Header image Laura van Joolen

Neubürgerin im Landkreis Helmstedt
Bunte Wochenenden fernab der stressigen Stadt

Das kleine Dorf Frellstedt am Elm mit seinen 800 Einwohnern rückt zusammen, streckt die Fühler aus und möchte gemeinsam mit den Nachbargemeinden Räbke und Süpplingen was bewegen.

Endlich Wochenende ... ich packe meinen Laptop, meine Tasche, gieße die Blumen und verabschiede mich von meiner Einzimmerwohnung in Hannover Linden. Steige auf mein Fahrrad, das ich in der Fahrradstation abgebe, hetze zwischen Menschenmassen auf Gleis 13 und steige in den Zug nach Braunschweig. Nach einer halben Stunde steige ich in die Regionalbahn nach Magdeburg, die Geschwindigkeit des Zuges wird langsamer, die Menschen um mich herum ruhiger: Braunschweig, Weddel, Königslutter, Frellstedt. Leise hält der Zug – häufig ohne Ansage – ich steige aus. Der Zug fährt still und langsam weiter und ich stehe mitten in der Ruhe, atme frische Luft, höre Vogelgezwitscher und blicke in das Grün des gegenüberliegenden Kleingartenvereins. Ich bin angekommen in einer Welt, die langsamer, achtsamer und irgendwie wirklicher ist. Aber was ist wirklicher an einer kleinen Gemeinde mit 800 Einwohnern, einem kleinen Bach, einer Kirche, vielen einfachen Fachwerkhäusern, Neubaugebieten, einer Bibliothek und einem kleinen Dorfplatz mit einem Bücherschrank? Vielleicht sind es die Ruhe und die Offenheit, die die Menschen ausstrahlen, wenn sie einem auf der Straße begegnen. Und die Möglichkeiten, die sich im Miteinander auftun.

Aufbruchsstimmung in Frellstedt

Da ist zum Beispiel die Grüne Bank: Sie steht an eine Hauswand gelehnt, davor ist ein Schild, auf dem EIS steht. Hier treffen sich im Sommer täglich fünf bis 15 Leute und warten auf den Eismann. Um sich die Wartezeit auf den kleinen weißen Bus zu versüßen, haben sie Saft, Bier und manchmal auch einen Grill am Start, erzählen sich Geschichten vom Tag, tauschen Marmelade gegen Eier und fragen sich immer wieder mal, ob der Eismann heute denn pünktlich ist.

Da ist das alte Fachwerkhaus an der Schunter, das vor einem Jahr noch total zugewuchert war und sich nun als Atelierhausbaustelle langsam mausert und ein spannender Ort zu werden scheint. Oder da ist der neue Verein Frelle e.V., der sich Kulturverein nennt und Begegnungen im Dorf schaffen möchte. Mit regelmäßigen Dorftreffs zu Themen wie Spielorte, Dorfgestaltung, Mobilität und der Internetplattform nebenan.de entstehen neue Ideen für das Dorf. So kam beispielsweise im Herbst der Mostexpress nach Frellstedt, um Äpfel aus dem eigenen Garten zu pressen und als gefüllte Saftkartons auszuspucken. Es finden improvisierte Filmabende statt oder werden Weihnachtsbäume mit einer speziellen Tombola verkauft, in der die Preise von Menschen gestaltet werden, die hier in Frellstedt leben.

 

Am Wochenende: Landleben mit allem Drum und Dran

Daneben gibt es auf dem Land immer was zu tun: Dann muss man den Garten umgraben, säen, jäten, ernten, Kirschen, Pflaumen, Äpfel, Kürbisse, Bohnen, Tomaten und Mangold verarbeiten ... Es ist viel Arbeit und eine bewusste Entscheidung, die man trifft. Auf dem Land zu leben, sich um Haus und Hof zu kümmern, oder in der Stadt, in der der nächste Bioladen um die Ecke dieselben Produkte und noch vieles mehr verkauft. Im Moment habe ich noch beides: Stadt und Land.

Erfüllt zurück nach Hannover

So packe ich Montag früh wieder meine Taschen, atme noch einmal die Luft, verabschiede mich von Katze, Garten und Partner, stehe auf dem unbeschrankten Bahnübergang und steige in den Zug, der leise hält und mich wieder nach Braunschweig und Hannover bringt. In dieser einen Stunde verabschiede ich mich langsam von der Ruhe, lese meine Mails, stimme mich auf die Arbeit ein. Es ist schön zu wissen, dass es diesen tollen Ort gibt, der langsam aufwacht, die Gemeinschaft wieder für sich entdeckt und gemeinsam Dinge auf die Beine stellt. Denn das macht das Leben wirklich lebenswert.