Die Musikszene in unserer Region ist lebendig und vielfältig. Einen kleinen Einblick geben mir heute Grazia Sposito und Carlos Manzano. Das Duo hat vor gut einem Jahr mehr oder minder zufällig zusammengefunden. Seitdem treten sie gemeinsam auf und neben ihrem Programm aus rockigen Soul- oder souligen Rock-Covern arbeiten sie zudem noch an eigenen Songs.
Rock & Soul mit viel Leidenschaft
Grazia Sposito & Carlos Manzano
Flamenco, Neil Young und deutsche Schlager - die musikalischen Wurzeln
Carlos Manzano aus Braunschweig hat das Musikmachen erst recht spät für sich entdeckt. Der Halbspanier erinnert sich daran, dass die Musik seiner Kindheit geprägt war durch die deutschen Schlager – die bevorzugte Musik seiner Mutter – und den Flamenco, den sein spanischer Vater gerne hörte. „In unserer Familie war keiner musikalisch“, erinnert sich Carlos. „Aber das Gefühl, der Stolz, den der Flamenco vermittelt und die Melodien der deutschen Songs haben mich schon früh fasziniert.“
Das erste Mal selbst musiziert hat er dann aber erst mit 12, 13 Jahren: „Ich wollte wie ein Hippie mit langen Haaren sein, der Gitarre spielt – so wie auf dem Cover des Albums Decade von Neil Young. Das hat mich inspiriert.“ Und so fing er an, sich das Gitarrespielen selbst beizubringen. „Ich bin vielleicht nicht der virtuoseste Spieler, aber bei mir gibt es immer alles mit ganz viel Gefühl. Das ist mir das Wichtigste!“, betont Manzano.
Grazia Sposito, die Italienierin aus Wolfsburg, lebte hingegen schon sehr früh ihre musikalische Ader aus. Ihr Vater war Gitarrist und Sänger in verschiedenen Bands und er nahm seine kleine Tochter oft zu den Proben mit. Nachdem er ihr das erste eigene Instrument schenkte, eine selbstgebaute Gitarre, war es um das Mädchen geschehen – sie klimperte fortan ständig auf ihrer heißgeliebten Klampfe und begleitete ihren Vater bei Auftritten.
Schon früh hat es Grazia auf die Bühne gezogen: Mit sechs Jahren hatte sie ihren ersten großen Auftritt mit Michael Schanze im Congress Park Wolfsburg, wo sie zusammen mit dem Entertainer begeisterte. Mit 11 Jahren gründete sie ihre erste eigene Band Pig Hell, die gleich beim Schulcontest den ersten Platz gewann. „Wir waren die Jüngsten und durften dann sogar im Rathaus vor dem Oberbürgermeister Schnellecke spielen – das war für uns natürlich sehr aufregend“, schmunzelt Grazia.
Von Gitarrenpop bis Metal - Erste Bands und Erfolge
Der Erfolg beflügelte die Italienerin, die letztlich ihre Stimme zum Instrument machte. Seitdem singt sie in den verschiedensten Bands, sang sogar schon Background für die US-Band Kamelot und die deutsche Metalband Edguy. Ich bin beeindruckt! Mit ihrer eigenen Band Stash trat sie überregional in Erfurt, Hamburg und Berlin auf, wo die Mischung aus Rock- und Pop- sowie eigenen Songs stets gut ankam.
Außerdem moderierte sie in den Irish Pubs in Wolfsburg und Braunschweig die Karaoke-Shows, bei denen sie natürlich auch selbst ihre Sangeskünste zum Besten gab. „Eigentlich wollte ich dann mal so richtig professionellen Gesangsunterricht nehmen, nachdem ich ja jahrelang einfach nur so gesungen habe. Daraus ist dann aber gleich eine komplette Ausbildung zum Vocal Coach geworden, die ich in Hamburg gemacht habe“, erzählt mir Grazia. „Seitdem unterrichte ich jetzt sogar selbst Gesang an der Musikschule.“
Aber auch Carlos blieb nicht im stillen Kämmerlein mit seiner Musik. „Meine erste Band war Köchers Dorfkapelle in Schandelah. Da haben wir auf einem Pferdeanhänger, der mit Efeu behängt war, auf den Dorffesten gespielt“, lacht er.
