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Pinke Einhörner auf Besen
Braunschweigs Broomicorns über Quidditch

Menschen, die auf Besen reiten und Bälle jagen? Was erst einmal nach einem Witz klingt, ist bei genauem Hinsehen eine vielseitige und anspruchsvolle Sportart: Quidditch. Der Sport ist an die Harry-Potter-Bücher angelehnt, in welchen sich die Protagonisten heiße Gefechte in den Lüften liefern, um den goldenen Schnatz zu fangen, der ihrer Mannschaft den Spielsieg verspricht.

Neue Sportart mit immer mehr Mannschaften

2005 haben zwei Studenten die erste reale Quidditch-Mannschaft in den Vereinigten Staaten gegründet. Heutzutage ist der Sport weltweit vertreten. Es gibt Nationalmannschaften, eine internationale Quidditch-Organisation und eine alle zwei Jahre stattfindende Weltmeisterschaft. In Deutschland existieren aktuell ungefähr 22 Quidditch-Mannschaften, überwiegend studentisch organisiert – Tendenz steigend. Doch was genau ist Quidditch eigentlich? Um das herauszufinden, habe ich mich mit der ersten Quidditch-Mannschaft Braunschweigs verabredet: den Broomicorns.

Quidditch: Anspruchsvoller Sport hinter bunter Fassade

„Wir selber bezeichnen Quidditch immer als eine Mischung aus Rugby, Football und Handball“, erzählt mir Carla, 24 Jahre alt und Studentin an der TU Braunschweig. Vor etwas über einem Jahr gründete sie zusammen mit drei weiteren Freunden die Broomicorns. Was damals eher als Scherz gedacht war, entwickelte sich schnell zu einem ernst zu nehmenden Hobby, dem sich mit der Zeit immer mehr Personen anschlossen. Heute sind es 25 Teammitglieder, die sich zweimal in der Woche bei Wind und Wetter auf dem Sportplatz treffen, um für kommende Turniere zu trainieren.

Der Name Broomicorns ist eine Wortschöpfung, die sich aus den englischen Wörtern für Einhörner (Unicorns) und Besen (Brooms) zusammensetzt. Das Logo der Mannschaft ist folgerichtig auch ein auf einem Besen reitendes Einhorn in Pink. „Wir betrachten uns selbst schon ein bisschen mit einem Augenzwinkern. Häufig unterschätzen uns unsere Gegner deshalb, was uns wiederum einen Vorteil auf dem Spielfeld sichert. Wir kokettieren mit den Klischees. Dennoch ist es uns sehr wichtig, dass unser Sport Anerkennung bekommt. Es wäre toll, wenn  die Leute mehr hinter die bunte Fassade schauen und dahinter den ernst zu nehmenden und anspruchsvollen Sport sehen würden.“

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Schnatz, Quaffel und Hoops

Es ist bestimmt schon 15 Jahre oder noch länger her, dass ich die Harry-Potter-Bücher gelesen und somit über das Spiel Bescheid wusste. Deswegen bitte ich Carla, mir erst einmal zu erklären, wie das Grundprinzip des Spiels abläuft. „Es gibt zwei Mannschaften, bestehend aus sieben Spielern: einem Hüter, zwei Beatern, drei Jägern sowie einem Schnatzfänger“, erklärt Carla. „Die Jäger spielen mit dem Quaffel – einem Volleyball – und probieren mit diesem Tore zu erzielen. Ein Tor zählt dann, wenn ein Quaffel durch einen Torring, dem Hoops, fliegt. Der Hüter beschützt die Torringe und die Beater versuchen, den gegnerischen Spieler mit einem Dotchball ab- und somit aus dem Spiel zu werfen“, ergänzt sie.

Nach der 17. Minute kommt der Schnatz ins Spiel. Das ist ein Mensch mit einer Socke an der Hose, in der ein Tennisball ist. Die Schnatzfänger probieren diesen Schnatzball zu fangen. Wer ihn fängt, erhält 30 Extrapunkte zuzüglich zu den Torpunkten, die der Quaffel erzielt hat. Wenn der Schnatz gefangen wurde, endet das Spiel. Ansonsten gibt es keine Zeitbeschränkungen. Gewonnen hat, wer am Ende die meisten Punkte hat.

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Voller Körpereinsatz

Auf dem Feld sieht das ungefähr so aus: Mehrere Personen rennen mit einem Stock, dem sogenannten Broomstick, zwischen den Beinen über das Spielfeld, versuchen sich gegenseitig Bälle zuzuspielen und gehen dabei mit vollem Körpereinsatz gegen ihre Gegner vor. Es wird gerempelt, gerufen, gesprintet und geworfen, was das Zeug hält. „Der Sport besteht aus vielen Sprints und vollem Körpereinsatz beim Teckeln“, bestätigt mir Carla. „Außerdem ist Orientierung und Treffsicherheit gefragt. Anders als bei anderen Sportarten gibt es auch kein Time-out nach einem Tor. Es wird direkt weitergespielt.“

Viele Teammitglieder hatten vor ihrem ersten Kontakt mit den Broomicorns gar kein Interesse an Sport. Andere wiederum kommen aus dem Handball oder haben bereits verschiedene Teamsportarten beim Uni Sport an der TU Braunschweig ausprobiert. „Es gibt sehr viele, die der Sport durch das Harry-Potter-Ding anspricht. Da kommen dann auch Leute her, die sonst vielleicht nicht zum Sport kommen würden“, erzählt mir David, ebenfalls Gründungsmitglied bei den Broomicorns. „Häufig packt sie dann bei uns der Ehrgeiz und sie beginnen zusätzlich zum Training noch die Ausdauer durch Laufen oder andere Sportarten auszubauen.“

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Noch ist die Fangemeinde in Deutschland eher übersichtlich. Doch die Broomicorns sind zuversichtlich, dass ihr Sport bald auch auf größerer Ebene bekannt wird. Und wer weiß, vielleicht ist ja irgendwann sogar mal ein Broomie in der deutschen Nationalmannschaft zu finden. Ich wünsche es den sympathischen Jungs und Mädels auf jeden Fall!