Eine Menschentraube steht vor einer Litfaßsäule. Andreas Rudolph

Wer bin ich? Raten, Lernen, Spaß haben beim Kulturstreifzug durch Braunschweig

Was gibt es Schöneres als einen Spaziergang in der Frühlingssonne? Den Kulturstreifzug durch Braunschweigs Innenstadt! Dieser vereint Bewegung an der frischen Luft mit abstrakter Kunst und Ratespaß und vermittelt auf spielerische Weise Informationen über außergewöhnliche Menschen der Weltgeschichte.

Nach einem viel zu langen Winter ist er endlich da: der Frühling! Vögel zwitschern, Blumen blühen und die Sonne wärmt Körper und Seele. Zeit, endlich wieder einmal herauszugehen, zum Beispiel bei einem ausgiebigen Spaziergang. Wer jedoch wie ich seit Jahren in der Löwenstadt lebt, kann schnell das Gefühl bekommen, bereits jeden Baum in den hiesigen Parks bereits gesehen zu haben. Eine schöne Abwechslung bietet da der Kulturstreifzug – ein Projekt des neu gegründeten Vereins Kunstrauschen e.V..

Eine Menschentraube steht vor einer Litfaßsäule. Andreas Rudolph
Gemeinsam mit Künstler Timo Rödiger (Dritter von links) diskutieren die Besucherinnen und Besucher über die Personen hinter den IDENTICONS.

Der Streifzug führt vom Ägidienmarkt über Münzstrasse und Hagenscharrn bis zum Theaterpark, vorbei an insgesamt 10 Litfaßsäulen, die vom Team des Kunstrauschen e. V. in Ausstellungsflächen verwandelt wurden. Darauf zu sehen sind sogenannte Identicons – abstrakte, grafische Darstellungen von Personen der Weltgeschichte. Diese wurden entwickelt von Grafiker Timo Rödiger: „Die Identicons habe ich mir vor Jahren beim Herumspielen mit Gendericons ausgedacht. Irgendwann hatte ich eine Raute unter einem Kreis und dachte mir, das sieht ja aus wie Angela Merkel!“, erzählt mir Timo beim Pressetermin, der uns entlang der ersten Säulen führt.

Die Idee, Persönlichkeiten und deren Eigenschaften oder Eigenarten zu abstrahieren, hat ihn angetrieben in kürzester Zeit hunderte von so getauften Identicons zu entwickeln. Gemeinsam mit Bettina von Essen – selbständig im Bereich Soziales sowie Modedesignerin und Kostümbildnerin – entstand schließlich die Idee, die Identicons in einer großen Ausstellung im öffentlichen Raum zu präsentieren. „Aufgrund der Pandemie haben wir uns schließlich entschieden, dass ganze auch Draußen zu machen. So konnten wir sicherstellen, dass die Ausstellung unabhängig der pandemischen Lage stattfinden kann“.

Interaktiver Ratespaß

Gemeinsam mit Sebastian Schollmeyer sowie Stefan Zeuke wurde das Konzept der Ausstellung um einen interaktiven Teil erweitert. Neben jedem Identicon finden sich QR-Codes, hinter denen sich der Name der abgebildeten Person, sowie ein kurzer gesprochener Beitrag zu deren Geschichte findet. Denn wer sich hinter den Abbildungen verbirgt, ist häufig nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Um die Ecke denken ist angesagt und auch zeitgeschichtliches Wissen ist beim Erraten definitiv von Vorteil. Nach ein paar Identicons hat man jedoch häufig den Dreh raus, und wenn nicht: einfach Handy zücken und sich vom Aha-Effekt begeistern lassen.

Eingesprochen wurden alle Audiobeiträge von Schauspielerin Susanne Maierhöfer. Die Texte hierzu haben Timo und Bettina gemeinsam geschrieben. „Wir haben diverse Quellen durchsucht, um solide Informationen über die Personen zusammenzutragen. Was man dabei schon allein lernt!“, erzählt mir Bettina beim Streifzug. Eine Herausforderung bei der Ausarbeitung war laut Timo auch die Suche nach weiblichen Berühmtheiten: „Es war uns sehr wichtig, eine Balance zwischen männlichen und weiblichen Persönlichkeiten zu präsentieren, was jedoch aufgrund der eher von Männern geprägten Historie viel Recherchearbeit von uns verlangte“. Entstanden sind 30 Identicons – welche möchte ich aber nicht verraten. Das findet ihr besser selbst bei einem Streifzug in der Sonne heraus.

Eine Gruppe von Menschen steht in einem Ausstellungsraum. Sebastian Schollmeyer
Am Ende des gemeinsamen Streifzugs begutachteten die Besucherinnen und Besucher die IDENTICONS-Ausstellung in der Vita-Mine.

Kulturförderung für alle

Aus dem Projekt Kulturstreifzug heraus ist nicht nur die Ausstellung, sondern auch der Verein Kunstrauschen e. V. entstanden. Dieser wurde gemeinsam mit Freunden und Bekannten des Teams gegründet, die allesamt eine Vision haben: Kulturprojekte in der Stadt ermöglichen. „Wenn jemand eine Idee für ein Kunstprojekt im öffentlichen Raum hat, kann der- oder diejenige sich bei uns melden und wir unterstützen und beraten bei der Umsetzung“, erzählt mir Sebastian, der für die gesamte digitale Umsetzung des Streifzugs verantwortlich war.

Auch Fördermitglieder werden aktiv vom Verein gesucht, denn ohne Moos ist bekannterweise auch in der Kulturlandschaft nichts los. Damit der Streifzug in diesem Jahr realisiert werden konnte, erhielt der Verein finanzielle Unterstützung von der Richard Borek Stiftung, der Braunschweiger Landessparkasse, der Braunschweigischen Sparkassenstiftung sowie der Stadt Braunschweig. „Unsere Förderer haben uns viel Freiraum bei der Gestaltung gelassen und uns ermöglicht, sogar ein eigenes Bier von der National Jürgens Brauerei für den Streifzug 22 brauen zu lassen“.

Das „Kulturbier“ gibt es das nächste Mal bei der Finissage am 25. Mai zu probieren. Vorher gibt es die Möglichkeit den gesamte Parcours ein letztes Mal gemeinsam mit den Initiatoren abzulaufen, Treffpunkt 17:30 an der Litfaßsäule Ägidienmarkt . Übrigens: wer Lust hat weiter zu raten, kann im Anschluss an den Streifzug zur „Vita-Mine“ im östlichen Ringgebiet spazieren. Dort sind Montag, Mittwoch und Freitags von 11 bis 17 Uhr weitere Identicons ausgestellt. Also nichts wie raus in die Sonne und los geraten!