Sein Herz schlägt aber doch mehr für andere Musikrichtungen und so wird Quinquagesima gegründet, eine Band, die sich dem Grunge der 1990er verschreibt. Danach folgt Grandma’s House mit Rocksongs und vielen Covern der Black Crows. Später geht er zu Voodoo Lounge, der Rolling Stones-Tribute-Band, mit der Manzano sogar durch Europa tourt.
Aber auch eigene Songs sind ihm wichtig, und so gründete er Mellow 57. Die Band gewann den Braunschweiger Vorentscheid mit dem Publikums- und auch dem Jurypreis und fuhr zum Contest „New Sensation“ von Radio ffn. Im Finale am Maschsee im Jahr 2003 gewann Mellow 57 den zweiten Platz mit ihren Songs aus fesselndem Gitarrenpop mit einer Prise Rock’n’Roll. Verdient, würde ich sagen!
Carlos machte irgendwann die Musik sogar zum Beruf und studierte Musik auf Lehramt. „Das Studium hat mir schon sehr geholfen“, meint der Gitarrist und schmunzelt: „Auch, wenn mein Musiklehrer dann doch manchmal etwas überfordert war, weil ich einfach schon viel weiter war als er.“ Nach dem Studium machte sich Manzano als Musiklehrer selbstständig. So hatte er genug Zeit hat, viele Soloprojekte von diversen Künstlern mit seiner Gitarre begleiten zu können.
Neue Wege mit Acoustic Loops
Das erste Mal auf der Bühne erlebt habe ich Carlos Manzano im Rahmen seiner Konzertreihe Acoustic Loops. Die fand bislang in der „Euse“, dem beliebten Café Eusebia im Braunschweiger Univiertel, statt. Das Konzept: Eine kleine Bühne, freier Eintritt, Gastkünstler und am Ende kreist der Hut für die Gage. Organisiert von Carlos Manzano, der stets das kleine Vorprogramm und die Moderation übernimmt. Wie kam er damals, 2015, auf die Idee zu Acoustic Loops? „Ich hatte einfach keinen Bock mehr auf Sänger“, gesteht Carlos. „Ich wollte mal was alleine machen und hab mir eine kleine Loop-Maschine gekauft. Auf dem Effektgerät habe ich dann meine Gitarre und einen Shaker eingeloopt und dann habe ich angefangen zu singen.“ Zunächst versteckte er sich noch hinter den Loops, aber im Laufe der Zeit vertraute er mehr und mehr seiner Stimme, was bei seinen Fans sehr gut ankam. So entschloss sich Manzano, der Braunschweiger Musikszene dank seiner guten Kontakte die Reihe Acoustic Loops zu schenken.
Zu Gast bei den Acoustic Loops waren unter anderem schon Betty & The Fizz Oblong Quartett, José y la Familia, Elizabeth Lee aus Texas, Tresor aus Hildesheim, die Green-Day-Coverband American Idiots, natürlich auch Mellow 57 und The Twang. „In der ersten Saison habe ich die bekannten Künstler unserer Region noch selbst angefragt, mittlerweile rufen mich die Bands an und fragen, ob sie spielen dürfen“, berichtet Carlos Manzano vom Erfolg der Konzertreihe.
