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Nachhaltigkeit bei Avacon: In den Netzen fließt überwiegend Strom aus erneuerbaren Quellen. Avacon

Unternehmen mit Nachhaltigkeit in der DNA
die Avacon AG in Helmstedt

Nachhaltigkeit ist Kern der Avacon-Unternehmensstrategie und Herzensangelegenheit der Mitarbeitenden – vom Auszubildenden bis zur Personalvorständin. Wie das Unternehmen beispielsweise die Wünsche der Kunden nach umweltfreundlicher Energie bei gleichzeitiger Versorgungssicherheit erfüllt, erfährt Beate Ziehres in der Unternehmenszentrale in Helmstedt. 

An einem sonnigen Vormittag treffe ich Daniel Plötz, Bereichsleiter HSEE (Health/Safety/Environment/Energy) und Nachhaltigkeitsmanagement bei Avacon. Hier ranken an den Wänden dunkelgrüne Schlingpflanzen, es gibt hellgrüne Polsterelemente und rund um den Firmensitz breiten hohe Bäume ein Blätterdach aus. Das optimale Setting für ein Gespräch über Nachhaltigkeit, sollte man meinen.

„Ja“, sagt Daniel Plötz. „Aber wir denken Nachhaltigkeit größer. Klima- und Naturschutz ist nur eine Dimension unserer Nachhaltigkeitsstrategie. Soziale Verantwortung zählt ebenso dazu wie eine nachhaltige Unternehmensführung.“

Daniel Plötz, Nachhaltigkeitsmanager Avacon Avacon
Daniel Plötz, Nachhaltigkeitsmanager Avacon

Interessen der Kunden haben sich geändert

Bevor ich frage, was dies im Einzelnen bedeutet, beschäftigt mich ein anderes Thema: Ist so viel Nachhaltigkeit im Sinne der Kunden und Geschäftspartner? „Der Fokus unserer Kunden insgesamt, also der Industrie- und Gewerbekunden, der Kommunen, aber auch der Privatkunden, hat sich geändert. Man erwartet von uns Versorgungssicherheit, die Bereitstellung nachhaltiger Energien und dass wir unserer gesellschaftlichen Verantwortung als Großunternehmen gerecht werden“, erklärt Daniel Plötz.

Im Rahmen der Wesentlichkeitsbetrachtungen fragt die Avacon AG regelmäßig ab, welche Aspekte den einzelnen Interessengruppen wichtig sind. Dabei wurden durchaus regionale Unterschiede festgestellt. In den ländlichen Bereichen legt man eher Wert darauf, dass das Unternehmen soziale Verantwortung übernimmt. „Konkret wünscht man sich beispielsweise, dass wir örtliche Vereine mittels Sponsoring-Maßnahmen unterstützen. Wertschöpfung vor Ort ist hier ein wichtiges Stichwort, ebenso die Verbesserung der Lebensqualität auf dem Land. So können wir einen Beitrag dazu leisten, dass die jungen Leute bleiben und als Fachkräfte zur Verfügung stehen.“

In städtisch geprägten Gegenden spielen hingegen die Themen Dekarbonisierung und Elektromobilität eine bedeutende Rolle. Hier wirkt der Netzbetreiber Avacon GmbH gemeinsam mit den im Lösungsgeschäft tätigen Schwestern. Die Unternehmensgruppe bietet ihren Kundengruppen ein breites Lösungsportfolio, von dem auch Privatkunden profitieren. Beispiel: PV-Einspeisung. Im Bereich Elektromobilität treibt Avacon gemeinsam mit der Konzernmutter E.ON den Ausbau der Ladeinfrastruktur voran.

Wichtigste Aufgabe: Stromnetze stabil halten

Jedoch ist der Ausbau der Ladeinfrastruktur nur ein Teil des Ganzen. „Unsere eigentliche Leistung ist, das Netz so auszubauen und zu gestalten, dass eine Ladeinfrastruktur immer Platz hat. Ladepunkte alleine bringen nichts, wenn unsere Netze ausgelastet sind. Deshalb lauten unsere wichtigsten Aufgaben: Netzausbau, Netzstrategie, Dezentralisierung der Einspeisung, Sicherstellung der Netzstabilität“, erläutert Daniel Plötz.

