Eine Frau dämmt eine Holzwand mit Lehm. TU Braunschweig

„Reallabor Hagenmarkt“:
Miteinander Braunschweig gestalten

Seit dem Sommeranfang hat sich der Hagenmarkt sichtlich verändert. Neue Sitzmöglichkeiten, ein Pavillon und eine Café-Ecke sind entstanden. Außerdem sind plötzlich Nutzpflanzen und Blumen erblüht. Doch was genau verbirgt sich hinter all dem? Und was ist überhaupt ein „Reallabor“?

Wissenschaft meets Gesellschaft

Einen Raum zu schaffen, in dem experimentelle Strukturen und Programme die Bevölkerung einladen, sich mit Themen der Nachhaltigkeit, Suffizienz und Resilienz auseinanderzusetzen. Einen Raum also, in dem Lehre und Wissenschaft praxisnah in die Gesellschaft getragen und gemeinsam erlebt werden kann - das war das Ziel der drei Architektur-Institute der TU Braunschweig.


Dies ist auch per Definition die Aufgabe eines „Reallabors“: Es geht darum, verschiedene Hochschulthemen in die Gesellschaft zu tragen und gemeinsam zukunftsfähige Lösungen zu erarbeiten. Vor diesem Hintergrund gestalteten die Institute ein buntes Sommerprogramm, das von Diskussionsforen bis hin zu Ausstellungen, Workshops und Live-Musik einiges zu bieten hatte.

Schalungsplatten schleppen

Bevor es richtig losging, wurde aber zunächst gebaut. Und das auf ungewöhnliche Weise! Die Studierenden entwarfen zum Beispiel Möbel, die multifunktional einsetzbar und mit einfachen, wetterfesten Materialien gebaut werden können. Das Material hierfür wurde jedoch nicht einfach mit dem Auto zum Platz gebracht: Stattdessen wurde ein zweistündiger Spaziergang vom Institut für Architekturbezogene Kunst im Querumer Forst bis zum Hagenmarkt unternommen, mit Schalungsplatten, Latten und Spanngurten auf dem Rücken. Ein Experiment, um praktisch zu erfahren, wie Baumaterialien auch unmotorisiert bewegt werden können.

Der neu entstandene Pavillon – Herzstück des Reallabors – verbirgt mehr in seinen Wänden, als man auf den ersten Blick vermuten mag. In ihm wurden traditionelle Materialien wie Lehm, Schilf und Wolle sowie recycelte Matratzen und Holzreste verbaut. So ist der Bau nicht nur sehr klimaneutral, sondern bietet auch die Möglichkeit, Materialien auf ihre Eigenschaften und Resilienz zu testen. Geplant sind Messungen hierzu im kommenden Jahr, wenn das Projekt beendet wird.

Eine junge Frau in einem Holz-Kokon auf dem Hagenmarkt. Inga Stang
Neuste Addition auf dem Reallabor ist die Green Cell vom Protohaus. Eine begehbare Pflanzenbörse, in der Setzlinge ausgetauscht werden können.

Jeder kann mitmachen!

Seit August 2021 liegt das Projekt nicht mehr nur allein in der Hand der Institute. Diverse Akteure wie die anliegende Gemeinde, umliegende Händler und viele weitere engagierte Bürger und Angehörige der Universität haben ein gemeinsames Plenum gegründet, in dem die Zukunft des Reallabors sowie Ideen für dessen Weiterentwicklung und Events erarbeitet und umgesetzt werden.

Doch das Team versteht sich nicht als geschlossener Kreis! Im Gegenteil. Jeder Bürger ist eingeladen, an der Gestaltung des Platzes und des Programmes teilzuhaben. Ein offenes Plenum, dass alle zwei Wochen auf dem Platz oder im anliegenden Café „Süßes Leben“ stattfindet, lädt dazu ein, einfach vorbeizukommen und sich einzubringen.

Gemeinsam ein Stück Braunschweig gestalten

Auch Organisationen wie Transition Town Braunschweig, Foodsharing, Seebrücke Braunschweig und das Protohaus engagieren sich für den Platz und nutzen die Fläche. Ob Markt gegen Lebensmittelverschwendung, Garten-Aktionstag, Erntedankfest, winterlicher Heinrichsmarkt oder Diskussionsrunden: alles ist möglich.

Wer Lust hat, seine Ideen einzubringen oder als Organisation den Platz zu nutzen, kann jederzeit zum Plenum kommen oder sich unter reallabor-hagenmarkt@tu-braunschweig.de melden.