Wasserstoff wird global als der nachhaltige Energieträger unserer Zukunft gehandelt. Er hat ein hohes Energiepotenzial, verbrennt sauber, kann gut transportiert werden und lässt sich vielseitig als Alternative zu fossilen Brennstoffen einsetzen. Auf dem Weg zu einer klimafreundlicheren Zukunft gilt er deshalb als unabdingbarer Baustein für Forschung und Wirtschaft.
Der Wasserstoffcampus und sein Potenzial
Salzgitters Blick in eine grüne Zukunft
Um den Energieträger in ausreichendem Maße gewinnen und nutzbar machen zu können, wird weltweit an Konzepten für eine nachhaltige Wasserstoffwirtschaft gearbeitet. Deutschland gilt in diesem Kontext als Vorreiter, haben hier doch gleich mehrere Regionen Initiativen zur Förderung von Wasserstofftechnologien ins Leben gerufen. Eine dieser Regionen ist Salzgitter mit dem bundesweiten Leuchtturmprojekt Wasserstoffcampus.
Gemeinsam für eine grüne Zukunft
Das Projekt vereint gleich mehrere große Player der Region, die unter der wissenschaftlichen Führung des Fraunhofer-Institutes für Schicht- und Oberflächentechnik (IST) zusammenarbeiten. Hierzu gehören Unternehmen wie die Robert Bosch Elektronik GmbH, die Salzgitter AG, MAN Energy Solutions SE, Alstom Transport Deutschland GmbH und die WEVG Salzgitter GmbH und Co. KG. Aber auch die Stadt Salzgitter sowie das Amt für regionale Landesentwicklung Braunschweig sind am Wasserstoffcampus beteiligt.
Seit 2019 entwickeln Forschungseinrichtungen und Unternehmen gemeinsam Wasserstofflösungen und erarbeiten Wege, um diese in der realen Welt auf Herz und Nieren zu überprüfen. Langfristig, so das Ziel, soll Niedersachsen zu einem der wichtigsten Kompetenzzentren für Wasserstoff werden. Die positiven Auswirkungen dieses Vorhabens auf die hiesige Wirtschaft könnten von großer Bedeutung für die Lebensqualität aller Menschen in der Region sein.
Erste große Schritte
Einen Meilenstein in der Arbeit des Wasserstoffcampus hat das Programm SALCOS® gesetzt. SALCOS ist die Kurzform für „Salzgitter Low CO2 Steelmaking“. Dieses Verfahren ermöglicht die nahezu klimaneutrale Stahlproduktion, indem Wasserstoff im Herstellungsprozess die klimaschädliche Kohle ersetzt.
Im herkömmlichen Prozess wurde in den Hochöfen Kohle genutzt, um Eisenerz zu reduzieren. Das dabei freiwerdende CO2 gelangte in die Atmosphäre. Das neue Verfahren findet in sogenannten Direktreduktionsanlagen statt. Hier reagiert Wasserstoff mit dem Sauerstoff im Eisenerz, wobei Eisenschwamm, also fast reines Eisen entsteht. Statt CO2 entsteht bei dieser Reaktion Wasserdampf, der im weiteren Herstellungsverfahren verwertet werden kann. Die Salzgitter AG plant, die erste SALCOS®-Direktreduktionsanlage 2026 in Betrieb nehmen und die klassischen Hochöfen schrittweise zu ersetzen.
Nachhaltiger Strom als Grundvoraussetzung
Um Wasserstoff produzieren zu können, wird Strom benötigt. Dies liegt am Produktionsverfahren: Bei der Elektrolyse, dem am häufigsten verwendeten Herstellungsverfahren, wird Wasser (H₂O) in Wasserstoff (H₂) und Sauerstoff (O₂) zerlegt. Hierfür wird an zwei Elektroden – eine positive und eine negative –, die sich im Wasser befinden, Strom angelegt. Dies führt dazu, dass die Wassermoleküle in Bewegung geraten und die chemische Bindung in den Molekülen aufgebrochen werden kann. An der negativen Elektrode sammelt sich schließlich Wasserstoffgas, während an der positiven Elektrode gasförmiger Sauerstoff entsteht.
