Ein nachhaltiges Mindset ist gar nicht so schwierig. Ob Schule, Unternehmen oder Bürger wie du und ich: Hier zeigen wir Menschen aus der Region Braunschweig-Wolfsburg, die ihre Ernährung ohne Drama umgestellt haben, Urban Gardening betreiben oder als Schule eine europäische Auszeichnung gewonnen haben. Diese Beispiele zeigen: Jeder kann seinen ökologischen Fußabrduck verkleinern und muss nicht gleich die Welt retten. Macht man die Welt vor der eigenen Haustür besser, sind die ersten Schritte schon getan.
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Ökologischer Fußabdruck: Grüner leben ohne Drama
Nachhaltigkeit als Familienrezept
Wo einst das Ei in der Pfanne zischte, gibt nun das Öl den Ton an. Sellerieschnitzel haben die Fischstäbchen abgelöst und die Fleischwurst (meistens) Platz für die Tofufrikadelle gemacht. Die genussvolle Transformation hin zu einem vegetarischen und veganen Speiseplan hat sich bei Familie Hilmers ganz organisch entwickelt. Ursprünglich war es die Neurodermitis der Tochter, die die Familie zu einem Lebenswandel anregte – heute ist das einzig Juckende vielleicht nur noch die Neugier, welche vegetarischen Kombinationen noch möglich sind.
Die Eltern Heiko und Astrid und die drei Kinder nehmen die Sache mit dem ökologischen Fußabdruck so spielerisch wie ernst: Sie hinterfragen, woher ihr Essen kommt, wie es produziert wird und welche Zutaten es enthält. Auch die Fleischfrage wird ernsthaft gestellt.
Mitja, der neunjährige Sohn, hat den Wandel zum überwiegenden Vegetarier mit Bravour gemeistert. Auf seinem Teller tummeln sich zwar hin und wieder noch Meeresbewohner, doch die Hauptakteure sind frisches Gemüse und – als heimlicher Star – der selbstgemachte Käse. Übrig gebliebene Lebensmittel werden bei Familie Hilmer nachhaltig in Schraubgläser gepackt, „dann sehen wir gleich, was drin ist“, sagt Astrid.
Die Trash-Tracker: Mit Daten gegen verschmutzte Straßen
Eigentlich ist Braunschweig schön. Wenn da nicht dieser oder jener Zigarettenstummel wäre. Oder eine zerbrochene Glasflasche am Wegrand. Als Christopher Kloska und Shahryar Tavana vor zwei Jahren während ihrer Lockdown-Spaziergänge bemerkten, dass mehr Müll die Wege säumte, als ihnen lieb war, fassten sie einen Entschluss: Das Problem „Müll in der Umwelt“ muss mehrdimensional angegangen werden.
Beide motivierten erst den Freundeskreis und in der Folge immer mehr Menschen zum regelmäßigen Müllsammel-Spaziergang in Braunschweig. Das Equipment wird gestellt, jeder kann mitmachen. Das Phänomen wurde derart beliebt, dass auch der NDR schon berichtete.
Christopher Kloska und Shahryar Tavana gründeten einen gemeinnützigen Verein, der dem Abfall auch mithilfe von Daten nachhaltig zu Leibe rücken will. Mit smarten Ideen wie einer digitalen Karte für besonders vermüllte Gegenden („Trash-Hotzone“), digital vernetzten Mülleimern („TT Station“) und intelligenten Mülleimern mit Belohnungssystem soll das Trash Tracken nachhaltig für eine gesündere Umwelt und einen geringeren ökologischen Fußabdruck im lokalen Umfeld sorgen. „Wir sind Partner im Braunschweiger Nachhaltigkeitszentrum. Das ist ein wichtiger Schritt, weil wir für die Realisierung der digitalen Projekte verschiedene Stakeholder brauchen, etwa die Stadtverwaltung, BS Energy und natürlich ALBA“, sagt Christopher Kloska.
