Die Zukunft begann für mich Mitte der 1980er-Jahre. Für schlappe 150 DM erwarb ich damals meinen ersten Computer: einen Commodore 64, gebraucht. Hightech vom Feinsten. Ich erinnere mich noch gut daran, wie mein damaliger Freund mir seinen ausgemusterten C64 vorbeibrachte und installierte. Die klobige Tastatur erinnerte an einen Brotkasten und wurde umgangssprachlich auch so bezeichnet. Das externe Diskettenlaufwerk, ein VC 1541, war wegen seiner unzureichenden Geschwindigkeit als Schneckenkarussell verschrien. Zur digitalen Erstausstattung gehörte schließlich noch ein Freudenknüppel, also Joystick, sowie ein Monitor, der zwar schon bernsteinfarben flimmerte, aber noch so voluminös war wie zwei aufeinander gestapelte Schuhkartons.
Willkommen im Oker-Valley
Die große Zeit von Commodore in Braunschweig
Schreibmaschine und Tipp-Ex hatten damit ausgedient. Gedichte, Kurzprosa und Artikel für das hiesige Stadtmagazin erstellte ich fortan – ganz auf der Höhe der Zeit – am Computer. Natürlich spielte ich auch mit dem C64, solange der Joystick den Belastungen Olympischer Sommer- und Winterwettkämpfe sowie anderen seinerzeit populären PC-Games standhielt.
Eine Ewigkeit im Zeitalter der Digitalisierung
30 Jahre liegt das alles inzwischen zurück – im Zeitalter der Digitalisierung eine Ewigkeit. Die Ausstellung auf dem Firmengelände der Streiff & Helmold GmbH „Commodore in Braunschweig – Eine Hommage“ führt dies ihren Besuchern eindrucksvoll vor Augen. Man muss sich nur einmal in Erinnerung rufen: Der C64 verfügte über einen Arbeitsspeicher von 64 KB, die Speicherkapazität einer Floppy Disk betrug rund 330 KB (166 KB pro Seite). Entsprechend rustikal und überschaubar gestalteten sich grafische Darstellung und Anwendungsmöglichkeiten. Aus heutiger Sicht ein Witz, wie Unternehmer Helmut Streiff, Initiator der Ausstellung, bei einer Führung mehrfach konstatiert.
Präsentiert wird in den Glasvitrinen der Commodore-Ausstellung natürlich nicht nur der legendäre C64, sondern auch viele andere Modelle, Prototypen, Vorgänger und Nachfolger. Vom 1977 entwickelten PET 2001, einem der ersten Personal Computer überhaupt bis hin zum Amiga 1200, der im Jahr 1992 das Ende der Ära Commodore einläutete.
Enge Zusammenarbeit mit der PTB
Die Chronik des 1955 von Jack Tramiel in Toronto gegründeten Unternehmens kann auf übersichtlich gestalteten Schautafeln nachgelesen werden. Dokumentiert ist hier auch die große Bedeutung von Commodore für die Wirtschaftsgeschichte Braunschweigs. Ab 1980 wurden in der Löwenstadt Commodore Business Machines (CBM) produziert und entwickelt, später der C64 und die Computer der Amiga-Reihe. Braunschweig wurde zum „Oker-Valley“.
Ausschlaggebend für die Wahl Braunschweigs zu einem Hauptstandort des Unternehmens war das Know-how in der Nachbarschaft oder genauer gesagt: die Nähe zur Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB). Sie setzte zu Beginn der 1980er-Jahre über 400 CBM-Systeme zur Messdatenerfassung ein, entwickelte hierfür die Software sowie eine universelle Messdatenschnittstelle, deren Vertrieb Commodore später übernahm.
So groß wie ein Küchenschrank – die Zuse 23
Sehenswert ist die Ausstellung auch deshalb, weil sie nicht nur Computer von Commodore zeigt, sondern auch Merchandising-Artikel sowie berühmte Rechner anderer Hersteller, zum Beispiel einen Apple II oder auch den Urahn aller PCs: den IBM 5110. Die beiden Geräte wirken schon ziemlich kompakt im Vergleich zum ältesten Exponat der Ausstellung, einer Zuse 23 aus dem Jahre 1961. Die von Bauingenieur Konrad Zuse entwickelte Rechenmaschine ist so groß wie ein Küchenschrank. Ein Ferritkernspeicher dieses Computers, immer noch so groß wie ein Obstteller, hatte Platz für 896 Byte. 32 Millionen Mal mehr bietet heute der kleine Chip in einem 32-GB-Smartphone.