Ich treffe Marcel Engelmann in den Räumen seiner Firma MENUX in der Gründungswerkstatt der Innovationsgesellschaft Technische Universität Braunschweig mbH. Gleich um die Ecke liegen zahlreiche Restaurants, Cafés und die Straßenbahn. Für jemanden, der sich mit Mobilität und Smart City-Lösungen beschäftigt, sind das zentrale Kriterien. Der Gründer fühlt sich hier wohl und schätzt die Nähe von Wissenschaft und Forschung wie in Stanford.
Ein Hauch von Stanford
Marcel Engelmann schätzt die gründungsfreundliche Region
Schon zu "Jugend forscht"-Zeiten innovativ
MENUX, das er 2017 zusammen mit seinem Bruder gründete, beschäftigt sich mit Fragen, die Gründer Engelmann bereits in jungen Jahren in seinen „Jugend forscht“-Projekten angegangen ist: Autonomes Fahren etwa und Parkplatz-Apps. Elektrofahrzeuge, Selbstfahrsysteme und künstliche Intelligenz standen zu diesem Zeitpunkt bei vielen Automobilunternehmen noch gar nicht auf der Tagesordnung. Engelmann jedoch war fest entschlossen, ein Elektroautomodell zu bauen, das selbst fahren kann und mit Solarenergie betrieben wird. Dieses Vorhaben legte dann auch den Grundstein für die Fokussierung seines Unternehmens auf Mobilität und Autos.
Duales Studium in Karlsruhe
Doch zunächst entschied sich Engelmann für ein Duales Studium. Seine Wahl fiel auf Karlsruhe, wo er bei der PTV Group, dem Weltmarktführer für Logistiksoftware, studienbegleitend arbeiten konnte. Auch in dieser Zeit nahm er wieder an Wettbewerben teil, etwa am größten Programmierwettbewerb der Automobilindustrie, den er mit einer ortsbasierten Quiz-App für Kinder auf dem Rücksitz gewann. Die App reagiert anhand der Antworten auf spezifische Interessen der Kinder und bietet weiteres Wissen in diese Richtung an. Diese Programmierwettbewerbe brachten eine entscheidende Wendung, denn durch sie wurden Großunternehmen aus dem Bereich Mobilität auf Engelmann aufmerksam.
Nachdem sein Team auch noch das Bosch Connected World-Event im Bereich Smart City gewonnen und viele andere spannende Projekte durchgeführt hatte, wurde im Februar 2017 auch schon die MENUX GmbH offiziell gegründet. Erste Verträge und ein Aufenthalt in Palo Alto, dem Hotspot des Silicon Valley, folgten. Kurz nach der eindrucksvollen Reise zum Geburtsort der Hightech-Giganten richteten die Gründer der MENUX ihr Geschäftsmodell ausschließlich auf Mobilitäts-, Logistik- und Smart-City-Projekte aus.
Für den Master nach Stanford
Engelmanns Interesse an einer Firmengründung zeigte sich schon früh. Ausschlaggebend, um wieder in die Heimatregion zurückzukehren, war daher auch die hier ansässige Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften, die in Kooperation mit der TU Braunschweig eine von zehn Exzellenzhochschulen im Bereich Entrepreneurship ist. Vom Einstieg ins Unternehmertum über die Vertiefung von Kenntnissen im Rahmen der Masterspezialisierung bis hin zu Studien- und Abschlussarbeiten sowie Doktorandenworkshops im Hochtechnologiebereich bildet sie das gesamte Spektrum gründungsunterstützender Formate und Maßnahmen ab.
Für seinen Master-Abschluss ging Engelmann für ein halbes Jahr an die renommierte Stanford Universität in Kalifornien. Stanford ist eine der weltweit führenden Forschungsuniversitäten. Sie ist bekannt für ihre Nähe zur Wirtschaft und ihren praxisorientierten Charakter.
