Am Freitag war der FC Magdeburg zu Gast im Eintracht-Stadion. Ein Spiel, zwei Perspektiven. Unsere Regionäre Malte Schumacher und Kay Rohn berichten.
Stadionfunk Eintracht Braunschweig:
Löwen vs. 1. FC Magdeburg
Malte Schumacher:
Taugt der FC Südtirol als gutes Omen?
Matchday – wir sitzen früh im Auto, auf der Rückreise aus dem zweiwöchigen Italien-Urlaub. Letzte Station war gestern Grafenrheinfeld bei Schweinfurt, Kerstin und Wolfram endlich mal wieder besuchen. Ein schöner Abend war das – wenn bloß meine fiesen Rückenschmerzen nicht wären. Nach der vorletzten Etappe von Bozen nach Grafenrheinfeld kam ich kaum aus dem Auto raus – bei einer Wanderung am Logo d’Iseo vor einer Woche habe ich mir den Lendenwirbel-Bereich mächtig verkühlt, und zack war sie da, die Blockade. Auch im Gepäck aber haben wir vielleicht ein gutes Omen: Der in Bozen ansässige FC Südtirol ist gerade von der Dritten in die Zweite Liga aufgestiegen in Italien…
Zunächst aber muss ein Plan her für meinen Rücken…
Auf der A7 regele ich die Sitzheizung auf’s Maximum, dann geht’s einigermaßen. Eigentlich wollte ich mich jetzt mental auf das abendliche Spitzenspiel gegen Magdeburg vorbereiten. Aber ich muss heute noch was tun gegen die Probleme, sonst gehe ich ein. Also telefoniere ich hilfreiche Kontakte ab – ohne Erfolg. Keiner hat am Freitag nachmittag noch Zeit für mich, den sonst immer Blockaden-lösenden Dr. Tarmassi könnte ich sogar erst Dienstag aufsuchen, schade. Dann finde ich online eine „Körper-Werkstatt“ in Braunschweig, und gegen 10.00 Uhr rufe ich Kamil Warchulski an, NCMT-Therapeut. „Ja, Sie sind bei mir richtig, und Ja, um 17.45 Uhr können Sie bei mir sein“ – das nenne ich einen Plan.
Alljährlich grüßt das Wirbeltier…
Klar, der Preis ist hoch: Das Heimspiel werde ich danach daheim auf dem Sofa schauen müssen. Volles Haus, super Stimmung mit befreundeten Magdeburger Fans – und ich kann nicht dabei sein. Aus dem Fanclub und von anderen Block 6-Kollegen erreichen mich Genesungs-Wünsche, und ich bitte die Damen und Herren um Bilder, damit ich wenigstens auf dem Smartphone irgendwie dabei sein kann. Irgendwie scheint der April mein Blockaden-Monat zu sein – zuletzt war das der Fall vor dem Zweitliga-Heimspiel gegen Paderborn am 16. April 2021 (1:1). Ob das was zu bedeuten hat für den heutigen Spielausgang?
Magdeburg ist ein starker Gegner
Magdeburg ist schwer einzuschätzen – der Aufstieg steht seit Sonntag fest, gefeiert haben sie ordentlich, in die Spiel-Vorbereitung sind sie wohl erst seit Mittwoch wieder. Aber heißt das, dass die Eintracht es heute leichter hat? Ich glaube nicht an sowas. Magdeburg ist extrem stark, auch wenn ihr Knipser und Vorbereiter Baris Atik heute fehlt. Und der Druck auf unsere Jungs ist groß, nachdem Kaiserslautern unerwartet in Wiesbaden verloren hat. Wenn wir den Meister und Aufsteiger Magdeburg heute schlagen, wäre das der Hammer.
Multi spielt wieder mit
Als wir am frühen Nachmittag daheim ankommen, lese ich in der BZ, dass Maurice „Multi“ Multhaup wohl wieder fit ist für die Startelf. Großartig. Es genügt, dass Jomaine Consbruch in dieser Saison kein Spiel mehr machen kann, Multi ist extrem wichtig geworden. Und ich lese, dass auch Michael Schiele nicht davon ausgeht, dass Magdeburg schwächelt: „Die werden keinen Schritt weniger machen“, so zitiert ihn Sport-Redakteur Lars Rücker. Na da sind wir uns ja alle einig. Die Aufstellung ist für mich dann auch klar: Müller, Henning und Multi im Mittelfeld, vorne der in letzter Zeit etwas glücklose aber immer engagierte Lauberbach. Abwehr, Doppel-Sechs und Torwart sind sowieso gesetzt.