Um möglichst klimaneutralen Wasserstoff zu erzeugen, ist es nötig, für diesen Prozess auf Strom aus regenerativen Quellen zurückzugreifen. Das SALCOS Sektorkopplungsprojekt „Windwasserstoff Salzgitter“ hat auf dem Gelände des Salzgitter-Konzerns hierfür sieben Windkraftanlagen mit einer Leistung von 30 Megawatt errichtet. Ziel ist es, auf diesem Weg Erfahrungen mit der Vor-Ort-Produktion von Wasserstoff und dessen Einbindung in ein integriertes Hüttenwerk mit seinen komplexen Produktionsprozessen zu sammeln.
Eine weitere Elektrolyse wird im Rahmen des Projektes GrInHy2.0 betrieben. Der Hochtemperatur-Elektrolyseur ist weltweit der größte seiner Art und arbeitet hocheffizient. Hierbei wird Dampf aus industrieller Abwärme der Stahlerzeugung für die Herstellung von Wasserstoff genutzt. Beide Anlagen können den heutigen Wasserstoff-Bedarf für Glühprozesse und für die Stahlveredelung abdecken, langfristig ist der Bedarf jedoch deutlich höher. Der Ausbau nachhaltiger Stromerzeuger könnte hier ein wichtiger Schritt sein, der allen in der Region zugute kommt.
Wirtschaftliche Stabilität durch neue Arbeitsplätze
An den Ausbau der Versorgungsnetze, den Bau neuer Werke, in denen Elektrolyse stattfinden kann sowie die Entwicklung von Lösungen für den Transport von Wasserstoff sind neue Arbeitsplätze gekoppelt. Dieses Potenzial könnte Salzgitter zu einem der wirtschaftlichen Hotspots der Zukunft machen.
Video: Zu Besuch im Wasserstoffcampus Salzgitter
Denkbar ist auch, dass sich innovative Geschäftszweige in der Region niederlassen, um vom wachsenden Wasserstoff-Netzwerk zu profitieren.
Durch fachspezifische Bildungsangebote und Schulungsprogramme im Bereich Wasserstofftechnologien können Fachkräfte vor Ort qualifiziert und durch attraktive Arbeitsplatzangebote an die Region gebunden werden. Bereits heute bietet das Konglomerat Wasserstoffcampus jährlich diverse Workshops, Fachvorträge und Ausstellungen an, die auf Wissensvermittlung setzen. Diese Angebote wenden sich vor allem an den Mittelstand, um diese Unternehmen auf dem Weg hin zur Wasserstoffnutzung zu beraten und zu informieren.
Ein Plus an Lebensqualität für alle
Um Fachkräfte in der Region zu halten, braucht es jedoch langfristig mehr als attraktive Jobs. Auch die Infrastruktur sowie das Angebot an Freizeitangeboten und sozialen Einrichtungen, die zum Beispiel die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen, müssen langfristig weiterentwickelt werden. Anpassungen in diesem Bereich kommen am Ende allen Menschen in der Region zugute.
Daneben ist damit zu rechnen, dass sich die Luftqualität in der Region um Salzgitter verbessern wird. Schließlich will Salzgitter als Modellregion künftig in allen Bereichen vermehrt Wasserstoff anstelle von fossilen Energieträgern nutzen.
Nicht zuletzt könnte die Entwicklung von Wasserstoffinfrastrukturen die Mobilität in der Region revolutionieren, indem emissionsfreie Verkehrsmittel gefördert werden. Schon heute geht man davon aus, dass diverse neuartige Mobilitätskonzepte vor Ort realisiert werden könnten. So kann Salzgitter zu einer Vorzeigeregion im Bereich nachhaltiger Mobilität werden. Man darf also mit Fug und Recht behaupten: Salzgitter steht eine grüne Zukunft bevor!