Zwei Fußballmannschaften verlassen nach dem Spiel das Feld. Kay Rohn

Stadionfunk:
Eintracht Braunschweig versus 1. FC Kaiserslautern

Am Samstag war der 1. FC Kaiserslautern zu Gast im Eintracht-Stadion. Ein Spiel, zwei Perspektiven. Unsere Regionäre Malte Schumacher und Kay Rohn berichten.

Business oder Block 6?
Malte erlebt das Eintracht-Lautern-Spiel

Matchday, 10.00 Uhr, Poppy vom Markenstudio ist am Telefon: „Malte, willst Du meine beiden Business-Seat-Tickets haben? Ich habe heute keine Zeit…“ – puh, da muss ich aber nachdenken. Letztes Heimspiel in diesem Jahr, ich habe Lust auf meine Buddies im Block 6.

Andererseits: Gestern Abend suchte Florian in unserem „Olé Eintracht olé-WhatsApp-Kanal“ noch verzweifelt eine Karte für dieses Spitzenspiel. Also: Ein Ja an Poppy – plus eine Nachricht an Flo: Ich habe ein Ticket für Dich.


Der halbe Fanclub im Schnee

Apropos Buddies in Block 6: Um 12.00 Uhr ploppt im Fanclub-WhatsApp-Kanal ein Bild auf mit Inga, Micha, Jens und Sladdi in Jägermeister-Trikots. Allerdings ist zudem alles voll Schnee plus blauem Himmel und Tiroler Gipfeln – die Halunken sind beim Skifahren…

Okay, dann werde auch ich den Business-Seat nutzen, Flo hatte schließlich inständig darum gebeten: „Lass‘ mich da aber nicht alleine sitzen bitte – und was zieht man da eigentlich an?“. Warum bin ich eigentlich immer für Amateure zuständig?

Zwei Fans der Fußballmannschaft 1. F C Kaiserslautern. Malte Schumacher
Gäste-Fans sind auch da...

Bilanz seit 1990

Schnell noch ein wenig Statistik: Im letzten Eintracht-Heimspiel vor Weihnachten gab es entgegen vieler Miesepeter-Erinnerungen in den Jahren seit 1990 zwar zehn Niederlagen und sechs Unentschieden – aber auch 15 Heimsiege… Darunter im Dezember 2000 ein 5:0 gegen den KFC Uerdingen (zwei Buden durch den Jamaikaner Milton Griffiths) sowie im Bundesliga-Dezember 2013 ein 1:0 gegen Hoffenheim – Siegtorschütze war Torsten Oehrl.

Wenn ich jetzt Wahrscheinlichkeits-Rechnung könnte, wüsste ich zu sagen, wie hoch allein basierend auf diesen Zahlen die Chance ist, dass wir Lautern heute schlagen… Kann ich aber nicht.

„Seit der Saison 2015/16 hat der BTSV zu Hause im letzten Ligaspiel vor der Winterpause im Schnitt über 10 erwartete Tore erzeugen können, während es beim Gegner nur 8 waren.”

Jussi-Pekka Rode

Expected Goals

Also frage ich via Facebook schnell bei Jussi-Pekka Rode an, dem finnischen Mastermind hinter der „Blau-Gelben Datenwelt“. Er antwortet prompt, und seine Statistik-basierte Einschätzung liest sich so:

„Seit der Saison 2015/16 hat der BTSV zu Hause im letzten Ligaspiel vor der Winterpause im Schnitt über 10 erwartete Tore erzeugen können, während es beim Gegner nur 8 waren. Oft waren es sehr ereignisreiche Spiele, wie z. B. das 2:2 gegen den FC Magdeburg. Mein Tipp: Eintracht wird mit 3:1 gegen Lautern gewinnen.“.

Jussi, vielen Dank – und warme Grüße nach Finnland!!

 

„Suche Karte!“

Das muss heute genügen als Spiel-Vorbereitung – es ist Stiftungs-Spieltag, und ich will davon noch ein paar Fotos machen, also ab auf’s Fahrrad. 5.000 Besucher dürfen rein, zwei davon treffe ich vor dem Haupteingang, Ralf und seinen Sohn Mika, der sich sicher ist: „2:1 für uns!“

Daneben steht Andrea, mit einem Schild in der Hand, das mich an die 1970er und 80er Jahre erinnert: „Suche Karte!“. „2:1“, sagt auch sie – und da mein Block 6-Ticket ja nun frei ist, wird sie das Spiel auch miterleben können…

Drei Personen stehen vor einem Stadion. Malte Schumacher
Angie (rechts) und Mex glühen vor...

