Verena Sohns begleitet die Wirtschaftsfrauen Braunschweig auf einer Tour durch den Wald. Neben Frühblühern, Forstbegriffen und einer Menge guter Luft sprechen sie mit einer Försterin über die Enstehung des Begriffes „Nachhaltigkeit“ – und seiner Bedeutung damals und heute.
- Leben & Freizeit
- Wohnen
- Nachhaltigkeit: Mit der Försterin auf Spurensuche
Mit der Försterin auf Spurensuche
Die Wirtschaftsfrauen Braunschweig auf Waldwegen
Nachhaltigkeit? Woher kommt das Wort überhaupt? „Erstmals wurde der Begriff von Hans-Carl von Carlowitz verwendet, einem sächsischen Berghauptmann, der im 18. Jahrhundert lebte“, erzählt Försterin Antje Feldhusen ihren aufmerksamen Zuhörerinnen. Sie ist nach Feierabend in ihrem Revier unterwegs, begleitet von einer Gruppe der Wirtschaftsfrauen Region-Braunschweig e.V., die etwas über den Wald und nachhaltige Forstwirtschaft erfahren wollen.
Bärlauch, Bockskraut und tote Buchen
Feldhusens Wald umfasst drei „Forstorte“, einer davon ist der leicht hügelige Dorm nahe Königslutter. Die Försterin macht die Frauen auf die zahlreichen Frühblüher aufmerksam, die jetzt noch schnell, bevor sich das Laubdach der Bäume schließt, ihre Fortpflanzung sichern wollen. Wie beispielsweise das weiße Buschwindröschen, das zusammen mit lila Veilchen und gelbem Scharbockskraut den Erdboden bedeckt. Eine Waldschlüsselblume steht ebenfalls in voller Blüte, nicht weit weg wachsen zarte Leberblümchen. In größeren Partien ragen die weißen Blüten des Bärlauchs wie kleine Sterne aus dem grünen Laub und wecken erste Begehrlichkeiten bei den Waldgängerinnen.
An einer Stelle lenkt Antje Feldhusen den Blick dagegen nach oben. Dieser Teil des Waldes wurde unter Schutz gestellt, die Waldfläche soll sich natürlich entwickeln, eine sogenannte NWE-Fläche (Natürliche Waldentwicklung). Doch ob geschützt oder nicht - viele der Buchen, die hier stehen, sind geschädigt oder sogar teilweise schon abgestorben. „Diese Entwicklung sehen wir in den letzten Jahren leider häufiger. In diesen heißen und trockenen Jahren tut sich die Buche deutlich schwerer als sonst. Aber auch wenn einige Buchen absterben, heißt das nicht, das der Wald stirbt, beruhigt Feldhusen, es kommt ja viel Grün nach. „In dieser speziellen Zone hier machen wir nichts mehr, sondern beobachten nur“, erklärt die Försterin.
"Nachhaltigkeit" erstmals 1713 benutzt
Weiter geht es auf einem schmalen Pfad. „Früher hatte man gar keine Ahnung, wie schnell ein Baum, ein Wald überhaupt wächst. Wenn alles abgehauen war, ist man einfach weitergezogen. So wurde seit dem Mittelalter ein Großteil des Harzes für den Bergbau kahlgehauen. Unter diesem Eindruck hat Carlowitz erstmals ein Prinzip formuliert, dass nicht mehr Holz genutzt werden sollte, als nachwächst. Das war die Geburtsstunde des Ausdrucks Nachhaltigkeit, also einst ein rein forstlicher Fachbegriff“, erläutert Antje Feldhusen. Dieser angeblich so moderne Begriff wird also bereits seit fast 300 Jahren verwendet, hat aber im Laufe der Zeit eine deutliche Erweiterung erfahren. Denn das moderne Leitbild der nachhaltigen Forstwirtschaft umfasst auch gesellschaftliche, ökologische, ökonomische und soziale Belange.
Was bedeutet Nachhaltigkeit heute?
