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Eine junge Frau sitzt vor einem Computer Torben Doetrich

Von Coding-School bis Finanzinnovation
Spannende Schulterblicke in Technologie-Berufe

Lea Spöhle programmiert manchmal nachts, Nelson Neumann liebt die technischen und auch körperlichen Herausforderungen in seinem Job. Und Leonie Seita sorgt dafür, dass die Kunden ihres Unternehmens reibungslose chemische Analysen durchführen könne. Alle drei lernen gerade spannende Technologie-Berufe kennen - und hier lernt Ihr die drei kennen!

Lea Spöhle, 19 Jahre, Schülerin bei 42 Wolfsburg

Nach einem Freiwilligen Sozialen Jahr in Nordirland und der festen Absicht, Psychotherapeutin zu werden, findet sich Lea Spöhle nun in einem Raum voller iMACs und Kollegen aus aller Welt wieder - und schaut sich nochmal den Code zu einem Computerspiel an, den sie neulich geschrieben hat.  

„Mit IT hatte ich vorher nichts am Hut“, sagt Lea. „Mein Bruder hatte von dieser Schule gehört und gesagt: Probier´ das doch mal aus, das könnte dir gefallen!“ Lea tat es. Ihr erster Test an der neuen Coding-School 42 Wolfsburg war ernüchternd, sie beendete ihn mit null Prozent. Sie blieb dran.

„Mit IT hatte ich vorher nichts am Hut“

Das Programmierer-Klischee kennt jeder: Der (meist männliche) Nerd, der sich hinter seinem Bildschirm verschanzt, sich kaum ins Tageslicht traut und soziale Kontakte nur über Chats pflegt.

Bei 42 Wolfsburg hingegen gibt es ohne die Mitschüler, die „Peers“, kein Vorankommen. Man lernt zusammen, hilft sich bei verschiedenen Aufgabenstellungen, evaluiert die Projekte von anderen – und chillt auch zusammen in der Pause. „Teamwork ist hier extrem ausgeprägt“, sagt Lea und erzählt von einer Freundin, mit der sie sich gegenseitig durch den sehr kniffeligen Auswahlprozess für die 12-18-monatige Ausbildung begleitet hat. Das alles funktioniere nur mit einem gewissen Zusammenhalt gut.

Ohne Dozenten, Professoren oder gar Stechuhren beginnt der Tag (oder die Nacht) ganz individuell. „Ich bin meistens gegen acht Uhr morgens in der 42, manchmal aber auch erst mittags oder gar nicht“, lacht die 19-jährige. „Aber sie fügt hinzu: „Es gibt auch Deadlines.“    

Meistens setzt sich Lea an den gleichen Rechner, ihre Projekte kann sie aber von überall bearbeiten. Auch in der Lounge, auf einem der gemütlichen Sofas, oder im Bistro. Die Atmosphäre in der 42 gleicht einer Mischung aus Universität, Internet-Café und Studi-WG. An den Kühlschränken kleben Sticker, irgendwo stehen ein Drumset und eine E-Gitarre herum, free to use.

Irgendwo stehen ein Drumset und eine E-Gitarre herum, free to use.

Oft, sagt Lea, verliere sie beim Programmieren aber auch die Zeit und vertiefe sich automatisch in ihr Projekt. Irgendwann, wenn es wieder dunkel sei, sei sie froh, dass der Penny gleich um die Ecke ist.

Industrieanwendungen, Mobilität, Künstliche Intelligenz – die Schwerpunkte, auf die Lea und ihre Mitschüler nach einer Art Grundausbildung zusteuern, kann jeder frei wählen. „Wir haben hier keine Vorgaben, auch nicht von den großen Geldgebern wie Volkswagen“, versichert Lea. Sie selbst kann sich für vieles begeistern, KI im Technologie-Beruf sei für sie aber besonders herausfordernd und faszinierend zugleich. Mit Psychologie hat das ja auch ein wenig zu tun.

