ingo Bartels
Ein Fußballspiel mit Ehme de Riese zu schauen, ist sehr amüsant.

Sein Spiel dauert 2 x 90 Minuten

Ehme de Riese besitzt als Sponsor eine VIP-Karte, die nutzt er jedoch selten für Essen und Trinken, da er lieber direkt auf die Tribüne geht und schon beim Aufwärmtraining mit am Start ist. „Ich finde, das Davor und Danach gehört zum Fußball“, erklärt er seine Ankunft eine Stunde vor Spielbeginn. Er winkt den Spielerinnen und dem Trainerstab zu und alle winken freundlich zurück, weil sie Ehme de Riese persönlich kennen und schätzen. Seine Geschäftspartner Klaus Fleischmann und Carsten Eckhoff sind immer mit dabei, denn sie würden bei einem Problem mit den Kontaktlinsen vor Ort helfen. Während seiner gesamten Aufenthaltszeit im Stadion bleibt er am Platz und unterhält sich mit Fans, Freunden, Wölfi, dem Oberbürgermeister Klaus Mohrs, dem VfL-Geschäftsführer Dr. Tim Schumacher und den Ordnern. Zu Spielbeginn unterbricht er unser Gespräch, steht auf und singt lautstark die VfL-Hymne mit. Auch nach dem Schlusspfiff bleibt er noch mindestens 15 Minuten da und jubelt den Spielerinnen zu. Beim Spiel gegen den SV Werder Bremen am 24. Februar 2019 hat er auch allen Grund dazu, denn seine VfL-Ladies haben deutlich mit 6:0 gewonnen und bleiben dadurch Tabellenführer der Frauen-Bundesliga.

Bereits 11 Jahre engagierter Sponsor

Als er mit seinem Optikergeschäft in das Sponsoring einstieg, spielte der VfL Wolfsburg noch im VfL-Stadion am Elsterweg und Ralf Kellermann wurde gerade Cheftrainer. Die Idee des Sponsorings lag für Ehme de Riese auf der Hand. Er wollte einen jährlichen Sehtest für die Spielerinnen etablieren. „Der Sehtest ist aus meiner Sicht mindestens genauso wichtig wie der halbjährliche Laktattest“, erklärt er und ergänzt, dass Kellermann dies begeistert aufnahm. Um immer eine gute Sicht auf Ball und Gegner zu haben, erhielten die Spielerinnen die notwendige „Ausstattung“ von Ehme de Riese. Zudem kam ihm die Idee, seine gebrandeten Autos an der Eckfahne zu platzieren und zwar immer auf der Seite, auf die die Frauen gerade spielten. „Also parkte ich in der Halbzeitpause die Autos um“, erzählt er lachend und ergänzt, dass diese Idee leider im AOK-Stadion, in dem die Frauen seit 2015 spielen, nicht umsetzbar ist. Ehme de Riese hat sich immer Gedanken gemacht, wie er dem Verein eine Hilfe sein kann.