Auch EinTRACHTEN eröffnet heute ohne mich
Eigentlich wollte ich gegen 17.00 Uhr noch auf den Magnikirchplatz radeln, die „EinTRACHTEN-Foto-Ausstellung“ der Braunschweigischen Landschaft wird heute eröffnet, und Eintracht-Ehrenpräsident Gerhard Glogowski spricht. Anna Lamprecht schickt mir Bilder von dort, und ich radele stattdessen in die „Körper-Werkstatt“ zu Kamil. Eine Stunde später, gegen 18.30 Uhr, schiebe ich mein Fahrrad langsam und vorsichtig nach Hause. Das kenne ich schon: Nach Chiro- oder Einrenk-Engriffen soll man erstmal gehen. Fühlt sich gut an, Danke – ich bin (mal wieder) erlöst….
Der Tempel ist voll…
Daheim läuft schon MagentaSport, und die ersten Bilder der Kurven-Buddies sind auf meinem Telefon eingetrudelt. Auf dem Stadion-Vorplatz ist alles voll, in der Südkurve ist alles voll – und natürlich ist auch unser Block 6 dicht besetzt. Ich mache mir ein Bier auf und suche mir vorsichtig eine Sitz-Postion. Anpfiff, los geht’s. Wie hatte Pitti aus Göttingen mir nach Bozen geschrieben: „Genießt das Wetter, das Spiel am Freitag wird kein Genuss“…. Immer diese Fußball-Propheten – aber zunächst mal hat er recht. Ich hatte erwartet, dass wir die Magdeburger sofort und dauerhaft aggressiv anlaufen, damit diese schnell Lust und Motivation verlieren. Nein, unser Trainer hat einen anderen Matchplan: abwarten, kommen lassen.
Lauberbach verschießt…
Mir ist das zu passiv. Die Magdeburger haben dadurch zuviel Raum, und sie überbrücken das Mittelfeld sehr schnell mit passgenau gespielten langen Bällen von hinten auf die offensiven Außenspieler. Wir geben ihnen dann auch noch viel zu oft die Gelegenheit, in die Box zu kommen mit dem Ball. Das ist alles brandgefährlich, Magedeburg ist klar besser in der ersten halben Stunde. Lion Lauberbach hat wieder zu oft unglückliche Aktionen, denke ich gerade – da senst ein Magedeburger Bryan Henning um und der Schiri pfeift einen Elfmeter für uns. Und wer tritt an: Lauberbach. Schwach geschossen, der Magdeburger Torwart kann den Ball leicht parieren.
Krauße – ein Typ wie Gattuso
Oh Mann, in einem solchen Spiel muss so einen wichtigen Elfer einer schießen, der zur Not mit Vollspann den Keeper mit reinballert… Oder wie Rudi Bommer, heute MagentaSport-Experte, trocken kommentiert: „Ich hätte den Elfer anders geschossen, mit mehr Wucht und platzierter“. Meine ich doch. Mist, das wäre sehr wichtig gewesen, fünf Minuten vor der Halbzeit. Robin Krauße haut sich wieder in alles rein, der Kommentator vergleicht ihn mit Gennaro Gattuso – passt. Halbzeit-Pause. Na ja, ein Punkt wäre okay, auch wenn Kaiserslautern morgen gegen Dortmund II wohl sicherlich gewinnen wird. Ich wünsche mir die Relegation zwar nicht – aber ich glaube nicht, dass Lautern nochmal stolpert.
