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Kräuterwanderung, Gisela Stöckmann, Wilde Möhre Verena Sohns

Sommerliche Kräuterwanderung mit Gisela Stöckmann
Wissen sammeln in der Natur

Wer sich für Kräuter und ihre Wirkung interessiert und gerne in der Natur unterwegs ist, dem sei die Teilnahme an einer Kräuterwanderung empfohlen. Verena Sohns hat gemeinsam mit anderen Wissensdurstigen einer Kräuterfrau über die Schulter geschaut und teilt hier die neuen Erkenntnisse.

„Am Bahndamm steht ein Sauerampfer“, so beginnt ein kurzes Spaß-Gedicht von Heinz Ehrhardt. Nicht direkt am Bahndamm, aber doch nahe bei den Gleisen am Waldforum Riddagshausen stehen 26 Leute im Kreis um eine fröhliche Frau mit langem Zopf. Auf ihre Frage „Wer kennt mich denn schon?“, gehen einige Finger hoch. Kein Wunder, denn schon seit mehreren Jahren bietet Gisela Stöckmann Kräuterwanderungen und Vorträge in der Region an.

Die Sache mit den Brennnessel-Blüten

Pünktlich um 15 Uhr geht es los. „Dieses Kraut kennen Sie alle“, eröffnet die Naturpädagogin und hält einen Stängel hoch. Natürlich kennen alle die Brennnessel, aber schon bei der Frage, ob es sich um ein weibliches oder männliches Exemplar handelt, beginnt die Unsicherheit. „Die männlichen Pflanzen haben die Blüten, die weiblichen die hängenden Fruchtstände. Pflanzen mit so kleinen unauffälligen Blüten werden zumeist durch den Wind bestäubt. Pflanzen mit bunten Blüten sind auf Insekten angewiesen, die müssen Werbung machen“, erklärt Stöckmann.

Dann wandert ein zweites Kraut mit unscheinbaren Blüten von Hand zu Hand. „Das ist Glaskraut. Damit hat man früher Gläser sauber gemacht“.

Bekanntschaft mit der Vorfahrin der Gartenmöhre 

Ein paar Schritte weiter auf dem Vorplatz findet sich eine hohe, aber schon verblühte Pflanze, die kleine Königskerze, auch Wollkraut genannt. „Sie wurde früher als Fackel verwendet, dafür tauchte man die Stängel in Pech ein. Es ist aber auch eine gute Heilpflanze bei Husten. Wenn Sie das Wollkraut im Garten haben wollen, nehmen Sie sich ein paar Samen mit“.

Gleich daneben weckt ein zierlicher Doldenblütler, die wilde Möhre, das Interesse der Gruppe. Stöckmann hält eine Blüte hoch: „Das ist eine Scheinblüte, die kann man essen, geschmacklich zwischen Petersilie und Möhre“.

Kräuterwanderung, Wilde Möhre Verena Sohns
Blüte der Wilden Möhre.

Gerade in der Pflanzengruppe der Doldenblütler gibt es auch einige giftige Vertreter, da gilt es genau hinzuschauen. „Eine Eselbrücke, um sich die Wilde Möhre zu merken, ist das Ballettröckchen“, erklärt sie und zeigt auf ein paar nach unten abstehende Hüllblättchen.  „Und, sehen Sie den schwarzen Punkt?“ Da muss man schon sehr sehr genau hinschauen – und tatsächlich, in der Mitte der Blütendolde fällt eine dunkle Einzelblüte auf, Mohrenblüte genannt, die Insekten anlocken soll.

Aufpassen beim Sammeln von essbaren Früchten 

Es ist heiß an diesem Samstag im August und die Gruppe wechselt durch die Maueröffnung in den Park. Hier lenkt Stöckmann den Blick auf einen kleinen Baum, der gerade zahlreiche rote Früchte trägt. Die Früchte der Kornelkirsche sind essbar und schmecken gut in Marmelade. „In Süddeutschland heißt sie auch Dirndl-Marmelade“, erzählt Stöckmann und schmunzelt, als einige Teilnehmer nach der Kostprobe zunächst das Gesicht verziehen. So pur schmecken die ovalen Früchte doch recht herb-säuerlich. „Und bitte beim Aufsammeln am Boden nicht mit den Beeren des Ahornstabs verwechseln, der hier ebenfalls wächst! Die sind giftig.“

Ein anderes Kraut mit leuchtend gelben Blüten ist vielen dagegen bekannt. Aus den Blüten des Johanniskrauts kann man ein Massage- und Heilöl herstellen. Dafür werden die Blüten mit einem Öl, zum Beispiel Olivenöl, übergossen. „Achten Sie immer auf ein langes Haltbarkeitsdatum bei dem Öl, ansonsten suchen Sie sich eins nach persönlicher Vorliebe aus“, so der Tipp der Kräuterfrau.

