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Header image susanne HUEBNER Zwei Paare stehen jeweils seitlich von einem Firmenbild susanne HUEBNER

Der „Matchmaker“ - Unternehmensnachfolge in der Region

Thomas Kausch ist der „Matchmaker“, wenn es in der Region Braunschweig-Wolfsburg um das Thema Unternehmensnachfolge geht. Im Auftrag der Allianz für die Region GmbH bringt er seit über zehn Jahren Übergebende und potenzielle Nachfolgeinteressierte zueinander. Ein wichtiges Instrument ist dabei der Regionalpool, eine Art Partnerbörse für die Unternehmensnachfolge. Diese Plattform soll nun für die die Entwicklung eines Netzwerks genutzt werden, damit der Region auch weiterhin Fachkräfte, Investitionen und Arbeitsplätze erhalten bleiben.

Unternehmensnachfolge? Klingt nach einem sperrigen Thema, ähnlich wie Erben oder Steuerrecht. Dass es aber ein unterschätztes und sehr wichtiges Zukunftsfeld ist, wird schnell jedem klar, der Thomas Kausch zuhört.

Momentan gebe es in der Region Braunschweig-Wolfsburg nämlich etwa 500 kleine und mittelständische Unternehmen mit bis zu 50, 60 Mitarbeitern, die vor einer Unternehmensübergabe stehen, so Kausch. Und rund 250 davon benötigten eine familienexterne Lösung. 

Im Trend: Selbständigkeit als Chance

Die Babyboomer gehen jetzt in den Ruhestand. Doch es ist nicht nur die Demografie, die den Betrieben zunehmend zu schaffen macht. „Etwa seit der Jahrtausendwende gibt es in den jüngeren Generationen einen gewissen Trend zur beruflichen Selbstverwirklichung“, bemerkt Kausch. Und der beinhalte oft eben nicht die Weiterführung des elterlichen Unternehmens oder Geschäftes, sondern einen gänzlich individuellen Weg.   

  

So läuft eine Unternehmensnachfolge ab

Kausch nennt ein Beispiel aus dem Handwerk: „1990 wollten 18 von 20 Schüler aus den Meisterklassen im Handwerk einen eigenen Betrieb gründen oder den elterlichen übernehmen. Heute ist es nur noch etwa einer von 20. Die wollen als Meister in ein Anstellungsverhältnis“, sagt Kausch. Diese Einstellung, nicht mehr „selbst und ständig“ arbeiten zu wollen, wie es sich als Unternehmer ja oft ergibt, sei heute viel präsenter. 

Die Allianz für die Region erkannte dieses Problem schon früh. Das Thema Unternehmensnachfolge wurde als ein wichtiges Zukunftsfeld identifiziert. „Wir sind ein Dinosaurier unter den Handlungsfeldern der Allianz für die Region“, sagt Kausch, seit 2010 wird das Thema hier lösungsorientiert bearbeitet.

Der Regionalpool: Partnerbörse für Unternehmensnachfolge

„Am Anfang war der Auftrag, das Thema Unternehmensnachfolge anzugehen. Und vor mir hatte ich erstmal nur ein weißes Blatt Papier“, erinnert sich Kausch und lacht.
Mittlerweile ist das von Kausch entwickelte Projekt Unternehmensnachfolge mit einem Regionalpool fast einzigartig in Deutschland und wird inzwischen auch von anderen Regionen aufgegriffen.

Die Funktionsweise klingt zunächst simpel. Übergabebetriebe und Nachfolgeinteressierte geben anonym ihre relevanten Daten, Qualifikationen und Kontakte an Thomas Kausch weiter, der sie wiederum anonymisiert in den Regionalpool, eine Datenbank-Plattform, einpflegt. So entsteht eine Art Partnerbörse – und Thomas Kausch kümmert sich darum, dass möglichst viele „Matches“ gelingen.  

CHRISTIAN BIERWAGEN
Thomas Kausch hat den Bereich Unternehmensnachfolge bei der Allianz für die Region aufgebaut und dank seines enormen Netzwerks und viel Engagement erfolgreich gemacht.

Das Verhältnis von Angebot und Nachfrage hält sich in etwa die Waage. Allerdings sind es nicht selten unterschiedliche Branchen und dementsprechend unterschiedliche Qualifikationen, die dort aufeinandertreffen.

Hier kommen Kauschs Kontakte ins Spiel. Der Wirtschaftsgeograph ist in der Region hervorragend vernetzt - das hilft Vertrauen zu schaffen und schnelle Lösungen zu finden. In den Wirtschaftsförderungen der Kommunen und Landkreise sowie den Industrie- und Handwerkskammern und auch im Arbeitgeberverband ist er bekannt und ein gefragter Gesprächspartner. „Auf diesem Gebiet bin ich eine One-Man-Show in der Region“, scherzt er.   

„Ich habe da eine gewisse Helikopter-Funktion.“

Thomas Kausch über seine Rolle bei den Übergabegesprächen.

Thomas Kausch beschreibt den Ablauf der Übernahmegespräche so: „Ich kümmere mich um ein Erstgespräch, das ist dann ein Blind Date für beide Parteien. Mit mir als Moderator.“ Das trägt dazu bei, die Atmosphäre im ersten Gespräch zu entkrampfen, welches ja hauptsächlich dem gegenseitigen Kennenlernen dienen soll.