Ein neues Duo findet sich: Grazia Sposito & Carlos Manzano
Im Rahmen der Acoustic Loops findet im Frühjahr 2018 eine Open Stage statt. Es ist Carlos’ Geburtstagskonzert und bietet auch normalen Gästen die Möglichkeit, auf der Bühne zu überzeugen. Neben verschiedenen Gastkünstlern ist an diesem Abend auch Grazia auf dem Konzert. „Ein Freund von mir meinte, ich müsse Carlos unbedingt mal kennenlernen“, erinnert sie sich. Und so nahm dieser Freund die Wolfsburgerin mit nach Braunschweig. „Ich habe mich an dem Abend schon gewundert, was da los ist, weil so viele verschiedene Musiker auf die Bühne kamen. Erst gegen Ende des Abends habe ich dann kapiert, dass es eine Open Stage ist.“ Und so entert die italienische Sängerin zusammen mit dem spanischen Gastgeber und Gitarristen die Bühne erst, als schon fast alle Gäste am Gehen waren. „Wir wollten eigentlich nur ein bisschen Spaß auf der Bühne haben, aber die Leute waren gleich total begeistert“, erzählt Carlos. So begeistert, dass sogar die, die schon gehen wollten, wieder reinkamen. „Das hat uns dann überzeugt, dass wir vielleicht doch was zusammen machen sollten.“
Eine Woche später hat Grazia dann ein Schlüsselerlebnis. Bei Facebook hatte sie so viele Freundschaftsanfragen nach dem Auftritt, dass sie beschlossen, auf dem Social-Media-Kanal noch einen Song zu veröffentlichen. Es wurde Maybe von Janis Joplin.
Anfragen aus Mailand, Amerika - und aus Lamme
Das blieb nicht unbemerkt, denn jetzt kamen plötzlich Anfragen aus Mailand, Indien, Russland und North Carolina. Offensichtlich stimmt die Chemie zwischen den beiden Musikern, denn seitdem arbeiten sie an ihrem eigenen Programm. „Wir können circa eineinhalb Stunden spielen, haben bevorzugt Lieder aus dem Blues dabei, aber auch Rock- und Pop-Cover und natürlich schreiben wir auch an unseren eigenen Songs“, sagt Grazia. Dabei verbindet sich das wirklich grandiose und gefühlvolle Gitarrenspiel von Carlos mit dem großartigen Gesang von Grazia zu einem Hörgenuss, den man am besten live erlebt. „Welches war denn euer bisher größtes Konzert?“, frage ich die beiden. „Das Lammer Open Air im August“, sagen beide übereinstimmend, wo sie vor über 1.500 Besuchern einen Ausschnitt aus ihrem Programm spielen konnten.
Und wo kann man das Duo sonst noch erleben? Natürlich im Eusebia, dazu spielen sie viel auf privaten Veranstaltungen, haben auch schon in Wolfsburg in einem italienischen Restaurant Konzerte gegeben. Es gibt viele weitere Anfragen und wir dürfen gespannt sein.
Der private Musikgeschmack reicht von Nirvana bis zu klassischer Bluesmusik
Aber eins interessiert mich dann natürlich doch noch: Welchen Musikgeschmack haben die beiden denn ganz privat? Carlos Stil ist geprägt vom Rock’n’Roll, natürlich von Elvis, Little Richard und Chuck Berry, aber auch die härtere Gangart von AC/DC und Iron Maiden mag er. Der Pop von Toto hat ihn schwer beeindruckt und der Soul von Tower of Power, James Brown und Macio Parker sind in seinem Spiel verewigt. Aber eins schwebt über allem: seine Liebe zur Bluesmusik.
Grazia wurde stark vom Grunge und Punk geprägt, hat viel Nirvana, Bad Religion, Oasis und Green Day gehört. Dazu aber auch Motown und Jazz. Sie liebt ebenso italienische Musik unter anderem von Gianna Nannini und, wen wundert es bei ihrer Stimme, Amy Winehouse.
So vielfältig der Musikgeschmack der beiden auch ist, die Schnittmenge für ihr eigenes kreatives Potenzial ist sehr groß und so kann man ihre eigenen Songs als eine Mischung aus Soul und Blues mit rockigen Akzenten beschreiben. Oder sind es eher Rocksongs mit einem souligen Einschlag? Egal wie – Grazia Sposito & Carlos Manzano machen aus jedem Cover-Song eine ganz eigene Interpretation. Mit ganz viel Gefühl und Leidenschaft texten und komponieren sie auch ihre eigenen Lieder, denn diese sind das Herz ihrer Zusammenarbeit. Und ich bin sicher, wir werden noch ganz viel von dieser besonderen Wolfsburg-Braunschweig-Connection zu hören bekommen.