Wer mit der Bahn in Braunschweig ankommt betritt ein Areal, das in vielerlei Hinsicht ein Vorzeigeprojekt für innerstädtische Entwicklung werden kann. Zwischen Bahnanlagen, Wohngebieten, Industrie und Brachflächen soll rund um den Braunschweiger Hauptbahnhof ein neuer, moderner Stadtteil mit industriell geprägter Identität entstehen, der nicht nur Wohnen und Arbeiten auf neue Weise verbindet, sondern auch ein klimaneutrales Mobilitätskonzept verfolgt und verbindende Freizeit- und Kulturangebote anbietet: Es entsteht ein vielfältig nutzbarer Stadtraum, der es vermag, Menschen anzuziehen, die hier gern leben und arbeiten möchten.
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- Bahnstadt Braunschweig - urbanes Entrée mit überregionaler Strahlkraft
Bahnstadt Braunschweig
Urbanes Entrée mit überregionaler Strahlkraft
„Die Bahnstadt ist eine einmalige Chance für die Entwicklung unserer Stadt“, sagt Stadtbaurat Heinz-Georg Leuer. „Innerstädtische Entwicklungsflächen solcher Größe gibt es in den Städten kaum. Dort liegt großes Potential für Leben, Wohnen, Gewerbe und Kultur.“
Stadtentwicklung mit Bürgerbeteiligung
Die Bahnstadt umfasst einen Gesamtraum von 300 Hektar im Umfeld des Hauptbahnhofs, dem Hauptgüterbahnhof, den Flächen des teilweise stillgelegten Rangierbahnhofs, dem ehemaligen Eisenbahnausbesserungswerk an der A39 und dem Wohngebiet Bebelhof. 82 Hektar davon fallen in die Städtebauförderkulisse „Wachstum und nachhaltige Erneuerung“. Die Definition der Entwicklungsziele und die dazugehörige Erstellung der Rahmenplanung für dieses Gebiet, das zugleich erhebliche Entwicklungsdefizite, mit der Nähe zum Hauptbahnhof und zur Innenstadt aber auch besondere städtebauliche Potenziale aufweist, fand unter Öffentlichkeitsbeteiligung sowie zusammen mit Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur sowie dem Institut für Städtebau und Entwurfsmethodik der TU Braunschweig statt.
Aufbauend auf der Rahmenplanung hat die Stadt Braunschweig für eine circa 21 Hektar große Fläche in 2022 einen städtebaulich-freiraumplanerischen Realisierungswettbewerb für den Bereich „urbanes Quartier am Hauptgüterbahnhof“ ausgelobt, dessen Sieger 2023 mit der Hamburger Arbeitsgemeinschaft “prasch buken partner architekten partGmbB und GHP Landschaftsarchitekten Nikolaus Gurr + Christin Schierstedt” gekürt wurde.
Viele Mosaiksteine zu eigenständiger Identität verbinden
Der Maßnahmenkatalog für die Bahnstadt umfasst die städtebauliche Neuordnung, die Wieder- und Zwischennutzung freigelegter Flächen, die Verbesserung des öffentlichen Raumes und des Wohnumfeldes, die Aufwertung, Instandsetzung und Umbau des Gebäudebestandes sowie die Umsetzung von Grün- und Freiräumen. Es sollen Quartiere entstehen, die modernen Anforderungen bezüglich klimagerechter Bauweise, neuer Wohn- und Arbeitsformen sowie vernetzter Mobilität entsprechen und auch überregional Anziehungskraft ausstrahlen.
In städtebaulicher Hinsicht gilt es, den neuen Stadtteil im städtischen Kontext zu entwickeln und die vielen unterschiedlich genutzten Bereiche zu einer eigenständigen Identität zu verbinden. Die industrielle Prägung, wie auch die durch die Bahn geformte Identität des Ortes, sollen gewahrt bleiben. Einzelne Subquartiere sollen einen jeweils eigenständigen Charakter ausbilden und über attraktiv gestaltete Wegeverbindungen miteinander vernetzt werden. Soziale und integrative Einrichtungen im Quartier - wie die aus dem Engagement vor Ort gegründete „DIE H_LLE“ - sollen gestärkt und die bestehende Kulturszene weiterentwickelt werden.
Städtebauliche Maßnahmen und Verkehrskonzepte
Mittelfristig ist der Bau eines integrativen Nachbarschaftszentrums im Bebelhof geplant. Hier soll auch der bereits bestehende Stadtgarten Bebelhof mit seinen Räumlichkeiten und Außenanlagen einziehen. Dieser Ort wird als Experimentierort und neuer Treffpunkt im Quartier geplant und in klimaneutraler Bauweise mit Dach- und Fassadennutzung - gegebenenfalls auch für den Anbau von Obst und Gemüse - ausgeführt.
Das Ringgleis wird ausgebaut und die Bahnstadt mit den weiteren am Ringgleis liegenden Stadtteilen verbunden. Auch eine Abzweigung zur Ackerstraße soll den Bereich südlich der Gleisanlagen näher an den Bahnhof und die Innenstadt heranbringen. Weiterhin ist eine Aufwertung bzw. Neuanlage von Spiel- und Freizeitflächen im Bereich Bebelhof in Planung.
Ein ehemaliger Schießstand südlich des Siemens Standortes wurde bereits abgebrochen, um dort langfristig eine Verbindung zum neuen urbanen Quartier am Hauptgüterbahnhof herzustellen.
Ab 2030 könnten die ersten Wohnungen im Hauptgüterbahnhof bezogen werden. Durch die neue Schefflerstraße, die zum Gelände des ehemaligen Eisenbahnausbesserungswerks führt, kann die Borsigstraße deutlich von Verkehr entlastet werden. Damit besteht auch die Möglichkeit, mittelfristig Gewerbeflächen in diesem Gebiet zu entwickeln. Weitere architektonische und städtebaulich-freiraumplanerische Wettbewerbe, Konzept- oder Mehrfachbeauftragungen werden folgen.
Begrünte Freiraumflächen, Klimaschutz und Mobilität
Klimaschutzmaßnahmen werden bei der Entwicklung der Bahnstadt auf allen Ebenen umgesetzt. Auf den Freiraum bezogen bedeutet das zum Beispiel eine ressourceneffiziente Regenwassernutzung zur Vermeidung urbaner Hitzeinseln. Zu diesem Prinzip einer „Schwammstadt“ wird derzeit ein Entwicklungskonzept erarbeitet, ebenso wie ein Energiekonzept. Einige Maßnahmen wurden inzwischen konkret umgesetzt: Die Tannenberg- und Tilsitstraße sind als verkehrsberuhigte Anlage mit Pflanzflächen und Bäumen ausgebaut worden. Erste Bausteine des Schwammstadt- und Energiekonzepts werden gerade parallel zu den Quartierserschließungen realisiert.
Für das zukünftige Stadtklima werden vorhandene regionale Kaltluftleitbahnen und lokale Kaltluftströmungen für die Belüftung und Kühlung zukünftiger Wohn- und Arbeitsbereiche gesichert und genutzt. Stadtgrünflächen wie begrünte Dächer sollen auch zur Energieerzeugung und als Habitat für Tiere erschlossen werden, ein öffentlicher Park kann bei Starkregen als Retentionsbecken dienen.
Zusammen mit einem klimaneutralen Mobilitätskonzept, zu dem auch sinnvoll platzierte Quartiersgaragen und Mobilitätshubs gehören, kann die Bahnstadt so einen wichtigen Beitrag für die Einhaltung von Braunschweigs Klimazielen leisten.