„Ich habe beim Nachfolgeprozess eine gewisse Helikopter-Funktion und springe auch mal ein, um das Gespräch in Gang zu bringen, wichtige Themen anzusprechen oder andere zu umschiffen, auf die es beim ersten Treffen noch gar nicht ankommt.“ Ein Businessplan und die Unternehmensbilanzen müssen zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorgelegt werden.

Kausch berät beide Parteien separat, neutral – und, was sehr wichtig ist: völlig vertraulich. „Es gibt hier einen hohen Diskretionsbedarf, von beiden Seiten. Das respektiere ich.“ Von den Übernahmewilligen seien schließlich rund 99% in einem Beschäftigungsverhältnis.

Zwei Paare stehen jeweils seitlich von einem Firmenbild susanne HUEBNER
Das Lebenswerk der einen, welches von anderen in eine gute Zukunft geführt wird. So sieht eine optimale Unternehmensnachfolge aus.

Über 50 erfolgreiche Betriebsübergaben

Mit diesem Vorgehen sind die Allianz für die Region und Thomas Kausch erfolgreich: Seit 2012/13 konnte so die Übergabe von über 50 Betrieben mit mehr als 900 Mitarbeitenden begleitet und organisiert werden. „Unser Ziel ist“, so Kausch, „diesen Prozess für fünf bis sechs Betriebe im Jahr zu durchlaufen.“

Einer dieser Betriebe, die den Wandel mithilfe der Allianz für die Region gemeistert haben, ist Pachel Karosseriebau in Goslar. „Ein gut laufender Kfz-Betrieb, den der ausscheidende Inhaber durch unsere Vermittlung erfolgreich an einen Kfz-Meister aus der Region übergeben hat. Die beiden Parteien verstehen sich bis heute sehr gut und der Betrieb läuft seit 2018 erfolgreich weiter“, berichtet Kausch.   

 

„Manchmal ist es nicht Liebe auf den ersten Blick.“

Thomas Kausch

Bei der Firma Schild Konzept bei Wolfenbüttel dauerte es etwas länger und brauchte mehrere Versuche. „Es war hier nicht Liebe auf den ersten Blick“, sagt Thomas Kausch und erzählt, dass es ein paar Jahre gebraucht hat, bis ein Nachfolger gefunden wurde, bei dem die Chemie stimmte.

Susanne Hübner
Staffelstabübergabe bei Schild Konzept in Wolfenbüttel (v.l): Neu-Geschäftsführer Alexander Bialas, der bisherige Eigentümer Frank Klußmann und Vermittler Thomas Kausch.

Das neue Projekt: Selbständigkeit durch Unternehmensnachfolge"

Das ergänzende Projekt Selbständigkeit durch Unternehmensnachfolge setzt genau an diesem Punkt an – und an dem eingangs erwähnten Trend zur Selbstverwirklichung in den jungen Generationen. Zu den Schwerpunkten des Projektes gehört neben der Gewinnung von potenziellen Nachfolgeinteressierten besonders die Ansprache von Frauen und die praxisbezogene Unterstützung durch verschiedene Austauschformate.

Viel ist derzeit von Innovation, Gründergeist und Start-ups die Rede, auch bei uns in der Region. Genau vor diesem Hintergrund kann die Unternehmensnachfolge eine wunderbare und erfüllende Art der Selbstständigkeit sein. „Es gibt bereits einen Betrieb, es gibt ein Produkt, es gibt die Kunden und ein bestehendes Team gibt es auch schon. Es kann eine sehr reizvolle Aufgabe sein, eine Firma in die Zukunft zu führen“, bekräftigt Thomas Kausch. Zu sehen, dass das eigene Lebenswerk auch in Zukunft Bestand hat, kann sehr erfüllend sein.

Große Bedeutung für die regionale Wirtschaft

Aufgrund demografischer Entwicklungen bleibt die Herausforderung der Unternehmensnachfolge bestehen: „Ständig müssen etwa 3% der Betriebe übergeben werden. Das gilt sowohl für das Bundesgebiet als auch für unsere Region“, rechnet Kausch vor.

Zusätzlich zum Regionalpool soll deshalb der Netzwerkgedanke noch weiter ausgebaut werden. „Es ist unser Ziel, die Attraktivität der Region noch sichtbarer zu machen“, beschreibt Thomas Kausch. Die Unternehmensnachfolge soll dabei als ein sehr wichtiger Baustein für die langfristige wirtschaftliche Entwicklung in dieser Region kommuniziert werden.

„Wir leisten einen Beitrag zum Transformationsprozess.“

Thomas Kausch

Die Unternehmensübergabe an sich ist ein komplexer Prozess, der an vielen Stellen scheitern kann. „Wir erhöhen die Chancen dafür, dass er erfolgreich abgeschlossen wird“, sagt Kausch. So bleiben Fachkräfte und Investitionen in der Region, können Arbeitsplätze erhalten werden und die Transformation der Wirtschaft und Industrie wird fortgesetzt, wenn an die jüngere Generation übergeben wird.