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Voller Energie: die Landwind-Gruppe

Heute besuche ich die Landwind-Gruppe, deren moderne Büros auf einem alten Bauerngehöft stehen. Bereits seit 1754 betreibt Familie Heidebroek hier Landwirtschaft – und das ist bis heute so geblieben. Allerdings ist das nicht der einzige Geschäftszweig des Familienbetriebs, deshalb bin ich ganz gespannt, was mir Bärbel Heidebroek über ihr zweites Standbein erzählen wird: die erneuerbaren Energien.

An diesem Sommertag, der mit einem blauen Himmel, ein paar Wölkchen und mit einer leichten Brise perfekt für einen Ausflug ist, mache ich mich daher auf den Weg nach Gevensleben. Das ist eine 380-Seelen-Gemeinde im Landkreis Helmstedt, die in einer idyllischen Landschaft mit sanften Hügeln und vielen Feldern liegt, eingerahmt von Elm und Harz.

Vom Bauernhof zum Energieanlagen-Bauer

Bärbel Heidebroek, Geschäftsführerin der Landwind GmbH, ist eine energiegeladene Frau, deren Begeisterung für ihr Thema regelrecht ansteckt! Sie und ihr Mann Alexander haben beide Landwirtschaft studiert und so war es nur folgerichtig, dass sie 1999 den bäuerlichen Betrieb mit 390 Hektar Ackerfläche von Alexanders Eltern übernahmen. Schnell stellten beide jedoch fest, dass es keine zwei Agrar-Ingenieure für einen Betrieb braucht.

Das war 2001 der Startpunkt für die Landwind GmbH. Bärbel Heidebroek erzählt schmunzelnd von den Anfängen: „Geplant war zunächst ein kleineres Projekt, wir wollten vielleicht drei Windanlagen bauen“, doch dann kam es gleich dicke: Im benachbarten Uhrsleben hatten sich mehrere Landwirte zusammengeschlossen, auf deren Flächenpool sollten gleich 13 Windanlagen gebaut werden! „Die Bauern sagten zu uns: Ihr seid doch auch Landwirte, ihr könnt unsere Bedürfnisse verstehen – wir vertrauen euch“, erinnert sich Heidebroek. Stolz ist sie darauf, dass sie dieses Projekt auch tatsächlich verwirklichen konnten – und das trotz einiger Hindernisse.

Hamster Kurt

Hier werde ich neugierig, denn oft hört man bei solchen Projekten, dass zum Beispiel seltene Tiere der Grund für Verzögerungen sind. Und tatsächlich war es so: Auf den Flächen residierte ein Hamster – er wurde von Heidebroek liebevoll „Kurt“ getauft – und hielt seinen Winterschlaf. Nun musste abgewartet werden, bis er aufwacht, um sein Geschlecht zu bestimmen, denn nur ein männlicher Hamster durfte umgesiedelt werden, ein Weibchen hätte das gesamte Projekt zum Stillstand gebracht.

Glücklicherweise war Kurt ein Männchen, sodass der Windpark wie geplant gebaut werden konnte und das Tier in eine neue Heimat kam. „Wir hatten zu Beginn dieses ersten Projekts noch nicht viel Erfahrung, deshalb war es doch eine sehr spannende Zeit“, meint die Geschäftsführerin. „Gestartet sind wir beide alleine, mein Mann und ich – aber unsere Firma Landwind ist schnell gewachsen und im Juli dieses Jahres konnten wir unseren 100. Mitarbeiter in der Landwind-Gruppe begrüßen!“

Auf der Baustelle

Nachhaltig, gleichberechtigt, fair

Heute, mit solch einer hohen Zahl an Mitarbeitenden, ist die Landwind-Gruppe auch angesichts der umliegenden kleinen Dörfer ein starker Wirtschaftsfaktor und großer Arbeitgeber. Als Full-Liner für Windenergie und Fotovoltaik plant, projektiert und baut Landwind die Ökostromversorgung für Private, Gewerbliche und die Landwirtschaft, mit zurzeit 120 Anlagen im Bestand.

Bärbel Heidebroek weiß, wovon sie spricht, wenn das Thema auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf kommt. Sie ist Mutter von vier Kindern und ermöglicht ihren Mitarbeitenden unter anderem sehr flexible Arbeitsmodelle. „Das Wichtigste ist die Kommunikation – weil wir viel miteinander reden, kennen wir die Bedürfnisse unserer Belegschaft und können darauf eingehen“, sagt sie. Auch die Gleichberechtigung spiegelt sich in der Firma wider, denn die Geschäftsführung ist je zur Hälfte auf sie und ihren Mann aufgeteilt, wobei die Geschäftsführerin sich stärker um die neuen Technologien in der Energieversorgung kümmert und Alexander Heidebroek für die Projektentwicklung und Landwirtschaft verantwortlich ist. Auch hier wird nachhaltig gewirtschaftet, denn der Landwirtschaftsbetrieb trägt das DLG Nachhaltigkeitszertifikat für den Anbau von Mais, Raps, Weizen und Zuckerrüben.

