Hartmut Schölch Martina Zingler

Mitgehen und verändern –
Salzgitters Fachdienstleiter Kultur

Salzgitter hat sie: kulturelle Highlights, die über die Grenzen der Stadt hinaus für ihre Qualität bekannt sind. Zum Beispiel das Museum Schloss Salder mit seinen Sammlungen und der jährlich stattfindenden Ausstellung „Salon Salder“ mit Kunst aus niedersächsischen Ateliers. Auch der Kultursommer, bei dem regelmäßig bekannte Stars auftreten, die atmosphärische Kulturscheune oder die fast schon legendäre „KniKi“, die Kniestedter Kirche mit ihrem abwechslungsreichen Programm aus Kleinkunst, Kabarett und Musik, erfreuen sich großer Beliebtheit. Doch für Hartmut Schölch, seit Sommer 2018 Fachdienstleiter Kultur in der Salzstadt, sind es nicht allein die großen Leuchtturmprojekte, die in Zukunft die kulturelle Identität Salzgitters prägen sollen. Auch die ‚leisen Töne’, die den Alltag der Menschen berühren, sollen ein strukturgebendes Element werden.

Kulturscheune

Mitten im „Kulturensemble“ im Alten Dorf von Salzgitter-Lebenstedt treffe ich Hartmut Schölch. Im Juli 2018 hat er die Leitung des Fachdienstes Kultur übernommen. Das Kulturamt ist in einem Fachwerkhaus untergebracht, der Alten Feuerwache. Im gleichen Haus sitzen das Literaturbüro und die Kunst- und Kreativschule. Gleich um die Ecke geht es zur Kulturscheune, in der unter anderem die gemütlichen Scheunenlounge-Konzerte stattfinden. Das Büro des neuen Kulturamtsleiters – eher amtlich schlicht. Der Zwiespalt, den die Räumlichkeiten so offensichtlich darstellen, zieht sich durch Schölchs Leben wie ein roter Faden: „Einschlägig kulturell vorbelastet“, wie Schölch mit einem Schmunzeln berichtet – die Großmutter Laienschauspielerin, die Mutter versiert am Akkordeon und an der Flöte, kam Schölch schon früh mit Musik in Berührung. Der Vater, ein Physiker, repräsentierte eher die nüchterne Seite der Wissenschaft.

 

Nutzloser Studiengang?

Zum Studium zog Schölch von München nach Hildesheim. Seine Studiengänge Angewandte Kulturwissenschaften, Politik und Philosophie galten gemeinhin als nutzlos. Noch gab es kaum Erfahrungen, in welche Berufe die Studienabgänger entlassen werden sollten. Als „Generation der Orientierungslosen“, bezeichneten und empfanden sich Schölch und seine Kommilitonen selbst. Das Potential, das diese Kombination, dieses Nicht-Festgelegt-Sein, barg, war den jungen Studierenden in vollem Umfang gar nicht bewusst. Heute kann Schölch auf viele wichtige Erfahrungen zugreifen. Nicht nur aus seinem Studium, sondern auch aus allem, was danach folgte: Jahre, in denen er selbst als Musiker unterwegs war und sich nebenbei um die Finanzen seiner Band kümmerte. Seine Zeit als Veranstaltungsorganisator in Hildesheim oder beim Forum für Kunst und Kultur in Heersum – stets gratwandernd zwischen Kultur und Finanzen.

 

Doch ins Amt

Was er sich eigentlich nie hatte vorstellen können – dauerhaft im öffentlichen Dienst zu arbeiten – wurde dann doch Realität. Schölch wurde Kulturamtsleiter der Stadt Waldshut-Tiengen im südlichen Baden-Württemberg. 17 Jahre hielt es ihn dort. Bis sich die Gelegenheit ergab, wieder in den Norden zurückzukehren. Mit Salzgitter ist Schölch schon früher in Kontakt gekommen: 1988 für ein Praktikum an der Musikschule Salzgitter und zehn Jahre später als Sachgebietsleiter für Veranstaltungen und Werksleiter der Kulturscheune. Als er dieses Jahr wieder in die Salzstadt zurückkehrte, habe er über die kulturelle Landschaft in Salzgitter „gestaunt und sich gefreut“. „Ich habe den Kulturbetrieb hier als sehr produktiv empfunden“, so Schölch. Eines seiner Lieblingsprojekte ist das Klesmerfestival, das jedes Jahr in Salzgitter-Bad stattfindet und ein breites Spektrum internationaler Folkmusik bietet. „Ein tolles Thema und ein schöner Standort“, sagt Schölch. Aber keine Großveranstaltung wie manch andere Konzertreihe in der Region.

Struktureller Wandel als Chance

Gerade diese „leisen Töne“ liegen Schölch aber am Herzen. Sozialverträglich sollen die Kulturprojekte sein, nah am Menschen, nicht beliebig. „Natürlich müssen wir mit den vorhandenen Strukturen hier in Salzgitter arbeiten“, sagt Schölch. „Aber wer nicht den strukturellen Wandel mitgeht, wird verschwinden. Formate überholen sich, auch in der Kultur.“ Eine wichtige Rolle in der kulturellen Entwicklung wird die Vernetzung der Kulturschaffenden untereinander sein. Gemeinsame Projekte, von denen alle etwas haben. Ausgetretene Pfade verlassen, mitgehen und verändern – so könnte die Zukunft der Kultur in Salzgitter aussehen.

Ein konkretes Projekt ist bereits für das nächste Jahr in Planung. 2019 ist das Jahr des Saxophons, und so will sich auch der Fachdienst Kultur diesem Instrument auf verschiedene Weise widmen. Eine bauhistorische Ausstellung zum Instrument ist geplant, ebenso wie Lesungen und Konzerte von März bis November. „Jedes Fachgebiet und mancher Verein ist beteiligt“, berichtet Schölch. So wird es unter anderem einen Saxophon-Workshop im klassischen Bereich und im Rahmen des Kultursommers ein Sonderkonzert mit der deutschen Jazz- und Saxophon-Legende Klaus Doldinger geben. Selbst das geplante Abschlusskonzert der Reihe, ein Auftritt des Tango-Quartetts Quadro Nuevo, in diesem Fall organisiert von der Kleinkunstbühne, passt unter den Deckel – eines der Hauptinstrumente der Combo: das Saxophon.

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