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Tag des offenen Denkmals auf Kramers Gut Stadt Helmstedt

Kramers Gut in Helmstedt wird Ort zum Lernen und Leben

Man stelle sich vor: Eine mehr als 400 Jahre alte, denkmalgeschützte Hofanlage in bester innerstädtischer Lage. Neun Gebäude auf 8000 Quadratmetern Grundfläche: ein Gutshaus mit einem riesigen Kamin im zentralen Wohnraum, eine Reithalle, Scheunen und Ställe. Das ist Kramers Gut in Helmstedt. Kramers Gut wartet darauf, dass neues Leben in die altehrwürdigen Mauern einzieht.

Bei meinem ersten Besuch bin ich überwältigt von der Größe und vom morbiden Charme des Anwesens. Im Gutshaus wandere ich durch wahre Zimmerfluchten: Parkett auf dem Boden, Stuck an den Decken, Gardinen vor den Fenstern. Die bisher letzten Bewohner, die Familie Kramer, sind vor nicht allzu langer Zeit ausgezogen.

In den Nebengebäuden zeigt sich, dass der landwirtschaftliche Betrieb hier im Zentrum Helmstedts schon länger ruht. Efeu rankt durch zerbrochene Scheiben. Die Speichergebäude aus der Spätrenaissance bedürfen einiger Arbeitsstunden, bevor sie mit neuen Nutzungen gefüllt werden können.

Jugendliche in Ideenfindung einbezogen

Seit Anfang 2024 ist die Stadt Helmstedt Gutsherrin. Gemeinsam mit der Stadtgesellschaft, wie es so schön heißt, soll Kramers Gut mit neuem Leben gefüllt werden. Und die Ideen sprudeln nur so. „Hier muss ein Kindergarten rein!“, ruft eine Frau, die zeitgleich mit mir den riesigen Dachboden des einstigen Kuhstalls erkundet. 

Die Reithalle nebenan eignet sich optimal als Veranstaltungsraum. Was kann man sich hier alles vorstellen: Konzerte, Theater, Hochzeitsfeiern... 

Bei der Stadt Helmstedt hat Louisa Biston mit ihrem Team ein erstes Nutzungskonzept entwickelt, in dem sich viele der gesammelten Ideen wiederfinden. Insbesondere die Jugendlichen der Stadt wurden in die Ideenfindung einbezogen. Entstehen soll demnach „ein Hof voller Leben, ein Ort der Begegnung und Gemeinschaft für Jung und Alt“.

Campus für angehende Fachkräfte entsteht

Im ersten Schritt wird eine Gruppe Jugendlicher ins Gutshaus einziehen. Sie absolvieren ein Freiwilliges Soziales Jahr bei der Jugendbauhütte Ostfalen der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD). Für die Jugendbauhütte soll in Kramers Gut ein Campus mit Wohn-, Lern- und Arbeitsräumen eingerichtet werden.

„Kramers Gut ermöglicht jungen Menschen, am Erhalt regional bedeutsamer Gebäude teilzuhaben“, sagt Karl-Heinz Broska, Leiter des DSD-Ortskuratoriums Helmstedt. „Unter Anwendung traditioneller Handwerkskunst lernen sie, was der eigene Einsatz und die Gemeinschaft für die Zukunft bewirken können. Auf Kramers Gut leben wir Denkmalschutz“, fährt Broska fort. 

Jugendbauhütte Jan Bosch
In den Jugendbauhütten können die Teilnehmenden traditionelles Handwerk erlernen.

Das ist auf Kramers Gut noch geplant

Der riesige Hof des Anwesens eignet sich bestens als Begegnungsfläche für alle Generationen und Menschen mit den unterschiedlichsten Interessen. Das Gutshaus wird wieder ein Ort zum Wohnen. Vorgesehen ist hier neben dem Wohnheim der Jugendbauhütte ein Gästehaus für auswärtige Besucher von Kunst- und Kulturveranstaltungen. Und Gastronomie darf an einem geselligen Ort dieser Art natürlich auch nicht fehlen.

Angesichts der großen Pläne war die Freude in Helmstedt riesig, als im Juli Post aus Berlin eintraf: „Kramers Gut“ wurde als einziges Projekt in Niedersachsen für das Förderprogramm „Nationale Projekte des Städtebaus“ ausgewählt. Von mehr als 100 Bewerbungen aus ganz Deutschland erhielten im Jahr 2024 nur 17 Vorhaben eine Zusage.  Das Bundesbauministerium unterstützt die Revitalisierung der denkmalgeschützten Hofanlage mit einer Förderung von 4 Millionen Euro.

Zeichen für die Entwicklung der Innenstadt gesetzt

Nun sind schnelle Fortschritte gewünscht. „Durch eine schrittweise Sanierung kann kurzfristig Leben in die Gebäude gebracht und Sichtbarkeit für die Aktivitäten erzeugt werden. Wir hoffen, so eine sich selbst verstärkende Dynamik in der Belebung zu erreichen“; Ziel ist ein neues, lebendiges Quartier, das die übrige Altstadt im positiven Sinne mitreißt“, erklärt Henning Konrad Otto, Erster Stadtrat und Projektverantwortlicher bei der Stadt Helmstedt .

Mit dem Kauf des Guts hat die Stadt Helmstedt ein Zeichen für die städtebauliche Entwicklung der Innenstadt gesetzt. Das historische Anwesen wird zu einem Motor des Quartiers – „ein Hof voller Leben, ein Ort der Begegnung und Gemeinschaft für Jung und Alt“. So steht es in der Potenzialanalyse aus 2023. 

Schon heute hat Kramers Gut viel bewegt. Lange geisterte das inmitten der Altstadt gelegene Gut durch die kreativen Köpfe aller, die daran vorbei gingen oder davon gehört hatten. Alle Ideen verschmelzen zu einem einzigen Konzept, das nun umgesetzt werden kann. 

Kramers Gut in Helmstedt aus der Luft Max Horrmann, DSK GmbH
Kramers Gut in Helmstedt aus der Luft