Ein Kanut steht an einem Fluss. Über seine rechte Schulter hat er ein Kanu gelegt, in der rechten Hand hält er ein Paddel. Frank Spyra

Outdooraktivitäten:
In der Region Braunschweig-Wolfsburg.

Sie werfen Kugeln und Scheiben, sitzen auf Tieren oder auf Rädern. Die Hobbys der Menschen in der Region Braunschweig-Wolfsburg sind so unterschiedlich, wie sie selbst. Doch eines haben zumindest diese fünf gemeinsam: sie finden draußen an der frischen Luft statt. Wir haben eine Handvoll Menschen zwischen Harz und Heide besucht und uns zeigen lassen, wie sie ihre Freizeit verbringen.

Boule Freunde - Hobbyspieler in Atzum

Mit einem dumpfen „Plopp“ trifft die Kugel auf die mit feinem Splitt bedeckte Boule-Bahn in Atzum. In etwa fünf Metern Entfernung steht Eckard Wagner, Ortsheimatpfleger, noch mit ausgestrecktem Arm und verfolgt den Lauf der Kugel. Die rollt und rollt, um schließlich vor ihrem Ziel zum Ruhen zu kommen. Der Wurf war nicht schlecht, aber es geht noch besser. Das wissen auch seine Mitspieler.

Der beschauliche Ort im Osten von Wolfenbüttel ist die Heimat einer kleinen Gruppe von Hobby-Spielern, die sich seit 2016 einmal im Monat trifft. Seitdem gibt es auch die eigens dafür angelegte Bahn. Das Wetter ist gut an diesem Tag. Vier ältere Herren haben sich versammelt, um ihrem Hobby nachzugehen, sich auszutauschen, die Sonne zu genießen.

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„Das Schöne ist die Gemeinschaft“, sagt Jürgen Lingelbach, ehemaliger Ortsbürgermeister von Atzum, zwischen zwei Würfen und die anderen stimmen ihm nickend zu. Die Boulespieler, an guten Tagen 12 bis 15 an der Zahl, haben teilweise bereits ihr ganzes Leben in dem Ort verbracht. Man kennt sich. „Nach dem Spiel gibt es auch schon einmal Kaffee und Kuchen“, erzählt Horst Neubauer. „Oder ein Glas Wein“, fügt Lingelbach lachend an.

Boule ist kein kompliziertes Spiel. Mit großen, massiven Metallkugeln versuchen die Spieler in die Nähe des zuvor geworfenen „Schweinchens", zu werfen. Wer dieser kleinen Kugel am nächsten kommt, gewinnt. Das lässt den Spielern auch Zeit, sich über das aktuelle Geschehen im Dorf auszutauschen. „90 Prozent der Einwohner von Atzum sind Rentner“, schätzt Hans-Jürgen Schunk, der an diesem Tag auch dabei ist. Viele von ihnen kämen zu den monatlichen Treffen – in wechselnder Besetzung.

Alpakawanderungen in Böckelse
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Die Wurzeln des Spiels sollen bis ins alte Rom zurückreichen. Heute ist es in Frankreich am weitesten verbreitet. Dazu gibt es viele unterschiedliche Varianten – Boule Lyonnaise oder Pétanque, Boccia oder Bowls. Sie unterscheiden sich im Gewicht und Material der Kugeln. In Atzum spielen sie ein bisschen nach eigenen Regeln. Hauptsache, es macht Spaß.

Und auch wenn man beim Boulespiel ein Stückchen Kuchen essen kann: Sportsgeist zeigen die Spieler und Spielerinnen in Atzum allemal. „Neben den Kugeln gehört ein Zollstock zu jedem Spiel“, sagt Ortsheimatpfleger Wagner. Und prompt beugen sich die Herren über die Kugeln. Welche ist näher? Wer kriegt die Punkte?

Thomas Kempernolte – kein gewöhnlicher Radfahrer

Rund 1800 Kilometer hat Thomas Kempernolte im vergangenen Monat mit dem Rad zurückgelegt. Entlang der Ostsee fuhr er auf dem sogenannten Iron Curtain Trail. Mit dabei: GPS-Sender, Kamera und eine lange Liste mit Sehenswürdigkeiten, die er auf ihre Attraktivität testete. Der 59-Jährige schreibt seit einigen Jahren Bücher über Fahrradtouren.

„Angefangen hat alles unter Freunden“, erzählt der gelernte Ingenieur. Sie verabredeten sich zum Mountainbiken. Und auch wenn Kempernolte mal nicht dabei war, fragten sie ihn nach geeigneten Strecken. Also begann er, Routen zu Papier zu bringen. Das war Anfang der 2000er. 16 Jahre später erschien sein erstes Buch. Es folgten sieben weitere – über Wanderungen zu Fuß oder mit dem Rad, ein- oder mehrtägige Touren und solche speziell für Kinder.

