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Ein Flugzeug auf der Startbahn des Flughafen Braunschweig-Wolfsburg. Marvin Reepschläger

Ein wachsendes Wirtschaftszentrum: Der Flughafen Braunschweig-Wolfsburg

Wirtschaftszentrum, Forschungsstandort, Gewerbegebiet: Am kleinen Flughafen Braunschweig-Wolfsburg wird Großes erreicht. Als Research Airport wird aktiv und erfolgreich Clustermanagement betrieben, als Verkehrsflughafen landen hier auch Ferienflieger. Und mit der Flughafen Braunschweig-Wolfsburg GmbH ist er ein wichtiger Player für die Wirtschaft in der Region.

Um zu erfahren, wie sich der Flughafen in Braunschweig in den letzten Jahren wirtschaftlich entwickelt hat und welche aktuellen Projekte gerade anstehen, treffe ich Michael Schwarz, seit 2018 Geschäftsführer der Flughafen Braunschweig-Wolfsburg GmbH, und Matthias Disterheft, Aufsichtsratsvorsitzender des Flughafens und im Aufsichtsrat der Wolfsburg AG.

Breite Entwicklungen am Flughafen Braunschweig-Wolfsburg

Wir blicken hier, im Meetingraum „Heide“ – der so heißt, weil die Blickrichtung gen Norden zur Lüneburger Heide zeigt, direkt auf die Start- und Landebahn des Flughafens. Und so wundert es nicht, dass vom kleinen Flieger über eine Boeing bis zum Airbus hier gestartet und gelandet wird. Das ist für einen Flughafen eben auch Business as usual. „Wir haben – wie andere Verkehrsflughäfen in Deutschland auch – natürlich dieselben Auflagen“, betont Michael Schwarz. Damit ist klar: Unser Flughafen Braunschweig-Wolfsburg ist damit ein „echter“ Flughafen.

Ich möchte wissen, welche Entwicklungen seit seinem Start als Geschäftsführer Michael Schwarz angestoßen und beobachtet hat. Stolz erzählt er, dass sich insbesondere die Belegschaft und die Arbeitsplätze in den letzten Jahren weiterentwickelt haben. Es ist gelungen, die Personaldecke (die GmbH ist ca. 60 Leute stark) zu stabilisieren, die Mitarbeitenden wurden und werden regelmäßig geschult und trainiert, Prozesse innerhalb der Verwaltung wurden optimiert. Und auch an der Infrastruktur wird derzeit gearbeitet.

Matthias Disterheft (l.) und Michael Schwarz (r.). Marvin Reepschläger
Matthias Disterheft (l.) und Michael Schwarz (r.).

(Förder-) Projekte sichern Arbeitsplätze am Flughafen Braunschweig-Wolfsburg

Schwarz zählt auf, was momentan auf der Liste steht: Da ist zum einen der neue Komplex für die Flughafenfeuerwehr, der bereits 2023 teilweise fertiggestellt wurden. Neben der Halle zur Unterstellung der Feuerwehrwehrfahrzeuge für die Flugzeugbrandbekämpfung wurde eine neue Kfz Halle für die Wartung und Instandhaltung aller Flughafenfahrzeuge eröffnet. Ein zusätzliches neues Büro- und Werkstattgebäude für die Flughafenfeuerwehr befindet sich aktuell in der Planungsphase.

Dann ist da noch das Förderprojekt „Remote Tower Center“. Auf dem Dach des Flughafengebäudes, direkt am Tower, übertragen zukünftig Kameras in Rundumsicht die Bilder in einen separaten Raum, der nicht mehr direkt Sicht zur Landebahn haben muss. Dieses Projekt wird vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) forschend begleitet und zeigt, wie eng verzahnt die Akteure hier sind. Mit dem Remote Tower Center ist der Flughafen Braunschweig-Wolfsburg Vorreiter in dieser Technologie – was zum einen die Arbeitsplätze der Fluglotsen sichert und zum anderen auch erweitert. Denn es ist geplant, zunächst die Flugsicherung für den Flugplatz Emden mit aus Braunschweig zu übernehmen, weitere Flugplätze werden folgen.

Kameras auf dem Dach für das Remote Tower Center. Marvin Reepschläger
Kameras auf dem Dach für das Remote Tower Center.

Ein frisches Image und mehr Komfort für die Passagiere

Weiter berichtet Schwarz, wie sehr er jahrelang für einen Erweiterungsbau für Passagiere gekämpft hat. Derzeit bilden sich zuweilen lange Schlangen vor dem Gebäude, da die Sicherheitsschleuse direkt hinter der Eingangstür beginnt. Eine Situation, die gerade bei Wind und Wetter nicht angenehm ist. Und so ist Michael Schwarz froh, dass mit dem Erweiterungsbau bald eine neue Qualität für die Kundschaft entsteht: Nachdem alle behördlichen Anforderungen bezüglich Sicherheit erfüllt sind, werden die Passagiere künftig in dem neuen Gebäude, das Mitte 2025 fertig werden soll, in modernem Flair abgefertigt. Die Eingangshalle dient dann nur noch als historische Wartezone für die Passagiere, die endlich trocken bleiben können.

