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Mit dem Rad auf Braunschweiger Landpartie

Vor drei Jahren trieb es mich erstmalig mit dem Fahrrad zur bekannten kulturellen Landpartie ins Wendland. Begeistert von dem kulturellen Angebot, steht die KLP seitdem jährlich in meinem Kalender. Doch auch unsere Region hat tolle Radwege, verschiedene Höfe und historisch bedeutsame Gebäude zu bieten. Weshalb also nicht auch im Braunschweiger Land eine Landpartie einführen? Genau das hat sich auch der Landkreis Wolfenbüttel gedacht und dieses Jahr im April zur ersten Braunschweiger Landpartie zwischen Asse und Elm geladen. Im Auftrag für Die Region ging es daher für mich am Sonntag, den 28. April nach Lucklum, um an einer der geführten Touren des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (Kreisverband Wolfenbüttel), kurz ADFC, teilzunehmen.

Stimmungsvolles Frühlingsfest in historischen Ambiente

Mit Blick auf den Wetterbericht, der den ganzen Sonntag Regen voraussagte, fiel es mir zuerst schwer, mich morgens aus dem Bett zu erheben. Pünktlich zu meiner Ankunft auf dem Rittergut Lucklum kam jedoch plötzlich die Sonne hinter den grauen Wolken hervor und hob auf Anhieb meine Laune. Allen schlechten Wettervorhersagen zum Trotz blieb die Sonne auch dort den restlichen Tag am Himmel und geleitete uns trocken über die Dörfer. Startpunkt der ADFC-Tour und zugleich Highlight der Braunschweiger Landpartie war das „Frühlingsfest“ auf dem Rittergut. Diverse Marktstände der Region boten frisches Gemüse, Pflanzen, Getränke und Kuchen an. Durch Zufall lief ich direkt einem der Initiatoren, Andree Wilhelm vom Landkreis Wolfenbüttel in die Arme und nutze die Chance, mich mit ihm über das Ziel der Veranstaltung auszutauschen. „Unsere Region hat so viel zu bieten, dass es einfach an der Zeit war, diese Orte durch ein Fest wie die Landpartie miteinander zu verbinden. Wir hoffen, dass sich daraus langfristig eine Tradition entwickelt und wir auch die nächsten Jahre wieder gemeinsam mit den Bürgern der Landkreise sowie den Höfen und Gutshäusern ein buntes Programm auf die Beine stellen können.“

Veltheimer Geschichten

Da mein Rad erst vergangenen Mittwoch geklaut wurde, musste ich mir für die Landpartie kurzfristig das Gefährt eines Freundes leihen. Optisch spitze aber leider nicht für Schotterpisten und Steigungen gemacht, ging es für mich daher mit einem Chopper Bike an den Start. Amüsiert, aber auch ein wenig mitleidig versicherten mir meine Mitfahrer, dass wir bei unter 15 km/h bleiben werden – also machbar für mich und meine Möhre. Angeleitet von Erica Neumann vom ADFC Wolfenbüttel, machte sich die Truppe schließlich auf zum ersten Programmpunkt: Schloss Veltheim. Dort warteten bereits andere Landpartie-Besucher, viele mit dem Auto unterwegs, auf die Führung von Heimatpfleger Herbert Wolff. Während „normale“ Besucher nur den Schlosshof besichtigen können, führte Herr Wolff unsere Truppe sogar in den großzügigen Garten, der hinter dem Schloss lang führt. Währenddessen lernten wir allerhand über das Gebäude, seine Historie und Sagen, die sich rund um den Hof und den „Cunterkamp“ – einem Weg durch das Anwesen – drehen. Rund 90 Minuten später und um viele Erkenntnisse reicher, schwang sich unsere Gruppe wieder auf die Räder, um den nächsten Programmpunkt zu erreichen: den Waffelstand der Elm-Kids in Klein Veltheim.

