• Wirtschaft & Forschung
  • Unternehmen
  • Freundliche Übernahme bei Schild Konzept
Ein Mann für die Unternehmensnachfolge neben einem Firmenschild. Meike Buck Ein Mann für die Unternehmensnachfolge neben einem Firmenschild. Meike Buck Ein Mann für die Unternehmensnachfolge neben einem Firmenschild. Meike Buck Ein Mann für die Unternehmensnachfolge neben einem Firmenschild. Meike Buck Ein Mann für die Unternehmensnachfolge neben einem Firmenschild. Meike Buck Ein Mann für die Unternehmensnachfolge neben einem Firmenschild. Meike Buck Ein Mann für die Unternehmensnachfolge neben einem Firmenschild. Meike Buck Ein Mann für die Unternehmensnachfolge neben einem Firmenschild. Meike Buck

Freundliche Übernahme bei Schild Konzept

Im April 2022 übernahm Alexander Bialas im Rahmen einer Unternehmensnachfolge die Schild Konzept GmbH in Denkte im Landkreis Wolfenbüttel. Damit erfüllte er sich seinen lang gehegten Traum vom eigenen Unternehmen. Bewusst entschied er sich gegen die Gründung eines neuen Geschäfts und für die Übernahme eines etablierten Unternehmens – bereut hat er seine Entscheidung nicht.

Unternehmensnachfolge: Ein lang gehegter Traum

Dass Alexander Bialas einmal sein eigenes Unternehmen führen möchte, war ihm schon früh klar. Bereits während der Schulzeit in Braunschweig betrieb er einen Musikladen im elterlichen Haus, er kaufte und verkaufte Musikinstrumente – da verwundert es nicht, dass auch heute in seinem Büro ein Klavier steht. Auch sein Talent zum Organisieren entdeckte er in der Jugend- und Kolpingarbeit.

Doch zunächst studierte Bialas Wirtschaftsjura in Wolfenbüttel und blieb nach einem Praktikum in der Zentrale der TUI in Hannover 18 Jahre „dort hängen“, wie er sagt. Bei TUI  baute er seine eigene Abteilung auf, die sich mit der Digitalisierung, dem Wandel von offline zu online und dem Schutz von Marken beschäftigte. Als Abteilungsleiter war Alexander Bialas‘ Aufgabe eine Mischung aus IT, Recht, BWL, Personalführung und Organisation. Doch damit nicht genug – „nebenbei“ machte er seinen Master of Business Administration und baute eine Consultingfirma auf, mit der er Unternehmen beriet. „Ich wollte mich immer weiterentwickeln und mich auch in meiner Freizeit fortbilden“, beschreibt er seine Motivation. Selbstständiges Arbeiten und unternehmerisches Denken waren ihm also schon lange vertraut und so blieb der Traum vom eigenen Unternehmen immer im Kopf lebendig.

„Ich wollte mich immer weiterentwickeln."

Alexander Bialas

Vom ersten Kontakt bis zur Übergabe

Vor einigen Jahren wandte sich Alexander Bialas daher an den Bereich Unternehmensnachfolge der Allianz für die Region GmbH, die eine Vermittlung von Menschen, die sich für eine Übernahme interessieren und Unternehmern, die ihr Geschäft abgeben möchten, bietet. Sie vermittelte dann den Kontakt zum Ehepaar Klußmann, die Gründer des Unternehmens Schild Konzept in Denkte. Seit 25 Jahren werden hier Schilder und Leitsysteme etwa für Hotels, Seniorenheime, Kommunen, Industrie und Bildungseinrichtungen entworfen und gefertigt.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in ganz Deutschland unterwegs, um die Spezialanfertigungen zu montieren. Auch wenn Alexander Bialas von Anfang an ein gutes Gefühl hatte, war vorher viel zu klären: Details zum Unternehmen, Zahlen, passen die Vorstellungen der jetzigen Eigentümer mit denen des Übernehmenden zusammen. Anfangs gab es zwei Gespräche, bei denen auch die Allianz für die Region anwesend war, in die Verhandlungen selbst war sie nicht mehr eingebunden, sie versteht sich als Vermittler zum Knüpfen von Kontakten.

Dass mit dem Verhandeln der Übergabemodalitäten bei dieser Unternehmensnachfolge nur eine einzige Anwaltskanzlei beauftragt wurde, ist symbolisch für den guten Übergabeprozess – eineinhalb Jahre dauerte es, bis Schild Konzept schließlich in neue Hände kam. Das war nicht nur für Alexander Bialas ein großer Schritt. „Man übernimmt ja nicht nur eine Firma, die Gründer haben viel Arbeit und Kraft und Herzblut hineingesteckt, sie ist ein Teil ihres Lebens, wie ein Kind, das man abgibt.“

Fragen, die Mut und Ehrlichkeit verlangen

Ob Gründen oder Übernehmen, zunächst seien die Fragen die gleichen, meint Alexander Bialas. „Warum will ich es, passen meine Qualifikationen, will ich die Verantwortung tragen – rund um die Uhr, sieben Tage die Woche?“ Das sei viel Beschäftigung mit sich selbst, die Mut und vor allem Ehrlichkeit verlange, je nach Charakter seien auch Gespräche mit Familie und Freunden oder auch ein Coaching oder Training sinnvoll. „Als Manager managet man fremde Leute und fremdes Kapital, als Unternehmer eigene Leute und eigenes Kapital.“ Das spürt auch Alexander Bialas, die Verantwortung endet nicht abends am Werktor.