Nikolaou macht das 1:0
Wobei Freund Schorse aus Rio de Janeiro, der sich zum Saison-Abschluss am 14. Mai gegen Viktoria Köln angesagt hat, mir dauernd schreibt, dass Lautern noch lange nicht durch ist. Auch so ein Fußball-Prophet. Zweite Halbzeit, keine Änderungen – aber wir sind nun druckvoller, endlich aggressiver. Und dann geht’s schnell: Ecke Multi in den Fünfer, der Torwart bleibt angenagelt auf der Linie, Nikolaou Kopfball: 1:0 für uns! Yannis läuft jubelnd zu den Ultrás in Block 7 – wie gerne wäre ich jetzt nebenan in Block 6…
Magdeburg kommt zurück
Jetzt ist das Spiel offener, mit Chancen auf beiden Seiten, und Magdeburg macht tatsächlich keinen Schritt weniger – da hatte Michael Schiele die richtige Ahnung. Fejzic muss einige Male stark halten, und nach einem Magdeburger Kopfball gibt er mit einem schnellen, langen Abschlag Lauberbach eine großartige Vorlage. Dessen Gegenspieler stolpert, Lion nimmt den Ball mit dem linken Knie mit und ballert ihn mit links einfach rein – 2:0 nach einer Stunde. Hammer! Und jetzt? Keine 90 Sekunden danach ein Fehler von Marx, Magdeburg wieder mit vielen Spielern in unserer Box – und Ceka macht das 1:2.
Schiri Siebert nimmt den Ausgleich zurück
Ohne Nägelkauen geht Eintracht nicht. Unglaubliche Szenen dann in der 72. Minute: Magdeburg läuft an, langer Ball in die Box auf Schuler, der rutscht in Fejzic rein, beide bleiben getroffen liegen. Der Ball aber bleibt im Spiel, und Brünker macht ihn rein zum 2:2. Der Schiri zeigt zur Spielfeld-Mitte, also Tor. Ich fluche. Auf dem Feld und am Rand wird massiv diskutiert, während unser Torwart und der Magedeburger Stürmer behandelt werden. Schiri Siebert redet derweil mit seinem Assistenten, und dann nimmt er das Tor zurück, wegen Stürmerfoul. Ich glaube, ein zurückgenommenes Tor habe ich noch nie erlebt.
Überall wird gefeiert
2:1 also – und dabei bleibt’s auch bis zum Schlusspfiff. Feierei und Gesänge im Stadion ohne Ende. Die Mädels und Jungs im Block 6 sind glücklich und feiern die Mannschaft, mein Bruder Arne stößt mit seinen Buddies im Business-Bereich an auf den Sieg – und meine Schwägerin schickt ein Bild von der gemeinsamen Feierei mit Magdeburger Fans am Bültenweg. Boah, was für ein wichtiger Sieg. 64 Punkte, nun einen vor Lautern, die morgen gegern Dortmund II nachziehen müssen. Aber für die Relegation reicht es für die Eintracht schon. Ich feiere jetzt auch – beides: die grandiose Eintracht und Kamil, den Knochen-Sortierer.
Kay Rohn:
Ausflug am Freitag
Für die Spieler aus Magdeburg war es ein kurzer Ausflug. Auf Grund der Nähe brachte der Mannschaftsbus der Magdeburger das Team von der Elbe erst am Spieltag nach Braunschweig.
Fanfreundschaft
Vor den Toren des Eintracht-Stadion herrscht eine seltsame Stimmung. Die vielzitierte Fanfreundschaft zwischen Eintracht Braunschweig und dem 1. FC Magdeburg. Überall mischen sich Gruppen aus blau-gelb und blau-weiß. Das Bier wird geteilt und immer wieder Gesprächsfetzen, die sehr freundschaftlich klingen: „Wir sehen uns dann in der Zweiten“ oder „herzlichen Glückwunsch zum Aufstieg“ an den Mann in blau-weiß.
Baris Atik fehlt
Der Torschützenkönig des FCM fehlt (18 Tore, 20 Vorlagen) verletzt. Er holte sich sich gegen Zwickau einen Innenbandriss im Sprunggelenk und kann nicht antreten. In Jeans geht er zur Magdeburger Bank. In Braunschweig ist niemand richtig traurig, dass er nicht spielt. Er ist immer für ein Tor oder eine Torvorlage gut. Er gehört sicher in die zweite Liga und da ist er jetzt wieder angekommen.
