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  • Gegen Lebensmittelverschwendung: Der Verein Futter Teresa
Ein Gruppenbild mit winkenden Menschen. Inga Stang

Futter Teresa
Ein Verein gegen Lebensmittelverschwendung

Der Verein Futter Teresa hat sich voll und ganz einem Thema verschrieben: Der „Rettung“ von Lebensmitteln, Nachhaltigkeit und die Verhinderung von Lebensmittelverschwendung. Mit seinen außergewöhnlichen Veranstaltungskonzepten feiert er große Erfolge und in Kürze wird das Programm durch Workshops erweitert: Damit nicht nur gemeinsam konsumiert, sondern auch dazugelernt und Gemeinschaft erlebt werden kann.

Es ist einer der ersten warmen Tage des Jahres, als ich mich mit Phong vom Verein Futter Theresa im Haus der Familie zum Fermentier-Workshop treffe. Alle 13 Teilnehmer:innen des heutigen Abends gehören zum 60-köpfigen Team aus Ehrenamtlichen. Seit rund zwei Jahren sorgen sie unter der Flagge des Futter Teresa e.V. in Braunschweig für Furore. Begonnen hat die Geschichte aber schon 2019 auf dem Campus der Technischen Universität Braunschweig.

Ziel: Das Potenzial von „alten" Lebensmitteln aufzeigen

Eine Gruppe Studierender, zu der auch Phong gehörte, hatte damals eine Idee: Mit geretteten Lebensmitteln zu kochen. Auf diesem Weg sollte auf nachhaltigen Umgang und Möglichkeiten zur Verwertung von Lebensmitteln und auf das Problem Lebensmittelverschwendung aufmerksam gemacht werden.

Als „gerettet“ werden Lebensmittel bezeichnet, die in Supermärkten oder gastronomischen Betrieben aufgrund ihrer Optik oder der geringen Haltbarkeit aussortiert und durch sogenannte „Retter“ vor dem Müll bewahrt werden. Bekannt ist dieses Modell vor allem durch den Verein „Foodsharing“. Dieser ist bereits seit vielen Jahren bundesweit aktiv. Der Braunschweiger-Foodsharing Ableger ist gut in der lokalen Supermarktlandschaft vernetzt und rettet mehrmals wöchentlich Lebensmittel, die im Anschluss privat verteilt werden. Ziel ist es, Lebensmittelverschwendung zu verhindern und ein Bewusstsein für den Wert von Nahrung zu schaffen. Häufig ist nämlich das, was dort weggeworfen wird, noch viel zu gut, um auf der Müllhalde zu landen.

Um auch kritischen Stimmen zu beweisen, wie viel Potenzial in diesen Lebensmitteln steckt, entwickelte „Futter Teresa“ ein Café-Konzept. Dieses stellt den Genuss und die Gemeinschaft in den Fokus, während das Thema Nachhaltigkeit auf spielerische Weise interessierten Bürger:innen nahe gebracht werden kann.

Ein Gruppenbild mit winkenden Menschen. Inga Stang
Wenn man Gutes tut, entsteht auch gute Laune!

Hunderte Menschen, Kamerateams und ein ungeahnter Erfolg

Der erste Testlauf im März 2020 war bereits ein voller Erfolg. Mehrere hundert Personen besuchten damals die Eröffnung des Futter Teresa Cafés in der Handelsgasse, in der fortan ein wöchentliches Café mit kulinarischem Angebot und Events stattfinden sollte. Nach wenigen Monaten aber machte die Pandemie dem ehrenamtlichen Team einen Strich durch die Rechnung. Treffen waren nicht mehr möglich und die neuen Hygienevorschriften machten das Kochen für Gäste unmöglich. Das Team verlor seine Motivation und die Zukunft des Projekts gegen Lebensmittelverschwendung war ungewiss. Gleichbleibend hoch blieb indes das Interesse der Bevölkerung: „Es kamen ständig Anfragen rein, wann wir wieder eröffnen“, erinnert sich Phong. Schließlich beschloss er gemeinsam mit einem neuen Projektleitungsteam, dem Futter Teresa Café eine zweite Chance zu geben. In der Handelsgasse wurde wieder eröffnet.

„Wir wollten erst einmal ruhig starten und haben kaum Werbung gemacht.“ Dennoch kamen zur Neueröffnung 120 Personen – viel zu viele, um sie im dem kleinen Café in der Innenstadt zu bewirten. „Eine Woche später sind wir zum Restaurant Rokkoko gegangen und haben dort gefragt, ob wir die professionelle Küche und den Gastraum nutzen dürfen.“

Es folgten weitere Pop-Up-Events im Restaurant Troja, der Zea Bar und weiteren gastronomischen Betrieben der Stadt. „Plötzlich wurden aus 120 Gästen über 350 Personen und Fernsehteams kamen zu unseren Events. Das waren viel zu viele Menschen, um alle zu bewirten.

