Das Internationale Mühlenmuseum in Gifhorn ist nicht nur Wahrzeichen der Stadt, sondern auch einer der Hotspots für Touristen und Familienausflüge in der Region. Nach dem Verkauf des Museums an die Stadt Gifhorn soll in der Einrichtung die nachhaltige Entwicklung ländlicher Strukturen gefördert werden. Inga Stang hat das neue Konzept kennengelernt.
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- Mühlenmuseum Gifhorn: Hier trifft Geschichte auf Genuss
Mühlenmuseum Gifhorn
Hier trifft Geschichte auf Genuss
13 große Mühlen sowie ein großes Ausstellungsgebäude mit 50 verschiedenen Mühlenmodellen gibt es auf dem 15 Hektar großen Gelände des Internationalen Mühlenmuseums in Gifhorn zu entdecken. Nach rund 40 Jahren unter der Leitung der Gründerfamilie Wrobel wurde das Museum 2021 an die Stadt Gifhorn verkauft. Im Mai vergangenen Jahres ist dem Traditionsbetrieb unter der Leitung der Vision + Trust GmbH & Co. KG neues Leben eingehaucht worden. Mit einem zukunftsweisenden, neuen Konzept soll das Mühlenmuseum nicht nur als touristischer Leuchtturm Gifhorns und der Region weiterentwickelt werden. Bereits in der Vergangenheit war die Gastronomie am Dorfplatz Anziehungspunkt für Freunde von gutem Brot und frischem, köstlichen Hefekuchen. Das soll so bleiben. Gleichzeitig möchte die neue Geschäftsleitung langfristig die nachhaltige Entwicklung des ländlichen Umfelds auf wirtschaftlicher und sozialer Ebene unterstützen. Im Gespräch mit Betriebsleiter Sebastian Lipper habe ich erfahren, wie dies gelingen soll und auf welche Neuigkeiten sich die Besucher freuen dürfen.
Nachhaltige Regionalentwicklung im Fokus
Sebastian Lipper ist bereits seit mehreren Jahren für die Vision + Trust GmbH & Co. KG tätig und hat das vom Unternehmen initiierte „Sheka Forest Coffee” Projekt begleitet. Hier hat er Erfahrungen im Bereich Projektkoordination und Marketing gesammelt. Durch dieses Projekt werden nicht nur faire Einkommen für Kleinbauern in Äthiopien generiert, erklärt Lipper: „Die Erlöse aus dem Verkauf des Kaffees helfen, vor Ort Schulen zu bauen, wodurch die Bildung verbessert und auf lange Sicht die wirtschaftliche Situation vor Ort gestärkt wird.”
Doch können diese Erfahrungen aus Äthiopien in Gifhorn und der Region zum Einsatz kommen? Gibt es Parallelen? Das Ehepaar Tondo und Sebastian Lipper sehen diese durchaus. Ihnen geht es darum, jungen Landwirt/-innen eine Perspektive aufzuzeigen und sie zu motivieren, den elterlichen Landwirtschaftsbetrieb weiterzuführen. In der Gastronomie des Mühlenmuseums und im eigenen Hofladen wird deshalb der Fokus auf die Produkte der regionalen Anbieter gelenkt. Auch Events im Mühlenmuseum leisten hier einen Beitrag. Das Bewusstsein der Besucher für die Herkunft der Lebensmittel soll gestärkt und der Konsum regionaler Produkte angeregt werden.
Qualität statt Quantität
Im Restaurant des Mühlenmuseums erfahre ich, dass der gastronomische Betrieb vorzugsweise mit regionalen Produkten aus Familienbetrieben arbeitet. Das gilt für die Milch, aber auch für das Fleisch. „Die Gänse, die wir jetzt in der Vorweihnachtszeit verwenden, sind ein Beispiel. Sie stammen aus einem kleinen Familienbetrieb, den wir persönlich kennen. Und wir wissen, dass die Gänse frei auf der Wiese laufen dürfen. Die Bratwurst, die wir hier haben, ist aus dem Fleisch alter Schweinerassen hergestellt. Die Tiere haben Auslauf und leben in Kleingruppen auf Stroh", erklärt Sebastian Lipper.
Wissenswert: Das Restaurant des Mühlenmuseums befindet sich am sogenannten Dorfplatz und ist auch ohne Museumsticket über einen der umliegenden Wege zu erreichen.