Und was wird heute außerhalb des Waldes in modernen Wirtschaftsunternehmen unter Nachhaltigkeit verstanden? Die Wirtschaftsfrauen überlegen. Ressourcen schonen ist ein Punkt, der mehrmals genannt wird, zum Beispiel weniger Papier verbrauchen. Oder weniger Strom durch die Umstellung auf LED. Energieeffizienz ist in vielen Unternehmen wichtig, etwa durch Absenken der Raumtemperatur gesenkt oder des Wassertemperatur.
Auch das Solardach oder die Umstellung auf Erdwärme spielen eine Rolle. Müllvermeidung und -trennung ist ein Thema. Ebenso soziale Verantwortung - wie gehe ich mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern um. „Auch wenn nicht immer unter diesem Begriff, aber es ist sicher in allen Unternehmen ein Thema und wird auch von den Mitarbeitenden eingefordert“, so eine Teilnehmerin. Ab einer gewissen Unternehmensgröße müsse ja zudem ein Nachhaltigkeitsbericht erstellt werden.
"Buchstaben" kommt von "Buche"
So langsam lockt die Waldhütte, in der eine gemeinsame Stärkung aus dem Rucksack geplant ist. Auf einem kleinen Hügel bleibt die Revierleiterin noch einmal stehen. Was denn die verschiedenen Zeichen an den Bäumen bedeuten, möchte eine der Wirtschaftsfrauen wissen. „Das X bedeutet zum Beispiel, das dieser Baum zu einem Habitatbaum erklärt wurde. Der soll stehen bleiben und alt werden“, erklärt Feldhusen. „Hier stehen viele Eichen, die wir besonders erhalten wollen, dafür muss dann mal die eine oder andere Buche weichen. Die sind dann mit einem Strich gekennzeichnet. Übrigens wurden die germanischen Runen früher auf Buchenstäbe eingeritzt, das Wort „Buchstaben“ leitet sich von diesen Buchenstäben ab“, erfahren die Frauen bei der Gelegenheit.
Nach einer Stunde ist der Pavillon auf der Wegegabelung erreicht. Der leichte Nieselregen hat der Stimmung keinen Abbruch getan. Der informative Waldgang inklusive Mitbring-Büfett im Wald war nach Meinung der Braunschweiger Wirtschaftsfrauen auf jeden Fall ein nachhaltiges Vergnügen.
Weitere Infos:
Die Anfänge der Nachhaltigkeit
Hans-Carl von Carlowitz verfasste ein Buch über die Ökonomie der Waldkultur, die „Silvicultura oeconomica", das 1713 erschien. „…Wird derhalben die größte Kunst, Wissenschaft, Fleiss und Einrichtung hiesiger Lande darinnen beruhen, wie eine sothane Conservation und Anbau des Holzes anzustellen, dass es eine continuierliche, beständige und nachhaltende Nutzung gebe; weilen es eine unentbehrlich Sache ist, ohne welche das Land in seinem Esse nicht bleiben mag."
Ein weiterer bedeutender Forstmann, Georg Ludwig Hartig, formulierte 1819 zur Nachhaltigkeit, „…dass die Nachkommenschaft wenigstens ebenso viel Vortheil daraus ziehen kann, als sich die jetzt lebende Generation zueignet".
Eine wegeisende Maxime, nicht nur in Bezug auf Holz, sondern für alle Lebensbereiche und unverändert aktuell.
Quelle: waldwissen.net
Wirtschaftsfrauen Braunschweig e.V.
Der Verein Wirtschafts-Frauen versteht sich als Business-Netzwerk zur gegenseitigen Unterstützung und gemeinsamen Austausch. Neben Unternehmerinnen, Freiberuflerinnen und Existenzgründerinnen, möchte der Verein (seit 2011) besonders Angestellte in verantwortlichen Positionen mit verschiedenen Angeboten ansprechen. Das erweiterte geografische Einzugsgebiet der Mitgliedsfrauen umfasst die Region Braunschweig, zu der auch Stadt und Landkreise Peine, Salzgitter, Wolfenbüttel, Gifhorn, Wolfsburg, Helmstedt und Goslar zählen.