Prägende Erfahrungen in Stanford und Silicon Valley
Stanford wurde zu einer intensiven Erfahrung für Engelmann. Nicht nur die Atmosphäre auf dem acht Hektar großen Gelände, die dem einer eigenständigen Stadt gleicht, sondern vor allem die Gestaltung der Vorlesungen beeindruckte ihn. Je zwei Professoren waren für eine Vorlesung zuständig – einer für die Theorie, einer für die Praxis. Zusätzlich wurden Gäste aus der Wirtschaft eingeladen, wie etwa der Chief Strategy Officer von Starbucks. „Wir gingen zu den Vorlesungen, weil sie uns interessierten, nicht weil wir mussten“, berichtet Engelmann.
Wieder besuchte der Gründer das nahegelegene Silicon Valley. „Großunternehmen öffnen sich dort den Studenten“, schwärmt Engelmann. Viele dieser Unternehmen sind selbst Ausgründungen von Stanford-Studenten.
Und er selbst, was nimmt Engelmann aus Stanford mit für seine eigene unternehmerische Haltung? Zum einen natürlich, ein Betriebsklima mit vielen Vergünstigungen für die Mitarbeiter zu schaffen, zum anderen aber auch die Erkenntnis, wie wichtig eine günstige Lage ist: „Gerade ein IT-Unternehmen wie unseres gedeiht am besten in zentraler Lage und Nähe zu potentiellen Kunden und auch zur Forschung“, sagt Engelmann.
Genau das hat er am Standort Braunschweig-Wolfsburg gefunden. Universitätsnahe Events nutzt er zur Rekrutierung von potentiellen Mitarbeitern, aber auch zur Darstellung seines Unternehmens gegenüber Kunden. „Die exzellente Forschung an der TU Braunschweig und die angewandten Wissenschaften der Ostfalia – das ist eine gute Kombination, die man unbedingt weiter spielen muss“, ist Engelmann überzeugt.
Gutes Gründungsklima in der Region
Sein eigenes Startup begleitete Professor Dr. Reza Asghari, Inhaber der Professur für Entrepreneurship an der TU Braunschweig und der Ostfalia Hochschule. Engelmann empfindet es als Glücksfall, dass seine Hochschulausgründung aus gleich zwei Universitäten anfangs kostenlose Räume im Co-Working-Space der Ostfalia nutzen konnte, auch erfuhr er eine immense Unterstützung durch die Richard-Borek-Stiftung.
Kennengelernt hatte Engelmann den Braunschweiger Unternehmer Borek bei einem von Borek veranstalteten Startup-Weekend – dem größten seiner Art in Norddeutschland. „Ich bin immer noch begeistert, wie offen Richard Borek sein Wissen weitergibt“, schwärmt Engelmann. Er hält es aber auch für wichtig, dass bestehende Angebote für Gründer noch stärker kommuniziert werden, wie etwa das Gründerstipendium für Niedersachsen.
„Gründen ist anstrengend“, gibt er zu. Doch die Unterstützung in der Region Braunschweig-Wolfsburg sei auch groß. Nachdem nun die ersten Hürden genommen sind, stehen Pläne im Raum, sich auch in Richtung Wolfsburg auszudehnen. Engelmann kann sich hier, wo viele Player im Bereich Mobilität ansässig sind, eine weitere Nutzung eines Co-Working-Spaces vorstellen, zum Beispiel in der geplanten Markthalle.
Lieblingsort Autostadt
Auch privat zieht es den Jungunternehmer oft nach Wolfsburg. Die Autostadt ist einer seiner Lieblingsplätze. „Gerne gehe ich dorthin, wenn ich Gäste habe, denen ich ein Highlight der Region zeigen möchte“, verrät Engelmann. Neben den Ausstellungen zu Mobilität und Innovation sei auch die Gastronomie ein Pluspunkt. Und auch sonst schätzt Engelmann die vielen Freizeitangebote der Region und die Möglichkeiten, sich frei zu entfalten. Als Ausgleich zu seinem Beruf spielt er gern Badminton oder geht schwimmen. „Hier ist es nicht zu überlaufen, aber doch groß genug, dass man nicht immer dieselben Gesichter sieht.“