Wenn ich ankündige, zum Einkaufen auf den Hof nach Isenbüttel fahren zu wollen, dann sind meine Kinder immer etwas begeisterter als sonst. Schließlich gibt es auf dem Hof auch gleich immer ein wenig mehr zu entdecken: Schweine, Hühner, Kaninchen, Pferde und ein paar Spielgeräte, auf denen sich wunderbar die Zeit vertreiben lässt.
Erleben, wo unser Essen herkommt:
Der Hof e.V. in Isenbüttel
350 Hühner und jede Menge Weihnachtsgänse
Heute komme ich mit Geschäftsführer Roland Bursian ins Gespräch. „Die Menschen sollen hier ein Ambiente finden, in dem es Spaß macht, einzukaufen“, erzählt mir Bursian. „Und sie sollen sehen, wo die Produkte herkommen, also anders als im Supermarkt.“
So leben auf dem Hof in Isenbüttel insgesamt 50 Schweine, 350 Hühner und gut 20 Pferde. „Bis vor Weihnachten waren es auch noch 130 Gänse und Enten“ schmunzelt Bursian. Das Besondere: Alle Tiere werden nach den zertifizierten Bioland-Standards gehalten.
Obst und Gemüse nach Bioland-Standards
Bioland - das gilt auch für das Gemüse und Obst, das auf 50 Hektar in der Region rund um Isenbüttel angebaut wird. Davon befinden sich drei Hektar in unmittelbarer Nähe des Hofes. „Wir bauen Tomaten, Äpfel, Gurken, Fenchel, Rote Bete, Zucchini, Salat und weiteres bei uns an. Wir verkaufen das Gemüse bei uns im Hofladen oder auf den Wochenmärkten in Gifhorn, Isenbüttel und Meine. Ist ein Stück Obst oder Gemüse nicht ganz makellos, so verwerten wir es, indem wir zum Beispiel einen süßen oder herzhaften Brotaufstrich oder ein besonderes Pesto daraus machen. Wir möchten nachhaltig arbeiten und, so gut es geht, alles verwerten“ erklärt Bursian.
Wohn- und Arbeitsort für Menschen mit Behinderung
Das Besondere am Hof ist zudem seine heilpädagogische Ausrichtung. Insgesamt 25 Menschen mit Handicap arbeiten hier auf dem Hof, 16 davon leben sogar hier. Das geht nur mit viel Fachpersonal, weshalb neben Bursian mehrere Pädagogen, Erzieher, Landwirte mit pädagogischer Zusatzausbildung, ein Koch, Hauswirtschafterin, Personen für Fahrdienst, Verkäufer sowie Reittherapeuten arbeiten. Gegründet wurde der Hof e.V. im Jahr vor 30 Jahren auf Initiative einiger Eltern, die Kinder mit einer Behinderung hatten. 1999 konnte dann der Hof eröffnet werden.
Auch im Winter ist viel zu tun
„Ihr Ziel war es, die Kinder in einen landwirtschaftlichen Beruf zu integrieren. Somit haben wir nicht nur den umweltpädagogischen Auftrag durch unser Bioland-Siegel, sondern gleichzeitig einen ganz wichtigen pädagogischen Auftrag zur Inklusion“, berichtet mir Bursian. Die hier lebenden Menschen leben hier ihren Arbeitsalltag, in dem sie sich um den Anbau ebenso kümmern wie um die zahlreichen Tiere. „Im Sommer haben wir unser großes Hoffest und den Obst- und Gemüseanbau. Im Winter ist jedoch nicht weniger zu tun, denn die Tierhaltung beansprucht das ganze Jahr über viel Zeit, sodass garantiert keine Langeweile aufkommt. Zusätzlich gibt es dann besondere Projekte, in diesem Jahr bauen die Bewohnerinnen und Bewohner etwa einen Folientunnel für das Obst und Gemüse, beispielsweise Spinat. Alles in allem geht es uns um das Bewusstsein, dass Menschen mit Behinderung hier ganz normal arbeiten.“
Hübsches Hofcafé mit Kuchen für die ganze Familie
In den letzten Jahren hat der Hof auch für Besucherinnen und Besucher sein Gesicht deutlich verändert, das weiß ich aus eigener Erfahrung, wenn ich regelmäßig zum Eierkaufen herkomme. Der Hofladen wurde vergrößert und bietet neben dem selbstangebauten Obst, Gemüse und dem Fleisch der hier gehaltenen Schweine noch weitere leckere Bio-Produkte. Das Hofcafé wurde ebenfalls erweitert und ist vor allem am Wochenende immer sehr gut besucht. Kein Wunder, denn der Kuchen ist sehr schmackhaft und direkt vorm Café bieten einige Spielgeräte auch Freude und Abwechslung für die kleinen Gäste, sodass die ganze Familie zufrieden ist.
Kindergeburtstage auf dem Hof feiern und viel lernen
A propos kleine Gäste: diese können ihren Kindergeburtstag auf dem Hof feiern. Etwa 60 Kindergeburtstage gab es im vergangenen Jahr. „Die Kinder dürfen dann selber Eier aus den Nestern sammeln und daraus werden dann z.B. gemeinsam mit den Bewohnerinnen und Bewohnern Waffeln gebacken. Die Erfahrung, dass ein Ei noch ganz warm ist, wenn es frisch gelegt wurde, ist für viele Kinder ganz neu.“ Auch hier sei das Ziel, klarzumachen, dass alles was wir Menschen essen, irgendwo herkommt.
Beliebter Ausflugsort für Schulklassen
Das lernen auch die zahlreichen Schulklassen, die dem Hof einen Besuch abstatten und zum einen die gelebte Inklusion kennenlernen und zum anderen einen interessanten Blick hinter die Kulissen der Landwirtschaft erleben dürfen, Schweinefüttern inklusive. All die Aktivitäten und Projekte des Hofes sind mehr und mehr in der Region verankert. So gab es bereits Arbeitseinsätze des VW Betriebsrats hier auf dem Hof und auch ein Teil der VW Belegschaftsspende ging nach Isenbüttel, woraus das bereits erwähnte Folientunnel-Projekt mitfinanziert werden konnte.
Mit Solidarität gegen den großen Hühnerklau
Dass die Hilfsbereitschaft groß ist, zeigte sich im letzten Jahr. Über Nacht wurden 50 Hühner des Hofs gestohlen. Alle Kundinnen und Kunden wurden dazu aufgerufen, einen kleinen Betrag zu spenden und bereits nach wenigen Wochen war der Schaden zumindest finanziell behoben. Eins ist klar: Nach meinem Gespräch mit Roland Bursian werde ich sicher nicht aufhören, meine Eier hier zu kaufen. Und auch für die Kinder war der Ausflug richtig spannend. Denn wie oft sieht man heute noch Schweine, die im Dreck wühlen können und dabei so richtig zufrieden aussehen?