 

Mit Waffeln und Engagement für den Umweltschutz

Über Stock und Stein führte uns der Weg in das übersichtliche Wohngebiet. Schon von Weitem kommt uns der Geruch von Waffeln entgegen – genau das Richtige für eine kurze Pause. Neben Waffeln verkauften die Elm-Kids an ihrem Stand selbstgemachte Upcyclingprodukte wie Bienenwachstücher, Seed Bombs, natürliche Grillanzünder und vieles mehr. Neugierig, was es mit dem Engagement der Kids auf sich hat, fragte ich kurzerhand eine der anwesenden Mütter, was die Elm Kids eigentlich genau machen. „Ein paar unserer Kinder hatten schon lange den Wunsch, sich mit Greenpeace in Kontakt zu setzen, um etwas für den Umweltschutz zu tun. Dort wurde uns erzählt, dass es die Möglichkeit gibt, sogenannte „Greenteams“ zu bilden. Das sind Zusammenschlüsse von Kindern, so eine Art Clubs, in denen gemeinsam Aufklärungsarbeit geleistet und spielerisch nachhaltige Produkte wie Nistkästen oder andere Dinge gebastelt werden, die wir hier heute verkaufen.“ Die Einnahmen der Produkte werden direkt wieder in Projekte für den Umweltschutz reinvestiert – eine tolle Sache! Auch unsere Truppe schlägt fleißig bei Setzlingen und Seed Bombs zu und gönnt sich frische Waffeln mit Puderzucker. Gestärkt und inspiriert von dem Engagement der jungen Elm-Kids, geht es nach einer halben Stunde wieder auf den Sattel – auf zum Abbenroder Mühlencafé.

Heimatgeschichte zum Anfassen

Den E-Bikes im Schneckentempo hinterher, schaffte auch ich es schließlich zum Café, dass laut meiner Mitfahrer regionale Bekanntheit genießt. Nach dem ersten Schnaufen (wirklich – fahrt niemals mit einem Chopper auf Radtour) verstand ich auch warum. Das Café steht auf einem kleinen Hügel und ermöglicht eine fantastische Sicht ins Tal. Liebevoll wurde die alte Mühle daneben zu einer Art kleinem Museum aufgearbeitet. Über dem Café befindet sich zudem seit 2017 die „Heimatstube“ – ein sorgfältig hergerichtetes Sammelsurium an Dingen aus vergangener Zeit. Hier wird uns eine Menge über Traditionen, Alltag und das Leben vergangener Tage erzählt und anschaulich gezeigt. Ein anderer Teil unserer Gruppe hat sich einen der letzten Plätze im voll besetzen Wintergarten des Cafés ergattert und genießt ein Stück des berühmten selbst gebackenen Kuchens des Mühlencafés. Normalerweise finden im Café auch häufig Konzerte und andere kulturelle Veranstaltungen statt. Just an diesem Tage jedoch ist die Stube für eine private Feier geschlossen.

Auf dem Frühlingsmarkt wird fröhlich gesungen. (Video: Inga Stang)

Ein privates Museum im Stall

Nach mittlerweile drei Stunden Tour – zugegeben mit einigen Pausen dazwischen – setzte bei mir allmählig die Sonntagsmüdigkeit wieder ein. Daher ging es für mich zum letzten Programmpunkt, den ich noch mit der Truppe erleben wollte: das kleine Museum im Stall. Das kleine Museum im Stall gehört zu einem Privathaus in Abbenrode. Hans Becker und seine Familie haben den Hof Anfang der Siebziger-Jahre übernommen. Nur die Stallung blieb, wie sie vorgefunden wurde und diente fortan als Museum für allerlei Untensilien aus der frühen Landwirtschaft Abbenrodes. Bis an die Decke stapeln sich hier Geschirr, Sensen, Flaschen, Töpfe und Werkzeuge, die ich noch nie im Leben gesehen habe. Extra für die Landpartie hat Hans Becker die Pforten seines kleinen Museums geöffnet und steht unserer Truppe Frage und Antwort. Es ist mittlerweile halb vier und ich beschließe, mich auf den Weg Richtung Bahnhof in Schandelah zu machen. Trotz meines Fahrrades und dem trockenen, aber dennoch recht kühlen Wetters, hat mir die Tour Spaß gemacht. Es ist klasse zu sehen, was die Region so alles bietet und spannend, mit einer völlig fremden und bunt gemischten Truppe auf Tour über die Landwege zu fahren. Ich persönlich wünsche mir für das nächste Jahr vielleicht noch ein paar musikalische Highlights – aber so oder so: die Braunschweiger Landpartie steht nun auch ganz sicher auf meinem jährlichen Veranstaltungsplan.