Die Daten, Zahlen und Fakten sprechen für Landwind als einen ausgezeichneten Arbeitgeber: Das Durchschnittsalter beträgt 35,5 Jahre, die jüngste Kollegin ist 17 und in Ausbildung, der Älteste ist 65. Viele Werkstudenten bleiben nach ihrem Abschluss gleich bei Landwind. Das Team ist vergleichsweise international, einige der Mitarbeitenden kommen aus Afrika, Saudi-Arabien, Dubai und der Türkei. „Wir geben allen eine Chance, die bei uns arbeiten wollen“, betont Bärbel Heidebroek. Damit haben sie sehr gute Erfahrungen gemacht und auch damit, dass sie selbst ausbilden.

„Wir schauen, ob der Mensch zu unserer Firma passt - dann findet sich auch der passende Job"

Von Wirtschaftsingenieuren über E-Techniker, Bauingenieure, Geografen, Biologen, Agrar-Ingenieure und Juristen findet jeder hier seine passende Stelle, denn „den“ Beruf gibt es hier nicht. Und so finden sich eben viele Quereinsteiger. „Wir gucken, ob der Mensch zu unserer Firma passt – dann findet sich auch der passende Job“, ist sich die Chefin sicher.

Dafür sprechen auch die sehr geringe Fluktuationsquote und gleichzeitig hohe Verweildauer im Betrieb. Selbst wenn Mitarbeitende aus privaten Gründen wegziehen, bleiben sie über mobiles Arbeiten in der Firma und so finden sich mittlerweile auch Kollegen in Bremen, Husum und Osnabrück. Erfolgreich ist auch die positive Mund-zu-Mund-Propaganda, denn viele Mitarbeitende werben neue Kolleginnen und Kollegen. Kein Wunder bei den Benefits, die Landwind der Belegschaft bietet: Natürlich stehen sechs Ladesäulen für Elektroautos zur Verfügung, es gibt kostenlose Getränke, Obst und Süßes. Selbst wenn Heidebroeks im Urlaub sind, wissen die Mitarbeitenden, dass sie im Garten des Hofs Grillen können. Bei diesen selbst organisierten Events kommen 80 bis 90 Prozent aller Kollegen dazu. „Irgendwie ist es immer ein bisschen wie ein Klassentreffen hier“, schmunzelt Heidebroek.

Ein Windrad kann 10.000 Menschen versorgen

Pascal Geißler ist Elektrotechnik-Ingenieur und gehört zum Team Netzanschluss. Und Max Gerstmayr, der Bauingenieurwesen studiert, unterstützt Team Bau als Werkstudent. Beide sind begeistert von ihren Jobs, ihrer Verantwortung und Landwind als Arbeitgeber. „Das Coole an meinem Job ist, dass ich von der Planung über die Bauüberwachung bis zur Inbetriebnahme der Windkraftanlagen alles selbst mitmachen kann!“, meint Pascal. Er ist seit zwei Jahren dabei und es ist sein erster Job nach dem Studium. Am besten findet er, dass er direkt raus auf die Baustellen kommt und nicht nur am Schreibtisch plant. Wichtig ist ihm auch, dass Landwind eben ein nachhaltiges Unternehmen ist, das etwas für die Zukunft macht und „außerdem ist Windkraft eine schöne Energieform“, strahlt er.

Die Baustelle ist eine nahe gelegene Windkraftanlage, die sich gerade im Aufbau befindet. „Wir repowern hier“, erzählt Pascal. Das bedeutet, dass die alten kleinen Anlagen abgerissen werden und stattdessen nur wenige Meter daneben neue leistungsstärkere Windräder aufgebaut werden. 10 alte Anlagen werden abgebaut und, da das Windvorranggebiet vergrößert wurde, 12 neue Anlagen errichtet. Hier entstehen nun also moderne Nordex-Anlagen, die im Gegensatz zu den alten Windrädern (mit einer maximalen Energie von 2,2 Megawatt) jetzt 7 Megawatt in der Spitze liefern und damit 10.000 Menschen versorgen können. Das schafft ein einziges Windrad, wohlgemerkt.

Die neuen Anlagen bestehen aus einem 80 Meter hohen Turm aus Betonelementen, auf den ein nochmal 83 Meter hoher Stahlrohrturm gebaut wird und auf dessen Spitze dann die Gondel gesetzt wird, die ohne Getriebe alleine schon 72 Tonnen wiegt.