Die Trash Tracker unterwegs
Wolfenbüttel: Nachhaltigkeit in der Schule
Wird ein nachhaltiges Mindset früh trainiert, kann sich diese Einstellung ein ganzes Leben lang auswirken. Vorbildlich geht hier das Gymnasium Große Schule in Wolfenbüttel voran. Seit 2022 darf sie sich mit der Auszeichnung „Umweltschule in Europa/Internationale Nachhaltigkeitsschule“ schmücken – was mit dem Engagement von Biologie-Lehrerin Sabine Kottowski und einer Reihe Schülerinnen und Schüler zu tun hat. Mit der Gründung einer Umwelt AG wuchs der Anspruch, die eigenen Aktivitäten für einen solchen Titel auszubauen.
Die Bereiche Ressourcenschonung, Abfallmanagement und Vergrößerung der Biodiversität auf dem Schulgelände wurden als gemeinsames Ziel formuliert und seitdem innerhalb und außerhalb der Umwelt AG umgesetzt. „Wir wollen auch weiterhin diese Auszeichnung behalten und haben schon einige Projekte geplant“, sagt Kottowski. Begonnen hat dieses Jahr mit einer Multimedialen Veranstaltung an der Großen Schule. Der Titel: „Energievision 2050 – Wie wollen wir leben?“ Schülerinnen und Schüler der Klassen 6 bis 11 beschäftigten sich dafür im Vorfeld mit ganz konkreten Fragen zum Einsparen von Energie, der Schonung von Ressourcen und einem kleineren ökologischen Fußabdruck – mit einem nachhaltigen Mindset eben.
Grüne Oase und Wohlfühlort dank Urban Gardening
130 Quadratmeter voller Tomaten, Gurken, Zucchini, Mangold, Salate und vielem mehr – und das mitten in einem Wolfsburger Wohngebiet. „Dieser Garten ist für alle da“, sagt Linda Krüger, 1. Vorsitzende und Mitbegründerin des „Instituts für Zukünfte“ (ifz), der sich in verschiedenen Projekten dem Thema Nachhaltigkeit widmet. Eines davon ist das „Wurzelwerk“. Vor fünf Jahren hat sich eine kleine Gruppe Menschen in Wolfsburg zusammengetan, die sich zum Ziel gesetzt haben, den Menschen nachhaltige Ernährung und das Bemühen um einen kleineren ökologischen Fußabdruck näherzubringen. Und wo am Anfang noch Gemüse in Kisten gezogen wurde, entstanden schnell große richtige Beete. Was zunächst eine Stätte zum Anpflanzen und Ernten von Obst und Gemüse sein sollte, ist längst viel mehr geworden: ein Begegnungsort an dem nicht nur gegärtnert, sondern auch geredet, gelacht und musiziert wird.
Immer mittwochs um 18 Uhr ist im Wurzelwerk der „Tag des offenen Gärtnerns“. Da wird gemeinsam gesät, gehegt, gepflegt und später geerntet. Meist seien 10 bis 15 Hobbygärtnerinnen und -gärtner anwesend, so Krüger. „Das klappt super, in so einer Gruppe ist das Unkraut schnell gezupft und es macht gemeinsam viel mehr Spaß“, sagt Krüger.
Wenn Erntezeit ist, wird aufgeteilt, doch Linda Krüger sagt, den Menschen ginge es gar nicht in erster Linie darum, sich die Körbe vollzupacken und kostenlos an Gemüse und Obst zu kommen. Viel wertvoller wäre der Gemeinschaftsaspekt. Außerdem entstünde nachhaltig ein Bewusstsein für die Wertigkeit von Lebensmitteln und den ökologischen Fußabdruck. Wie kann es sein, dass die Gurke im Supermarkt so günstig ist, wenn doch so viel Arbeit und Zeit darin steckt? Das sei genau das, was der Verein mit seiner Arbeit bezwecken wolle, sagt Linda Krüger und sie kündigt an: dieses Jahr soll es noch mehr Veranstaltungen geben. Mehr Kultur, mehr Leben, mehr Beisammensein im grünen Garten mitten in Wolfsburg.