Stiftungs-Spieltag

Schnell nochmal in die Rheingoldstraße, wo ich auf einen großartigen blau-gelben „Glücksbringer“ treffe, und natürlich Angie und Mex beim Vorglühen erwische. Im Stadion dann suche ich Dennis Kruppke, der heute an einem kleinen Stand vor der Haupttribüne für die wirkungsvolle Arbeit der Eintracht Braunschweig Stiftung Geld einsammelt.

An seiner Seite meine alte Freundin Katharina plus allerlei Kinder. Natürlich stecke auch ich ein paar Münzen in die Sammeldosen, die schon gut gefüllt sind. An der Treppe zum Business-Bereich begegnet mir Niklas, mit einem roten Teufels-Schal – auch er tippt 2:1, allerdings für die Gäste….


Business-Bereich

Im Business-Bereich selber merke ich mal wieder, dass ich hier nicht hingehöre… Egal, schnell was essen, ein Bier in den Becher und raus auf die Tribüne. Zuvor aber plaudere ich noch mit Nicole Kumpis, der frisch gekürten Präsidentschafts-Kandidatin der Eintracht. Sie war ja auch mal Vorständin der Eintracht Braunschweig Stiftung, und in jener Zeit haben wir uns näher kennengelernt.

Sie ist zuversichtlich: „2:1 für uns“ – ich höre jetzt auf nach Tipps zu fragen. Die Miesepeter sind anscheinend ausgestorben – gut so!

Ein Mann mit Mütze tippt sich an seine Brille. Malte Schumacher
VAR brauchen wir nicht – Flo hat eine neue Brille und sieht alles.

Bronco ist auch da

Unsere Plätze sind sehr nah am Gästeblock und relativ weit unten. Ich drehe mich um und blicke hoch zur Presse-Tribüne, wo ich im letzten Lockdown-Winter öfter mal mit Robin zusammen FanRadio gemacht habe bei 10 Grad minus. Florian trudelt auch ein und ist ganz stolz auf seine neue Brille: „Ich sehe jetzt alles!“ – okay, neben mir also nun ein adäquater VAR-Ersatz.

Gerade als ich mal wiedere denke, dass ich hier nicht hingehöre, geht die Sonne auf: Südkurven-Buddie Bronco bahnt sich seinen Weg zu seinem Platz neben mir, zwei große Weizen-Becher in der Hand plus einen kleinen Rosé für‘s Aroma.


Aufstellungs-Diskussion

Okay, die Gesellschaft passt schon mal, lasst uns also die Aufstellung diskutieren: Strompf spielt in der Innenverteidigung, Behrendt rückt raus auf rechts. Diagnose: Uns fehlt noch ein verlässlicher rechter Verteidiger im Kader.

Im Mittelfeld werden wohl Pena Zauner, Otto und Consbruch dafür verantwortlich sein, das Fehlen von Hennings zu kompensieren, der ja aber eigentlich unersetzlich ist in seiner Emsigkeit. Frage: Kann diese ja immer noch recht frisch zusammengestellte Truppe das Fehlen von Henning kompensieren?

Eine Familie steht vor einem Stadion. Malte Schumacher
Katharina, Dennis und die Kinder sammeln für die EBS.

Unterhaltung mit Maske

Anpfiff – eine gute, taktische Draufsicht ist von unseren Plätzen aus natürlich möglich. Behrendt geht sehr früh sehr weit nach vorne, Lautern aber attackiert sehr hoch – Vorsicht ist geboten. Sieht gut aus, was beide Teams machen. Flo nuschelt ab und an sicherlich treffende taktische Bemerkungen in seine FFP2-Maske – ich nicke vorsichtshalber, verstehe aber nichts.

Bronco raucht Kette. Ich schaue sehnsüchtig rüber in Block 6 und beschließe: In der Halbzeit wechseln wir den Standort. In dem Moment spielt Otto einen geilen Steilpass auf Lauberbach, und der flitzt brutal schnell los, versucht den Torwart zu tunneln – gehalten, Mist…
 

Rüber in die Südkurve

Kurz vor der Pause hat Hendrik Zuck eine Granaten-Chance – Jasmin aber hält den Ball. In der Pause auf dem Weg in die Südkurve sind wir uns einig, dass Lautern offensiv etwas stärker und gefährlicher war. Gründe zu wechseln jetzt schon? Koby rein? Meine Meinung: Nein.

Das Spiel ist noch viel zu laufintensiv für seine Spielweise. So sehen das auch die Buddies in Block 6. Selbst Flo, der es gerade noch genossen hat auf seinem Business-Seat und nur zögerlich mitgekommen ist, kuckt sich um und nuschelt: „Ist schon echter hier…“.