Zurück zum Sonntagsbraten
Generell ist es den neuen Betreibern jedoch auch ein Anliegen, das Bewusstsein für den Konsum von tierischen Lebensmitteln zu schärfen und für ein Prinzip von Qualität statt Quantität einzustehen: „Ich bin Verfechter von ‘zurück zum Sonntagsbraten’. Das heißt, ich kaufe tierische Produkte in Maßen und mit wirklicher Qualität. Die Herkunft ist mir dabei sehr wichtig", betont Sebastian Lipper. Er legt Wert darauf, auf Massenhaltung zu verzichten und kleine Betriebe mit ethischen Grundwerten zu unterstützen.
Vom Feld auf den Teller
Wer auf tierische Produkte gänzlich verzichten möchte, wird auf der Karte des Restaurants ebenfalls fündig. Zwar gibt es hier keine tierischen Ersatzprodukte wie pflanzliches Schnitzel oder andere hoch verarbeitete Produkte. Dafür bietet die Küche beispielsweise Bratlinge aus Quinoa an. Auch hier stammen die Zutaten konsequent aus der Region: „Quinoa ist eines der Superfoods aus Südamerika, für dessen Anbau die Natur und auch die Menschen dort ausgebeutet werden. Unseren Quinoa hingegen beziehen wir von einem kleinen Hof im 15 Kilometer entfernten Schönewörde.”
Auch das Mehl für die Backwaren, die in der Handwerksbäckerei des Museums in einem Holzofen gebacken werden, stammt aus der Region. Jeden Tag werden hieraus Kuchen, Gebäckstücke, das berühmte Mühlenbrot und andere täglich wechselnde Brotsorten gebacken. Im Hofladen, der ebenfalls am Dorfplatz liegt, wird das frische Brot verkauft. Daneben bietet der Hofladen viele weitere regionale Erzeugnisse an. Es lohnt sich, hier einmal vorbeizuschauen und zu kosten.
Mühlen als Zeitzeugen bäuerlicher Glanzzeiten
Heute existieren im Mühlenmuseum aufgrund eines Mangels an fließenden Gewässern rund um das Gelände keine aktiven Mühlen mehr. Dennoch zeigt das Mühlenmuseum auf beeindruckende Weise, welche wichtige Funktion Mühlen für die Versorgung der Menschen weltweit schon immer eingenommen haben.
Für Sebastian Lipper lässt sich diese Historie wunderbar mit den weiteren Themen vereinen und abbilden: „Im Grunde geht es uns darum, neben dem Fokus auf die Windmühlen auch die Themen Ökologie und Handwerk besser abzubilden - nicht nur in der Landwirtschaft.” So ist unter anderem geplant, regelmäßige Kunstmärkte auf dem Gelände des Museums zu veranstalten und auch in diesem Bereich das Potenzial der Region sichtbar zu machen.
Verheißungsvolle Zukunftspläne
Bisher haben die neuen Leitenden viel Zuspruch für ihr Konzept erhalten. „Das Feedback der Gäste ist durchweg positiv", freut sich Sebastian Lipper.
Übrigens: Auch Kaffee aus dem “Sheka Forest Coffee” Projekt ist im Internationalen Mühlenmuseum erhältlich. Der fair gehandelte Kaffee kommt im Restaurant und zum Frühstück in der Backstube in die Tasse. Daneben kann er natürlich im Hofladen erstanden werden. So können die Museumsbesucher nicht nur regionale, landwirtschaftliche Familienbetriebe unterstützen, sondern auch Menschen und Kommunen in Äthiopien.
Abwechslung mit Genussmärkten, Mühlenweihnacht und vielem mehr
Wer sich selbst vom neuen Konzept überzeugen möchte, sollte dem Mühlenmuseum einen Besuch abstatten. Die Gastronomie sowie der Hofladen am Dorfplatz sind zu den Öffnungszeiten, jedoch auch ohne Ticket über eine neue Brücke vom Stadtpark aus erreichbar. In Kürze stehen Highlights wie Genussmärkte in Kooperation mit dem Erzeugerverband „Südheide genießen” auf der Agenda, aber auch die festliche „Mühlenweihnacht". Letztere findet an den Adventswochenenden statt und bietet alles, was das Herz begehrt: “Bei der Mühlenweihnacht bieten wir zum Beispiel Wildbratwurst an, die natürlich aus der Region kommt. Selbst beim Glühwein arbeiten wir unter anderem mit einem Weinbaubetrieb aus der Nähe von Uelzen zusammen,” erzählt Sebastian Lipper. Insgesamt verspricht das neue Konzept also eine Menge Abwechslung und birgt Potenzial für die gesamte Region. Für mich definitiv ein Grund mehr, ab heute öfter mal einen Ausflug Richtung Gifhorn zu unternehmen.