Aus manchen Veranstaltungen wurde fast so etwas wie ein Straßenfest. Anwohnerinnen stellten plötzlich Sofas auf die Straße, machten Musik an und erfreuten sich einfach am Getümmel,“ erinnert sich Phong lachend. Doch der Erfolg strengt auch an. Dem ehrenamtlichen Team gegen Lebensmittelverschwendung wurde schnell bewusst, dass sie diesen Kraftakt nicht wöchentlich neben der Arbeit stemmen können. Gemeinsam wurde ein neues Konzept entwickelt: das „Drei Gänge Menü“.

Zu Besuch bei „Futter Teresa"

Das Drei Gänge Menü" krempelt Gewohnheiten der Gäste um

Beim „Drei Gänge Menü“ müssen Gäste ihre Plätze vorab reservieren. Diese sind auf 60 Personen limitiert. „Unser Team versucht, den Gästen im Rahmen dieses Konzeptes ein echtes kulinarisches Erlebnis zu bieten und die Gerichte so fantastisch aussehen zu lassen wie möglich“, sagt Phong.

Hierdurch fand das Team wieder mehr Raum für Kreativität, erzählt Phong. „Wir haben komplett darauf verzichtet, Dinge dazuzukaufen und mussten lernen, nur mit den Sachen zu arbeiten, die da sind. Wenn wir etwas nicht dahatten, hatten wir es nicht.“

Das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Einzigartige Kombinationen und Teller konnten sich nicht nur optisch mit so einigen Sterneküchen messen lassen. Das sorgte erneut für Begeisterung bei den Gästen. Da die Lebensmittel und die Küche kostenfrei zur Verfügung gestellt wurden, mussten die Gäste für dieses Erlebnis nicht einmal zahlen. „Wir wollten mit diesem Konzept den größtmöglichen Kontrast schaffen und so dafür sorgen, dass den Gästen gleich zweimal die Kinnlade aufklappt. Der erste Wow!-Effekt kommt mit dem schönen Essen, das auch noch toll schmeckt. Und kostenfrei ist. Der zweite, wenn ihnen bewusst wird, dass diese hochwertige Mahlzeit mit Lebensmitteln gekocht wurde, die von anderen als Müll deklariert und weggeworfen worden wäre.“ Ein Gedanke, der den Besucher:innen im Gedächtnis bleiben und sie motivieren soll. Um sich mit dem Thema Lebensmittelrettung und Lebensmittelverschwendung intensiver auseinanderzusetzen.

Gläser mit fermentierten Lebensmitteln - eine wunderbare Art, sie haltbar zu machen. Inga Stang
Gläser mit fermentierten Lebensmitteln - eine wunderbare Art, sie haltbar zu machen.

Essen ist Gemeinschaft

Seit April hat sich das Team wieder aus dem laufenden Gastronomiebetrieb zurückgezogen und arbeitet fleißig an neuen Konzepten und Ideen, wie sie auch langfristig den eigenen Ansprüchen gerecht werden können.

Eine Idee ist es, Bildungsangebote zu schaffen, damit die Gäste lernen können, auch zu Hause Lebensmittel restlos zu verwerten und die Lebensmittelverschendung zu reduzieren. Einen dieser Workshops durfte ich selbst erleben: den Fermentier-Workshop. Nach einer kurzen Einführung in die Theorie des Fermentierens und dessen Vorteile geht es gemeinsam in die Küche. Um zu schnippeln und erste eigene Ideen auszuprobieren. Zusätzlich zu diesem Workshop, der ab Mai regelmäßig angeboten wird, finden im Sommer 2023 auch gemeinschaftliche Kochevents statt. In denen wird mit Lebensmitteln aus den Privathaushalten getüftelt, gekocht und gemeinsam gegessen. „So möchten wir auch unser zweites Ziel erreichen: Die Gemeinschaft zu fördern“, erklärt Phong. „Menschen werden immer essen. Dieses Element ist einfach toll geeignet, um Menschen zusammenzubringen – egal welcher ökonomischer Status oder welche Herkunft. Das ist einfach ein tolles Gefühl.“

Ein Ort für alle

Doch der Verein Futter Teresa möchte mehr als nur Veranstalter sein: „Langfristig möchten wir einen festen Standort haben. Das wäre schön. Wichtig ist aber auch, dass wir uns die Zeit hierfür nehmen und organisch wachsen. Das Futter Teresa soll ein Ort sein, an dem sich alle Menschen ausleben und Ideen mit der Unterstützung des Teams einfach ausprobieren können.“

Wer das Team bei der Realisation seiner Vision unterstützen möchte, findet auf der Homepage des Vereins Informationen, wie man finanziell unter die Arme greifen kann sowie die Möglichkeit, sich für den Newsletter anzumelden und sich über anstehende Events zu informieren. Von mir gibt es auf jeden Fall eine absolute Teilnahmeempfehlung!