Zumindest auf Entfernung sieht das Jakobs-Greiskraut, ebenfalls mit gelben Blüten, doch recht ähnlich aus.  Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer merken, man sollte sich beim Umgang mit Kräutern gut auskennen oder sich auf Fachkundige verlassen. Bei dieser Pflanze sind alle Teile giftig, daher sollten diese Blüten natürlich nicht in der Teemischung oder im Massageöl landen.

Schönes Wetter lockt in die Natur 

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer lauschen interessiert, bei jeder neuen Pflanze werden zahlreiche Handys gezückt. „Wo kann man denn in der Stadt überhaupt sammeln?“, ist eine vieldiskutierte Frage.  Wasserschutzgebiete sind günstig, so der Tipp der Kräuterfrau. In diesen Gebieten wird weniger oder gar nicht gespritzt. Viele Obst- und Gemüsesorten, die wir im Supermarkt kaufen, sind allerdings auch mit Pestiziden behandelt, gibt sie zu bedenken. „Immer gut ist natürlich der eigene Hausgarten.“

Vom Park geht es über die Bahngleise auf die Wiese. Es klappt natürlich nicht, dass die ganze Gruppe geschlossen die Schranken passiert - der Zug ist schneller. So bleibt den Wartenden Zeit sich auszutauschen. „Die Frühjahrswanderung habe ich auch mitgemacht“, erzählt Teilnehmerin Petra. „Ich beschäftige mich schon lange mit Kräutern und möchte hier die Pflanzen bewusst wahrnehmen und probieren“. Eine andere Teilnehmerin lockte bei dem schönen Wetter besonders die Runde in der Natur. „Ins Anton-Ulrich kann man ja immer gehen“, findet sie.

Notfallkräuter von der Wiese

Zwar ist es im Schatten an diesem Sommertag immer noch gut auszuhalten, aber mittlerweile zeigen sich auf vielen der Hautstellen der leicht bekleideten Kräuterinterssierten rote Stellen. Auf der Wiese gibt Stöckmann gleich einen Tipp gegen das Jucken der lästigen Mückenstiche. „Der Spitzwegerich hilft gut. Einfach ein paar Blätter zerdrücken und den Saft oder den Pflanzenbrei auf die Stelle drücken“. In der Volksmedizin zählt der Spitzwegerich zu den Notfallkräutern.

Auf der Wiese weist Stöckmann auf die stattliche Kohldistel hin. Im Frühjahr erscheint zunächst die Blattrosette. Der Blütenkorbboden soll recht schmackhaft sein - aber man muss ja nicht alles ausprobieren.

Eine hübsche auffällige Pflanze mit ihren leuchtend gelben Rispen ist die Goldrute. „Auch eine gute Heilpflanze bei Harnwegsinfekten“, weiß Stöckmann. „Aber in Schrebergärten strengstens verboten“, wirft eine Teilnehmerin ein. Tatsächlich ist die große aus Nordamerika stammende Pflanze als konkurrenzstarker Neophyt nicht bei allen beliebt.

Erfrischender Tee mit Wasserminze zum Abschied 

Gleich nebenan steht das nächste interessante Kraut und allmählich schwirrt wohl einigen der Kopf. Gute Gelegenheit für eine kleine Pause. An der Wabe bleibt Stöckmann stehen und holt eine Thermoskanne und kleine Becher aus dem Rucksack. Zunächst pflückt die Kräuterfrau dafür noch einige Stängel Wasser-Minze am Bach und nach kurzer Ziehzeit kann jeder den aromatischen Tee probieren. Um kurz nach fünf Uhr endet der kurzweilige Rundweg.