Lea stellt 42 Wolfsburg auf YouTube vor

Leonie Seita, 25 Jahre, Auszubildende zur Kauffrau für IT-Systemmanagement bei pdv-software GmbH

Daten sind ihre Welt. Vor allem: Messdaten. Aus Stromzählern, Temperaturmessern, Mischmaschinen und vielen anderen Quellen. Leonie Seita formuliert sie zu Prüfberichten, Laborberichten, generiert Darstellungen aus ihnen.

Bei der Firma pdv-software GmbH aus Goslar-Oker ist sie nun im zweiten Lehrjahr als Auszubildende zur Kauffrau für IT-Systemmanagement beschäftigt. „Von Tag eins an wurde ich hier in die Projekte eingebunden“, schwärmt sie über ihren Technologie-Beruf. Leonie unterstützt die Kunden souverän in den Anwendungstools, die hier entwickelt werden, und organisiert Schulungen.

Von Tag eins an wurde ich hier in die Projekte eingebunden.

Dabei wäre ihr Weg beinahe anders verlaufen: Leonie begann 2020 ein Wirtschaftsinformatik-Studium, was aufgrund der Pandemie aber vor sich hin dümpelte. Keine praktischen Aufgeben, keine Kooperation, nicht mal Kontakt zu den neuen Kommilitonen war möglich. Das machte Leonie zwei Jahre lang mit, dann bewarb sie sich bei pdv-software.

Hier könnte der praktische Bezug kaum größer sein: Die Firma entwickelt Software und digitalisiert Abläufe für die Qualitätsüberwachung in Echtzeit bei chemischen und technischen Prozessen, etwa bei der Herstellung von Zement oder verschiedenen Recycling-Prozessen. Die Programme begleiten die Produktion und Stoffströme, sammeln Daten über komplexe Schnittstellen, integrieren betriebswirtschaftliche Daten und erzeugen aussagekräftige Berichte.

„Hier kann ich einen kleinen Beitrag zur Circular Economy leisten."

Ein T-Shirt mit dem PDV-Firmenlogo am Ärmel. Torben Dietrich
Leonie identifiziert sich mit dem Unternehmen. Hier leiste sie ihren Beitrag zur Circular Economy, sagt sie.

Einer der Kunden ist die ChemiLytics GmbH & Co. KG, ebenso wie pdv-software auf dem riesigen Gelände der ehemaligen H.C. Starck GmbH Unternehmensgruppe beheimatet, dem heutigen Metallurgie-Park in Goslar-Oker. Hier geht es um die chemische und physikalische Analyse von Proben. Ein besonderer Fokus liegt auf der Analyse im Recycling von Lithium-Ionen-Batterien zur Wiedergewinnung werthaltiger Stoffe - ein wertvoller Beitrag zur E-Mobilitäts-Debatte. Über Schnittstellen lässt sich eine Vielzahl von Analysegeräten mit der Analyse-Software von pdv-software verbinden.

Auf dem Weg hierher wehen Gerüche wie aus dem Chemieraum in der Schule entgegen. Harmlos, aber markant. Im Labor müssen gerade verschiedene Proben etikettiert werden, die Etiketten werden von der eigens entwickelten Software LIMS3 erstellt.

Die vielfältigen Aufgaben machen für Leonie aber nur einen Teil dessen aus, was sie an ihrem Job reizvoll findet. „Vor allem die Kollegen, die Art, wie miteinander gearbeitet und umgegangen wird, ist sehr angenehm. Ich kann in viele Bereiche hineinwachsen und lernen, was ich möchte. Das kommt mir als neugierigen Menschen sehr entgegen.“

Und dann ist ihr noch etwas anderes wichtig: „Ich komme ja auch aus einer Generation, für die Klimaschutz eine wichtige Rolle spielt. Und hier bei pdv-software kann ich eben einen kleinen Beitrag zur Circular Economy leisten.“

Nelson Neumann, 21 Jahre, Auszubildender zum Kaufmann für Spedition- und Logistikdienstleistung bei JITpay™

Ein großes Büro im 10. Stock des neuen Hochhauses im BraWo-Park. Genauer: Willy.-Brandt-Platz 19. Von hier aus schaut Nelson Neumann durch die Panoramafenster weit über den Altewiekring und die Stadt, die im Frühsommer erstaunlich grün ist, in welche Richtung man auch blickt. Überhaupt: Grün. Grün sind die Teppiche im Flur, grün sind die „Teamjacken“ der Kollegen, grün das Corporate Design.