Frische Ideen für motivierte Spielerinnen

Bis heute sieht er sich nicht als (klassischen) Sponsor. In der Saison 2011/2012 lud er die VfL-Frauen erstmals in den Ideenherd nach Nordsteimke ein. Dieser Ort ist für ihn besonders, denn er wuchs in dem Haus auf, aus dem später eine Eventlocation wurde. Die Idee: Look and Cook. Gemeinsam mit seinem Team baute er die komplette Technik auf, um eine professionelle und umfangreiche Augenuntersuchung machen zu können. Parallel dazu wurden die VfL-Spielerinnen bekocht und konnten den Köchen über die Schulter schauen. Ein Event, das sehr gut angenommen wurde und seitdem immer kurz vor dem Punktspielstart genutzt wird, um das Miteinander zu stärken. Die nächste Stufe des Engagements lag für Ehme de Riese ebenso auf der Hand. „Wie kann es sein, dass eine Spielerin am Spielfeldrand keine Ersatzkontaktlinsen parat hat?“ Nach einem Gespräch mit Ralf Kellermann wurde ein Ersatzkoffer bestückt, der bei allen Heim- und Auswärtsspielen neben der Spielerbank steht. Für Spielerinnen mit Kontaktlinsen enthält er das passende Ersatzpaar. Der passionierte Optiker ist sehr froh darüber, dass Ralf Kellermann die Augen der Spielerinnen genauso wichtig fand wie er und sämtliche Ideen unterstützte. „Viele Spielerinnen haben seitdem eine bessere Sehstärke“, sagt er freudig. Er wollte schon immer der Optiker für die Profis werden. Neben den VfL-Frauen unterstützt er auch die Eishockey-Cracks der Grizzlys Wolfsburg. Selbst Felix Magath, einst Erfolgscoach des VfL, sowie zahlreiche Spieler und Betreuer tragen Brillen von Ehme de Riese. Er ist begeistert, was er in den elf Jahren mit den VfL-Frauen erleben durfte. Immerhin wurde die Mannschaft zu eine der erfolgreichsten Mannschaften Europas (4 x Deutscher Meister, 5 x DFB-Pokalsieger, 2 x Champions-League-Sieger zwischen 2013 und 2018).

Der 6er im Fußball-Lotto

Stürmerin Ewa Pajor kam in der Saison 2015/2016 als großes Talent zum VfL Wolfsburg. Sie konnte in den ersten beiden Saisons die Erwartungen nicht erfüllen und spielte auch für die zweite Mannschaft. Beim Cook-and-Look-Abend zur Saison 2016/2017 war sie mit dabei und als sie in den Eyeprofiler blickte, schlug dieser sprichwörtlich Alarm. „Der Eyeprofiler ist der genaueste Messcomputer in ganz Deutschland und wir haben ihn als einziger Optiker in Wolfsburg“, erzählt Ehme de Riese und schwärmt davon, dass Ewa Pajor nach dem Test ihre volle Sehstärke zurückgewann. Als das Gerät erkannte, dass bei Ewa etwas nicht stimmt, schauten er und seine Kollegen noch etwas genauer hin. „Mit bloßem Auge konnte man sehen, dass ihre Hornhaut eine Vorwölbung hat“, erklärt er mir zwischen Tor Nr. 3 und 4. Die Augenerkrankung Keratokonus bezeichnet die fortschreitende Ausdünnung und kegelförmige Verformung der Hornhaut des Auges. „Eine Erkrankung, die bis dahin von niemandem erkannt wurde“, erzählt mir der Optiker. Dadurch hatte sie nur noch eine Sehstärke von zehn Prozent auf dem einen und zwanzig Prozent auf dem anderen Auge.

Fan und Sponsor mit Leib und Seele

Er gab die Diagnose an Ralf Kellermann und das Trainerteam und versuchte, eine Antwort zu finden, wie Ewa zu helfen sei, da normale Linsen beim Sport herausgefallen wären. Nicole Pickerodt, die sprichwörtliche Kontaktlinsenspezialistin, erarbeitete den Therapieplan mit Ehme de Riese. Heute ist sie bei ihm angestellt und speziell für Ewa da. Einer der besten Augenchirurgen operierte inzwischen beide Hornhäute. Mittels Cross-Linking (auch Quervernetzung genannt), wurden die Hornhaute stabilisiert und der fortschreitende Prozess der Hornhautvorwölbung gestoppt. Heute spielt Ewa Pajor mit speziell angefertigten Speziallinsen, die ihr eine Sehkraft von 160 Prozent ermöglichen. „Das Rezept hierzu liegt in unserem Tresor und ist geheim.“ In der aktuellen Saison 2018/2019 zeigt die polnische Nationalspielerin nicht nur ihr großes Talent und immenses Laufpensum, sondern auch ihre Treffsicherheit. In zwölf Bundesligapartien traf sie bereits 17 Mal und führt die Torjägerliste an. Auf diesen Erfolg ist Ehme de Riese sehr stolz. Er ist der Beweis dafür, dass sein Engagement nicht nur eine Außen-, sondern auch eine Innenwirkung hat und er dem Verein mit seiner Expertise helfen konnte. Es verwundert ihn auch, dass es im „medizinischen Eignungstest eines Profifußballers bis heute keinen Sehtest gibt“, verrät er mir kopfschüttelnd. So ein intensives Engagement gibt es bei keinem anderen Fußballclub im Frauenfußball. Eine Entwicklung, die er zu Beginn seines Sponsorings noch nicht absehen konnte, aber die logische Konsequenz seines Handelns ist.