Flughafengebäude des Flughafen Braunschweig-Wolfsburg. Marvin Reepschläger
Hinter dem Flughafengebäude entsteht das neue Passagier-Terminal.

Und auch das Image des Flughafens hat der Geschäftsführer seit 2018 gründlich umgekrempelt! Wurde der Flughafen selbst bis dato nicht als Unternehmen wahrgenommen, hat sich das nun massiv geändert: Der externe Auftritt, Außenbild und Logo wurden drastisch modernisiert. So gibt es mittlerweile auch Merchandise-Artikel wie T-Shirts. „Die tragen unsere Kolleginnen und Kollegen auch sehr gerne, denn sie stehen mit Stolz zum Unternehmen“, schmunzelt Schwarz.

Diese Imagepflege hat viel Positives im Unternehmen bewirkt. Und auch der frische neue Social-Media-Auftritt sorgt dafür, dass der Flughafen viel Aufmerksamkeit bekommt. Auf Facebook, Instagram und Co. werden interessante Geschichten über den Flughafen Braunschweig-Wolfsburg erzählt und unterschiedliche Kolleginnen und Kollegen werden in den Storys vorgestellt. Das schafft Identität und Vertrauen.

Gut besucht – zahlreiche Aufkleber zeigen, wie beliebt der Flughafen Braunschweig-Wolfsburg ist. Marvin Reepschläger
Gut besucht – zahlreiche Aufkleber zeigen, wie beliebt der Flughafen Braunschweig-Wolfsburg ist.

Geschäftliche Entwicklung: Positiv

In den letzten Jahren haben sich nicht nur das Chartergeschäft, sondern auch die Business-Flieger positiv entwickelt. Von Kroschke über New Yorker bis Volkswagen, die globalen Player unserer hiesigen Wirtschaft agieren weltweit und sind vom Flughafen Braunschweig-Wolfsburg aus gut angebunden. Ein besonderer Coup gelang Schwarz in der Coronazeit, als alles stillstand: Er hatte die Idee, dem Flugzeugbauer Airbus am Flughafen 15 Standplätze zu vermieten, für die Flugzeuge, die während Corona nicht ausgeliefert werden konnten. Zwar kamen diese Flieger nie in Braunschweig an, aber die Miete dafür wurde trotzdem gezahlt. Das spülte Geld in die Kasse.

Ready for Take-off, die Boeing 737 Max kurz vor dem Start auf dem Flughafen Braunschweig-Wolfsburg. Marvin Reepschläger
Ready for Take-off, die Boeing 737 Max kurz vor dem Start.

Auch die touristischen Angebote haben sich erweitert. So gibt es pro Jahr mit „Der Schmidt“ etwa 30 bis 40 Flüge in den Süden. Auch mit TUIfly gibt es eine Kooperation: So werden die bekannten Ferienflieger, die sonst in Hannover beheimatet sind, nach Braunschweig als Ausweichflughafen umgeleitet, wenn es zum Beispiel einen Streik oder andere operative Einschränkungen gibt. „Mir macht es besonders viel Spaß, ‚out of the Box‘ zu denken und gemeinsam mit der Belegschaft solche Projekte zu realisieren“, ist Michael Schwarz sichtlich erfreut. Denn dann würden begeistert „alle Mann an Bord“ sein, sich um die Passagiere kümmern und als „Team Flughafen“ gemeinsam dafür sorgen, dass alles reibungslos läuft und die Passagiere sich wohl fühlen.

Für dieses tolle Teamgefühl ist es sicher hilfreich, dass es nur wenig Fluktuation im Unternehmen gibt. „Wir haben Mitarbeitende, die sind schon 20, 25 oder über 30 Jahre bei uns.“ Spannend ist die Arbeit am Flughafen also ganz bestimmt – und förderlich ist, dass sich die Mitarbeitenden auch gerne in andere Bereiche entwickeln können, wenn sie möchten. So lernen sie unterschiedliche Arbeitsfelder kennen und bringen andere Sichtweisen mit ein – sehr wertvoll, wie auch Aufsichtsratsvorsitzender Matthias Disterheft findet.

Ein klassisches Geschäftsflugzeug: Dornier 328. Marvin Reepschläger
Ein klassisches Geschäftsflugzeug: Dornier 328.