Und nicht zuletzt muss die Familie die mitunter großen Veränderungen auch mittragen. Sein Rat dazu: „Jeder sollte Lösungen und Wege kennen, um abzuschalten und die mentale und körperliche Kraft herzustellen und zu erhalten. Das können ganz individuelle und eigene Instrumente sein, Ausflüge mit der Familie, Musik, Sport…“ Die Kündigung war auch für Alexander Bialas kein leichter Schritt, „aber ich bin nicht von einem Job weggegangen, sondern zu etwas Neuem hin“, beschreibt er. „Und wenn nicht jetzt – wann dann?“ Bei ihm beeinflusste auch die Rückkehr in seine Heimatregion die Entscheidung. Hier sei er emotional immer verwurzelt geblieben.

„Ich bin nicht von einem Job weggegangen, sondern zu etwas Neuem hin.“

Alexander Bialas

Übernehmen oder Gründen?

Natürlich denke man bei einem eigenen Unternehmen zuerst an die Gründung, gibt Alexander Bialas zu, das sei auch bei ihm nicht anders gewesen. Doch mit der Zeit – und dem Alter – sei die Übernahme eines bestehenden Unternehmens immer mehr in den Fokus gerückt. Schließlich sei es aber auch typabhängig, man übernehme die Infrastruktur, die Geschäftseinrichtung, das Personal. „Der eine kauft lieber ein gebrauchtes Auto, der andere braucht immer ein neues“, vergleicht er.

Knapp 30 Mitarbeitende führt Alexander Bialas jetzt – darunter auch das Ehepaar Klußmann. Dass die beiden Unternehmensgründer weiterhin mitarbeiten, sei zwar ungewöhnlich, würde aber hervorragend funktionieren. Frank Klußmann hat gelernt, Schilder herzustellen, zu beraten und zu verkaufen. Bialas‘ Schwerpunkt würde eher auf dem Management liegen, so dass er viel von den Erfahrungen seines Vorgängers profitieren würde. Auf der anderen Seite würden die Unternehmensgründer die Notwendigkeit zur Veränderung sehen und mittragen. So versuche er, nach der Unternehmensnachfolge den Manufakturcharakter des Unternehmens zu bewahren, aber auch Neues einzuführen wie eine verstärkte Digitalisierung und Regionalisierung, die Präsenz in sozialen Medien oder einen Online-Shop. Es sei ein langer Prozess, bis man das Unternehmen als etwas „Eigenes“ betrachte, auch nach einem Jahr sei er immer noch in einer Phase des Aneinandergewöhnens.

Die Produktion bei Schild Konzept Meike Buck
"Gläserne Produktion": Die Schilder-Fertigung.

Kontakte knüpfen und Netzwerke aufbauen

Den Kontakt zur Allianz für die Region hält Alexander Bialas weiterhin, da er von dem Angebot und dem Konzept überzeugt ist. Neben der bestehenden Vermittlung im regionalen Unternehmerpool gibt es auch die Idee, ein Netzwerk von „Unternehmensübernehmern“ aufzubauen, um sich auszutauschen. „Solche Stammtische könnten auch Informationsabende sein für Interessierte, die von den Erfahrungen der Unternehmer profitieren würden“, überlegt er. Auch eine Checkliste, was bei einer Unternmehmensnachfolge zu bedenken ist und Materialen wie eine Liste möglicher Anwaltskanzleien für die Verhandlungen fände er sinnvoll. Letztendlich sei jedoch jeder Übergabeprozess anders. Das Ehepaar Klußmann und er entschieden sich dafür, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereits ein halbes Jahr vor der geplanten Übernahme zu informieren, sie führten die Jahresgespräche gemeinsam, telefonierten und sahen sich regelmäßig in der Zeit.

Bialas hatte Respekt vor dem, was die beiden geschaffen hatten und versuchte zu verstehen, warum das Unternehmen so erfolgreich war. Bereut habe er den Schritt vom Angestellten zum Unternehmer auch ein Jahr nach der Unternehmensnachfolge nicht, sagt er, auch wenn die Frage nach einem Zeitpunkt für ein Fazit schwer zu beantworten sei. „Man muss sich von manchen Ansprüchen auch an sich selbst befreien und einen Spagat finden zwischen positiver Anspannung und Gelassenheit.“