243 Meter Gesamthöhe

Ich habe Glück und kann einen Kran beobachten, der eben diese Gondel an einem fertigen Turm hochzieht und auf der Turmspitze platziert. Vor Ort werden dann noch die Getriebestränge zusammengebaut und die ebenfalls 80 Meter langen Rotorblätter angebracht. Somit hat eine neue Windkraftanlage eine Gesamthöhe von über 243 Metern! Wahnsinn!

Im Windpark Uehrde kann ich mir die Rotorblätter einmal genauer anschauen. Die Gelegenheit lasse ich mir nicht entgehen, denn wann hat man schon mal diese Möglichkeit? Sehr interessant: An den Spitzen eines Blattes sind an der einen Seite filigrane Zacken angebracht. „Das ist strömungstechnisch besser und macht das Windrad leiser“, erklärt mir Pascal. Max inspiziert das 80 Meter lange Blatt, das beim Abladen leider beschädigt wurde und dokumentiert alles.

Max Gerstmayr von Landwind dokumentiert die Reparaturstelle am Rotorblatt. Marvin Reepschläger
Max Gerstmayr dokumentiert die Reparaturstelle am Rotorblatt.

Auch vom Werkstudenten möchte ich wissen, warum er sich für Landwind entschieden hat. Max studiert an der TU Braunschweig, da ist Gevensleben nicht gerade der erste Ort, der einem für einen Studentenjob in den Sinn kommt. „Mich hat eine Freundin vermittelt. So bin ich einfach mal zum Bewerbungsgespräch mitgekommen und genommen worden.“ Der Werkstudent macht seinen Job nun schon seit zwei Jahren und wird nächstes Jahr sein Studium abschließen. Danach möchte er sehr gerne hier weiterarbeiten, denn er hat sich „ziemlich reinverliebt“ in die Mischung aus planerischen Tätigkeiten und der Baustelle.

Ein eigenes Umspannwerk

Für Max ist spannend, dass im Team Bau die Zeichnungen am PC und die Netzplanung zusammenkommen. Der Bauleiter eines Windparks macht bei Landwind bis auf die elektrischen Komponenten alles drum herum. Insbesondere die kurzen Dienstwege schätzt der Werkstudent an der Firma.

In der Ferne zeigt Pascal auf eine Stelle im Feld. Und ich sehe – nichts. Noch nichts, denn dort baut Landwind ein eigenes Umspannwerk. Theoretisch sollte es schon längst fertig sein, jedoch wurde auf die Lieferung einiger Komponenten nun mittlerweile 25 Monate gewartet und so ist dort eben noch nichts zu sehen außer Landschaft.

Windräder von Landwind sorgen für Erneuerbare Energie Marvin Reepschläger
Hier soll das neue Umspannwerk entstehen

Die Landwind-Gruppe - einfach eine coole Firma

Nicht nur die Geschäftsführerin Bärbel Heidebroek ist begeistert von ihrer Firma – auch Pascal und Max schwärmen von ihrem Arbeitgeber. Natürlich haben auch sie mir von den Grillfesten, den Ladesäulen, dem besonderen Team-Spirit erzählt. Aber „am coolsten sind die Leute“, findet Max. Und Pascal ergänzt: „Auch bei über 100 Leuten haben wir hier ein Familiengefühl. Mitarbeiterbindung wird echt großgeschrieben.“ Wichtig ist beiden auch, dass sie ihre eigenen Ideen einbringen können und das sogar schon als Student.

Ich kann sehr gut verstehen, warum das Arbeiten bei Landwind Spaß macht. Denn hier zählen keine Lippenbekenntnisse, sondern der moderne Arbeitgeber legt Wert auf das Wohl seiner Belegschaft, leistet einen wichtigen Beitrag für die Zukunft im Sektor Energie und bietet langfristige und sichere Arbeitsplätze.

Mitten in dieser pittoresken Landschaft, umgeben von Windparks, die jetzt, nach meinem Besuch auf der Baustelle, noch mal eindrucksvoller wirken, fühlen sich die Mitarbeitenden sichtlich wohl und auch der Erfolg der Landwind-Gruppe spricht für sich. Nach einem kurzen Abstecher zum Landwirtschaftsbetrieb, auf dem großes Gerät bereit steht und der geerntete Weizen Staub in die Luft wirbelt, verabschiede ich mich. Und als ich am Windpark Uehrde vorbeifahre, erkenne ich die einzigartige Schönheit der neuen filigran wirkenden Windräder, die dann doch irgendwie in diese liebliche Landschaft passen.