„Ich bin heute sehr aufgeregt“, sagt Bussi vor dem Spiel bei der Begrüßung am Zaun. Man sieht es ihm an, heute muss auch er beißen. Er schnappt sich seinen Alukoffer und geht zur Eintracht-Bank.
Wir sind nicht der Favorit
Magdeburg ist sehr souverän durch die ganze Saison marschiert. Keine richtige Schwächeperiode. Auch diese Mannschaft ist, genauso wie unsere, noch nicht lange in dieser Zusammensetzung dabei. Spielerische Lösungen werden immer gesucht, sehr gute Einzelspieler, ein Mannschaftsgefüge, das zusammenpasst. Dass Baris Atik fehlte, konnte ich gar nicht feststellen.
Halbzeit 1 – Magdeburg zeigt uns die Grenzen auf
Ich fand, es war ein Klassenunterschied zwischen beiden Mannschaften. Der Spielaufbau klappte nur beim FCM. Wenn Fejzic den Abstoß spielerisch von hinten lösen wollte konnte Magdeburg uns ein um das andere Mal den Ball leicht wieder abnehmen. Die in schwarz gekleideten Magdeburger schlugen Diagonalpässe über 70-80 m. Und die fanden sogar den eigenen Mitspieler. Das gelang uns nur selten.
Aber da nicht immer die vermeintlich bessere Mannschaft gewinnt, hatten wir sogar die Chance zur Führung. Aber Lion Lauterbach konnte in der 40. Minute einen Elfmeter nicht verwerten uns so ging es mit einem, wie ich fand, schmeichelhaften 0:0 in die Halbzeit.
Halbzeitpause
Ich stelle mir vor: Michael Schiele hat den Spielern eindringlich nahegelegt jetzt alles abzurufen, was möglich ist und noch mehr. Er wird ihnen gesagt haben, dass sie es selbst in der Hand haben mit dieser Eintracht aufzusteigen. Was wäre das für ein Erfolg für dieses Team, für Eintracht, für die Region. Bestimmt hat er jeden beschworen, Vollgas zu geben.
Halbzeit 2: blau-gelbes Vollgas
Die Einträchtler kommen mit der Unterstützung der Fans wie Löwen aus der Kabine und stürzen sich auf den Gegner. Und dieser muss sich in der 49. Minute das erste Mal geschlagen geben. Ecke, Eintracht macht Druck, Nikolaou mit dem Kopf. 10 Minuten später ist es dann Lauberbach, der eine tolle Vorlage von Fejzic nutzt und zum 2:0 abschließen kann. Magdeburg kommt zum Anschlusstreffer, aber die Eintracht schafft es, diese in der ersten Hälfte klar bessere Magdeburger Mannschaft in die Knie zu zwingen. Blau-Gelb hat gezeigt wozu diese Mannschaft fähig, Aufstieg ist denkbar, auch ohne Relegation.
Selbst in der Hand
Während ich diesen Text schreibe, verspielt Kaiserslautern zuhause die Chance wieder an uns vorbeizuziehen. Eine sehr gut aufspielende Mannschaft Dortmund II zeigt den roten Teufeln die Grenzen auf. Und jetzt haben wir in Braunschweig es wirklich selbst in der Hand. Ein Sieg aus zwei Spielen und wir qualifizieren uns für die zweite Liga. „Für die zweite Liga“, sehr laut schallt es von den Rängen.
Und ich traue es unserem Team voll und ganz zu. Sie sind gereift und halten so eine Situation wie in diesem Spiel gegen den Tabellenführer und Meister der 3. Liga. Aus und können genauso auch die beiden letzten Punktspiele für sich entscheiden. Jetzt gehe ich von sechs weiteren Punkten und dem Aufstieg aus. Vielleicht braucht es noch zwei Halbzeitansprachen von Michael Schiele, die der Mannschaft den Weg zeigt.
Auf nach Meppen
Der Weg in die zweite Liga geht eben über Meppen, das kennen wir. Ich hoffe sehr, dass unsere Anhänger das Spiel zum Heimspiel machen werden. Die Unterstützung wird d vor Ort sein und die Mannschaft wird liefern, da bin ich sicher.