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Ein Mann an einer Wasch-Station für Fußballschuhe. Torben Dietrich

„Sport ist eine Transformation in die Wertegemeinschaft“
Zehn Fragen an Ralf Thomas

Er ist Mitglied der Enquete-Kommission des Landtages, Leiter von Volkswagen Pro Ehrenamt und NFV-Kreisvorsitzender für Gifhorn – aber vor allem lange leidenschaftlicher E-Jugend-Trainer beim MTV Isenbüttel: Ralf Thomas in einem zehn Fragen langen Gespräch über Sport als Wertegemeinschaft, die Unterstützung für Ehrenamtliche bei Volkswagen und den JSG Nord in Gifhorn-Gamsen.

Herr Thomas, wie würde die deutsche Sportlandschaft ohne ehrenamtliche Trainer, Betreuer und Unterstützer heute aussehen?

Sie wäre überhaupt nicht mehr darstellbar. Und das würde ich auf fast alle Lebensbereiche beziehen, nicht nur auf den Sport. Die Gründung der Bundesrepublik ist auch gar nicht auf vollständige Hauptamtlichkeit ausgelegt. Im Grundgesetz steht beispielsweise, dass jedes Dorf ab einer bestimmten Größe verpflichtet ist, eine Freiwillige Feuerwehr zu gründen. Jeder Dorfbürgermeister ist verpflichtet dazu! Noch ein gutes Beispiel: Wir sind das einzige Land der Welt, das einen THW durch den Staat zwar organisiert, das aber ehrenamtlich ist. Ehrenamt ist ein wichtiger Teil demokratischer Mitbestimmung.

Zweifellos. Wenn wir über den Sport sprechen: Welche Bedeutung hat Ehrenamt da?

Eine unverzichtbare. Sehen Sie: Für mich ist Fußball in Deutschland – aber auch jede andere Sportart - nicht nur Spiel und Spaß, sondern eine Transformation in die Wertegemeinschaft. Schauen sie sich den Platzwart an: Das ist häufig ein Rentner, der eine äußerst verantwortungsvolle Aufgabe übernommen hat, weil sie ihm Spaß macht.

„Unser Ziel muss sein, eine Wertegemeinschaft zu erhalten, in der sich jeder gleichwertig gut fühlt.“

Also geht Ehrenamt im Sport – etwa als Trainer – über die rein physische Ertüchtigung hinaus, die durch ihn möglich ist?

Unser Ziel muss sein, eine Wertegemeinschaft zu erhalten, in der sich jeder gleichwertig gut fühlt. Dafür brauchen wir aber auch gute Trainer, Betreuer und Eltern, die eben nicht beim Kinderfußball den Schiedsrichter beschimpfen, die eben nicht nur das Thema Erfolg umtreibt. Sondern die das Ziel haben, Sport, Spaß, Miteinander und Fairness zu organisieren. Die sich weiterbilden und unsere Wertegemeinschaft in Deutschland in ihrem Fundament stärken.

Torben Dietrich
„Wenn ich beruflich Stress hatte, musste meine E-Jugend das manchmal ausbaden." Ralf Thomas auf dem A-Platz des MTV Isenbüttel.

Die Wertegemeinschaft stärken – wie funktioniert das konkret?

Sport schafft zwei Dinge: Das Zusammenkommen und das Gemeinschaftsgefühl. Dass man Begegnungen schafft, davon fühlen sich viele Menschen angezogen. Dazu gehören auch die Glückgefühle und Zufriedenheitsmomente, wenn ich als sportlich Beteiligter gewinne oder verliere.

Zufriedenheit trotz Niederlage!

Ja, denn auch wenn ich verloren habe, bin ich Teil der Wertegemeinschaft Sport und habe meinen Teil dazu beigetragen. Niederlagen können Ansporn und Motivation sein, sich selbst zu disziplinieren und zum Training zu gehen. Zufriedenheit, das mir Aufmerksamkeit durch meinen Beitrag zuteilwird, ist auch ein enormer Faktor. Ob als Spieler auf dem Fußballplatz, als ehrenamtlicher Trainer – oder eben in herausragender Weise auch als freiwilliger Feuerwehrmann.

„Auch wenn ich verloren habe, bin ich Teil der Wertegemeinschaft Sport.“

Gehören diese Augenblicke des Zusammenhalts und der Anerkennung zu den schönsten Momenten im sportlichen Ehrenamt?

Nicht nur. Vor allem macht Engagement glücklich und schafft auch Ausgeglichenheit! Frustration im Job etwa kann ich vor allem als Trainer oder Aktiver in einer Sportmannschaft super abbauen. Dadurch werden Dinge im Leben auch wieder anders gewichtet, werden in ihrer Bedeutung relativiert. Studien zeigen, dass ehrenamtliches Engagement – und Sport sowieso – präventiv gegen Burn-out wirken. Oder nehmen Sie die Trainer und Betreuer bei der JSG Nord in Gifhorn-Gamsen, dem größten Inklusionssportverein der Region. Kinder mit körperlicher oder geistiger Behinderung spielen da Fußball zusammen und haben einen Mega-Spaß. Diese Trainer gehen am Ende des Tages glücklich nach Hause, auch wenn sie Stress hatten. Diesen Kindern Freude und Unbeschwertheit zu vermitteln: Da weiß man, warum man fürs Ehrenamt einsteht.

Was raten Sie Menschen, die sich für ein Engagement in einem Sportverein interessieren?

Eigentlich nur eines: Gehe dahin, wo du glaubst, dass nette Menschen das gleiche Ziel im Ehrenamt haben wie Du. Bring Spaß, Freude und Offenheit mit. Aber verbiege dich nicht, denn man braucht Empathie für das, was man tut. Egal, ob man auf dem Dorfsportplatz die Bratwurst brät oder Bälle aufpumpt, der kleinste Beitrag zählt und macht einen auch zufrieden.

Welche Unterstützungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten gibt es, wenn man etwa eine Kinder-Sportmannschaft trainieren möchte?

Der Landessportbund bietet unendlich viele Möglichkeiten, sich zu qualifizieren. Ob es um Training für verschiedene Altersstufen geht, um Sozialkompetenz oder Inklusion – da wird so viel geleistet, was unseren Werten auch wirklich entspricht.

„Egal, ob man auf dem Dorfsportplatz die Bratwurst brät oder Bälle aufpumpt, der kleinste Beitrag zählt.“

Wie stellt sich die Ehrenamts-Förderung bei Volkswagen heute dar? Gibt es Schwerpunkte?

Bei Volkswagen unterstützen wir das Ehrenamt auf vielfältige Weise. Das reicht von bezahlter Freistellung von der Arbeit für Rettungsdienst, Feuerwehr bis zur vollen Ausschöpfung des Bildungsurlaubsgesetzes, um Bildungsurlaub zu ermöglichen. Außerdem stellen wir einen Fahrzeugpool für Vereine und unterstützen dezidiert auch kleine Vereine in der Region, nicht nur den VfL Wolfsburg oder die Basketball Löwen. Monetär gesehen ist Volkswagen einer der größten Spender für die kleinen Vereine und die Stadtsportbünde.

Torben Dietrich
Da, wo Ralf Thomas gerne das Wochenende verbringt: Am Sportplatz des MTV Isenbüttel.

Vielen Dank für das Interview, Herr Thomas. Eine letzte Frage aber noch: Wo fühlen Sie sich in der Region am wohlsten?

Ehrlich gesagt: Auf dem Sportplatz des MTV Isenbüttel, meinem Verein, bin ich schon sehr, sehr gerne.