Ein Radfahrer posiert für ein Portrait vor einem alten Tagebau. Frank Spyra
Für seine Arbeit erhielt Kempernolte 2021 die Niedersächsische Forstmedaille.
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„Die Umgebung mit dem Rad zu erkunden hat etwas entschleunigendes“, sagt Kempernolte. Häufig ist er mit seinem Trekkingrad unterwegs. Dann zieht die Landschaft mit rund 20 bis 25 Stundenkilometern an ihm vorbei. Und überall gibt es etwas zu entdecken. In seiner Heimat, dem Naturpark Elm-Lappwald, fällt ihm zu jeder Ecke etwas ein. Egal ob Grenzdenkmal Hötensleben oder Tagebau Schöningen - er kann zu allem Geschichten erzählen und kennt die wichtigsten Fakten. Für seine Leidenschaft erhielt er 2021 die Niedersächsische Forstmedaille.

„Während der Pandemie sind viele Menschen aufs Rad gestiegen“, weiß Kempernolte. Viele weitere hätten außerdem durch die neuen Pedelecs zum Sport gefunden. „Die Leute mussten in Deutschland Urlaub machen und haben entdeckt, wie schön es ist.“ Und der Trend wird anhalten, ist er überzeugt.

„Alles in Eigenregie” lautet Thomas Kempernoltes Motto, wenn er sich einmal wieder auf den Drahtesel schwingt. Damit meint er die Touren selbst, aber auch die aufwändige Nachbereitung. Ob es überhaupt etwas gibt, das der Fahrradprofi freiwillig aus der Hand gibt? „Reparaturen an meinen Rädern übernehmen andere für mich“, sagt er und lächelt.

Wohlfühlen im Peiner Land
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Jennifer Gilge und Andreas Martin sind Tee-Timers – sie spielen Discgolf

Die flachen Discgolf-Scheiben machen kaum ein Geräusch, wenn sie durch die Luft in Richtung Korb fliegen. „Auf der Anlage im Braunschweiger Westpark spiele ich am liebsten“, sagt Jennifer Gilge, die beinah jeden Tag auf einem der Kurse in der Region Braunschweig-Wolfsburg anzutreffen ist. Mehr als ein Dutzend Anlagen gibt es hier – eine Konzentration, die in der Republik ihresgleichen sucht.

Gilge spielt bereits seit 2019. Damals war sie mit Freunden „mit Bier und Bollerwagen unterwegs", erzählt sie lachend. Inzwischen hat sie sogar einen Korb im eigenen Garten angebracht. Dort übt sie „putten“. So nennen sich die kurzen Würfe, mit denen die Spieler die letzten Meter bis zum Korb überbrücken. Die langen Würfe heißen „Drive“.

Ein Mann und eine Frau stehen hinter einem Discgolf-Korb. Frank Spyra
Jennifer Gilge (links) und Andreas Martin sind Mitglieder beim Tee-Timers Disc-Golf Wolfenbüttel e.V.

„Innerhalb des ersten Jahres erzielen die meisten neuen Spieler große Fortschritte“, sagt Andreas Martin. An den Würfen zu feilen sei dann wesentlich anspruchsvoller. Beide sind sich einig – Discgolf ist einfach zu erlernen, aber schwierig zu meistern. Jeder Wurf kitzelt. Ein bisschen besser könnte es noch gehen, ein bisschen weiter, präziser. Ein Witz in der Szene lautet: „Ja, ich kann’s“, berichtet Gilge und lacht.

Der 44-jährige Martin spielt seit 2014 und ist wie Gilge Mitglied der Wolfenbütteler Tee-Timers. Eine Sportverletzung ließ ihn damals Ausschau nach einem Hobby halten, bei dem er sich an der frischen Luft bewegen kann, aber bei dem es etwas ruhiger zugeht. Ein Kollege nahm ihn mit auf eine Runde. Seitdem ist er dabei.

Die U.S.A. und Finnland seien bereits Hochburgen der Outdoor-Sportart, in Deutschland befände sich diese ebenfalls im Kommen. Vereine wie die Tee-Timers richten deshalb regelmäßig Turniere aus und machen Werbung für neue Anlagen. „Die Pandemie hat dem Discgolf zu einem Boom verholfen“, sagt Martin. Aber es sei noch Luft nach oben, denn von der Popularität in den Hochburgen sei Discgolf hier noch weit entfernt. „Tretet in die Vereine ein“, appelliert Martin. Denn die sorgten für neue Anlagen.

