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Sportler spielen Rollstuhlbasketball. Marike Bebnowski

Rollstuhlbasketball beim MTV Gifhorn
Ein herausforderndes Sporterlebnis für alle

Marike Bebnowski lernt mit ihrem Sohn eine Sportart kennen, mit der sie bislang noch keine Berührungspunkte hatten: Rollstuhlbasketball. Die Rollstuhlbasketballerinnen und -basketballer des MTV Gifhorn trainieren einmal pro Woche in der Sporthalle Flutmulde Gifhorn, der Heimat des MTV. Trainiert werden sie übrigens von einem dreimaligen Weltmeister.

In der Turnhalle treffe ich Stefan Bäumann, der die Gruppe vor ein paar Jahren gegründet hat. Er selbst sitzt nach einem Unfall im Rollstuhl und ist leidenschaftlicher Basketballer. „Mit der Gründung der Gruppe wollte ich ein Angebot in der Region schaffen, denn der Rollstuhlbasketball ist hier noch kaum verbreitet. Im Landkreis Gifhorn sind wir das einzige Team. Es soll ein Trainings- und Bewegungsangebot für alle Interessierten sein“, erklärt Bäumann.

Eine Mannschaft zwischen 13 und 70 Jahren

Zu Beginn waren es noch drei Sportlerinnen und Sportler, inzwischen sind bei den Trainingseinheiten bis zu 13 Personen dabei. Gespielt wird in gemischten Teams – sowohl bezogen aufs Geschlecht als auch aufs Alter: Zwischen 13 und 70 ist alles dabei! Im fünf gegen fünf geht es natürlich nur um eins: So viele Bälle wie möglich in den gegnerischen Körben zu versenken.

Nicht alle aktiven Rollstuhlbasketballerinnen und -basketballer des MTV sitzen selbst im Rollstuhl. „Es gibt fünf Leute, die nicht gehandicapt sind, sondern einfach so mitspielen und diesen Sport für sich entdeckt haben“, erzählt mir Bäumann, der als Profisportler im Handbike einst an den Paralympics teilnahm und drei Mal Weltmeister wurde.

Gute Trainingsbedingungen dank dem MTV

Während unseres Gesprächs treffen die ersten Aktiven ein und wir beginnen, die Rollstühle aus dem extra im Eingangsbereich bereitgestellten Lagerraum zu holen. „Der MTV unterstützt uns sehr stark. Dass wir hier diesen Raum nutzen können, ist klasse“, sagt Bäumann. Die Rollstühle sind in unterschiedlichen Größen vorhanden und zum Teil an die individuelle Behinderung angepasst. „Es geht zum Beispiel um die Sitzhöhe und die Rückenlehne, um etwa fehlende Rumpfstabilität auszugleichen. Das ist wichtig, um sich gut mit dem Rollstuhl bewegen zu können“, erläutert Bäumann.

Meine ersten Versuche...

Dann geht los mit dem Training. Auch mein Sohn und ich haben uns einen Rollstuhl geschnappt, um einmal auszuprobieren, wie dieser Sport funktioniert. Im Gespräch hatte mir Stefan Bäumann schon angekündigt, dass es durchaus seine Tücken hat, gleichzeitig den Rollstuhl zu bewegen und den Basketball im Blick zu haben. Und er hat recht: Den Dreh, wie ich im Rollstuhl vorwärts und rückwärts komme, habe ich schnell raus. Aber als dann der Ball dazu kommt, wird es knifflig. Erst recht, als ich den Ball prellen soll, dann auf den Boden lege und ihn aus dem Stuhl heraus wieder aufheben soll.

Die Körbe hängen nicht niedriger!

„Rollstuhlbasketball ist sehr komplex und technisch anspruchsvoll, denn es heißt, Stuhl und Ball gleichzeitig zu kontrollieren. Außerdem ist der Sport sehr facettenreich. Wie auch in anderen Sportarten trainieren wir Techniken und Strategien für Angriff und Verteidigung“, so Bäumann. Auch wenn das Team des MTV Gifhorn nicht im Ligabetrieb dabei ist und somit keine Punktspiele absolviert, wird intensiv trainiert. Körbe werfen, Pässe, Spielzüge.

Mein Sohn und ich haben eine kleine parallele Trainingsgruppe aufgemacht, weil wir hier nicht mithalten können. Wir versuchen stattdessen, einen Korb zu werfen, was ebenfalls sehr schwierig ist, weil die Körbe anders als oft vermutet eben nicht niedriger hängen. Erst als ich einen mobilen (niedrigeren!) Korb hinzu hole, häufen sich die Erfolgserlebnisse.

Große Begeisterung, echte Integration

Nach dem Warm-Up beginnen die Basketballerinnen und -basketballer dann mit einem Trainingsspiel, dem wir interessiert zusehen. Die Spielzüge sind schnell, die Treffsicherheit nimmt mit jedem Angriff zu und der Ehrgeiz aller Teilnehmenden ist spürbar geweckt. Ich unterhalte mich in den Pausen mit Inga, die nicht auf den Rollstuhl angewiesen ist, aber regelmäßig trainiert. „Ich bin über eine Freundin, die früher Basketball gespielt hat, in die Gruppe gekommen und es macht mir sehr viel Spaß. Es ist eine herausfordernde Sportart und mal etwas ganz anderes“, berichtet Inga mir von ihren Beweggründen, als Rollstuhlbasketballerin aktiv zu sein.

Neben ihr ist auch noch Routinier Jakob vor Ort sowie mit Sven und Vlad zwei junge Männer, von denen Vlad heute das erste Mal dabei ist. „Ich bin auch über Freunde auf diese Sportart aufmerksam geworden. Ich spiele Basketball und wollte entsprechend auch gerne mal den Rollstuhlbasketball kennenlernen“, sagt Vlad.

Ball und Rollstuhl zu koordinieren, erfordert einige Übung! Marike Bebnowski
Ball und Rollstuhl zu koordinieren, erfordert einige Übung!

Die Begeisterung ist sofort geweckt

Dass dieser Sport begeistert, merke ich an meinem Sohn. Auch wenn er zuerst etwas zurückhaltend ist und sich nicht so recht traut, probiert er im Laufe der Zeit immer mehr aus. Die Bewegung im Rollstuhl ist ohnehin kein Problem für ihn, den Dreh hat er schnell raus. Auch die Koordination mit Ball klappt bei ihm besser als bei mir. Später ist er so fasziniert, dass er beim Zuschauen gar kein Ende findet. Und auch zu Hause schwärmt er noch regelrecht, wie viel Spaß unser Ausflug ihm gemacht hat. Kein Wunder, denn es geht schnell hin und her und die beim Sport notwendige Mischung aus Ehrgeiz und Spaß steckt auch uns als Zuschauende an.

Allen Sportbegeisterten kann ich nur empfehlen, einmal in der Flutmulde vorbeizuschauen, wenn sie mal eine ganz andere und neue Herausforderung suchen.