Diese Punkte sind auch für Endkunden, die eine PV-Anlage betreiben, von größtem Interesse. „Diese Kunden möchten natürlich Strom ins Netz einspeisen. An Tagen wie heute, wenn viel Solarstrom und Windstrom produziert, aber wenig Strom verbraucht wird, ist es eine große Herausforderung, das Netz stabil zu halten“, so Daniel Plötz.

Ich lerne, dass die Gefahr eines Stromausfalls an Tagen mit Stromüberschuss höher ist als an anderen Tagen. Hier kann der Netzbetreiber aber kurzfristig, mittelfristig und langfristig entgegenwirken. Kurzfristig beispielsweise mit dem Abschalten von Windrädern – jeder hat bereits beobachtet, dass einzelne Windkraftanlagen stehen, während sich ihre Nachbarn munter drehen. Mittelfristig können vermehrt Speicherlösungen genutzt werden und langfristig hilft der Ausbau der Netze.

Avacon entwickelt und testet die Stromnetze der Zukunft

Doch auch bei der Konzipierung der Netze geht Avacon neue und netzentlastende Wege. Als Reaktion auf eine zunehmende Anzahl von Verbrauchern und Stromproduzenten gewinnen Quartierlösungen an Attraktivität. Daniel Plötz erklärt: „Früher waren die Netze eher Einbahnstraßen. Die Energie wurde vom großen Kraftwerk über das Höchstspannungsnetz undHochspannungsnetz zu den Ortsnetzen transportiert. Der Stromfluss war geregelt. Heute passiert die Erzeugung von Energie auch im Ortsnetz. Kunden speisen ein und nehmen Strom ab. Sie werden zu sogenannten Prosumern. Die Richtung der Stromflüsse funktioniert nicht mehr so geordnet wie früher.“ Vor allem mit Hilfe von digitalen Lösungen können die Ein- und Ausspeisungen im Ortsnetz heute intelligent gesteuert werden.

Avacon testet genau das in einem Forschungsprojekt. Die "Energieplattform Twistringen" ist ein Leuchtturmprojekt des Verteilnetzbetreibers und wurde im September 2023 verlängert. Vor Ort wurde in Abbenhausen eine Energiegemeinschaft aufgebaut. Innerhalb der Gemeinschaft wird Energie erzeugt, verbraucht, geteilt und es wird auf einen gemeinsamen Erzeuger- und Speicherpool zurückgegriffen.

Das Projekt begann als europäisches Forschungsprojekt und ist nun eingebunden in das Kopernikus-Projekt "ENSURE" (Neue EnergieNetzsStruktUREn für die Energiewende) - gefördert vom BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung).

Zu der Energiegemeinschaft in Abbenhausen wird eine weitere hinzukommen – und zwar in der Stadt Twistringen rund um das Hildegard-von-Bingen-Gymnasium. Hierfür wird ein zweiter Großbatteriespeicher aufgebaut und weiterentwickelte Algorithmen auf der Nieder- und Mittelspannung eingesetzt. Das Ziel: Lokal erzeugte, erneuerbare Energie gemeinschaftlich für mehrere Ortsnetze nutzbar machen. Diese Ziele wurden im ersten Feldtest bereits erreicht. Die teilnehmenden Haushalte können ihre flexiblen Energietechnologien (Batteriespeicher, Wallboxen, Wärmepumpen etc.) mit einbinden.

Vorbildliche Grünstromquote im Avacon-Netz

Die Herausforderungen an den Netzbetreiber sind durch einen erfreulichen Umstand besonders anspruchsvoll: die hohe Grünstromquote. Sie spiegelt eine Erfolgsgeschichte in Sachen Nachhaltigkeit wider. Denn die Grünstromquote im Avacon-Netz beträgt sagenhafte 230 %. Das bedeutet, dass ins Netz des Helmstedter Unternehmens mehr erneuerbare Energien eingespeist werden, als insgesamt verbraucht wird. „Die Netze dahingehend fit und widerstandsfähig zu machen, ist eine große Aufgabe“, sagt Daniel Plötz.