Carsten Ostrowski aus Lehre betreut Islandpferde – seit 40 Jahren

Ein süßlicher Geruch liegt auf dem Islandpferde-Reiterhof von Susanne Demma in Lehre. Dort kümmert sich seit acht Jahren Carsten Ostrowski um die Tiere. Dabei hat der 60-jährige mit dem grauen Rauschebart bereits sein ganzes Leben mit Pferden, genauer mit Islandpferden, verbracht. Er ist Turniere geritten und hat die Tiere, die er dafür extra von der Insel im Nordmeer zwischen Grönland und den europäischen Nordseeanrainern importiert hat, auch gezüchtet.

Sind sie einmal exportiert, dürfen die Pferde nie wieder zurück. Die Isländer sorgen sich um Krankheiten und Fehler bei der Zucht der Tiere. „Die Tiere sind sehr gutmütig“, erklärt Ostrowski  seine Liebe zu den Pferden. „Sie sind nicht sehr schreckhaft und äußerst geduldig.“ Daher eigenen sie sich ideal für Kinder und Jugendliche. Viele Pferde auf dem Reiterhof gehören Familien, sagt der Pferdebetreuer mit den wachen, hellblauen Augen. Die Tiere werden im Schnitt rund 28 Jahre alt, können aber in Einzelfällen auch 35 Jahre erreichen.

Ein Mann mit einem dichten Rauschebart steht neben einem Pferd, das er am Geschirr hält. Frank Spyra
Das ist Carsten Ostrowski. Er betreut Islandpferde in Lehre.

Auf die Entwicklung des Reitsports angesprochen, sagt Ostrowski: „Es gibt zwei Bereiche. Einerseits haben wir den Sport, wo teure Pferde verkauft werden. Ein guter, gekürter Hengst kann hier gut 35.000 Euro kosten.“ Ein Metier für Profis. Auf der anderen Seite gebe es das Freizeitsegment. Hier seien überwiegend Familien mit Kindern aktiv. Bereits jetzt gebe es in der Region viele Islandpferdefreunde, aber Ostrowski hat beobachtet, dass die Zahl seit geraumer Zeit wachse.

In Lehre übernimmt Ostrowski dann die Grundversorgung der Tiere, die 30 bis 35 Kilogramm Futter am Tag vertilgen. Mehrmals die Woche kommen die Familien und kümmern sich um ihre Tiere: Striegeln, die Hufe pflegen oder Ausreiten. „Wer ein Islandpferd hat, ist meistens Feuer und Flamme“, sagt der Mann, der auch in Lehre wohnt, und lächelt. So wie er selbst - und das bereits seit 40 Jahren. „Acht bis zehn Jahre mache ich bestimmt noch weiter“, sagt er.

Michael Sonntag aus Braunschweig ist Kanutrainer beim RSV BS von 1928

Michael Sonntags Blick verliert sich kurz in der Ferne, als er überlegt. Dann erst antwortet er auf die Frage, welchen anderen Sport er sich in seinem Leben hätte vorstellen können: „Definitiv irgendetwas im oder auf dem Wasser. Vielleicht Surfen.“ Wirklich gestellt hat sich die Frage für den 36-jährigen Braunschweiger allerdings nie, denn bereits mit der Säuglingsmilch, wie er sagt, habe er den Kanusport in sich aufgesogen. Verantwortlich dafür sind seine Eltern, die sich aktiv in der Kanuabteilung des Rasensportvereins Braunschweig von 1928 e. V. engagieren.

Die Oker, an der das Vereinsheim der Abteilung liegt, ist kein reißender Sturzbach, wie ihn die Wildwasserkurse olympischer Anlagen simulieren. Aber wenn Sonntag sich durch die über dem Wasser aufgehängten Markierungsstangen arbeitet, spritzt links und rechts die Gischt. Sein Kanu taucht erst vorne unter Wasser, dann hinten. Die Bewegungen des Braunschweigers sind schnell und präzise. 2004 verhalfen ihm seine Fähigkeiten auf den dritten Platz der Deutschen Meisterschaften. Heute trainiert er den Nachwuchs.

Kanusport ist vielseitig. Es gibt ihn in der Slalom-Variante, wie Sonntag ihn betreibt, oder als Marathon. Weitere Abwandlungen sind Kanu-Polo, Wanderfahrten im Kanadier und auch das sich seit einigen Jahren verbreitende Stand-Up-Paddling zählt dazu. „Kanufahren kann man bis ins hohe Alter“, erzählt Sonntag. „Es fördert Kraft und Koordination und ist damit ein Sport, der den Körper ganzheitlich trainiert.“

Das i-Tüpfelchen ist für den Braunschweiger das ausgeprägte Wir-Gefühl, das auch über Ländergrenzen hinweg unter den Sportbegeisterten zu herrschen scheint. „Ich bin in Australien einmal am Strand mit einem Kanuten ins Gespräch gekommen. Der hat mich sofort eingeladen, ins Boot zu springen.“ Und das kann er jedem empfehlen – einfach ins Kanu springen und ausprobieren!