Tor zur Welt für den Mittelstand

Der Flughafen versteht sich auch als Tor in die Welt für die ansässigen KMU, also die kleinen und mittleren Unternehmen. Diese Regionalität spiegelt sich in der Zusammensetzung des Aufsichtsrats wider, denn auch die Landkreise Gifhorn und Helmstedt sind mit 2 % und einem (alternierenden) Sitz im Aufsichtsrat vertreten. Und auch für die Forschungsregion engagiert sich die Flughafen Braunschweig-Wolfsburg GmbH – nicht zuletzt dadurch, dass für Wirtschaft und Wissenschaft mit der Bereitstellung von entsprechender Infrastruktur wichtige Rahmenbedingungen geschaffen werden. „Wir stellen sicher, dass der Bereich, der benötigt wird, dann auch verfügbar ist“, sagt Schwarz. Und Matthias Disterheft ergänzt: „Auf unseren Flächen können unter Geheimhaltungsaspekten neue Produkte erforscht, entwickelt und erprobt werden, ohne dass hier Papparazzi-like fotografiert wird.“

Flugzeugstart am Flughafen Braunschweig-Wolfsburg

Zusammen mit der Wirtschaftsförderung werden flughafeneigene Gewerbeflächen vermarktet, um die Standortentwicklung zu sichern. Dazu unterstützen sich die Partner gegenseitig. Die Flughafen GmbH ist beispielsweise auf Immobilienmessen wie der Expo Real, auf der sich unsere Region präsentiert, dabei. Klar ist, dass die Flächen am Flughafen sinnvoll vergeben werden sollen. Welche Dienstleistung passt gut hierher? Wer kann den Standort attraktiver machen und weiter beleben? Aktuell sind 75.000 Quadratmeter zu besetzen.

Der Standort Flughafen Braunschweig-Wolfsburg hat in den letzten Jahren eine sehr dynamische Entwicklung hingelegt. Es gab erfolgreiche Hochphasen, aber auch Probleme zu bewältigen. Das bleibt nicht aus, wenn ein Standort rasant wachsen will und eine Pandemie alles stoppt. Aber gerade durch das Zusammenspiel von Wirtschaft, Wissenschaft und Kommunen profitiert die ganze Region – und auch darüber hinaus. Ideengeber und Netzwerke, wie die Allianz für die Region und die Wirtschaftsförderung, sind in vielen Gesprächskreisen involviert. Eine Konstellation, die so sicher einmalig ist. „Und zusätzliche Mittel aus der Industrie helfen natürlich. Volkswagen zum Beispiel zeigt hier eine große soziale Verantwortung. Man kann sagen, dass alle Akteure das Herz hier am Flughafen schlagen lassen“, führt Disterheft an.

Wasserstoffbetankung am Flughafen Braunschweig-Wolfsburg

Vor dem Hintergrund, dass Braunschweig im Jahr 2030 CO2-neutral sein möchte, reduziert natürlich auch der Flughafen seinen CO2-Fußabdruck. Dazu wird die Fahrzeugflotte modernisiert und auf Fotovoltaik gesetzt. Auf dem Dach des Lilienthalhauses sind bereits von Anfang an Solarmodule installiert, die das Gebäude mit Strom versorgen, ebenso auf dem Dach der Feuerwehr-Gerätehalle. Weitere Hallen werden folgen. Und dann steht noch Größeres bevor, denn in Kooperation mit BS Energy soll auf dem Flughafengelände eine große Freiflächen-Fotovoltaikanlage entstehen.

Energie ist das eine – die Antriebe der Zukunft das andere. Demnächst wird am Forschungsflughafen das Wasserstoff-Kompetenzzentrum in Betrieb genommen, die Forschung und Praxis vereint: An einer Wasserstoff-Tankstelle können Lkw dann den grünen Treibstoff tanken. Aber nicht nur für die Schwerlastfahrzeuge ist Wasserstoff interessant. „Wasserstoff wird benötigt, um zum Beispiel in Großbetrieben der Industrie wie Salzgitter Stahl Stromengpässe auszugleichen. Hier am Flughafen kann die gesamte Prozesskette erprobt werden. Insbesondere aber natürlich auch der Einsatz in Wasserstoff-Flugzeugen, wie die Be- und Enttankung“, beschreibt Disterheft die nachhaltigen Einsatzmöglichkeiten. „Wir sorgen dafür, dass im Lückenschluss mit allen Anrainern die Antriebe der Zukunft hier entstehen können.“

Denn auch autonome Fahrzeuge sind Thema am Flughafen Braunschweig-Wolfsburg. „Wir möchten gerne autonome Busse im Normalbetrieb hier haben“, erläutert Matthias Disterheft. Erste Prototypen seien bereits unterwegs.

Und was sind die Herausforderungen der nächsten Jahre? „Wir müssen unsere Einnahmesituation stabilisieren und weiter erhöhen, denn der Betrieb des Flughafens kostet natürlich Geld. Und auch die Investitionen in die Nachhaltigkeit wollen und werden wir vorantreiben, um den Standort weiterzuentwickeln“, so Geschäftsführer Michael Schwarz.

Für Aufsichtsrat Disterheft hingegen sind die gesellschaftlichen Herausforderungen gerade zentral. Dass unsere Region zusammenhält, es weniger Egoismus gibt. „Wir sollten schätzen, was wir haben – und was wir geben können.“ Und Schwarz ergänzt: „Dazu haben wir hier 60 Beschäftigte, die bereit sind, über den Tellerrand zu blicken und mit ihrem Spirit das Geschäft anzukurbeln!“

Ich bin zuversichtlich, dass das gut gelingen wird und freue mich auf die anstehenden Entwicklungen an unserem „kleinen“ Flughafen.