Partner für die Kommunale Wärmeplanung 

Das Avacon-Unternehmen „Wärmeschmiede“ ist ein wichtiger Partner der Kommunen, wenn es darum geht, eine Kommunale Wärmeplanung zu erstellen. Hierzu sind die Kommunen gesetzlich verpflichtet. Im Landkreis Helmstedt gewinnt der Prozess beispielsweise in der Samtgemeinde Heeseberg in diesen Tagen an Fahrt. Frühzeitig werden alle in die Wärmeplanung zu involvierenden Akteure informiert. Im nächsten Schritt steht die Beschaffung aller relevanten Daten im Fokus. Hier werden alle Interessengruppen angesprochen und in den Prozess eingebunden, beispielsweise die Betreiber von Biogasanlagen, Photovoltaik und Windparks. Die mithilfe aller Daten erstellte Bestands- und Potenzialanalyse dient dann als Grundlage zur Erarbeitung der Zielszenarien für die Samtgemeinde.

Nachhaltigkeit bei Avacon: Windparks können in die Kommunale Wärmeplanung integriert werden. Avacon
Windparks können in die Kommunale Wärmeplanung integriert werden.

Klimafreundliche Wärme für Salzgitter – unter Avacon-Beteiligung

In Salzgitter gibt es schon einen Plan, um die Wärmeversorgung der Stadt in eine klimaneutrale Zukunft zu führen. Gemeinsam wollen die Stadt Salzgitter, der lokale Energieversorger WEVG, die Salzgitter AG und die Avacon AG die bereits bestehende Fernwärmeversorgung noch klimafreundlicher gestalten.

Bereits seit 60 Jahren wird die Abwärme aus dem Hüttenwerk der Salzgitter AG genutzt, um Wohn- und Geschäftsgebäude in Salzgitter zu beheizen und mit Warmwasser zu versorgen. Diese bereits jetzt umweltschonende Energie wird im Laufe der bereits begonnenen Transformation des Hüttenwerks zunehmend von industrieller Abwärme der neuen Produktionsanlagen ersetzt werden.

Bis 2033 baut die Salzgitter AG den Standort um zu einer grünen Stahlproduktion. So wird auch die Versorgung der Stadt mit klimaneutraler Fernwärme sichergestellt und zusätzlich ein weiterer Ausbau möglich.

Bei der Vorstellung der Pläne im Herbst 2023 sagte Rainer Schmittdiel, Vorstandsmitglied der Avacon AG: „Mit der energiewirtschaftlich optimalen Nutzung von klimaneutral erzeugter, industrieller Abwärme stellen wir hier in Salzgitter gemeinsam die Weichen für die Umsetzung der Klimawende in der Region. Hier entsteht ein Leuchtturmprojekt für die kommunale Wärmewende in Norddeutschland – und darüber hinaus.“ 

Ökologisch bewirtschaftete Trassen für mehr Biodiversität

Ökologisches Trassenmanagement, kurz ÖTM, ist ein weiteres Nachhaltigkeitsthema, dem sich die Fachleute bei Avacon angenommen haben. ÖTM bedeutet Pflege der Stromleitungstrassen unter besonderer Berücksichtigung von Naturschutz und Landschaftspflege. Dabei steht nicht mehr nur die Freihaltung der Stromtrassen durch Rückschnitt zu hoher Vegetation im Vordergrund. Vielmehr sollen wertvolle Lebensräume für Tiere und Pflanzen erhalten und gezielt entwickelt werden.

Nachhaltigkeit bei Avacon: Ökologisches Trassenmanagement als Beispiel Avacon
Dank ökologischem Trassenmanagement entstehen an Stromtrassen Lebensräume für Tiere und Pflanzen.

Umweltschützer mit Herzblut

„In relativ kurzer Zeit wurde Nachhaltigkeit in unsere DNA überführt“, resümiert Daniel Plötz. Das gilt für das Unternehmen und die Mitarbeiter gleichermaßen. Die Teams engagieren sich nicht nur bei Teamtagen in sozialen Projekten und gehen Naturschutzaktivitäten nach. Viele Mitarbeiter nutzen auch ihre Freizeit sinnvoll, beispielsweise bei der Rettung von Rehkitzen vor dem Mähdrescher. „Die Kollegen sind mit Herzblut dabei“, freut sich der Nachhaltigkeitsmanager.

Aber er hat noch etwas draufzusetzen. „Wir haben eine Roadmap, in der wir immer wieder Fokusthemen setzen“, schließt Daniel Plötz. Der Nachhaltigkeitsbericht 2024 der Avacon ist jedenfalls 146 Seiten stark und deckt alle nur denkbaren Dimensionen nachhaltigen Handelns ab. Eine empfehlenswerte Lektüre für alle, die echte Inspiration in Sachen Nachhaltigkeit suchen.