Drei Personen sitzen vor einer Wand, an der Portraitfotografien hängen. Malte Schumacher
Nicole Kumpis will Eintracht-Präsidentin werden und tippt auch 2 zu 1...

Tor und Bierdusche

Erst recht dann, als Pena Zauner kurz nach der Pause draufballert, der Torwart zwar abwehrt, aber Consbruch da ist und den Ball in die Maschen wuchtet. Bierdusche, abklatschen – kein Vergleich mit der Haupttribüne…! War Pena Zauner im Abseits? Alle winken ab – egal! Stimmung, singen, feiern – herrlich.

Bis Strompf sich etwas blöd anstellt in unserem Strafraum, und sein Gegenspieler natürlich zu Boden geht – Elfmeter nur fünf Minuten nach unserem 1:0. Kann Fejzic wieder halten? Nein, Ausgleich. Schade. Erstmal durchatmen. Zuck hat noch eine große Chance, verballert aber.

„Kann Fejzic wieder halten? Nein, Ausgleich. Schade.”

Kay Rohn

Behrendt und sein Vollspann-Hammer

Dann nach einer Stunde eine gute Freistoß-Position für uns, relativ mittig vor dem Lauterer Tor, 20/22 Meter. Mir ist klar: Das wird Behrendt mit seinem Vollspann-Hammer übernehmen. Macht er auch – an den rechten Pfosten von uns aus gesehen. So ein Mist – drei Zentimeter weiter in unsere Richtung und das Ding klatscht vom Innenpfosten ins Tor.

Okay, noch 30 Minuten inklusive erwartbarer Overtime – wer will gewinnen? Otto geht dann raus, Girth kommt, der Matchwinner in Köln. Gefährliche Situationen sind aber auf beiden Seiten nicht zu sehen.
 

Weihnachts-Träumerei…

In der 80. Minute kommen May und Ihorst – ich habe nicht das Gefühl, dass hier noch ein Tor fällt. Einen Aufreger gibt’s noch: Elfmeter für uns? Nein, der wird weder gepfiffen, noch von den TV-Glotzern daheim vehement gefordert. Schlusspfiff. 1:1 im Dritt-Liga-Spitzenspiel.

Zeit für Statistik und Analyse... Wir haben mit neuem Trainer und runderneuertem Team nach 20 Spieltagen 36 Punkte. Macht einen Punkteschnitt pro Spiel von 1,8. Der heutige Gegner-Trainer hatte in seinem Jahr bei uns 2019/20 nur einen Schnitt von 1,7. Spielen wir so weiter, kommen noch 32 Punkte dazu, macht 68. Antwerpen kam am Ende seiner Zeit auf 64 und stieg auf mit uns… Ihr merkt, ich bin in der Weihnachts-Träumerei angekommen – wir sehen uns in 2022!

Zwei Fußballmannschaften betreten das Feld. Kay Rohn
Infoaustausch auf der Tribüne mit Dennis Kruppke.

Kays Analyse:

1951 | 1953 | 1991 | 1998

Tradition fußballerischer Klasse in diesen Zeitensprüngen. Deutscher Meister in den 50er und 90er Jahren plus zwei Pokalsiege 1990 und 1996. Der Bus aus Kaiserslautern vermittelt eindrucksvoll die DNA des FCK. Von Fritz Walter, Horst Eckel über Stefan Kuntz, Friedhelm Funkel bis zur Trainerlegende Karl-Heinz Feldkamp. Irgendwann wird eine Traditionsliga eingeführt in der Klubs wie der FCK und die Eintracht vor vielen Zuschauern spielen werden. Tradition hat Bestand.
 

Die richtige Seite

Das ganze Stadion freut sich, wenn die Eintracht zuerst in Richtung Nordkurve spielt und die zweite Hälfte dann auf „ihre“ Südkurve zuspielen kann. Ich merke es an den Zuschauerreaktionen um mich herum. Das ist ein erstes Indiz, wird das Spiel gut oder nicht. Eben ein Braunschweiger Ritual.

Herrlich, wenn ich dann Ausrufe von  gestandenen Eintrachtkenner*innen höre: „Oh Gott, das ist schlecht!“, sollte die Wahl mal verlorengegangen sein und wir in die andere Richtung spielen müssen. Jasmin hat da schon eine verantwortungsvolle Rolle kurz vor Spielbeginn.

Eine Nahaufnahme vom einem Mannschaftsbus. Kay Rohn
Tradition unterwegs

Alles neu

Vor dem Spiel hat unser Trainer Michael Schiele komplexe Aufgaben. Aber das, denke ich mir, macht ja auch den Reiz des Trainerberufs aus. Es fallen Spieler aus und das erfolgreiche Mannschaftsgefüge muss er ändern. Auf der rechten Abwehrseite sind Wiebe und Multhaupt (in der Vorwärtsbewegung besser als in der reinen Abwehr, wie ich meine) verletzt.