Der Frauenfußball verdient mehr Zuschauer

Beim Spiel gegen den SV Werder Bremen besuchen 1.632 Zuschauer den Allerpark, um ihre Mannschaft anzufeuern. Damit kamen genauso viele Zuschauer wie im bisherigen Saisondurchschnitt ins Stadion. Ein Wert, der die Tabellenspitze der Zuschauertabelle bedeutet, aber noch viel Luft nach oben lässt. Das sieht auch Ehme de Riese so und deshalb pusht er die Bekanntheit der Frauen seit Jahren mit eigenen Werbeanzeigen. In der Saison 2018/2019 hat er nochmal einen draufgelegt und inseriert vor jedem Heimspiel in beiden Wolfsburger Tageszeitungen eine ganzseitige Anzeige mit dem Aufruf, zum Spiel zu gehen. Dazu lässt er zusätzlich drei Tage lang vor jedem Heimspiel beim lokalen Radiosender einen Radiospot laufen, um das Stadion zu füllen. Natürlich weiß er auch, dass dadurch Werbung für seine Brillen gemacht wird und er als Sponsor die Sympathiewerte der VfL-Frauen für sich nutzt. Dennoch zeigt das finanzielle Engagement, dass es für ihn nicht um ein reines Sponsoring geht, sondern um einen ganzheitlichen Ansatz, damit der Frauenfußball weiter an Relevanz gewinnt. Immerhin zählt Wolfsburg neben Lyon, Paris, London, München und Barcelona zu den europäischen Topteams.

Bis zur letzten Spielminute

Während unseres Gespräches wiederholt Ehme de Riese regelmäßig, dass „der Frauenfußball nicht mit dem Männerfußball“ zu vergleichen ist. Dennoch hat sich das Niveau immens gesteigert und der Kader des VfL Wolfsburg zählt mittlerweile zahlreiche Top-Nationalspielerinnen in seinen Reihen. Er schätzt es, dass man bei den VfL-Frauen näher am Geschehen dran ist. Auch beim Spiel gegen Bremen ist er nah dran und ist begeistert, dass der VfL immer noch Zug zum Tor zeigt, obwohl es bereits 6:0 steht. Die Mannschaft kämpft immer um jeden Ball und gibt niemals ein Laufduell verloren, egal wie es steht. Eine Eigenschaft, die er sehr an den VfL-Frauen schätzt. Für den gebürtigen Wolfsburger ist es auch deshalb so eine tolle Symbiose, weil die Leistung Emotionen bei den Zuschauern hervorruft, die er sich auch von seinen Mitarbeitern und Gästen (so nennt Ehme de Riese seine Kunden) wünscht. Nach elf Jahren Sponsoring merkt er zunehmend, dass sein Geschäft und der VfL Wolfsburg in Verbindung gebracht werden. Auch während des Spiels gibt es diese Verbindung, sagt er lachend. „Wenn die Linienrichterin eine Fehlentscheidung trifft, rufen die Fans schon mal, sie soll sich eine Brille bei Ehme de Riese aussuchen. Ich stehe dann auf und antworte, dass sie ab Dienstag um 9:30 Uhr vorbeikommen kann!“ Er hat viel Spaß beim Fußball und zeigt sich als absoluter Kenner. Wir diskutieren über Spielzüge und starke Einzelleistungen von Carolin Hansen, Pernille Harder und vor allem die technisch versierte Spielmacherin Sara Marisa Neto Pires. Ein sehr unterhaltsamer Fußballnachmittag im Allerpark.