Nelson ist 21 Jahre alt, hat aber schon mehr erlebt als andere ihr ganzes Leben lang. Hat in Südafrika ein Gewächshaus in den Townships gebaut. Hat als Skipper gearbeitet und bei einer Überführung einer Segelyacht von Mallorca nach Teneriffa einen Monat auf einem Boot gelebt. Und ist schließlich nach dem Abitur aus seiner Heimatstadt Frankfurt am Main nach Braunschweig gekommen, um bei JITpay™ eine Ausbildung in diesem Technologie-Beruf zu beginnen.  

Ein typisches Bild für Technologie-Berufe: Ein junger Mann sitzt hinter einem Computer. Torben Dietrich
Nelson Neumann am Arbeitsplatz hoch über Braunschweig.

Das Unternehmen ist quasi eine Rakete in der deutschen und europäischen Logistikbranche. Es kauft Transportrechnungen von kleinen und mittelständischen Logistikunternehmen auf, bezahlt diese sofort nach Abzug einer kleinen Gebühr und erleichtert auf diese Weise erheblich das Geschäft der Transport- und Speditionsunternehmen. Das Konzept funktioniert, JITpay™ hat bereits Außenstellen in Barcelona, Breslau und Bukarest eröffnet.

Ein Mousepad mit dem Logo von Jitpay, einem Arbeitgeber für Technologie-Berufe. Torben Dietrich
"Make Trucking Great Again" - JITpay™ unterstützt vor allem kleine und mittlere Speditionsunternehmen, die keine ausgeprägte Buchhaltungsabteilung haben.

Den Tag startet Nelson stets recht pünktlich um 8 Uhr. Heute bereitet er Schulungsmaßnahmen für die internationalen JITpay™-Außenstellen vor. Auf Englisch. Den Einsatz im Ausland hat er fest für sich eingeplant. „Nebenher feile ich gerade an einem neuen Frontend und bin dabei, unser wichtigstes Programm auf unsere Bedürfnisse zuzuschneiden. Damit alle Prozesse besser funktionieren und dokumentiert werden können.“ 

Um 12 Uhr trifft er sich mit seinen Kolleginnen und Kollegen zum Mittagessen in einem kleinen Konferenzraum - ebenfalls mit Blick über Braunschweig. Donnerstags ist „Döner-Tag“, alle lassen sich von einem nahe gelegenen Grill versorgen.

Das Großartige an seinem Job, sagt Nelson, sei vor allem die Abwechslung. Und dabei geht es nicht nur um verschiedene Aufgaben am Computer.

Die handfeste Zusammenarbeit mit Kolleginnen, Kollegen und Vorgesetzten verbindet Nelson sehr stark mit dem jungen Unternehmen.

Am Nachmittag steht ein Ortswechsel an. Nach einer Fahrt quer durch die Stadt steigt Nelson bei der Spedition Wandt an der Hansestraße in Braunschweig aus dem Dienstwagen. Hier steht der – natürlich grüne – JITpay™-Truck. Den muss Nelson nicht fahren, aber abladen. Es ist ein Event-Truck, JITpay™ besucht damit Trucker-Festivals, Rennen oder andere Veranstaltungen, auf denen sie unkomplizierten Kontakt zu Kunden oder potenziellen Kunden bekommen. Zapfanlage, Jägermeister-Depot und Sitzfläche zum Chillen, alles vorhanden. Nächste Woche geht es zu einem Event nach Magdeburg, mit einem Kollegen schleppt Nelson leere Gasflaschen, Getränkekisten und Holzpaletten vom Truck. „Genau diese Abwechslung in der Arbeit ist mir wichtig“, sagt Nelson. Diese handfeste Zusammenarbeit mit Kolleginnen, Kollegen und Vorgesetzten verbinde ihn sehr stark mit dem jungen Unternehmen: „Ich bin jeden Tag froh, dass ich bei JITpay arbeite!“