Henning fehlt auf Grund seiner Sammlung Gelber Karten. Schiele integriert Phillip Strompf (auf der Kicker online-Seite immer noch im Hoffenheimtrikot) auf der linken Innenverteidigerposition. Behrendt rückt auf die rechte Verteidigerposition und Schultz wechselt von auf den rechten Innenverteidiger. Das ist schon, durch einen Ausfall ausgelöst, eine ganze Menge für eine Mannschaft, die selbst noch nicht ganz ihre Positionen gefunden hat.

Außer Kijewski muss jeder aus der Verteidigung einen anderen Korridor bearbeiten nach hinten aber auch nach vorn. Bei Behrendt heißt das, er muss auch mal bis zur Eckfahne die ganze Seite marschieren. Die Seite ist gut abgesichert durch ihn, nach vorn fehlen mir Impulse.


Phillip hat Zukunft

Phillip Strompf macht seine Sache gut. Eine Abwehraktion von ihm führt zum Elfmeter gegen uns und damit zum schnellen Ausgleich der Lauterer. Das war aber eher eine unglückliche Aktion. Er war immer nah am Gegner und eine Geste von ihm freute mich besonders.

Strompf steht bei unserem Spielaufbau auf der linken Seite im Mittelfeld frei und gestikuliert mit den Armen, um zu zeigen, dass er freisteht und den Ball haben möchte. Spieler, die Verantwortung übernehmen wollen, brauchen wir.
 

Die jungen Wilden

Der Sturm hat es meiner Ansicht nach leichter. Henning ist raus und wird mit seinem Laufpensum und seiner Beharrlichkeit etwas vermisst aber die „Jungen Wilden“ um Lion Lauberbach können alle verschiedene Positionen im Sturm spielen und beschäftigen die Abwehr des FCK gut.

Zwei Männer schütteln einander die Hand. Kay Rohn
Ehrenpräsident Gerhard Glogowski war auch dabei.

Ergebnissport

Ich hatte ein knappes Ergebnis erwartet. Beide Mannschaften hatten sich im Verlauf der Saison nach oben kontinuierlich vorgearbeitet. Es trafen zwei Teams aufeinander, die auf ihrem höchsten Leistungsstand in der Saison waren. Das muss dazu führen, dass sich die Mannschaften teilweise neutralisieren.

Meine Wahrnehmung ist, dass die Spieler aus der Pfalz eine höhere Passgenauigkeit hatten und uns in Phasen überlegen waren. Elfmeter ist, wenn der Schiedsrichter pfeift, ein Brian Behrendt, der seinem ersten Freistoßtor immer näher kommt, und zwei Tore entscheiden innerhalb von fünf Minuten die Partie zu einem gerechten Unentschieden.


Wissenschaftlicher Beistand

Christoph leitet in Braunschweig ein wissenschaftliches Institut und ist mit mir im Stadion. Er registriert als interessierter Braunschweiger die Entwicklung der Eintracht und sieht die Eintracht auch als wichtigen Standortfaktor hier in der Region. Sein letzter Stadionbesuch, ein Spiel auch gegen Kaiserslautern lässt sich zeitlich schon nicht mehr verorten. Also war es lange her.

Wir essen zusammen vor dem Spiel in Ruhe und sind im Gespräch mit vielen Leuten. Es ist schön, die Eintracht-Welt einmal mit anderen Augen zu sehen. Ihm fällt insgesamt der familiäre Charakter poitiv und ist beim Spiel voll dabei. Da er mein Nachbar ist, haben wir den Rückweg auf dem Fahrrad noch für die Kurzanalyse. Mit dem Blick auf die Tabelle fällt diese sehr positiv aus.

Der Block 6 im Eintracht-Stadion. Malte Schumacher
Ein wehmütiger Blick rüber in meinen Block 6...

Antwerpen Braunschweig 

Man hat gesehen, dass Marco Antwerpen nicht so ganz nach Braunschweig passt. Freundlich klatschte er die Spieler nach Spielschluss ab. In der Pressekonferenz und drum herum war er mit seinem Nachfolger Michael Schiele eher im Clinch.

Antwerpens Analyse in der Pressekonferenz war sehr einseitig und er spielte die Rolle des schlechten Verlierers obwohl er gar nicht verloren hatte. Die Gesichter verströmten eher negatives Karma und es war gut, dass Denise Schäfer und zwei Plexiglasscheiben die Trainer trennten.